SIEBZEHNTER UND ACHTZEHNTER JAHRESBERICHT DES INSTITUTS FÜR RUMÄNISCHE SPRACHE (RUMÄNISCHES SEMINAR) zu LEIPZIG. HERAUSGEGEBEN VON DEM LEITER DES INSTITUTS Prof. Dr. (MJSTAV TOGAND. KOMMISSIONSVERLAG VON JOHANN AMBROSIUS BARTH LEIPZIG 1011. Preis 8 Mark. vuti August Pries in Leipzig Vorwort und Jahresbericht über die Zeit von Ostern 1909 Ms Ostern 1911. Der Umstand, daß immer eine Reihe von Semestern nötig ist, bis eine Gruppe von Seminarmitgliedern reif ist für wissenschaftliche Arbeiten, bringt es mit sich, daß zu gewissen Perioden eine Häufung von Beiträgen für den Jahresbericht eintritt, worauf dann wieder eine Zeit von geringerer Produktivität folgt. So sehe ich mich jetzt veranlaßt gleich zwei Jahresberichte in einem Bande zusammenzufassen mit drei Dissertationen und einigen Beiträgea von mir, darunter auch eine Abhandlung über einen interessanten albanesischen Dialekt. So ist der Anfang gemacht zu der Ausführung des Planes, den ich im Vorwort zum 16. Jahresberichte gegeben habe, nämlich auch das Albanesische in den Bereich unserer Forschungen aufzunehmen. Eine weitere Arbeit über Ortsnamen u. a. m. wird im nächsten Jb. erscheinen. Leider war es mir durch die Ungunst der Verhältnisse in Albanien — erst die Revolution und dann die Cholera — nicht möglich die beabsichtigte Reise auszuführen, um meine im Manuskripte vorliegende albanesische Grammatik in Elbassan mit den nötigen Texten versehen zu können. Aber ich gedenke im Frühjahre 1912 die Reise auszuführen und dann den Druck der Grammatik zu beschleunigen. In der abgelaufenen Periode war das rumänische Institut besucht von 28 Personen, nämlich von 18 Deutschen (Auerbach, Brüske, Dunike, Franke, Dr. Friedmann, Heidler, Heinmann, Hilme, Jaeger, Künzelmann, Dr. Löwe, Meißner, Reiche, Saalbach, Sehn frort, Schwerdieger, Volkmann, Weidelt), von — IV — () Rumänen (Horia Petrescu, Hange-, Hefco, Dr. Panaiteseu, Precup, Fräulein Gheorghiu), von 3 Bulgaren (ArnaudofT Dr. Doritsch, Raeff) und einem Aromunen (Geagea). Das bulgarische Institut zählte im Ganzen 17 Mitglieder nämlich 6 Bulgaren (Arnaudoff, Doritsch, Ichtschieft, Fräulein Splitek, Fräulein Kintschowa) 5 Deutsche (Dumke, Franke. Saalbach, Piprek) 2 Russen (Tihy, Gerofskij) 1 Serbe (Stojcevic), 1 Amerikaner (Forbes). Vorlesungen und Übungen in den Seminaren hielt ich folgende: S.S. 1909 Praktische Grammatik des Rumänischen. Interpretation altrumänischer Texte. Bulgarische Grammatik Etymologische Übungen. W.S. 1909 10 Historische Grammatik des Rumänischen, Lautlehre. Interpretation folkloristischer Texte. Bulgarische Grammatik (Fortsetzung). Etymologische Übungen. S.S. 1910 Historische Grammatik des Rumänischen, Flexionslehre. Interpretation von Creangä's Harap Alb. Interpretation von A. Konstantinofs Baj Ganju. Etymologische und semasiologische Übungen. W.S. 1910/11 Rumänische Wortbildungslehre. Albanesisch-gegische Grammatik. Etymologische Übungen im Rumänischen. Interpretation von Baj Ganju. Etymologische Übungen im Bulgarischen. Außerdem wurden von dem Assistenten am bulgarischen Institute, Herrn Dr. Doritsch. in jedem Semester Sektionen im Altbulgarischen und Neubulgarischen abgehalten. Leipzig, 3. November 1911. Gustav Weigand. Inhaltsangabe, Seite Karl Löwe, Die Adjektivsuffixe im Dakoru manischen 1—110 Einleitung.................... 1 I. Teil. Die Suffixe in Einzeldarstellung nach alphabetischer Ordnung ................... 3 IL Teil. 1. Die Suffixe nach ihrer Bedeutung und Funktion . . . 104 2. Die Suffixe nach ihrem Ursprung........100 3. Alphabetisches Verzeichnis der behandelten Suffixe und ihrer Verkettungen............. 107 Schlußbetrachtung................. 108 Verzeichnis der benutzten Literatur nebst Abkürzungen . . . 109 * G. Weigand, Etymologien. (Füllsel).........III diblä Geige; molid Fichte. - Christea Geagea, Erweichung und Verhärtung imRumä- nischen.................113—171) I. Teil. A. Die Gutturalen (inklusive ce, ge)........113 B. Die Dentalen...............134 C. Die Labialen................144 D. Die dentalen Spiranten s und z.........150 E. Die dentalen Spiranten s und j.........155 F. Die Affricatae \ und dz . ...........158 II. Teil. Allgemeine Betrachtung und Darlegung der Prinzipien................159 Charakterassimilati od : a) bei unmittelbarer Berührung..........100 bj als Fernwirkung..............103 Dialektische Erweichung von s, s und c (tsi 163. Anlehnimg an sinnverwandte Wörter 164. Lautliche — VII — VI Seite Analogiebildungen 164. Dissimilation 165. Lautmalend 165. Suffixvertauschung 165. Fremde Elemente verschiedenen Ursprungs 166 Schlußbemerkung.............. . 167 Benutzte Werke und Abkürzungen..........168 Verzeichnis der im 1. Teile besprochenen Wörter . . , . 170 G. Weigand, Der gegische Dialekt von Borgo Erizzo bei Zara in Dalmatien............ . 176—240 Allgemeines und Historisches............176 Beschreibung des Dialektes: 1. Allgemeines 18L 2. Vokale 183. 3. Konsonanten 185 Zur Flexion: 1. Substantiv 187. 2. Adjektiv 189. 3. Zahlwörter 190. 4. Pronomen 191. 5. Präpositionen 194. 6. Konjunktionen 7. Verbum 198 Texte mit Übersetzung............*. . 2o7 Glossar................... 223 Abkürzungen..................240 Moria Petra-Petrescu, Jon Luca Caragiales Leben und Werke.................. 241—360 Einleitung...................241 Schriften und Ausgaben..... .......243 Caragiales Leben................245 Kurzer geschichtlicher Überblick.........253 Seine Werke Momente....................258 Lustspiele...................268 a) Das Theater vor C. und während C.s Tätigkeit . . 268 b) Inhaltsangaben...............273 (Scrisoarea plerduta 273, Conul Leonida 277, 0 noapte furtunoasä 277, D'ale Carnevalului 279.) c) Charakteristik der Personen und Analyse von „Scrisoarea pierduta"..............280 d) Erfolg und Charakteristik der Lustspiele.....292 Novellen...................302 a) Einfluß des franz. und russ. Naturalismus.....302 b) Inhaltsangabe...............304 c) Analyse.................305 Drama....................313 Napasta. Inhaltsangabe, Kritik, Charakteristik. Stil Caragiales........,........325 Seitr Tendenz.................... 334. Ursachen you C.s Skeptizismus .......... 345 C.s Einfluß auf die runi. Literatur.........353 Schlußbetrachtung...............356 Caragiales Werke. Abkürzungen...........358 Literatur..................., 359 Gustav Weigand, Die Terminologie des Maises im Bulgarischen, Rumänischen und Kleinrussischen . 361—375 Allgemeines..................361 Bulgarische Benennungen des Maises.........362 Rumänische Benennungen des Maises.........365 Benennungen der Teile des Maises (Maiskolben — Maisstengel, Maisstrunk, Maisstroh — Maisbüschel — Kolbenhaar) . . 30'i Die kleinrussische Terminologie...........371 Verzeichnis der Benennungen............ 373 Die Adjektivsufflxe im Dakorumänisclien von Karl Löwe. Wenn in der folgenden Arbeit der Versuch gemacht wird, die Adjektivsuffixe des Dakorumänischen gesondert von den Substantivsuffixen darzustellen, so muß von vornherein auf die Schwierigkeiten aufmerksam gemacht wrerden, die diese getrennte Behandlung bietet. Denn da sich Substantiv und Adjektiv unter den verschiedenen Wortarten am nächsten stehen, ist es nicht verwunderlich, wenn manche Suffixe beiden Klassen gemeinsam dienen. Ferner wird die Grenze auch verwischt durch die Möglichkeit der Substantivierung von Adjektiven, besonders, sobald sie sich auf Personen beziehen oder als Appellativa gebraucht wTerden, sowie andererseits dadurch, daß Substantiva leicht zu Adjectiva werden, wenn ein ursprünglich appositionelles Verhältnis zweier Substantiva so eng wird, daß es in ein attributives übergeht, und nun das bestimmende Substantiv sich in Zahl und Geschlecht nach dem zu bestimmenden richtet (vergl. M. L. § 394). Gerade für die big. Syntax ist dieser appositionelle Gebrauch zweier Subst. charakteristisch in Sätzen, wie z. B.: Studentite juristi zaminacha za Plovdiv wörtl. die Studenten, Juristen, reisten nach Plovdiv; Makedon eci»t zidar padna ot cetvxrtija etaz der Makedonier, Maurer, fiel vom 4. Stock herab. Ucenicite choristi izpeeha edna pesen. Die Schüler, Choristen, sangen ein Lied. Katastrofata, zertva na kojato stana edna BiJgarka, ucenicka, ... die Katastrophe, deren Opfer eine Bulgarin, Schülerin, war. Dieser Gebrauch ist nun auch ins Rum. eingedrungen und hat Verbindungen, wie cal Weigand XVII. 1 — 2 — - 3 — buestras, wörtl. ein Pferd, Paßgänger, etc. hervorgerufen. Da diese Fügung dem Latein fremd war, mußten solche Fälle, wo Subst. + Subst. appositioneil standen, als Subst. + Adj. aufgefaßt werden, und so kann dasselbe Wort ohne Veränderung als Subst. u. Adj. verwendet werden. Beispiele aus der heutigen Zeitungs- und Umgangssprache sind Ausdrücke, wie: o lucrare uriasä, o odaie intunericä, etc., sogar Adverbien werden ähnlich gebraucht: o asa piatra, . . . unei asemenea pieze etc. So müssen im Folgenden vielfach Suffixe behandelt werden, die auch reine Substantive ableiten, wie -acTü, -as, -ut etc.; denn die Zahl der reinen Adjektivsuffixe, d. h. ursprünglich nur solcher, die Adjektive aus Substantiven ableiten, wie -os und -esc, ist sehr gering. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist, Ursprung und Bedeutung der adjektivischen Suffixe klarzulegen und dabei besonders zu zeigen, in welcher Weise die rumänische Sprache die Neubildung ihrer Adjektiva vermittels dieser Suffixe vor- . genommenen und sich dabei neben den ererbten lateinischen Suffixen in reichem Maße aus den Nachbarsprachen entlehnter bedient hat. Wie in Wortschatz und Syntax ist auch hier der Einfluß der bulgarischen Sprache ein tiefgehender gewiesen, der bis jetzt auf diesem Gebiete noch nicht genügend erkannt worden ist. Das Material habe ich fast ausschließlich den Wörterbüchern (siehe Lit.-Verz.) entnommen; daneben wurden auch verwendet gelegentliche Funde aus der Lektüre, sowie mündliche Mitteilungen der eingeborenen Mitglieder des rumänischbulgarischen Seminars. Zu besonderem Danke bin ich verpflichtet den Herren Assistenten Dr. Th. Capidan, Dr. St. Romansky und Dr. A. Doritsch für wertvolle Hinweise semasiologischer und etymologischer Art. Bei selteneren Suffixen ist möglichste Vollständigkeit der Belegwörter angestrebt worden, bei häufigeren mußte naturgemäß eine Beschränkung der Beispiele auf etymologisch interessante oder sonst auffallende Fälle eintreten. Eine genaue Kenntnis des Wortschatzes der Dialekte würde wohl noch ein reicheres Material geliefert, aber doch wohl schwerlich die Zahl der Suffixe merklich vermehrt haben. Aus praktischen Gründen habe ich die alphabetische Reihenfolge der Suffixe einer Anordnung des Stoffes nach der Funktion vorgezogen, indem ich zunächst bei jedem einzelnen Suffixe Bedeutung und Funktion angebe, diese durch Beispiele, wo angezeigt auch mit Etymologien belege und dann auf die Herleitung der Suffixe eingehe. Daneben ist noch eine Einteilung in Paragraphen vorgenommen worden, um bei Verweisen etc. das Auffinden zu erleichtern. Am Schlüsse der Arbeit folgt dann in einem besonderen Abschnitt eine Zusammenfassung der Ergebnisse und eine Zusammenstellung nach Bedeutungskategorien. Von Vorarbeiten, die das behandelte Gebiet berühren, sind zu nennen: 1. Sextil Puscariu, die rumänischen Diminutivsuffixe, im 8. Jahresbericht des Instituts für rumän. Sprache zu Leipzig, 1902, citiert als Pusc. 2. Theodor Capidan, die nominalen Suffixe im Aro-munischen, 15. Jb. (= Cap.). Diese Abhandlung bringt auch viele Hinweise auf das Dakorumänische. 3. Die Hauptanregung zu dieser Arbeit verdanke ich aber einer von Prof. Dr. Weigand zuletzt S.S. 1908 in einer Vorlesung gegebenen Darstellung der rumänischen Substantivsuffixe (= Weig. Substsuff.). Erster Teil. Die Suffixe. 1. -äc. § 1. Mit diesem Suffixe sind im Rumän. nicht viele Wörter, darunter auch einige Substantiva, neugebildet worden; meist sind die hierher gehörigen Beispiele fertige Entlehnungen aus anderen Sprachen. Die Bildungen sind ausschließlich — 4 — — 5 — Denominativa mit 1. augmentativem, bez. leicht pejorativem Sinne; 2. meist lediglich qualitativ, zuweilen mit leichtem diminutivisch-abschwächendem Nebensinne, auch zuweilen ohne jede besondere Bedeutung. § 2. ad 1. a) Rumänische Neubildungen. ciopärtac, nach D. T. P. p. 29 „einen kurzen Schwanz oder einen Schwanz ohne Quaste habend," zu ciopärtä „durch Zerhauen gewonnenes Stück", einer Ableitung von ciopli „abhauen" u. dieses ist -y/magy. csap hauen. ciutac kurz von Hörnern, ohne Hörner; nach D. T. P. p. 28 = eines Hornes beraubt (Prahova), ferner auch schmähend von Türken: beschnitten, zu ciut, ohne Hörner. prostanac, prostac tölpelhaft, einfältig, dumm, zu prost, daneben prostesc, prostan id. scundac niedrig, klein, kurz zu scund id. — Pusc. § 44, Anm. führt noch ein zodiac „launenhaft" an = zodias § 159, Anm. 3, das ich in keinem Wb. finden kann; vergl. (griech.) zodiac Tierkreis; den Sternbildern werden ja gewisse Einflüsse auf die Menschen zugeschrieben. ß) Fertig übernommen sind: Aus dem Slavischen: buiac wild; üppig, geil von Pflanzen; mold. auch übertr. ausgelassen, übermütig, = ablg. bujaks. buimac betäubt, verwirrt, auch buiac de somn, schlaftrunken, stellt Cih. etymol. zu dem vorigen. posac finster, mürrisch, vergl. russ. posupa, ablg. po-smurtnrB obscurus, rum. posomorit. § 3. ad 2a. a) Rumänische Bildungen. porumbac schwarz und weiß gestreift, gefleckt wie eine Taube porumbä, nach Pusc. auch = ziemlich grau. budulac schlicht, einfach, auch einfältig, aus blg.-tk. buclala Narr. crudac unentwickelt, unreif zu crud roh, z. B. vorbulitele mele crudace. ilac von Hörnern: seitwärts abstehend, wie die Hörner des Ambosses iläu < magy. üllö. robac arbeitsam, auch robaciü, zu rob Sklave, vergl. auch serb. robak Diener. Auch boleac, boliac kränklich (Dame) wird wohl als rumän. Bildung zu boalä, plur. boli empfunden; auch wird -ra, -la leicht -rea, -lea, cf. mold. sileac, siebenb. sireac = särac. An ein ablg. boljaki» ist wegen des erhaltenen I nicht zu denken, aber eine spätere Entlehnung wäre nicht ausgeschlossen. ß) Fertig entlehnte Bildungen sind: Aus den slavischen Sprachen: särac, sireac, sileac arm < big. sirabi,, rum. auch sär-män mit Suffixvertauschung aus big. siromah. chiserac für chiselac bitter, sauer, säuerlich zu ablg. kyseta scharf, herb, daneben kysen,; vergl. hierzu auch rum. chisleac Sauermilch und bulg. kisleak, kisleac Sauerampfer, serb. kroat. kiseljak id. (Geroff, Wb.). Aus dem Bulg.-Türkischen: acmac unerfahren, ungeschickt = t. ahmak. ciolac wal. gelähmt, steif, lahm = colak einhändig. turlac verwirrt, familiär: benebelt = t. torlak. Aus dem Magyarischen stammt: gäzdac reich, mit Suffixvertauschung = magy. gazdag id. Das Wort wird rumän. als gazdä Hausherr -f ac empfunden, umsomehr, als gäzdac auch substantivisch gebraucht wird und -ac auch Motionssuffix ist. §4. Etymologie. Pusc will § 46 das Suffix -ac aus latein. -ac(c)us ableiten und stützt sich dabei auf die zahlreichen Ableitungen auf -ac in den anderen roman. Sprachen. Demgegenüber ist festzustellen, daß nicht ein einziges latein. Wort auf -acu ins Rumänische übergegangen ist, von dem aus das Suffix hätte produktiv werden können, wenn man nicht mit Cap. p. 9 annimmt, daß Ableitungen mit -acu — 6 — — 7 — einmal im Urrumänischen existiert haben, aber ausgestorben sind, nachdem das Suffix produktiv geworden war. Diese Anschauung läßt sich nicht ganz zurückweisen, aber es bleibt verwunderlich, daß selbst in dem altertümlicheren Arom. keine direkte Ableitung auf -acu bewahrt ist. Nun zeigt das Dakorumänische aber eine ganz entschiedene Tendenz der Suffixneubildung, die sich vor allem in zahlreichen Suffixverkettungen kund gibt und das Resultat des slav., speziell des bulg. Einflusses ist (Cap. p. 82, Pusc. § 78). Obgleich Cap. p. 9 im Gegensatz zu Pusc. den nicht-diminutivischen Charakter des latein. -acus zugesteht, will er trotzdem für das arom. Dim.-Suffix dieses Etymon annehmen. Im Dakorum. aber tritt die verkleinernde Bedeutung nur als abschwächende auf und verschwindet in der allgemeinen qualitativen, die sich im Gegenteil eher augmentativ-pejorativ äußert. Und warum sollte das Dakorumänische nicht auch erst nach der Trennung vom Aromun. das Suffix -ac aufgenommen haben können? Von den von mir gesammelten Beispielen kommt in Aromun. nicht ein einziges vor, und von Capidans Beispielen keins im Dakorum. Nun weist das Ablg. ein Suffix -ab* auf, das mannich-fache Funktionen hat (Vondr. p. 457, Mikl. p. 240). Die wichtigsten, hier in Betracht kommenden sind: es bildet aus Adj. a) Subst. od. b) Adj. der Qualität, noch nicht augmentativ, wrohl aber, wenn auch selten, pejorativ, z. B. nemcak schlecht Deutsch sprechender Mensch, sumak tölpelhafter, dummer Mensch. Gerade in qualitativer Bedeutung ist -ak auch in anderen Sprachen, z. B. littauisch saMok-as süßlich etc., hierhergehört auch latein. meräcus, ferner bibac-s, mordac-s etc-(Vondr.). Nach W. B. G. § 43 wird -ak im Nblg. an Ad-jektiva angehängt und bildet daraus augmentative Subst., häufig mit pejorativer Bedeutung, wie slabak Schwächling zu slab, glupak Dummkopf etc. Nun findet sich das big. prost, prostak auch im Rum. in beiden Formen, wo aber jetzt prostac sicher als einheimische Bildung zu prost empfunden wird; auch hier ist die Bedeutung pejorativ, wenn auch die augmentative zu- rücktritt und das Wort jetzt mehr adjektivisch gebraucht wird. Ähnlich wurde särac als sär + ac gefühlt, da sich neben särac noch ein särman findet, sowie auch weiterhin sär-äntoc nach bosintoc, Pusc. § 78. Es liegt nun doch außerordentlich nahe, zu vermuten, daß von solchen big. Wörtern aus das Suffix produktiv geworden ist und sowohl an andere slav., wie auch an latein. Elemente angefügt wurde, zumal sich'ja schließlich auch aus dem pejorativen Begriffe der der (verächtlichen) Kleinheit entwickeln kann; das Umgekehrte tritt bei -uc auf, aber beides ist im Rum. allerdings ungewöhnlich. Somit dürfte der Annahme nichts im Wege stehen, daß das rum. Adjektivsuffix -ac aus dem Bulgarischen stammt, wofür ja auch die entlehnten Wörter sprechen. 2. -aciü. § 5. Das nicht seltene Suffix -aciü bildet im Dakorum. meist Substantiva, und zwar nomina agentis, oder solche, die den Träger eines Gegenstandes oder jemanden, der sich mit dem im Stamm genannten Dinge zu tun macht, bezeichnen. Aus diesen letzteren Bedeutungen ist es auch zu erklären, daß -aciü qualitative Adjektiva bildet, die häufig wiederum als Substantiva gebraucht worden, wie die Subst. als Adj., zum Beispiel stingacm linkshändig und Linkser, aber oae cärraace Leitschaf, neamuri cärmace die führenden Nationen, vitel sugaciü saugendes (Milch-)Kalb etc. Mit -aciü werden abgeleitet: 1. aus Nomina qualitative, zuweilen auch augmentative Adjektiva. 2. deverbale Adjektiva. § 6. ad 1. butaciü von Hörnern: stumpf; Etym. unsicher, vielleicht zu magy. buta dumm, stumpf; cf. Tikt. p. 492. codaciü einen langen Schwanz habend, auch Subst, Nachzügler. cornaciü lange Hörner habend. — 8 — 9 — r ob aciü arbeitsam, fleißig, robac id. stängaciü linkisch, ungeschickt, arom. stingats und ndreptats rechtshändig. sagaciü scherzhaft, spaßige daneben sagalnic. etc. ad 2. Den Ausgangspunkt bilden nomina agentis, die häufig adjektivisch gebraucht werden, wie bat aciü rauflustig, Subst. Raufbold. chilaciü sauflustig, dem Trünke ergeben, auch Subst. Trunkenbold. chitaciü in chitaciü din gura beredsam. h ran aciü 1. veralt. sich nährend, 2. gefräßig. rancaciü 1. geil, schlüpfrig, 2. halbkastriert, daher als Subst, Wallach (Pferd), daneben rancaü und rancas id. Danach sind dann auch reine deverbale Adjektiva gebildet worden, wie dibaciü geschickt; das WTort ist vielleicht das big. debac zu debja sich verstohlen heranschleichen. fug aciü behend, schnellfüßig zu a fugi, vielleicht auch nur umgestaltet aus fugace berbece, pulicem > pulice, junicem >> junice. Entsprechend müßte dann auch im Arom. aus -acem (-Icem) ein -ats (-its) erscheinen, es hat aber dafür -ats (-itse). Dies hat schon Pusc. § 81 selbst als big. Ursprungs erkannt; man muß daher auch für das Dakorum. den latein. Ursprung des -aciü gänzlich fallen lassen. Wenn wir sehen, daß rum. fugac schnellfüßig, Flüchtling ganz parallel zu big. begac Läufer gebildet ist, so liegt hier der Weg klar da, auf dem -ac ins Rumänische gelangt ist. Das urrum. vorhandene, aber ungewöhnliche -ace < -acem wurde durch das ablg. -ac ersetzt, das völlig dieselbe Funktion' Ableitung von nomina agentis, und annähernd dieselbe lautliche Form hatte, z. B. lovac zu loviti jagen etc. Direkte Entlehnungen aus dem Big. sprechen ebenfalls für diese Herleitung, wie rum. rancaciü (arom. arungats) geil = big. rxgäc der viel geschlechtlich verkehrt, zu n>gann» hineinstoßen, ferner chitaciü lebhaft, munter = skitac Vagabund, zu skitam^ umherstreifen. Aus dem adjektivischen Gebrauch dieser nomina agentis erklärt sich auch, daß -aciü in der Funktion des latein. -ace zur Bildung deverbaler Adjektiva verwendet wurde. Die Ableitung qualitativer Adjektiva aus Nomina ist zunächst wohl durch Suffixvertauschung zu erklären in Wörtern, wie robaciü = robac, da hier immerhin ein verbaler Begriff herausgefühlt werden konnte; von hier aus ist dann das Suffix produktiv geworden in Wörtern, wie cornaciü, codaciü etc. (3. -aiü. § 8. Dieses Suffix ist eigentlich nur Subst.-Suffix; als solches ist es aus latein. -ale, plur. -alia, resp. als rum. dazu neugebildetes masc. abzuleiten, cf. M. L. § 439, Pusc. § 128; es hat fast stets die ursprüngliche kollektivische Bedeutung „einer meist verächtlichen Menge von Dingen." In dieser Bedeutung und Ableitung liegt -aiü vor in bucsaiü transs. untersetzt, kurz und dick von kleinen Kindern, Subst. bucsaiü, bucsäu Rohrkolben, daneben adj. bucsaios, bucsan id. Dieses Wort ist offenbar, ausgehend von der adjekt. Bedeutung, zu mold. bucsit = bäcsit von a bäcsi vollstopfen zu steilen. — 10 — — 11 — § 9. Dagegen liegt ursprünglich kein Suffix vor, sondern -aiü gehört zum Stamme in 1. bucälaiü, 1. schwarzmäulig, 2. pausbäckig, dravi>m,; Gaster IL 236, 2. 3 hat nezdrävan. plävan gelb, blond, grau, auch Subst. Ochsenname zu ablg. plavx weiß, plavtn'l gelb. Gern tritt -an auch in Suffixverkettung auf und zwar seltener als erstes, häufiger als zweites Glied, z. B. codänas, codanel wohl etwas hypokoristisch zu codan. golisan = golas nackt, kahl, cf. serb. golis nackter, junger Vogel. junisan sehr jung, halbwüchsiger Junge. grosolan grob, roh, ungeschliffen; sub grosolanu -i cojoc de oaie, un om . . . botolan Ochsenname, zu bot Haufen, etwas Zusammengedrücktes; in beiden liegt -ulan mit Vokalharmonie vor; §53. § 13. Etymologie. Latein, adjektivisches-anus, das die Zugehörigkeit ausdrückte, ergab rumän. -in und wurde nicht produktiv. Wie die Lehnwörter zeigen, stammt -an aus dem Big., wo -an ursprünglich eine Partizipialendung der Verba auf -ati war, das dann aber auch auf Adjektiva übertragen wurde, Vondr. 415. Im Nblg. dient -an zur Bildung von 1. augmentativen und pejorativen Subst. und 2. von Eigennamen als Träger einer Eigenschaft, doch wird es anscheinend in dieser Funktion von -ak verdrängt, Cap. p. 14. 15. Ins Rumänische mag -an vor allem in der 2. Bedeutung aus dem Nblg. eingedrungen und produktiv geworden sein, wie die zahlreichen Ochsennamen beweisen. Doch liegt gerade bei diesen zuweilen das Suffix -ean (s. d.) vor, das die Herkunft bezeichnet, indem nach r, t, Palatalen und manchmal auch nach Labialen und Zischlauten das e aufgesaugt wird. Infolgedessen findet sich auch umgekehrt durch falsche Analogie gelegentlich -ean angefügt, ohne daß es seiner Funktion nach stehen könnte, cf. Hiecke XII. Jb. p. 156. Dieses -an = -ean liegt vor z. B. in bärzan burzenländisch (länä, oaie bärzanä) und in luman weltlich, Laien-, bei Gaster I. 51,3 omul cel lumant neben lumean, das heute ausschließlich als Subst. gebraucht wird. Daß -an in näzdrävan, plävan einem ablg. lut» entspricht, ist dadurch zu erklären, daß schon urslav. die Suffixe -no und -ano nicht immer leicht zu trennen sind (Vondr. p. 415). Der ursprüngliche augmentative Sinn, der bei manchen Wörtern wie lungan, junisan etc. hervortritt, ist sonst verblaßt zur bloßen Bezeichnung der Qualität. 5. -ä'nd (ind, -ind). § 14. -änd dient zur Bildung der part. praes. der Verba der a- und e-Klasse, während die i-Klasse -ind hat. Im Gegensatz zu den part. praet. wird aber das part. praes. nie gebraucht, ohne daß ein zugehöriges Verb existiert; auch bei gelegentlichem adjektivischen Gebrauche behält es seine verbale Kraft. In dieser Bedeutung kommt -änd < lat. andum. Hier sind zwei Adjektiva zu nennen, in denen aber nicht das Partizipialsuffix vorliegt, sondern wo -änd jetzt zum Stamm gehörig empfunden wird. 1. flämänd hungrig, daraus das Verbum a flämänzi, < famulentus > fämlind > flämind, flämind, was nach Weig. — 14 — der von Candrea-Hecht gegebenen Etymologie << *flamma-bundus vorzuziehen ist, vgl. Pusc. L. E. p. 53. pläpänd zart, schwach, vari>. — 15 — In p an gar häßlich, nichtswürdig, garstig liegt nach Cih. II. p. 237 ablg. pogant vor; zur lautlichen Form vergl. arom. panganesc, Aus dem Bulg. resp. Türkischen stammen: ischiuzär behend, geschickt, gewandt = t. ichgüzar, Youssouf p. 363, 441. murdar schmutzig, unrein, übertr. knauserig = t. murdär. Im Griechischen vorgebildet und von dort direkt oder mit Suffixvertauschung übernommen sind: cärturar schriftkundig, gebildet, gelehrt; in der adjekt. Bedeutung jetzt veraltet, im 16./17. Jahrh. noch ohne Assimilation cärtularm = gr. chartulärios Urkundenschreiber, -bewahrer. oinar faul, müßig = okniarios id. zuliar eifersüchtig = ziliäris id. § 17. Etymologie: Daß -ar(iü) aus dem Latein, stammt, beweisen Erbwörter, wie pescar < piscarius, arom. kärnar, porkar, käprar etc. Cap. p. 18. Im Latein, bildete -arius ursprünglich Adjektiva, wurde aber auch bald substantiviert und bezeichnet diejenige Person, die zu dem im Stamme genannten Gegenstande irgendwie tätig in Beziehung steht, Das Suffix wurde sehr produktiv, bes. in subst. Funktion; adjektivischen latein. Bildungen wie primarius, centenarius entsprechen rumän. pätrar, cincar. Mit dem latein. Suffix -ar(iü) deckt sich in Form und Bedeutung das ablg. Suffix -arL, das ja allerdings auch hier aus dem Latein, stammt, entweder durch germanische Ver-mittelung (Miklosich, Berneker, Slav. Etym. Wb. p. 99, u. a.) oder direkt (Meillet u. a.). Es bildete meist nomina agentis aus Verben, seltener aus Nomina, z. B. pekarL zu pesti backen, aber lekart zu lefc& Heilmittel, wird jedoch nie adjektivisch verwendet. So kann man häufig nicht unterscheiden, ob einer Neubildung das latein. oder das slavische Suffix zugrunde liegt; dem -art ist jedoch sicher ein bedeutender Anteil an der f — 16 — Produktivität des rumän. -ariü zuzuschreiben, vor allem wohl in substantivischer Funktion, denn es muß auffallen, daß sich keine deverbalen Adjektiva auf reines -ar finden, aber um so mehr auf -aret, -aros, -äresc. 7. -äret (-äret). § 18. Im Dakorumänischen ist dieses vielseitige Suffix sehr produktiv geworden. In adjektivischer Funktion ist es sowohl denominativ, wie deverbal, und zwar drückt es aus „eine Begabung, Vorliebe, Neigung zu etwas habend, ein Versehensein mit etwas'4. Daher entspricht es dem deutschen -ig, -isch, -haft und zusammengesetzten Substantiven, -äret hat zuweilen, doch nicht immer, wie H. E. M. 1547 angibt, einen leicht pejorativen Sinn, der aber meist schon im Begriff des Stammes begründet ist. § 19. 1. Denominative Bildungen: hält äret sumpfig, im Sumpfe lebend, Sumpf-, z. B. pä-sari hält aret e, pesti oo. cäläret mit Pferden ausgerüstet, beritten, reitend, curväret neben curvar hurerisch. legumäret sparsam, zu legumä Gemüse?; das Lex. Bud. gibt legumäretu leckerhaft, nach gutem Essen trachtend, was zu Dames legumäret = gourmand passen würde. Offenbar liegt hier eine Kontamination mit magj. lakoma der Schmaus vor, cf. rum. Adj. lacom gierig, lüstern. limbäret, limbäret geschwätzig. mestesugäret künstlich, geschickt, schlau. pizmätaret, seltener pizmätäret neidisch = ngriech pismatäris mit Suffixvertauschung oder besser Angleichung, da das Simplex pizmä (pismä) auch im Rumän. üblich ist; vergl. auch Pusc. § 92. A. 4. § 20. 2. Deverbale Bildungen. certäret zänkisch, streitsüchtig. fugäret flüchtig, schnellfüßig. gustäret leckermäulig, Subst. Feinschmecker. — 17 — lau dar et prahlerisch, großtuerisch. lingäret auch lingäret naschhaft, zu a linge lecken, schlecken. locotäret geschwätzig zu a locoti, Etym.? lucräret veralt., bei Cantemir: tätig, preumbläret einer, der gern spazieren geht, Spazier-; auch primbläret (C. Konaki). (h)räpäret räuberisch, raublustig, Raub-, auch (h)räpäret. umbläret unstät etc. § 21. In einigen einzelnen Wörtern zeigt -äret auch einige abweichende Bedeutungen; so ist es abschwächend in lätäret breitlich, zusammengedrückt, aber auch augnien-tativ, platt und groß, z. B. bumbi lätäreti. lungäret länglich, oval, auch (mit Assimilation der vortonigen Vokale) lunguret, lungulet etc. murgäret zu murg braun, auch murgulet. Bei diesen liegt nur eine Vertauschung von -äret und dem lautlich nahestehenden -uret, ulet vor; siehe unter -et, § 78. Indessen scheint -äret in dieser Bedeutung auch produktiv geworden zu sein, wenigstens erklärt sich so s alt äret hüpfend zu a sälta springen. Dann entspricht -äret dem deutschen -bar, wie -et häufiger, in purtäret tragbar, Hand-, übertr. auch leicht. § 22. Etymologie: Die Unhaltbarkeit der Ableitung Cihacs von limbäret < linguaricius hat schon H. E. M. 1547 nachgewiesen, wenn man auch mit seinen weiteren Ausführungen nicht allenthalben einverstanden sein kann, bes. betreffs der Betonung, Offenbar liegt hier eine Verkettung der beiden Suffixe -ar + -et vor. Jedoch wurde dieses Suffix als einheitlich empfunden in Bildungen wie fugäret, wo man als Primitiv das Verba fugi oder das Subst. fuga + äret empfinden konnte statt des ursprünglich zugrunde liegenden fugar- -f- et. So konnte -äret auch übertragen werden auf Wörter, wo -ar gar nicht berechtigt war, wie baltä, a linge etc. Weigand XVII. 2 f — 18 — Einen Anknüpfungspunkt für die deverbalen Bildungen bot offenbar auch der substantivierte Infinitiv auf -are, da ja die meisten Verba der a-Klasse angehören, und dieses Suffix auch übertragen wurde, z. B. vinzare. Für den Akzentwechsel ist, wie ich durch Befragen vou Rumänen festgestellt habe, jetzt nur noch der Gebrauch maßgebend. Urprünglich wird -äret beschränkt gewesen sein auf alle Fälle, wo daneben noch eine Bildung auf -ar üblich war; das häufigere -äret verdrängte es zum Teil, andererseits griff auch -äret auf Wörter über, wo keine Ableitung auf -ar daneben existierte. Ahnliche Erscheinungen des Zusammenwachsens und teilweise auch des Akzentwechsels bieten die subst. Suffixe -äritä und -äritä = ar -f- itä sowie ohne Akzentwechsel noch -ärel, -ätel = -ar, -at + el; Pusc. §§ 99, 107. 8. -äs. § 23. In der an Suffixen so reichen rumänischen Sprache ist -as eins der häufigsten, indem es sowrohl als adjektivisches, wie vor allem als subst. Suffix in mancherlei Bedeutungen verwendet wird. In adjektivischer Funktion leitet es fast ausschließlich aus Nominalstämmen, ab: 1. als Konkurrenzsuffix zu -ar, -aciü Adjektiva, die eine Zugehörigkeit, Neigung, eine Eigenschaft überhaupt einer Sache oder Person bezeichnen, die mit dem Primitiv in irgend einer näheren Verbindung steht. 2. Qualitative Adjektiva, von 1. oft schwer zu scheiden, da manche der dort zu nennenden Adj. auch qualitativ sind, wie glumas, potcas, poznas etc. 3. Diminutive, resp, hypokoristische Adjektiva. §24. adl. artagas (mold. hartagas) streitsüchtig, jähzornig, buclucas streitsüchtig, buestras paßgehend, cal buestras. codas am Ende des Dorfes wohnender, unbemittelter Bauer), letzter. — 19 — doinas Doinen flötend. glumas der Spaß macht, spaßig, Gaster II. 135. 2. hätas, z. B. cal hätas Leitpferd, zu hat Zügel, inaintas, z. B. cal inaintas Vorspannpferd, Subst. Vorfahre. läturas 1. angrenzend, 2. frohnbar; cal läturas Hand-pferd. märginas angrenzend, benachbart, Grenz-, auch märginar id. (Bare.) pärtas teilnehmend, beteiligt. potcas zanksüchtig, händelsüchtig = pricinas. poznas, Alexi posnaciü, possierlich, drollig, der Spaß macht. rotas Rad-, z. B. cal rotas 1. Nebenpferd, das am Rade zieht, 2. Pferd, das an einem Göpelwerk im Kreise herumgeht. tinutas aus der Provinz (tinut Kreis) stammend, boier tinutas Landedelmann. zäcas 1. bettlägerig, krank, 2. grollend, nachtragend, ist die einzige deverbale Bildung mit as. Vielleicht liegt in der 2. Bedeutung ein anderes Wort (zic) zugrunde, das dann volksetymologisch an a zace angeglichen worden ist. Daneben die richtig gebildete Form zäcaret. Hierher gehört auch la(i)es und läes, auch läet Wander-, z. B. tigani läiesi, zu la(i)e Haufen, Menge, da dialektisch, bes. in der Moldau, nach Palatalen as > es; jedoch ist dies nicht konsequent durchgeführt. § 25. ad. 2. ciumas Mold. = ciumat pestkrank. [culpas schuldig, auch culpes mit Suff.-Vert.] leucas krumm wie eine Wagenrunge, leucä. närävas fehlerhaft, lasterhaft, cal, om sv, zu naräv schlechte Gewohnheit, auch närävos. nevoias, mold. nevoies elend, bedürftig, erbärmlich, Subst, Krüppel. pätimas 1. leidend, 2. leidenschaftlich. pizmas (pismas) neidisch. w — 20 — seruänas zu Seaman der Gleiche, Mitmensch, daher gleich, ähnlich. trufas stolz zu trufä veraltet = trufie cf. Pusc. § 161. zodias launisch = zodiac. ad 3. fudulas Dim. zu fudul eingebildet, golas nackt, kahl (ohne Vegetation) Dim.?. Hierher gehören vor allem zwei Wörter, wo -as in Verkettung auftritt, wodurch es wohl erst den hypokoristischen Charakter erhalten hat. codanas zu codan halbwüchsig. dragälas anmutig, lieblich = dragulas mit Vokalharmonie, Pusc. § 160. § 26. Die bisher aufgeführten Adjektiva sind sämtlich echt rumänische Bildungen, wenn auch das Suffix an Stämme verschiedenster Herkunft getreten ist. Es folgen einige Bildungen auf -as, die entweder fertig entlehnt sind, oder in denen -as an die Stelle eines anderen fremden Suffixes getreten ist. ad 1. hotäras benachbart = magy. hotäros. Das Suffix -os ist zwar im Rum. vorhanden, wird aber dort kaum als 3 t 7 solches gefühlt (cf. -os). Die Vertauschung von -os gegen -as lag sehr nahe, indem die gleichbedeutenden läturas, mär-ginas als Vorbilder wirkten, zumal auch hotar Grenze im Rumän. durchaus gebräuchlich ist. papistas katholisch, auch Subst. der Papst, pop. Katholik = magy. papista papistisch; da dieser W^ortausgang im Rumänischen ungewöhnlich erschien, wTurde -as als Suffix der Zugehörigkeit angehängt, vergl. auch bulg. papistas. ad 2. cinäs (cmas) nett, schmuck = magy. csinos. gingas zart, heikel, empfindlich = magy. gyenge schwach, schwächlich < nsl. serb. gingav. Diese beiden Wörter sind als magyarische die einzigen Bildungen auf -as, wTo nicht das Suffix betont ist, jedoch schwanken bei cinas die Angaben bereits. Die Wahl des Suffixes lag infolge des im Stamm enthaltenen Diminutiv- — 21 — begriffes sehr nahe, so daß man diese Beispiele ebensogut unter 3. stellen könnte. Ohne Bedeutung ist -as, weil zum Stamme gehörig, in ab ras blond = big. türk. arab. ab ras blond, von Pferden, mit wreißem Flecken unter dem Schwänze, was als verderbenbringend gilt, daher rum. 1. Mold. fam., fast veraltet: unglückbringend, 2. der kein Glück hat, chelbas, auch chelbos, grindig; türk. kel kahl + bas Kopf, daraus' dürfte wohl erst rum. chelbie „Kopfgrind" bei Tikt. und Alexi abgeleitet sein, nicht umgekehrt. iavas veralt. nach Dame, = süß, ist das türkische yavach, Sa. Infi. or. II. 2 152., durch Vermittelung des Big., wo es auch als „langsam" üblich ist. Außer den in § 25 genannten Verkettungen kommt -as noch vor als 1. Glied in pizmasesc == pizmas Gaster I. 228. 3. § 27. Etymologie. Pusc. hat § 189—194 klar und überzeugend den slavischen Ursprung der s-Suffixe (as, is, -us etc.) nachgewiesen, soweit sie Dim.-Suffixe sind, vor allem die lautliche Unmöglichkeit einer Ableitung aus latein. *-as-ceus etc., die in keiner Weise belegt sind. Gegen die Ableitung von -as aus dem Magy., an die M. L. 516 denkt, spricht außer Puscarius Gründen noch Folgendes: Obgleich im Magy. -as auch zur Bezeichnung lebender Personen und sogar zur Ableitung qualitativer Adj., wie uriäs herrschaftlich, vornehm, zu üri Herren-, zu ür Herr, dient, ist kein einziges Wort ins Rumänische übergegangen, wo neben der Ableitung noch ein Primitiv vorhanden war. Das von Pusc. § 191 angeführte häitas Treiber zu haitä Hundemeute ist aber eine rein rumän. Bildung, denn nach Magy. Szot. I. 1265 bedeutet das magy. hajtäs 1. Biegung, 2. das Lenken, 3. das Jagen, Vertreiben, ist also ein nomen actionis, nie aber ein nomen actoris zu hajt neigen, biegen, treiben, während der Treiber hajtö heißt. Wären alle s-Suffixe aus dem Magy. übernommen, so hätte doch auch kein Grund vorgelegen, — 99 _ — 23 — -os durch -as zu ersetzen in hotaras, cinas etc. Andererseits ist nicht abzuweisen, daß das Eindringen von Wörtern, wie oriäs > rum. urias Riese, als adj. ungeheuer, auf die Produktivität des slav. Suffixes steigernd eingewirkt hat. Für -as als Diminutivsuffix ist wohl russischer Ursprung anzunehmen; allerdings kommt -as dort meist in der Verkettung -aska vor, vergl. Belic, Archiv f. slav. Phil. 23, p. 187. -as im Serbischen paßt seiner Bedeutung nach nicht hierher, cf. No-vakovic, Srp. Gram. p. 110. -as als Qualitativsuffix oder zur Ableitung von nomina agentis findet sich, wenn auch selten, weil durch -ac verdrängt, im Big., und nicht selten sind diese Wörter ins Rumän. direkt übernommen, wie cocias Kutscher etc. Andere slav. Beispiele für dieses -as sind nsl. banderas Fahnenträger, serb. robijas Frohnarbeiter, bjelas equus albus, bogatas homo dives, s. Mikl. p. 342. Begünstigt wurde die Verbreitung dieses Suffixes bes. in substantivischer Funktion durch den Einfluß des slav. -aska (resp. -uska, -iska), das im Rum. als -as -f- ca (resp. -us, -is + ca) empfunden wurde. > 9. -at. § 28. Mit diesem Suffixe werden die part. perf. der ersten Konjug. (a-Klasse) gebildet, sehr häufig indessen auch aus Nomina Adjektiva abgeleitet, ohne daß ein zugehöriger Verbalstamm existiert. In dieser Funktion zeigt -at große Vorliebe für Verkettungen, wo es sowohl als 1. wie als 2. Glied auftritt. Ferner wird es, w^enn auch im Dakorum. seltener, zur Ableitung von Subst, benutzt; im Arom. hat es jedoch in dieser Verwendung eine wTeit größere Ausbreitung erlangt; siehe Cap. p. 26, Puscariu, Convorb. Lit. XXXV, p. 831. Die Bedeutung von -at als Adjektivsuffix ist: 1. versehen mit dem im Stamm zum Ausdruck gebrachten Inhalt, vor allem auch von Körperteilen oder körperlichen Eigenschaften, dann auch übertragen gebraucht; zuweilen ist die Bedeutung leicht augmentativ, cf. buzat, copilat, sprincenat, urechiat etc. 2. verglichen mit dem im Stamme genannten Dinge etc., ihm ähnlich. § 29. ad 1. ahtiat lechzend, begierig zu aht, schmerzliches Verlangen. bärbat männlich, mannbar, tapfer, auch Subst. Mann, lat. Erb vvort. buzat groß-, dicklippig, fam. mutlos zu buzä. ciudat sonderbar, zu ciudä veraltet und arom. Wunder, mod. Ärger; om ciudat Sonderling, lucru ciudat! sonderbar!; in der Bedeutung „wunderbar" ist ciudat veraltet. ciumat munt, pestkrank, zu ciumä. codat geschwänzt, zu coadä. coltat große Eckzähne habend, fig. der die Zähne zeigt, bissig, grimmig; auch coltos und colturat zu colt. copitat großhufig, zu copitä < ablg. kopyto Huf, parallel zu nblg. kopiten. gulerat einen Kragen tragend, z. B. oaie guleratä dunkelhaariges Schaf mit weißem Streifen um den Hals, Subst. Rotkragen, Schmäh wort gegen Beamte, daher wohl auch Alexi fig. = unverschämt. gusat kropfig, zu gusä. incäpätinat eigensinnig, dickköpfig zu cäpätinä. incetinat belaubt, ästig zu cetinä Tannenreisig, z. B. brad incetinat (Volkspoesie). ingändurat sorgenvoll, zerstreut, zu plur. gänduri. inhirzobat mit Bast umwunden, zu hirzob Weide. (in)sprincenat dicke Augenbrauen habend, auffallend, daher schön, stolz. intestat mit einer harten Hirnschale versehen, dickköpfig, eigensinnig, zu teastä, testä Schale, Hirnschale. motat gehaubt, Schopf-, z.B. ciocärlan motat, zu mot Schopf. muschiat mit Moos (muschiu) bedeckt, rämurat mit Zweigen bedeckt, verzweigt, urechiat der lange Ohren hat (Esel, Hase). — 24 — — 25 — § 30. ad 2. alunat mold. in den Redensarten buze alunate mit aufgesperrtem Munde, nas alunat Maul und Nase aufgerissen, ochi alunati Glotzaugen; nach Alexi <^> aufgestülpt, von der Nase. Es liegt zu Grunde ein Vergleich mit der Haselnuß alunä, die noch in der schon aufgesprungenen Hülle steckt, die als Mund betrachtet wird. bobosat hervorstechend, glotzend, vom Auge, so daß man den Augapfel bobos sieht; die Etym. von bobos Augapfel ist unbekannt, jedenfalls nicht, wie Säin. angibt, magy. babos, siehe § 134. borcanat bauchig, aufgetrieben, aufgeblasen,nas borcänat gebogen (Sä) dick (Alexi), zu borcan Krug, Topf. cercelat behangen (wie mit Ohrringen cercel). cläpäuzat in: cu pälärie lata cläpäuzata mit großem Schlapphute, zu cläpäug hängend, von den Ohren < poln. klapauchy; die Bildung ist wohl vom plur. mit Vereinfachung des z ^> z ausgegangen. cocärjat gekrümmt, vom Schnabel, Nase, Rücken, auch cocärlat, cocärdat, o babä cocärjatä de bätränete; zur Etym. siehe Tikt. p. 380. gogonat, mit Suffixvert. gogonet, eigtl. rundlich, dann augm. dick, geschwollen, groß, z. B. V'am spus o gogonatä (faustdicke) minciunä (Creangä) zu gogon kleines rundes Ding, vgl. gogonel § 63. imbojorat (imbujorat) Mold. rot (wie eine Pfingstrose bujor), entzündet o ranä tmbujoratä. incujbat gebeugt, wie eine cujbä gebogenes Holz, Haken, incujbati sub sarcini de nevoie. inrotat rund (wie ein Rad roatä) augm. ganz rund, z. B. mär inrotat (Volkspoesie). ochiat blasig, zellig, löcherig, zu ochiü. pälmat handförmig (z. B. gelappt von Blättern), auch palmenförmig (neol.). närämzat gefärbt oder rund wie eine Orange. roscat rötlich, rot (wie ein Rotkopf roscä). sulitat lanzenformig, sülitä Lanze. § 31. 1. Eine slavische Entlehnung, wo -at nicht als Suffix empfunden wird, ist bogat reich = ablg. bogatt. apriat deutlich, klar ist nicht, wie Cih. angibt, zu lat. apertatus, aperire zu stellen, sondern ist Parallelbildung zu big. na priat (nach Weigand). Nicht selten sind hier Neubildungen nach fremden Vorbildern, wie z. B.: afeminat = effemine, catifelat — veloute. pätrat = carre. amesurat ist Nachbildung des deutschen angemessen, entsprechend. 2. Über -at als erstes Glied einer Verkettung, z. B. -atel siehe unter den einzelnen Suffixen; als 2. Glied steht es in: -isat: ingälisat schmachtend, matt, kraftlos, zu galis id. costisat schräg abfallend, zu costis schräg. -uiat:buhuiat struppig wie eine Eule,bufä, transs.buhä. huhuiat, daneben huhuiet (Bucov.) geschöpft, mit einer Haube, z. B. gäinä huhuiatä ist nur eine dialektische Umgestaltung von buhuiat, cf. Tikt. p. 743. undoiat mit Dissimilation = unduiat wellig, Verbum a unda. Dieser Verkettung liegt nicht das adjektivische Suffix -uiü zu Grunde, sondern der Ausgangspunkt ist in Substantiven auf -uie, -uiu zu suchen, so daß auch der Einfluß von huhuiat = cucuiat id. << cucuiu Beule, Haube -f- at nicht ausgeschlossen ist. In cärjobat krumm, gebückt liegt wohl eine direkte Entlehnung aus dem Slav. vor, wo -ovata produktives Suffix ist, siehe unter -ov, § 136. § 32. Etymologie: Bereits im augusteischen und auch schon im voraugusteischen Zeitalter war die latein. Sprache reich an Bildungen auf -atus (bez. -itus, -utus) von Nominalstämmen, zu denen sich eine reiche Fülle gleichartiger aus der silbernen Latinität gesellt, Beispiele bei Cohn, p. 181, die — 26 — man als „besitzanzeigende Adjektiva" bezeichnen kann; auch latein. schon wohnt -atus die Bedeutung der Ähnlichkeit mit dem Stamm inne, cf. Pauker, Z. f. österr. Gymn. 1874, 115, sub 19. Allein, während in den anderen romanischen Sprachen diese Bildungen, vor allem -utus, eine reiche Produktivität entfaltet haben, ist im Rumän. fast ausschließlich -atus, dafür aber in um so ausgedehnterem Maße zur Neubildung verwendet worden. So sind die angeführten Beispiele außer bärbat sämtlich rumän. Neubildungen. Aus diesem Vorherrschen des -atus ist auch erklärlich, daß -atus die prägnante Bedeutung des -utus „versehen mit etwas über das gewöhnliche Maß hinaus, eine auffallende, charakteristische Begabung", in manchen Bildungen übernommen hat. Denn „schon das Latein, läßt wahrnehmen, daß der Platz des einen der drei Suffixe -atus, -itus, -utus von einem der beiden anderen eingenommen werden konnte" (Cohn 183 ff.), so caudatus und cauditus, zumal auch -utus schon latein. die Bedeutung des -atus hatte. Es läßt sich nicht aufklären, warum das gerade in den anderen roman. Sprachen so häufige -utus (vgl. ital. barbuto, span. barbudo, franz. barbu aber rum. bärbat) im Rumänischen fast ganz zurückgetreten ist; vielleicht hat die große Zahl der echten part, auf -at, die ja auch häufig als Adj. verwendet werden, einen Einfluß in diesem Sinne ausgeübt, sicher aber auch das völlig gleichlautende und gleichbedeutende ablg. -ata, z, B. bradata = barbatus, sakatt, sakovatt voll Schößlinge, Zweige, rogat'l = cornutus, Mikl. p. 182. Nach Palatalen geht, besonders moldauisch, -at in -et (-ät) über; dies erklärt Formen wie: costiset, huhuiet, pistruiet sommersprossig, guset (gusät), lafaiet = lafagiu großsprecherisch, räs(z)net (räslet) entfremdet, einsam. Daneben finden sich fast regelmäßig die Formen auf -at; die Analogie zum part. wirkte anscheinend stärker, als die lautliche Entwicklung. Da -et sonst nicht Adjektivsuffix ist, so lag auch der häufige Wechsel mit -et nahe, das in adjekt, Funktion sehr beliebt ist. — 27 — 10. -atec (-ätic). § 33. Im Gegensatz zu den übrigen romanischen Sprachen zeigt das Dakorumänische eine große Vorliebe für dieses adjektivische Suffix, während es auch im Aromun. in dieser Funktion sich nicht findet, -atec hat eine vielseitige Verwendung gefunden; zunächst drückt es, wie schon das lat. -aticus in viaticus, fanaticus, volaticus etc. 1. die Beziehung zum Primitiv schlechthin aus, dann aber hat -atec auch nach Pusc. § 50 auch die beiden charakteristischen Bedeutungen der k-Suffixe angenommen und dient zur Ableitung, 2. diminutiver und 3. pejorativer (augmentativer) Adjektiva, und zwar aus nominalen, seltener aus verbalen Stämmen. § 34. ad 1. Hier sind Adjektiva zu nennen, die eine charakteristische Eigenschaft des Primitivs hervorheben, daher bedeuten: geformt wie, nach Art von, reich an . ., versehen mit . . ., beschaffen wde . . . etc. cornuratic hornförmig, eckig, winklig. sulatec ahlförmig, spitz, schlank zu sulä Ahle, daneben suleget, s. unter -ed § 54, 2. coroietic falkenartig, z. B.nas coroietic (coroiat) Habichtsnase. fulgeratic blitzschnell, flüchtig, furtunatic stürmisch, auch fig, heftig, hitzig, singuratec einsam, zurückgezogen, abgelegen, viforatec stürmisch, nur poetisch, sonst viforos. päduratec mit Wald bedeckt, waldig, Wald-, z. B. un munte päduratec. poznatec possenhaft, drollig. prävälatec abschüssig zu präval Abhang. sängeratic blutreich, blutfarbig. Besonders zu nennen ist: indemänatec geschickt, günstig zum adv. indemänä zur Hand, bequem; ferner das Erbwrort sälbatec wTild ital. venedico Venezianer; das Wort wird volksetymologisch wegen seiner Bedeutung zu a veni gestellt. bez(s)metic, desmetic gehören nur scheinbar hierher, siehe unter -ic. § 37. Etymologie. Wie die beiden Erb wörter sälbatec und lunatec beweisen, liegt das latein. -äticus mit Sicherheit zugrunde und ist von diesen Wörtern aus produktiv geworden; zumal, da ja dem lunatec noch das Primitivum lunä zur Seite stand. Auch für die Ableitung aus Verben liegen schon latein. Vorbilder vor, w7ie volaticus aus volare. Die literarische Form ist -atec, doch sind die dialektischen Formen -atic, nach Palatalen -etic, außerordentlich häufig. 11. -au (-älau). § 38. Es sind nicht viele adjektivische Bildungen mit diesem Suffixe zu nennen, das pejorative Adjektiva aus Adjektiven und aus Substantiven ableitet, die häufig nur noch als t — 30 — Substantiva gebraucht werden. Daneben existieren auch rein substantivische Bildungen, wie fätaläu derbes Mädchen etc., bei denen häufig Suffixanalogie vorliegt. § 39. buzau schmollend zu buza. cärnau = cärnog stumpfnasig, plattnasig, nur in grau cärnäu eine Weizenart, zu cärn coparsau Sarg, bacäu Meister, Teufel in der Phrase: a si gasi bäcäul = bakö Henker, caläu Henker zu zigeunerisch kalo = Zigeuner, wohl durch magy. Vermittelung; in Ungarn dienten als Henker Zigeuner, weil das Gewerbe für unrein galt; dudäu Unkraut = dudva id. lompau Heber = lopö Heber, Dieb, räzäläu Ab-schabsel zu reszelö Feile, etc. Aus einigen solchen urspr. magyar. Wörtern mit an sich pejorativer Bedeutung, wie bacäu, caläu. übertrug man die Endung mit pejorativer Bedeutung und bildete Subst., z. B. limbäu Schwätzer, lingau Schmarotzer etc. Wörter, w7ie lungäu langer Kerl, Langer, und dann als Adj. sehr lang, aufgeschossen, vermitteln durch attributiven oder appellativen Gebrauch den Übergang zur Funktion als reine Adjektiva. — 31 — Die Verkettung -äläu geht schon auf das Magy. zurück, wo ihm meist -olö entspricht, wie vandräläu Landstreicher << vändorlö umherziehend, oder sie ist umgestaltet aus anderen magy. Endungen, wie oben räzäläu << reszelö. Loslösung und Produktivität dieses -äläu war möglich vor allem unter dem Einfluß des zugehörigen Verbalsuffixes -äluesc << -olni, z. B. vändorolni. 12. -'av (-äv). § 41. Das Suffix -av dient zur Ableitung qualitativer Adjektiva aus Substantiven und aus Verben; jedoch ist die Zahl der rumän. Bildungen nicht sehr groß. Die meisten hierher gehörigen Wörter sind entweder direkte Entlehnungen aus dem Slavischen, oder dort wenigstens vorgebildet. buhav aufgedunsen, gehört zu big. buh-nica = buh-äl Uhu, Bergeule = rum. buhä Bergeule. Daneben existiert noch puhav flaumig, locker, aufgedunsen, das wohl mit Verhärtung des Anlauts aus buhav entstanden ist, jetzt aber als Ableitung aus puf Flaumfeder << russ. puh gefühlt wird. lingav kränklich, schwach ist wohl = lingav zu lingoare Nervenfieber; an eine Zugehörigkeit zu ablg. legati etc. darniederliegen ist nicht zu denken, da e nicht zu in wird. pärgav frühreif, von Früchten, zu pärg Reife, pärgä Erstling aus big. prtga. purav wild, mutwillig zu purä Brunstzeit. ciumpav gestutzt, vom Schwänze, z. B. coadä ciumpavä zu ciump Stummel. Häufig wird aber ciumpav = cimpav starrfüßig gebraucht = magy. csampäs id. grozäv 1. veralt, häßlich, mißgestaltet. 2. mod. schrecklich (auch ironisch), wird als xlbleitung aus groazä ablg. groza Schauder, Grausen empfunden, vergl. aber zu 1. big. grozen, ablg. grozav-l id. sitav rauh, heiser, zu sitä Sieb; -av zur Bezeichnung von Krankheiten schon slav., vergl. big. sipkav heiser, treskav fieberkrank, kaslickav hustend. f — 32 — Weitere Beispiele bei Mikl. p. 220. siseav lispelnd, zischend, vergl. russ. susukati flüstern, transs. sisca Hexe. tärcäv scheckig, bunt, auch tärcat ist mit Suffixvertauschung = magy. tarka, tarkäs bunt, scheckig. 1 § 42. Aus dem Slavischen übernommen sind: fiicav stammelnd, Cantemir, Ist. Ierogl. 62, nach Tikt. 1 p. 627 wahrscheinlich zu ablg. ikati stammeln, vergl. auch lautnachahmend ablg. fofati foflja lispeln, stammeln, ablg. fltkavL stammelnd, niedersorb. hykava id. ghizdav mold. veralt. prächtig = ablg. gyzdavt. ! wal. gängäv, mold. gä'ngav stotternd, stammelnd zu ablg. gagnati murmeln, vergl. gagnivi» näselnd. gubav veralt. aussätzig, mod. blaß, bleich = serb. gubav. hirav, daneben firav blaß, leichenblaß, schwächlich Form glupav gehört zu big. glupav dumm. jilav naß, feucht, sumpfig = ablg. zilavx zu zila Ader, big. zilav zäh, elastisch (wie eine Sehne, Ader). märcav transs. schwach, unpäßlich zu ablg. mn&kati = coire. Nach Dame auch transs. veralt. = märsav. märsav, mager, schmutzig, auch fig. = ablg. nblg. mrLSavx mager. trändav faul, träge zu ablg. trad'L Krankheit, Dysenterie etc. § 43. Etymologie. Wie die vielen direkten Entlehnungen aus dem Slavischen beweisen, ist -av slavischen Ursprungs, s. Vondr. p. 409, Mikl. p. 220. Bereits ablg. bildete es vorwiegend Adjektiva, auch mit qualitativer Bedeutung, wie krastavx zu krasta Krätze, kr^vavT» zu krtvL Blut, auch von Verben, wie delavi» wirksam zu delati, chrapavL heiser » zu chrapati schnarchen etc. Von Wörtern wie grozav, neben dem ein „groaza" besteht, wurde -av produktiv; die schwan- - 33 — kende Betonung findet sich bereits im Big/, heute ist aber -'av mehr westblg., dagegen -äv mehr ostblg.; im Big, schwankt die Betonung nie bei demselben Worte in demselben Dialekte, also mirsav, aber stets bolnäv, vergl. dazu rum. bölnäv. Im allgem. ist in der Walachei -äv, in der Moldau -'av die übliche Betonung. Die scheinbare pejorative Bedeutung des Suffixes ist überall durch den Sinn des Primitivs zu erklären; im Slav. hatte -av, bes. an Adjektiva angehängt, eher eine abschwächende Bedeutung, vergl. slov. belav, cechisch belavy weißlich zu bek&. Da das Aromun. dieses Suffix nicht, oder wenigstens nicht produktiv aufweist, dürfte wohl anzunehmen sein, daß das Suffix erst verhältnismäßig spät in das Dakorumänische eingedrungen ist. Vielleicht sind einige vereinzelte Fälle, wo -avi, durch -ov reflektiert ist, als dialektische Entlehnungen zu deuten (siehe -ov). 13. -ciör. § 44. Dieses Suffix ist im Rumänischen sehr selten. Es findet sich, außer in einigen wenigen Substantiven nur in folgenden Ableitungen aus Adjektiven, die es diminuiert: gräscior zu gras fett. groscior zu gros dick, grob. descior zu des dicht, häufig. Nicht hierher gehören afumäcior, cäruncior, märuncior, bei denen Suffix -ior vorliegt, und cäcior transs. (Lex. Bud.), scheckig, abgeschmackt, unschicklich, nach Cih. p. 487 = magy. kaczer gefallsüchtig, auch geil, frech (Magy. Szot. II. 74). § 45. Etymologie: Zwar scheint im Vulgärlat. ein Suffix *-c- -j- eolus bestanden zu haben, wie lat, manciola Händchen und das sehr beliebte span. adj. und subst. Diminutivsuffix -(i)zuelo beweisen (Beispiele bei Förster, Span. Sprachlehre, Berlin 1880, §§ 266—270). Aber im Rum. hat ulcior Krug ts vor i, cf. puteosus >> pucios wuchsen die beiden verketteten — 37 — Suffixe derart zusammen, daß -cios als Suffix ä, i nur noch als Bindevokale empfunden wurden und der ursprüngliche partizipiale Charakter der Bildung völlig verloren ging. So wird z. B. mäncäcios empfunden als mänc(a) + äcios, und dadurch erklären sich infolge analogischer Übertragung an den Stamm Adjektiva, wie arzäcios brennbar, intinzäcios dehnbar, spärgäcios leichtzerbrechlich etc., zu den°,n die part. praet. ars, intins, spart gehören; der Übergang von d J> z in den Adjekt. ist nur analogisch, s. arzoiu, § 123. Die große Zahl der deverbalen Adjektiva auf -cios erklärt sich daher, daß sie von fast jedem Verb abgeleitet werden können. Die Bildung von Adjektiven aus Adjektiven ist möglich dadurch, daß in Wörtern wie albicios ebensogut wie das Verb alb-esc auch das Adjektiv alb herausgefühlt werden konnte und derartige Adj. dann von Adjektiven aus neugebildet wurden mit Hilfe des Suffixes. Die Zahl dieser Ableitungen ist indessen weit weniger groß, als die der deverbalen. Die Ableitungen auf -incios, sowie mustäcios -cior, siehe § 45, vgl. Pusc. § 126, 7, zu -cios auch Pusc. § 85. 15. -ean (-ulean). § 51. 1. -ean dient als Suffix zur Bezeichnung der örtlichen Herkunft, häufig auch der Zugehörigkeit; dann entspricht es dem gebräuchlicheren -esc, oder es wechselt auch mit diesem. Obgleich im Slavischen ursprünglich rein adjektivisch, sind doch die meisten Ableitungen mit -ean im Rumän. Substantiva, 2. In der Verkettung -ulean drückt es Diminuierung mit stark hypokoristischem Sinne aus. § 52. ad 1. apusean westlich, abendländisch, zu apus, a se pune von der Sonne. cämpean in der mod. Lit. = cämpenesc ländlich. codrean Gebirgs-, josean veralt. in der Ebene wohnend, täranü joseni, judetean Bezirks-, mir ean profan, Laien- — 38 — clerul mirearj, pämäntean irdisch, weltlich zuweilen = pämän-tesc einheimisch, poporean (poporan) Volks-, z. B. literaturä poporeanä cea nescrisä, räsäritean östlich, Orient- zu räsärit Aufgang der Gestirne, r iure an am Flusse wohnend, zu plur. riuri etc. ad 2. dragulean, Dem. zu drag, Gaster II, 137, fem. dra-guleanä Gane, Convorb. lit. XI, 294. gräsulean Dem. zu gras, vgl. auch gräscean id., das aus grasicean mit synkopiertem Mittelvokal zu erklären ist, cf. gräscior; nur in Verkett. hat -ean den dim. Charakter. § 53. Etymologie: -ean ist das ablg. -em>, das Stoff-adjektiva bildete, wie ItnennB zu Imtl, kamenx steinern, aus Stein, zu kamy, kamene, kostend knöchern zu kostL etc. Von der stofflichen Herkunft wurde es schon bulg. auf die örtliche übertragen. Das fem. lautet bei den Adj. -eanä, bei den Subst. meist -eancä, der plur. lautet sehr häufig, bes. Mold. -eani, literarisch aber -eni. Die seltenen Hypokoristika auf -ulean sind fast alle Subst. Die Diminuierung wird aber in diesem Falle nicht durch -ean ausgedrückt, sondern durch -ul < -ullus, das nur noch in Verkettungen erhalten ist, die außer -ulet und -ulean sämtlich als zweiten Bestandteil ein Dim.-Suffix haben und diese andern beiden vielleicht beeinflußt haben; vgl. § 148, sowie Pusc. § 136, 139. 16. -'ed, -'ede. § 54. Eigentlich ist dies jetzt ein totes Suffix, denn in den hierher gehörigen latein. Wörtern wird es zum Stamm gehörig gefühlt, siehe die Ableitungen putrezesc etc. Indessen zeigen auch einige fremde Wörter den Ausgang -ed. 1. Lateinische Erbwörter sind: länged, länced 1. schläfrig, matt, 2. ermüdend; o poveste cam läncedä; die Schreibung länged wird bevorzugt, schon Gaster I, 18, 3, auch arom. llndzit. — 39 — mirced faul, welk, statt des zu erwartenden märced < marcidus, durch rinced oder märsav, die Ahnliches bedeuten, im Vokalismus beeinflußt, (S. dazu jetzt Jb. XVI, 216?) muced schimmelig; Gaster II, p. 12, 2 hat mucid. neted glatt, eben, klar; putred verfault, morsch, faulig, rinced ranzig, umed feucht, vested welk < vescidus, vgl. alban. vesk ich welke, Pusc, Lat. El. 1877. fraged zart < fragidus = fragilis mit Suffixvertauschung, denn -ilis ist rum. nicht bewahrt, sarbed (sarbäd, nach Labial e > ä, daher auch umäd gesprochen) bleich, fade, abgeschmackt, nach Pusc, Lat. El. 1521 << exalbidus oder auch *salvidus von salvia Salbei. Letztere Etymologie ist wahrscheinlicher, da aus exalbidus wegen alb wohl salbed zu erwarten wäre; daraus ergibt sich auch, daß albed nicht Erbwort, sondern erst rum. gebildet ist. Der Übergang e >> ä beweist, wie wenig -ed als Suffix gefühlt wTird. Zwei Wörter weisen -ede statt -ed auf: limpede klar, deutlich, adj. undadv., arom. limbit, limbid. repede schnell, reißend, abschüssig; zu erwarten wäre dakor. raped, aber durch die Ableitungen räpezesc > repezesc, repejune, repeziciune hat e das a verdrängt. Dem Versuche, -ede wegen des häufigen adverbialen Gebrauchs dieser Wörter aus dem entsprechenden latein. Adverb zu erklären, widerspricht das arom. limbid, wenn schon bei repede dieser Erklärung nichts im Wege steht, vgl. bine zu bene. Versuch anderer Erklärung Pusc, Lat. EL 973. 2. Hierher gehört wohl auch: mold. buged, daneben die Form buget, wohl nur Schreibung für die im Auslaut tatsächlich gesprochene stimmlose lenis, „der volle Backen hat", daher fett, üppig, weiterhin auch krankhaft aufgedunsen, blaß < *buccidus zu bucca, mit Erweichung des c >> g, das umgekehrte bei länced < languidus. suleget zart, schlank, bei Dosofteiü noch suleagedü ist nach Pusc. < *sublicidus zu sublica Pfahl; zu der Verhärtung vgl. buget, — 40 — § 55. Bildungen aus nicht latein. Stämmen sind: smärced häßlich, schmutzig, garstig, ekelhaft, zu ablg. smrxk'l Rotz, cf. rum. smärcesc < ablg. smrntkati „sich die Nase putzen"; smärced ist wohl nicht direkt aus smärcesc abgeleitet, sondern durch Suffixvertauschung aus smärceav, -os (deverbal). Das gleichbedeutende smärd ist ablg. srnrEdi» gemein, eigtl. stinkend. subred gebrechlich, schwach ist das ablg. supiL „debilis" mit dem aus dem gleichbedeutenden fraged entnommenen Suffix -ed, siehe Jb. 16, p. 78. vilced braun und blau von Schlägen, will Cih. von vercsikos id. ableiten, was unmöglich ist. § 56. Etymologie: Latein, -ldus ergab lautgerecht -ed. Die damit gebildeten latein. Adjektiva, die sowohl deverbal, wie denominativ waren, bezeichnen „eine Tätigkeit als einen Zustand", was auch im Rumänischen bewahrt ist; vgl. Stolz, p. 563. 17. -eag (-ag, -eg). § 57. Ein adjektivisches Suffix -eag, bez. -ag, -eg, gibt es nicht. Indessen zeigen einige Adjektiva diesen Ausgang, die freilich meist fertig übernommen und mehr oder minder unter dem Einfluß des subst. -eag einheitlich umgestaltet worden sind. Zufällig haben die hierher gehörigen Adj. meist eine pejorative Bedeutung, und in dieser scheint -eag produktiv gewirkt zu haben in dulceag süßlich, widerlich süßlich, auch fig., << dulce + eag. Slavisch sind: pribeag umherirrend, heimatlos, auch Subst., = ablg. pribegi» Ausreißer; hier gehört -eag zum Stamm. cepeleag mold. lispelnd, bei Cantemir noch sepeleav = russ. sepeljavy, mit Suffixvertauschung, beeinflußt durch magy. selypes stammelnd, selypeg stammeln? - 41 — Magyarischen Ursprung haben: b et eag schwach, krank = magy. beteg krank; -eg gehört hier zum Stamm, wie auch in bisag olt. = bisugos reichlich, im Überfluß = magy. böseg Überfluß, böseges reichlich. peleag kahlköpfig (Banat), vgl. dazu magy. pilis Tonsur, pilises eine Tonsur habend. §58. Etymologie: Das ursprünglich slavische -eag << egi», egTE» (Mikl. 282) hat zwar als Substantivsuffix eine große Verbreitung erlangt, trotzdem die Zahl der Wörter, von denen es ausging, sehr gering ist, aber als Adjektivsuffix hat es keine Verwendung gefunden. Bei den wenigen angeführten Adjektiven zeigt sich das Bestreben, unter dem Einfluß der Endung -eag < magy. -eg (eg) in beteag, sireag etc. < beteg, sereg etc. auch in den nicht magy. Entlehnungen -eag durchzuführen, da -eg als Endung im Rumän. ungewöhnlich ist. Dulceag und bisag zeigen -ag nach Palatal. 18. -eiü. § 59. Während in substantivischer Funktion -eiü nicht selten ist, gibt es für adjektivische Verwendung nur wenige Beispiele, in denen es das Aussehen, die äußere Erscheinung bezeichnet, wie z. B. in albeiü weißlich, dann aber auch ältlich, ein altes Aussehen habend. griveiü = griv schwarz und weiß geflockt, auch Rufname für Hunde. stirbeiü, einer, der eine Zahnlücke hat, meist Subst., zu stirb = ablg. strtbTb. co st eiü geizig = russ. kostei sehr magerer Geiziger, wTörtl. „der wie ein Gerippe aussieht". § 60. Etymologie: Das Wort costeiü zeigt den Weg, auf dem -eiü ins Rum. gekommen ist. Gerade im Russ. ist dieses Suffix häufig, seltener im Big., das aber auch Subst., wie uleiü Klotzbau der Bienen etc. geliefert hat. Ablg. fehlt dieses -ej'l, das 1. Diminutiva bildet, 2. Adjektiva substantiviert; Beispiele, vor allem aus dem Neuslov. bei Mikl. 83. 19. -el und seine Verkettungen. § 61. 1. Dieses Suffix ist das häufigste Diminutivsuffix und zwar sowohl in adjekt., wie in subst. Funktion. Ganz besonders beliebt sind in dieser Bedeutung auch Verkettungen, in denen -el aber stets 2. Glied ist; solche mit -el als 1. Glied finden sich bei den Adjektiven nicht. Zum Teil ist auch das erste Glied ein Diminutivsuffix, wie in -icel, etc., dann fehlt es im Deutschen an entsprechenden Ausdrücken, um diese Grade der Verkleinerung und häufig auch der Liebkosung auszudrücken; wTir setzen da häufig „hübsch, schön, etc." vor das betr. Adj. Als Fem. zu -el wird jetzt fast ausschließlich -icä verwendet, während in älteren Denkmälern sich -ea um so Öfter findet, je weiter man die Sprache zurück verfolgt; vgl. Pusc. § 63. 2. In einigen Wörtern hat -el scheinbar keine dimin. Bedeutung, sondern leitet einfach Adj. von Subst. ab, oder die Wörter sind fertig aus anderen Sprachen übernommen. In diesem letzteren Falle wird -el auch nicht als Suffix empfunden. ad 1. albästrel bläulich, amärel bitterlich, bätrinel ältlich, angejahrt, fälosel zu fälos stolz, frumusel hübsch, märuntel winzig klein, sänätosel ziemlich gesund, singurel, auch singur-singurel, adj. und adv. ganz allein, mutterseelenallein, usorel leicht, leichtsinnig, etc. § 62. Verkettungen. -äcel: goläcel ungefiedert, prostäcel etwas dumm. -änel: bälänel weißlich, codänel halbwüchsig, von Bauernkindern, golanel bettelarm. -ärel: päträrel vierjährig (nach Alexi „zu vieren"?), cincärel im 5. Lebensjahre stehend, cai patrarei, beide Adj. auch als Subst, gebraucht. -asel: cinasel nett, schmuck, gingasel zart. -isel: ochisel etwas brünett zu oäches braun, brünett i 3 i. . . . (Bare). Die Vertauschung von -es gegen -is ist in diesem Falle auf Dissimilation zurückzuführen. -ätel: Eine eigenartige Verwendung hat -el gefunden > zur Diminuierung von adjektivisch gebrauchten Partizipien auf -at, gelegentlich auch solcher, die sonst nicht adjektivisch verwendet werden. Für -it, -ut -f- el habe ich jedoch keine Beispiele finden können, vgl. auch Pusc. § 107, ätel, itel. bulbucätel hübsch geschwollen, strotzend, zu a bulbuca wölben. curat el nett, sauber, schmuck, fatä curätica zu curat rein. Das Verb a cura ist nur noch dial. üblich, sonst aber durch a curati verdrängt. sculätel springend, tanzend zu a se scula << *excubulare, Pusc. Lat. El. 1559. v arg ätel schön gestreift zu a värga mit Streifen versehen. afumäcel nach Dame angeräuchert, etwas vergilbt, auch „etwas angebrannt", z.B. lapte <^>? könnte vielleicht unter dem Einfluß von afumäcior oder durch Suffixvertauschung mit -äcel aus afumätel umgebildet sein. Indessen wird wohl die richtige Form, wie auch H E M 466 hat, als afumätel anzusetzen sein. -icel ist sehr häufig: ängusticel ziemlich eng, bunicel, cäldicel lauwarm, cärnicel zu cärn stumpfnasig, siehe § 84; läticel, märicel, molicel, muiticel, prosticel, räricel etc. -inel: incetinel hübsch langsam, sachte, leise, cätinel 1. = incetinel, dann meist adverbial, 2. als Adj : wenig, auch Subst.: o cätinicä ein Weniges, in weiterer Verkettung cäti-nelus Dos. V. S. Oct. 5 = incetinel. Wie aus der Bedeutung 2. hervorgeht, dürfte hier das adj. num. cit zugrunde liegen, -tel (-itel, -utel) putintel sehr wenig zu putin, arum. putäntel Gaster I. 198 ..., 200 .. ., 253, 255,2 ... neben putinel Gaster I. 9*, 3; 61 etc., putänel 256, putunel 334 ____Das Suffix — 44 — — 45 — ist wohl übertragen aus mititel, micutel aus mic klein. Daneben durch Einfluß von micut auch micutel, mititelut Gaster II. 258,3. mititel subst. fam. Teufel. Vgl. noch bes. Pusc. § 107, p. 169 zur Erklärung des unaffizierten Dentals. § 63. ad 2. aurel poet. golden, goldig, blond, pärul <^>. bourel 1. stark wie ein Auerochse (Dame), 2. von Ochsen mit gerade aufsteigenden Hörnern, 3. von den Brüsten: prall, de la tite bourele (Tikt. p. 218). Als Subst. mit dim. Bedeutung: Zaunkönig, Schnecke. cinstel geehrt. Frundä verte visinel, Nunul nostru cel cinstel..., Tikt. p. 353; gewöhnlich cinstet. grängorel pirolfarbig, gelb, Tikt. p. 696 zu grangur Pirol. gogonel = gogonet rundlich, kugelig, S'o mäciucä gogonea Co oca de plumb in ia Tikt. p. 690 zu gogon kleines rundes Ding, zu einer Wurzel koko-, etwas Kleines, Niedliches, Rundes. misel arum. noch arm, dakorum. jetzt nur noch elend, niederträchtig, schlecht, < latein. misellus; das Simplex measär und -lm zusammengeflossen. Beide bilden Stoffadjektiva, -hm» vor allem auch Adjektiva der Ähnlichkeit, der Art, wie zeleztra eisern zu zelezo; ferner wurde es dann sehr häufig verwendet zu Bildungen wie boLbni, krank, domovBm, Haus- etc., vgl. Vondr. 424, Mikl. 145. -en'l wurde im Rumän. zu -ean und bezeichnet da nur noch die örtliche Herkunft; es ist daher anzunehmen, daß diese Wörter auf -en ziemlich späte Entlehnungen sind, nachdem im Big. schon die beiden Suffixe -em» und -Lnt > en zusammengefallen waren. Ferner ist für die spätere Entlehnung anzuführen, daß sich bei diesen Wörtern die slav. Stammbetonung gehalten hat, während die -ean-Ableitungen alle suffixbetont sind. Vielleicht ist -en auch vom Westbulgarischen ausgegangen, wo -ern. >> -en%. Dagegen ist der Wechsel von -en und -an erst rumänisch, denn nach Labialen, dial. auch nach dentalen Zischlauten wird en >> än, wenn auch nicht konsequent, da das Suffix zu stark gefühlt wird. — 47 -21. -esc. § 68. Die rumänischen Neubildungen mit diesem rein adjektivischen Suffixe, das wie schon im Lateinischen die Zugehörigkeit schlechthin bezeichnet, sind sehr zahlreich, -esc wird verwendet zur Bildung von Adjektiven aus Subst., sehr selten aus Adj., und drückt dann aus: 1. Zugehörigkeit im engeren Sinne, jem. zukommend oder ihn betreffend. 2. Ähnlichkeit, nach Art von ..., deutsch -lieh, -haft. Es ist häufig nicht leicht, zwischen 1. und 2. zu scheiden, da viele Wörter unter 1. auch bes. in übertragener Bedeutung unter 2. zu stellen sind. 3. Herkunft, daher auch zur Bildung von gentilia dienend = -isch. § 69. ad 1. agesc des Aga, siimenii agesti die Söldner des Aga, argätesc Knechts-, munca argäteascä zu argät (ngr.). bisericesc Kirchen, boieresc Bojaren-, herrschaftlich, bros-tesc Frosch-, cäiesc, cäinesc, cäsnicesc das Eheleben betreffend, cinste cäsniceascä, ceresc, ciobänesc, cäine ciobänesc Schäferhund, crestinesc, dräcesc, impärätesc, lumesc, sätesc, sätenesc dörflich, ländlich. § 70. ad 2. ängeresc engelhaft: o asa ängereascä frunte eine solche Engelsstirn. bäbesc nach Art alter Weiber, Altweiber- z. B. limbutia bäbeascä, lecuri bäbesti Hausmittel, wie sie alte Weiber zu bereiten pflegen. bärbätesc männlich, mannhaft, Herren-. bätrinesc alt, von den Alten stammend, nach Art der Alten cintec bätrinesc Volksballade. bondärescin viespe bondäreascä Hornisse, wörtl. Wespe, die der Hummel (bondar) ähnlich ist. bouresc mit großen, geraden, in die Höhe gerichteten Hörnern, wie der bour, nur von der Schnecke in dem Kinderspruche: Meie, scoate coarne bouresti, Tikt. p. 218. w — 48 — cälugaresc mönchisch, viata calugareasca. clipesc momentan, vorübergehend zu clipä Augenblick. cocosesc hahnartig, wie ein Hahn. femeiesc weiblich, mägäresc nach Art des Esels. miselesc 1. veralt. arm, beklagenswert miselescul seu traiu sein beklagenswertes Dasein. 2. niederträchtig minciuni miselesti. tiner esc jugendlich, vulpesc schlau (wie der Fuchs). § 71. ad 3. arabesc arabisch, daneben arapesc id., doch mehr in der Bedeutung Mohren- (tara arapeascä), zu (h)arap Mohr gehörig. ardelenesc, arnautesc, mocänesc (mocärteau) Ge-birgs-, Berg-, romanesc, turcesc, unguresc etc. ghiculesc aus der Familie Ghika. Gaster II. 254, domnii ghiculesti; cf. Pusc. § 136. 3. Meist sind diese ursprünglishen Adj. zu Subst. geworden; hieran schließt sich die außerordentlich häufige Verwendung von -esc + Artikel u(l) zur Bildung von Patronymica, wie Dragomirescu, Petrescu etc. Sonst sind Verkettungen bei diesem Suffixe ziemlich selten; als 2. Glied ist es enthalten in -enesc (ardelenesc, cämpenesc ländlich, mirenesc profan, pamintenesc einheimisch, cf. -ean) -nicesc (cäsnicesc), und -ulesc (ghiculesc) wto -ul aber nicht der Artikel ist, siehe unter -ul. § 72. Etymologie, -esc ist das latein. -iscus, das seinerseits auf das griech. Diminutivsuffix -iskos zurückgeht. Im Latein, wurden damit zunächst Hypokoristika, dann Gentil-namen, weiterhin aber in der Volkssprache anscheinend sehr zahlreich Adj. überhaupt zur Bezeichnung der Herkunft, Ähnlichkeit, Art gebildet. Das Suffix hat im Dakorum. sowohl, wie im Arom. eine große Produktivität entfaltet, vgl. Cap. p. 46. Fem. -eascä, masc. fem. plur. -esci wird jetzt -est! gemäß der Aussprache geschrieben. Auffallend ist das verschiedene Verhalten des Dentals vor -esc: arnautesc, argätesc, aber impärätesc, bärbätesc, sätesc. — 49 — Die beiden ersteren "Wörter, sowie sätesc, sind sicher neu, neben dem adj. argätesc existiert ein Verb argätesc diene; arnautesc kann durch Ableitungen, wie arnäütel, arnäutime, wo t lautlich berechtigt ist, beeinflußt sein. Aber impärätesc ist gewiß ein altes Wort, und daneben besteht ein Verb impärätesc, impärätie etc., neben bärbätesc, das *barbatiscus sein könnte, ein bärbätel, bärbätie. Andererseits beeinflußt verbales -esc < -isco infolge Stammausgleichs aus dem Infin. -Ire in der Regel vorhergehenden Dental, und das ist alt: arom. prutidzäscu, a prutidzi, dakorum. putrezesc, a putrezi, aber putredire statt zu erwartendem putrezire Cod. Scheianü, p. 39, Gaster *14,3, 303, 3, daneben putrezire Gaster I. 316,3, auch einmal putredesc Gaster L *8. Man kommt also in diesem Punkte zu einem non liquet. 22. -'es. § 73. Dieses häufige Suffix bildet meist Adjektrva, jedoch auch gelegentlich Subst. und zwar nur aus Nominalstämmen latein. wie slav. Herkunft. Seine Bedeutung ist meist qualitativ; manchmal ist es auch etwas augmentativ. Rumänische Bildungen. cap es energisch, muiere capesä, auch seinen eigenen Kopf habend, störrisch zu cap. chipes wohlgestaltet, stattlich, stramm, zu chip Bild im Rum. neugebildet, denn magy. kepes heißt mit Bildern versehen, bildlich, fähig. einst es veraltet 1. ehrwürdig, 2. ehrenvoll, 3. geachtet; in Bedeut. 2. 3. heute cinstit. cornes gehörnt, Dos. Ps. V. P. 67, Z. 133 Taurii cei cor-nesi . . ., heute veralt; auch arom. coarnes hornförmig, länglich, Cap. p. 46. culpes schuldig, daneben culpäs. fires veralt. natürlich, daneben hires, firis Gaster I, 360. foa(i)es beblättert = foios (seltenes Wort). foales dickbäuchig, Subst. Dickwanst, zu foaleplur. Bauch. Weigand XVII. 4 — 50 — flenches vom Rind, dessen Hörner in der oberen Hälfte gegen die Augen umgebogen sind; gebort wohl zu fleoncäMaul. gales, mold. galis mit mattem, schmachtendem Gesichtsausdruck, cu ochi galesi, ist big. galen mit Suffixvert. grebles von Hörnern: rechenartig gebogen, zu greblä (slav.) Rechen. gures der viel oder laut zu schreien, sprechen, zanken pflegt; ciocirlanii guresi die geschwätzigen Lerchen. lat es sehr breit, in die Breite gerichtet, coarne latese, lenes träge, faul zu lene Faulheit < ablg. leni>. moales weichlich, weich, din limbä moalesä. o ach es braun, schwärzlich von der Gesichtsfarbe, brünett oa unter den Ton vor e, ä; vgl. aber unbetont ochesicä. trupes wohlbeleibt, Vintes schnell wie der Wind, pfeilschnell. § 74. Aus dem Magy. übernommen sind: heghes mit spitzen Hörnern = hegyes bergig, spitz. nemes von reinem Blute, edler Rasse = nemes edel. faes veraltet. Die von Tikt. 605 angegebene Bedeutung „prächtig, stattlich, wunderschön" scheint, mindestens in der Verallgemeinerung, falsch erschlossen zu sein. Als Etymon dürfte wohl mit Recht amagy. fäs „mit Bäumen bepflanzt" (Magy. Szöt I 745) anzusetzen sein (fa Baum -f- Suff, -s = -es), was auch ausgezeichnet zu der von Tikt. loc. cit. angeführten Stelle paßt: Si muntü aceia mai nalti decit la not si mai faesi, daher dann auch übertragen: „stattlich gewachsen, wie ein Baum", si atita era mare si faes . . . .; denn der Vergleich „stattlich wie ein Baum" (ca brad) ist sehr beliebt in der Volkspoesie. ferches elegant, fein, fesch. Etym.? Das Wort sieht magy. aus, aber das lautlich völlig passende ferges wurmig ist doch wohl seiner Bedeutung wegen auszuschließen (ferges: — 51 — ferches = fergetyü: fercheteü). Säin. leitet das Verbum ferchez-uesc sich schminken, putzen von magy. felkendözni ab und daraus ferches mit Suffixangleichung (-ez ist nur ganz modernes Suffix); wegen des verbalen Suffixes vgl. män-uesc handhaben zu mänä. Dagegen liegt nicht das magy. -es vor in Wörtern, wo der Ton auf dem Suffix liegt, wie megies Mold. adj. benachbart, sonst Subst. Hier liegt vielmehr, wie bei laes, das Suffix -as (§ 24) vor. Zwar gibt es ein amagy. megyes Distrikts-, Kreis-, allein dieses Wort ist unter dem Einfluß von läturas, marginas durch Suffixanalogie zu megiäs umgestaltet worden. § 75. Aus dem Polnischen stammt: deres stichelhaarig, von Pferden = deresz. Nun ist damit zusammengeflossen: deres in cal deres Rot-, Braunschimmel = magy. deres bereift, weißgrau von Pferden. Obgleich hier sicher keine Bildung auf -as vorliegt, finden wir doch neben Stamm- auch Suffixbetonung, die wohl nur übertragen ist, denn poln. deresz ist auch stammbetont. Aus dem Bulg.-Türkischen: cheles munt. = chelbos grind-, kahlköpfig, auch chelesiu (Dame) = bulg.-t. keles id. § 76. Etymologie: -es ist das magy. -es, das zunächst in einigen magy. Wörtern ins Rum. gekommen ist; neben manchen wurde auch das Primitivum mit übernommen, wie neam und nemes (dial. neames), so daß das Suffix produktiv werden konnte. Bereits im Magy., wo -es ebenfalls nur an nominale Stämme tritt, leitet es Adj. aus Subst, ab mit dem Begriffe der Fülle des im Stamme Enthaltenen, sowie von Adj. mit etwas pejorativem Sinne, vgl. Ney, Ungar. Sprachlehre, Pest 1873, p. 351. Bildungen letzterer Art sind im Rum. selten, vgl. moales, erstere mit augm. Bedeutung sind häufiger, wie Vintes, trupes gures etc., meist ist -es aber einfach qualitativ. 4* — 52 — — 53 — Merkwürdigerweise findet sich -es auch im Arom., wo doch magy. Ursprung ausgeschlossen ist; beales hübsch ist wohl aus dem Bulgar. übernommen, aber coarnes = dakor, cornes, vielleicht als spätes Lehnwort? Auch das Slav., besonders das Serb. weist neben magy. Entlehnungen ein -es auf (Mikl. 343). Vielleicht ist für diese Sprachen an das türk. -es zu denken. 23. -et. § 77. Mit diesem Suffixe werden sowohl Substantive wie Adjektive abgeleitet. In ersterer Funktion bildet es nomina agentis aus Verben, in letzterer Verwendung tritt es mit Vorliebe in Verkettungen auf und hat mannigfache Bedeutungen. Es leitet aus Nominalstämmen ab: 1. Diminutiva, zuweilen stark hypokoristisch. 2. Intensiva (selten). 3. Adjektiva überhaupt, häufig mit qualitativer Bedeutung. 4. Endlich auch deverbale Adjektiva. § 78. ad 1. albet, auch albenet, albinet weißlich, weiß von der Hautfarbe, hypokor. Badea mi-i . . . la fata albenet, puica mea albineatä von Verliebten. dragulet (neben dragut) Dim. zu drag, als Subst. Anrede von Verliebten. golänet (mit Assimil. auch golonet) Munt. pop. armselig, dürftig gekleidet. grasulet, graslet, greulet Dim. zu gras, greu. lätet, lätäret breitlich, platt, zusammengedrückt; auch lätänet. lunguet, lungäret, lunguret, lunguiet länglich. Bei diesem Worte zeigt sich die Vorliebe von -et für das Auftreten in Verkettung ganz besonders. Neben dem einfachen lunguet (das u ist nur phonetisches Zeichen) sind die hauptsächlichen Verkettungen -äret (vgl. § 21) von den deverbalen Ableitungen, -uret von den Bildungen aus dem Plural auf -uri genommen. -uiet ist nach Pusc. § 140, Anm. 2 vielleicht = -um + et, über die Verkettungen mit -(u)r, -(u)l hat Pusc. § 135ff. ausführlich gehandelt. Alle Verkettungen dienen zur Verstärkung des hypokoristischen Charakters von -et. murgulet, murgäret (murgusor, murgut), bräunlich, zu murg braun «< ablg. mrabi» dichter Nebel. § 79. ad 2. intregulet in der Verbindung intreg.- Intre-gulet ganz und gar, im Ganzen, ist nicht, wie Dame II, p. 220 angibt, dim., sondern intensiv zu intreg., übrigens enthält das zitierte Beispiel gar nicht -et, sondern -itä, das allerdings Diminutiv ist, märet großartig, herrlich, erhaben, auch übermütig, stolz, mändret elegant, prächtig zu mändru stolz. § 80. ad 3. gogonet rundlich, kugelig, flg. auch groß, gewaltig (-et2) = gogonel (§ 63). lat uret seitlich, Neben-, zu läture. lumet weltlich, irdisch gesinnt. mäiestret (Bare, neol.) erfinderisch zu mäiestru Meister, Künstler. mäläiet mehlig, zerreibbar, weich, teigig, halbverfault zu mäläiu Maismehl, nach Weig., Jb. XVI Seite 78 VI = meiu + lam schwarze Hirse. Der Bedeutungswandel zu teigig, halbverfault über weich ist wohl durch mäläoiu Ölkuchen beeinflußt. mistret in porc mistret Eber, auch übertragen in mere mistrete Holzäpfel, die im Walde wild wachsen, dann wild überhaupt; nach Cih. I, 168 mblg. -ec, das in der Form zufällig mit et < -icius zusammenfällt, in erster Linie diminutiv: kamenLCL Steinchen etc., Vondr. p. 466, Mikl. p. 306. Weiter leitet es aus Verben nomina agentis ab, und endlich bezeichnet — 55 — es die örtliche Herkunft. Man muß also für -etA ohne weiteres slav. Ursprung annehmen. Bei den wenigen Beispielen mit intensivem Charakter liegt -et3 vor, in dem sich die Bedeutungen von -icius und -bcb einigermaßen berühren, denn aus der Bedeutung der örtlichen Herkunft des -bcb konnte sich die der stofflichen ebensogut entwickeln, wie umgekehrt bei -ean<-enr&; vgl. dazu schon ablg. rozanBCB Bogen, eigtl. der aus Horn gefertigte, daneben rozanikt. Aus der Bedeutung „gemacht aus dem Stoffe" war leicht zu übertragen „beschaffen wie der Stoff", also ein Übergang zur qualitativen Bedeutung; der Begriff des Vergleichs konnte schließlich soweit verblassen, daß -et zur Ableitung von Adjektiven aus Subst, ohne besondere Bedeutung verwendet werden konnte. Man kann mit umsomehr Recht aber auch bei -et3 von einer Ableitung aus dem Latein, absehen, als auch im Arom. bei dem einzigen Beispiele tunärets (sc, cas Käse, der im Herbste toamnä bereitet wird) nach Cap. p. 47 das big. Herkunftssuffix -ec vorliegt. In -et4 endlich liegt ebenfalls big. -ec vor, das nomina agentis ableitete, wie pisec Schreiber, pevec Sänger etc., danach rum. zunächst deverbal cäntäret etc., dann denominativ drumet etc., ferner aber auch reine Adjektiva unter dem Einfluß des übernommenen cetet etc. Es ist demnach für das rumän. Adjektivsuffix -et ausschließlich das mblg. -ec << ablg. -bcb anzunehmen. 24. -ic (-icä), -'ic. § 83. Es handelt sich hierbei um kein einheitliches Suffix, wie auch die verschiedene Betonung zeigt. 1. Soweit sich -ic im Rum. als lebendiges Suffix findet, hat es diminutive Bedeutung. Auffällig ist, daß es fast nur in der fem. Form -icä auftritt (vgl. dazu Pusc. § 63, aber arom. -ik Cap. p. 48), die auch als masc. verwendet wird. 2. In einigen fertig übernommenen Bildungen hat es keinen diminutiven Sinn; hier ist -ic formell berechtigt, wenn es auch nicht immer als Suffix empfunden wird. — 56 — — 57 — § 84. ad 1. cärnicic(ä) stumpfnasig, mit Doppeldim., stark hypokoristisch; als Appellativ mit der fem. Vokativendung in: Cärnicico, cänd o sä-ti creascä nasu? (Teleor, Schite 87), auch cärnic(ä) s-in ist lautlich. § 88. Etymologie: Daß -in trotz seines verschiedenen Ursprunges doch als Suffix empfunden worden ist, beweist der Umstand, daß es als Vorbild diente, um einen rumän. Wortausgang zu schaffen in hapsin. Für die Verkettungen kommen aber auch die Ableitungen mit dem subst. Suffixe -inä (bez. -ine, lat, und slav. Ursprungs) in Betracht, die ihrerseits vorbildlich gewirkt haben, wie -inos, § 132. Nur so läßt es sich auch erklären, daß sich aus Wörtern, wie putinel etc. (§ 62), die Verkettung -inel loslösen und produktiv werden konnte. In dem nicht produktiven und nur subst, Suffix -inas, z. B. boierinas (Pusc. § 160) liegt ablg. -im, zugrunde, das possess. Adj. ableitete und hier nicht in Betracht kommt. Lat. -inus ist ebensowenig wie -anus (§ 13) produktiv geworden. 26. -iör. § 89. Es bildet Diminutiva von Adjektiven mit abschwächender Bedeutung, wie: albior, bäläior (zu bälan) weißlich, bätrinior und bätriior ältlich, bolnavior kränklich, brudior kindisch, dalbior hold, lieblich, eftior zu eftin billig, galbior zu galben gelb. rumeior zu rumen bezeichnet die Röte resp. Schminke der Gesichtsfarbe: copila rumeioarä se fäcea (Volkspoesie). afumäcior zu afumat, angeräuchert; der Ortsname Afumäciori ist nach Pusc. § 122 von Afumati abgeleitet. märuncior zu märunt klein, cäruncior zu cärunt grau etc. § 90. Etymologie: -ior ist das vulgärlat. -iölus, wie in filiolus etc., das auch im Rumänischen in manchen Erb- — 59 — rtern erhalten ist, Beispiele bei Pusc. § 125. Da neben solchen abgeleiteten Formen auch einige Primitiva übernommen oder herausgefühlt wnirden, wie aiu neben aior, albie neben albioarä, caprä neben cäprior (Rehbock, Dachsparren), so konnte -ior lebendiges Suffix werden und erhielt in subst., wie in adjekt. Funktion eine große Verbreitung. Nicht ganz konsequent ist die Behandlung von d vor -ior: limpegior zu limpede klar weist die zu erwartende Form auf, parallel zu -cior < t -j- ior; meist ist aber dz ^> z geworden in repejor (repede), rotunjor (rotund) rundlich, aber Gaster II. p. 306, 1: sä mi fac ochü rotungiori rollende Augen, särbezior (sarbad) bleich, fade ist wohl durch a se särbezi beeinflußt; tärzior „etwas spät" ist erst rumän. zu tärziu 7 beiden völlig identisch sind (siehe unter Etym.). codris Transs. gefräßig, nach Säin. zu codru < mlat. quadra (panis) großes Stück Brot, dial. Ruugsen. furis verstohlen, heimlich o furisä särutare (Conachi). gropis voll Löcher, uneben, höckrig. lätis in cu coarnele lätise mit seitwärts breit auseinander- '3 '3 gehenden Hörnern zu lat. laturis seitwärts zu lature. 3 mälcomis schweigsam (ablg. mtakomt), Gaster IL 26. oamenii sänt zavistnic, gänditori, mälcomis, nedirepti . . . etc. Das Plural -i ist beide Male nach den breiten Zischlauten nicht geschrieben, da es ja auch in der Aussprache aufgesaugt wird. pitis, pitulis versteckt, heimlich zu a piti. § 92. Einige aus dem Magy. stammende Wörter zeigen Stammbetonung: häitis Mold. einen Winkel bildend, gebogen, bes. von den Beinen: einwärts gebogen: avea picioarele haitise, zu magy. hajtani biegen, amagy. hajtäs Krümmung. Daneben existiert mit erst rumän. Suffixvertauschung haites (Dosofteiu) und häitäs, sowie endlich auch häitis. 37 3 hämis Transs. pop. von Menschen, falsch; Tigancä, hamisä si celancä ca toti tigann, = magy. hamis; hämisel listig, schlau. duglis (duglis) Mold, pop. träge, faul. Tikt. p. 581 will das Wort zu ablg. duhT» Atem, slav. duha Geruch, daher rum. a duhlui „stinken" stellen; dagegen ist einzuwenden, daß -hl-nicht zu -gl- werden würde. Nach Weigand liegt hier vielmehr vor amagy. meg]dögles Vermoderung, Fäulnis zu dög Aas, das rum. doglis, duglis ergeben mußte. Der Bedeutungsübergang lag nahe, vgl. rum. puturos faul, Faulpelz, deutsch stinkend faul. hotäri's (is) benachbart ist dagegen rumän. Bildung zu hotar Grenze, a se hotäri angrenzen, aber wohl hervorgerufen durch das magy. hataros „angrenzend"* — 61 - In Verkettung tritt -is als 1. Glied auf in -isan, -isel etc.; als 2. Glied aber nur scheinbar, wie in pitulis zu a pituli = a piti etc. § 93. Etymologie: Wie schon bei -as erwähnt, hat bereits Pusc, § 189 ff. die Unmöglichkeit der Ableitung von -as, -is, -us aus dem Latein, dargelegt. Sowohl das subst., wie das adj ekt. -is gehen auf ein und dasselbe Etymon zurück, denn aus der qualitativen Bedeutung entwickelte sich eine lokale (aber nicht eine kollektive, wie Pusc. § 163, Anm. 1 sagt, dafür -et, wie fäget Buchenwald), die zur Bildung von Subst. führte, die den Ort bezeichnen, wo etwas reichlich vorhanden ist. Schließlich verblaßt auch teilweise die lokale Bedeutung in Subst. wie ascutis Messerschärfe, märitis das Heiraten etc., siehe Pusc. 1. c. Zugrunde liegt ein slav. -is, das bes. häufig bei den Lausitzer Wenden in Personennamen, dann aber auch im Serb. in der rum. Bedeutung vorkommt und im Rum. ganz parallele Bildungen erzeugt hat, wie serb. gustis = rum. desis etc. Pusc. § 194, Weig. Substsuff. Dieses -is geht zurück auf ein urslav. -ichjo, -ychjo ■> -iso, -yso; welches von beiden vorliegt, ist schwer zu entscheiden, da es sich bei den südlavischen Bildungen auf -ise auch um das asl. -yse handeln kann, z. B. big. serb. golis „nackter Vogel" zu poln. golysz „armer Wicht", rum. golis-an. Daß im Rumän. -is dann eine so große Produktivität, vor allem auch als substantivisches Suffix entfaltet hat, ist darauf zurückzuführen, daß -ac: as = -ic: -is. Da -is ursprünglich slav. ist, wäre auch keine Affizierung der Dentale zu erwarten. Wo sie aber auftritt, ist sie meist durch Analogie zu berechtigten Fällen zu erklären, wie lätis: a läti, latesc, märuntis Kleinigkeit: märuntel etc. Ableitungen von Verben auf -ri zeigen meist -is, wie pogoris, aber hotaris und hotaris, weil mehr als zu hotar gehörig empfunden. In einigen wenigen Wörtern (§ 92) tritt auch ein Suffix -'is magy. Ursprungs auf, das aber nicht produktiv geworden ist. — 62 — 28. -it. § 94. In erster Linie ist -it Partizipialsuffix der Verba auf -i, dann aber dient es wie -at zur Bildung von Adjektiven aus Nominalstämrnen mit der Bedeutung: 1. gemacht aus, versehen mit, 2. verglichen mit, beschaffen wie. ad 1. alämit mit Ornamenten aus Messing (alamä) versehen. inrämurit ästig, mit Zweigen versehen coarne Inrä-murite Geweih == rämurat. frentit veralt. syphilitisch, Gaster I. p. 122, 3. nazdrävänit mit einer zauberischen Macht begabt, auch verzaubert. päslit aus Filz päslä, Volkspoesie sub un cort (Zelt) mare päslit. § 95. ad 2. apelpisit 1. veralt. verzweifelnd, rasend, 2. mod. fam. zur Bezeichnung eines hohen Grades, zu ngr. apelpizo, aor. apelpisa. cäläcänit grün (gefärbt wie Eisenvitriol cäläcan). cräncenit erbittert, unbarmherzig, wild, zu cräncen grausam. gälbejit, fahl, bleich zu galben. hardughit Mold. fam. verfallen, verwittert, zu hardughie von einem großen, aber verfallenen Hause, altem Gemäuer. imbäcsit (imbäcsit) erfüllt von, dicht, pär cärliontat si imbäcsit, Verb a se bäcsi sich verfilzen. impistrit gewebt, in Gold gestickt, Gaster II, p. 90, 2. Das Verb impestrez, mod. a impestrita heißt buntscheckig färben. mangasit (mangosit) unvollständig, fehlerhaft, nichtsnutzig, elend; vgl. serb. manjicav fehlerhaft, nsl. kr. mango-vati faul sein, Cih. p. 185. Von latein. mancus ist eine direkte Ableitung unmöglich, da es minc „verstümmelt" (Banat) ergab. mocänit Gebirgs-, Berg- Gaster II, p. 336. — 63 — ogärjit Mold. abgezehrt. Zugrunde liegt sicher ogar, ogarcä, ogaroicä Windhund, der ja durch seine große Magerkeit auffällt. päclisit höllisch, teuflisch, nach Säin. zu päclä (= ablg. pbklx Pech) Schwüle, Dunst, zur Bildung vgl. apelpisit. posmit (poznit) drollig, spaßhaft. räblärit schäbig, fadenscheinig, nach Cih. p. 315 zu rablä Schindmäre, -arit findet sich eigtl. nur als Subst.-Suffix in terbärit, pädurärit Zins für Weide, Wald. scorbu(o)rosit ausgehöhlt, zu scorburos, o scorburi aushöhlen. § 96. Keine rumänischen Bildungen sind: civit munt. indigoblau culmile päduroase, civite si negre; = serb. civit < türk. civid. mucalit drollig, auch Subst,: t.-arab. moukallid. Wie -it in adjektiv. Funktion überhaupt seltener als -at verwendet wird, so ist es auch viel seltener in Verkettung zu finden. Außer den wenigen Verkettungen, die oben gelegentlich angeführt sind, wto -it als 2. Glied steht, tritt es als 1. Glied wohl nur in -itel, siehe § 62, sicher auf. § 97. Etymologie. Vgl. auch das unter -at Gesagte, -itus von gleicher Bedeutung war schon im Latein, seltener, jedoch ist es, wie die Beispiele zeigen, immerhin ziemlich produktiv im Rumän. geworden, vgl. aber M. L. § 477. Allerdings ist es auffällig, daß die Zahl der Beispiele unter 1. so gering ist; es scheint da tatsächlich durch Dissimilation, außer in frentit, statt -at zu stehen, so daß die Funktion „versehen mit, gemacht aus" ausschließlich -at zukäme; Adjektiva zur Bezeichnung der stofflichen Herkunft sind überhaupt selten, meist dienen dazu Umschreibungen mit de. Merkwürdig ist, daß in gälbejit und scorborosit eine lautlich eigentlich nicht zu erwartende Affizierung der vorausgehenden Konsonanten eingetreten ist, die für gewöhnlich unterbleibt, vgl. mangosit, cräncenit, die allerdings wohl keine latein. Suffixe enthalten. Auch dem big. -it ist, parallel wie — 64 — bei -at, vielleicht ein gewisser Einfluß zuzuschreiben, denn selbst die griech. Wörter sind erst durch big. Vermittlung ins Rum. gekommen. Etwas Positives läßt sich indessen aus Mangel an Beispielen nicht feststellen. 29. -it. § 98. -it liegt nur in den folgenden beiden Wörtern vor, wro es ohne charakterische Bedeutung ist. pestrit bunt, scheckig, gesprenkelt, a impestrita bunt färben, zu ablg. pi>stri> = varius, mit übertragener Bedeutung in pestrit la mate böse, boshaft (wörtl. scheckig im Darm), z. B. nevasta lui era pestritä la mate; nach mündlichen Mitteilungen auch mate-pestrite id.; ferner pistruiü und pistruiat, -iet id. plävit (plävet, pläviu) gelblich, blond; gräulich, länä plävitä; Gaster II, p. 258, 2. munt. pläghit G. II, 288, 2; zu ablg. plavi» albus, vgl. russ. polovBci, Mikl. Lex. Palaeoslav. p. 568. Dagegen liegt dieses -it wohl nicht vor in codamit geschwänzt, nach Cih., Bare, und Alexi; Dame, Tikt. und Sinig. kennen das Wort nicht. Die Bildung ist unklar; ein ähnliches Suffix ist -arnitä, ein doppeltes lokales Suffix (-ar lat. = -nitä slav.), z. B. in acarnitä Nadelbüchse; der Bedeutung und Funktion wegen kann dies aber in codärnit nicht vorliegen. § 99. Etymologie. Im Ablg. existierte ein Suffix -ici>, das Diminutiva bildete und in dieser Funktion sich auch im Aromun. findet, Cap. p. 61. Weiterhin diente es auch zur Substantivierung von Adj. (Vondr. p. 462), z. B. ljubimict zu ljubimx amabilis, pitomict zu pitonn» gemästet. Dies dürfte auch dem rumänischen -it zugrunde liegen, zumal da die beiden Primitiva slavisch sind; wahrscheinlich sind beide Wörter sogar schon fertig aus dem Ablg. übernommen und im Rumän. adjektivisch gebraucht worden. Daß im Rumän. kein rechtes Gefühl für das Suffix vorhanden ist, beweist der — 65 - Ersatz durch das häufige -et, der bei pestrit wohl aas euphonischen Gründen unterblieben ist, oder durch andere Suffixe, wie -uiat in pestruiat wTegen pestrue Sommersprosse, oder -uiü in pistruiü. 30. -iu (-'iü, -giu, -liu). § 100. Diese Suffixe sind zusammen zu behandeln, einmal wegen ihrer gemeinsamen Herkunft, dann aber auch, weil sie schwer zu trennen sind und alle dieselbe Bedeutung haben. Sie leiten qualitative Adjektiva im weitesten Sinne ab (-giu auch Subst.); außerordentlich viele der hierhergehörigen Adjektiva sind durch bulgarische Vermittlung aus dem Türkischen übernommen, vielfach existieren daneben aber auch im Rumän. die Primitiva dazu, so daß die Ableitungen rumänisch erschienen, und -iu produktiv werden konnte. 1. Die Hauptverwendung von -iu ist, aus Subst. Adjektiva zu bilden, die bedeuten: gefärbt, wie das im Stamm genannte W7ort, Dann hat sich daraus entwickelt 2. eine abschwächende (relative) Bedeutung, zunächst bei Farben, dann auch bei anderen Begriffen; in dieser Bedeutung tritt -iu nur an Adjektiva. 3. Ferner drücken diese Suffixe, an Subst., selten an Verbalstämme angehängt, aus: beschaffen wie das im Stamme Genannte. § 101. ad 1. Aus der großen Zahl dieser Adj. sind zu nennen: 1. (alämiu messingfarbig, alämiiu zitronenfarbig, zu (a)lämüe Zitrone, jirämiu kupferfarbig, rot, padurea arämie der rotgefärbte, herbstliche Wald, auch arämüiü. brumäriu (brumariu) weißgrau, hellgrau un väl brumäriu weißer Schleier, zu brumar November, brumä Reif, ^castaniu kastanienbraun; analog dazu mit eingeschobenem n: cafeniu kaffebraun, vgl. auch griech.-rum. cafeneä Kaffeehaus. Weigand XVII. 5 — 66 — — 67 — clnipiu grau, hanffarbig, pop. auch betrunken, zu ci-nepä^Hanf; hierher wohl auch munt. conabiu dunkelrot?, cu fata conabie ca sfecla (Rübe), also etwa schmutzig-dunkelrot, das nach Säin. Inf. Or. II, 149 = türk. kunabi „aus Hanf gemacht" ist. L„cäpriu braun, von den Augen. cärämiziu ziegelrot, zu cärämidä Ziegel, also mit Affi-zierung des Dentals, analog zu berechtigten Bildungen, wie cärämizioarä Ziegelchen, wohl durch den Plural veranlaßt. coliliu schneeweiß, wie colilie Pfriemengras, das eine Ähre mit weißen Federhaaren trägt, daher vom Haar alb ca colilia. 2. fumuriu rauchfarben, grau. Ursprünglich liegt hier wohl -liu vor, das aber selten die Farbe bezeichnet, vgl. viermeliu etc.; das Suffix tritt häufig auch als -uliu auf und wurde durch den Plural -uri nach Analogie anderer Ableitungen aus dem Plural zu -uriu und in dieser Form auch produktiv. Es ist gerade bei den Farben schwer verständlich, weshalb der Plural solchen Ableitungen zugrunde liegen soll, da auch sonst meist das Suffix an den Sing, getreten ist, wie in mäsliniu olivenfarbig, murin maulbeerfarbig, porumbiu taubengrau etc. § 102. 1. Hier sind auch zwei Adj. zu nennen, in denen -iu den Geschmak bezeichnet. sälciu fade, einen brackigen Geschmack wie Weidenrinde habend, zu salce Weide; xsäburätiu wie Aloe (sabor) von Geschmack, zur Bildung vgl. secätiu, § 104. 2. Aus dem Türkischen sind übernommen u. a.: ceadiriu munt. blaß grün = t. cadyry zeltfarbig. fistichiu 1. veralt. pistaziengrün. 2. fam. von sonderbarer Farbe oder Geschmack (gust fistichiu = t. fystyky; rum. auch fisticä Pistazie. ghiviziu dunkelrot, rotbraun, = t. güvezi etc. 3. Von Ableitungen mit -liu gehören hierher: präzuliu grün wie Schnittlauch praz (praj), daneben präzäriu. Ich möchte in -äriu eine lautliche Umgestaltung von -uliu nach Analogie der anderen häufigen Verkettungen von -ar erblicken, nicht aber direkt -ar + iu, vgl. auch Cap. p. 64, weil dies nicht zu dem Sinne von -ar passen würde, -uliu ist nur Bindevokal u + liu, zur Vermeidung schwer-sprechbarer Konsonantengruppen; es wird auch angewendet, wenn der Stamm auf z, g ausgeht, mit denen das i von -iu verschmelzen würde. viermeliu hochrot, Subst. Zinnober, zu vierme. cacaliu = häufigerem cacaliv schmutzig zu a caca, oder Subst. cäcat. catifeliu sammetschwarz, auch mit -iu3, sammetweich ist das türk. katifeli, aber daneben rumän. catifea Sammet etc. § 103. ad 2. Diese Beispiele sind weit weniger zahlreich, zumal hier vielfach ein Wechsel mit dem Konkurrenzsuffix -üiü stattfindet. albästriu (albästruiü) bläulich, albiu weißlich, daneben alburiu, vgl. fumuriu, § 101, 2. gälbiniu, negriu, verziu grünlich, vinetiu bläulich zu vinät < venetus. Die Affizierung des Dentals ist auch hier durch Analogie zu erklären, vgl. verzis das Grün, a in-verzi, zu vinetiu aber secätiu, § 104. Darnach sind mit relativer Bedeutung gebildet: dulciu süßlich, übertr. übermäßig oder widerlich freundlich, cu glas dulciu. fleciu (transs. fleciü) weich, vielleicht zu fleac < flaccus schlaff; vgl. afranz. flac, flache weichlich. Nach cons + 1, r unter dem Tone wird a > ea, dial., bes."in Fremdwörtern, z. B. deutsch Strafe, Strang > streaf, streang neben straf, sträng. amäriu bitterlich. moliu (moliu) weichlich, ist Neubildung zu moale, nicht — 68 — — 69 — s nach virtosie, < virtos. Auf -liu sind nur zu erwähnen: gräsuliu Dim. zu gras, dicklich, mollig, und darnach gebildet durduliu munt.? fam. rundlich, drall, moppelig zu magy. durda dick und bumbuleu (= bumbuliu) bumburiu kugelrund, wohl durch bombä aus magy. gömbölyü umge-gestaltet. Hierher gehört auch arzuliu 1. wärmlich, 2. feurig, Creanga, Harap Alb, Conv. Lit. XL 186, mit Suffixvertauschung aus arzos, arzoiü (§ 123) entstanden. § 104. ad 3. azimiu ungesäuert zu azimä = griech. azimos, turte azimii. cercuriu von Hörnern, die so gegeneinandergebogen sind, daß sie fast einen Kreis bilden. ciripiu zwitschernd zu a ciripi onomapoet. corbiu Raben-, pärul . . . negru ca aripa corbie. marmoriu marmorn, marmorhaft; Alexi unterscheidet marmoriu marmoriert (-iui) und marmoreu (-eu = -iu) marmorn, marmoreele brate (Mih. Eminescu). mijlociu mittlere, mittelmäßig. mlädiu biegsam, biegbar, zu ablg. mladi» zart. mucheriu in griu mucheriu Getreideart, ob es zu niuche Kante gehört, ist zweifelhaft. plumbiu bleiartig, aber plumburiu bleigrau (-iu1). pustiu wüste, leer zu pustie Wüste. secätiu schmächtig, dürr, trocken zu secat ausgetrocknet, nicht direkt latein. siccativus „trocknend", sondern mit einer sehr gebräuchlichen Suffixvertauschung aus secätiv id., wodurch sich auch die Affizierung des Dentals erklärt. zglobiu mutwillig, übermütig, copil sglobiu nach Sä. zu ablg. zlobkn^; das g ist nach z, wie wohl auch noch rum. aus- gesprochen wird, zur Ausspracheerleichterung eingeschoben; vgl. sclab = slab, Weig. Linguist. Atlas, 16. Karte. sträveziu durchsichtig, durchscheinend zu a strävedea. tlmpuriu zeitig, früh, frühreif ciresi timpurii, parallel gebildet zu tärziu spät, ^podgoriu reich an Weingärten (podgorie). soldiu = soldit lendenlahm zu sold Hüfte, Lende. 3 3 3 § 105. Von Lehnwörtern aus dem Türkischen sind zu nennen: de liu veralt. und Munt, tollkühn, wild = t. deli. pirpiriu, Munt, pirpiliu leicht, arm, dürftig, un bäiat slab si pirpiriu — t. pirpiri. Damit deckt sich in der Bedeutung völlig firfiriu, das wohl auch lautlich dasselbe ist; ferfenitä Lumpen und firfiricä ehem. österreichisches silbernes Dreikreuzerstück sind erst davon abgeleitet. Munt, sasiu (nach Bare, und Alexi säsm) schielend = t. sasy; Dame gibt auch ceaciu an in a se uita ceaciu schielen, das wohl eine Kontaminationsbildung ist aus sasiu und ceacir = t. cakyr eigtl. blauäugig, aber nach Papahagi auch schielend, vgl. arom. ceacir schielend. Serb. big. sasav schielend, aber big. cabsr mit hellen Augen. tiriachiu betrunken, betäubt, mißgelaunt = t, teriaki, daneben rum. tiriac Opiumlatwerge etc. § 106. Das meist substantivische -giu liegt vor in: dovagiu klageführend; amindoüä pärtiie dovagii = t, davagi, hier nur ein attributiv gebrauchtes Subst, inacciu eigensinnig, hartnäckig = t. inatei id; daneben rum. inät Hartnäckigkeit. damblagiu (ziemlich veralt.) gelähmt, = damlaläu, ist nach Säin. Infi. Or. II, 154 nicht türk., wo gelähmt sekti heißt, sondern rumän. Neubildung zu dambla mit anaptyk-tischem b = t. damla Tropfen, Schlagfluß (vgl. fr. goutte Tropfen und Gicht). RadlofT, Wb. der türk. Dial. führt aber III, 1653 ein damlaly gelähmt an. — 70 — — 71 § 107. Hieran schließen sich nun die zahlreichen urspr. türkischen Bildungen auf -liu (-liu, -lau), die meist die Bedeutung haben: „versehen mit, etwas habend, tragend". Im Rum. ist scheinbar zu Neubildungen mehr — iu bevorzugt worden; immerhin sind von rum. Ableitungen mit -liu hier zu nennen: belaliu (belalau) der allerlei Ungemach bringt oder erfährt, unheilvoll, o larnä grea si belalie, zu belea Ungemach. grijuliu fast veraltet pop. (grijiliu, grijäliu) sorgsam, sorglich, bedachtsam, zu grija. Die Literatur des 16 17. Jahrb. bevorzugt die bulg. Form grijliv. hazuliu (hazliu, hazliu) was gefällt, anmutig, angenehm, lustig zu haz Reiz, Anmut. caftanliu der das Recht hat, einen Kaftan zu tragen, übertr. der auf seine Vorrechte hält. etc. Dagegen sind schon türkisch vorgebildet u. a.: chefliu der sich gern belustigt, gern zecht, = türk. keifli, daneben rum. chef. nurliu anmutig, reizend = t. nurly glänzend; auch rum. nuri Reiz, Anmut = t. nur Licht, Glanz. ogurliu glückverheißend = t. ugurlü id., daneben rum. und türk. ogur. Das türk. Wort ist romanischen Ursprungs. § 108. In den bisher angeführten Beispielen hatten sich schon einige Wörter gefunden, w^o der Akzent schwankt, wie fleciu, sasiu. Auch dieses unbetonte -Tu scheint produktiv geworden zu sein. brüdiü mold. unerwTachsen, kindisch, unreif; transs. eigensinnig, = brud id., Etym. unbek., man wäre geneigt, an lat, brutus zu denken, vgl. aber brudior, § 90. capiü mold. capchiu drehkrank von Schafen, närrisch, toll von Menschen, zu capie Tropfen < ablg. kaplia Drehkrankheit der Schafe, vgl. damlaläu. Hier ist indessen -m nicht Bedeutungs- sondern Funktionssuffix. möchiü verschlossen, dumm, fem. moachie, vgl. dazu mocan, mocnesc (Verbum) und kr. serb. muk das Schweigen. sträniü sonderbar, merkwürdig, o stranie fiintä, cf. big. adj. stranen zu ablg. stran%, nblg. adv. stranno merkwürdig. sbänghiü (Sä. sbanghiu) munter, ausgelassen = sbenghiü zu rum. sbeg Versammlung, Unterhaltung, serb. zbeg. spüriü unentwickelt, After-, subst. uneheliches Kind, cf. auch spuroaicä die uneheliche Kinder zeugt, Etym.? Einige Erb wörter aus dem Latein, zeigen den Ausgang -iu, -iu, in denen aber das Suffix nicht gefühlt wird, wie: tirziu spät < *tardivus. tirtiu im 3. Lebensjahr stehend, als Subst. besonders von Schafen,' < *tertivus, Pusc, Lat. El. 1740. rösiü rot -iu, wie Pusc. § 131 andeutet, ist ausgeschlossen. Das lat, Suffix war vor'allem deverbal; bei den selteneren deno-minativen Bildungen stimmt die Bedeutung nicht zur rum., vgl. furtivus, sementivus, arbustivus gehörig zu Stolz, p. 475. Gegen den lat. Ursprung spricht auch, daß die Konsonanten in der Regel vor dem Suffix nicht affiziert sind; ein lat, *argentivus hätte unbedingt *argintiu ergeben müssen, wie tardivus >> tirziu, es lautet aber argintiu silberfarbig. Ausnahmen mit Affizierung des Konson. lassen sich stets durch Analogie erklären. Dazu kommt, daß im Arom. adjektivisches -iu ganz fehlt; dort sind nur Bildungen auf -liu gebräuchlich, z-die meist aus dem Türkischen oder anderen Balkansprachen übernommen sind. Auch die dakorum. Wörter sind anscheinend erst in verhältnismäßig später Zeit, einem gewissen Kulturstande entsprechend, gebildet. Wie die zahlreichen Lehnwörter aus dem Türkischen zeigen, ist -iu türkischen Ursprungs und lautet dort -i; es hat die Funktion, Adj. zu bilden, die die Farbe des Primitivs — 72 — 73 — bezeichnen. Im Rum. hat sich nun damit z. T. gekreuzt das türk. Suffix Ii, auch -ly = -Ii, -lü, -lu, das zu -liu, seltener auch zu -liu wurde. Im Rumänischen wurden anscheinend diese Suffixe getrennt gefühlt in -li/u = -Ii -f- iü -gi/u = -gi + iü -i/u = -i + iü, (üiü = -ü + iü), was einmal die starke Bevorzugung von -iu zu Neubildungen, dann aber auch die Verwendung von tonlosem -iü zu Neubildungen wie brudiü erklärt. Ursprünglich drückt t. -Ii etc. nur eine Beziehung zum Stamme im allgemeinen aus, die sich im Rum. dahin verengt, daß damit Zugehörigkeit, Besitz, Beziehung, Eigentümlichkeit ausgedrückt wird. Die auffällige Verschiebung der Bedeutung von -iu auf -liu wurde durch Wörter, wie catifeliu begünstigt, \ das bedeutet „beschaffen wie Sammet", sowohl schwarz, als weich. Außerdem trat -liu gern mit dem Bindevokal u an konsonantische Stämme und konnte dann in ul -f- iu zerlegt werden, -ul ist als erstes Glied einer Verkettung nicht selten. Auch bei den Adj. auf -giu ist die Zerlegung sehr gut erklärbar: inacciu wird getrennt in inac -f- iu wegen innat (vgl. at -f- ior > äc — ior) empfunden. Auch bei -iu2 liegt, trotz des abschwächenden Charakters, ebenfalls das türk. Suffix -i zu gründe. Wie schon Pusc. § 131 gesagt hat, ist diese Verwendung auf Bedeutungsübertragung von -um auf -iu zurückzuführen; denn ursprünglich hatte nur -um die Funktion von -iu2, während -iu nur als -iui verwendet wurde. Da aber auch -üiü sich in -u + iü zerlegen ließ, verschob sich infolge der Ähnlichkeit der Form auch die Bedeutung, so daß beide heute meist gegenseitig vertauscht werden können, wie cäpruiu = cäpriu, albästriu == albästrüiu etc. Man könnte bei den Bildungen auf -'iü an -y-eus denken, wie es in rosiü vorliegt. Aber abgesehen davon, daß hier -iü gar nicht als Suffix empfunden wird, findet sich dieses Suffix gerade nur an slav. oder unsicheren Stämmen. Es ist bedeutungslos und soll wohl nur einen rumänischen Wortausgang schaffen. Zum Suffix -iu vgl. Säin., Infi. Or. I, p. 82. 31. -iv, -liv. § 110. Auch diese beiden Suffixe gehören etymologisch und semasiologisch zusammen. Sie bilden Adjektiva aus Nominalstämmen, selten aus Verben, die eine Neigung zu etwas ausdrücken, zuweilen mit etwas pejorativem Sinne. Häufig wechseln diese Suffixe mit -iu, -liu, die anscheinend überhaupt das in der älteren Literatur häufige -iv (bez. -liv) allmählich verdrängen. -iv als produktives Suffix liegt vor in: betiv dem Trünke ergeben, in weiterem Sinne: betiv de cärti leidenschaftlicher Kartenspieler, ölten, betiu, gehört zu betie Trunkenheit. Ähnlich gebildet sind uscätiv hager, mager, schlank: Gäsise una, nalte si uscätivä . . . (J. Creangä) zu uscat gedörrt, und secätiv trocken, dürr. brudiv = brudiü unerwachsen, kindisch. Aus dem Slavischen stammen: blagocestiv gottesfürchtig = ablg. blagocLstivi,. dragostiv (drägästiv) liebreich, cf. serb. dragostiv. milostiv gütig, gnädig, barmherzig, mildtätig = ablg. milostivL. ^ parsiv krätzig, räudig = russ. parsivy. In plesuv kahl, gewöhnlicher ples ist -uv als lautliche Umgestaltung von russ. -ug, kleinruss. -uh (vgl. banat. plesug) unter dem Einfluß des -ivnB entstanden und schon slav. durch Suffixvertauschung an die Stelle von -ivi» getreten, cf ablg. plesiv^; -ug ist slav. nicht selten, Mikl. p. 283, vgl. serb. bjelug = porcus albus, zeljug = porcus canus, danach rum, cläpäug schlappohrig = poln. klapouchy, nsl. klapouh id. — 74 - — 75 — § 111. Mit -liv existieren nur wenige rum. Neubildungen; denn obgleich die entsprechenden Primitiva im Rum. existieren, sind die Ableitungen meist schon slav. vorgebildet. costeliv hager, dürr, so daß die Rippen stark hervortreten, auch fig. trocken, = bulg. kosteliv mager, knochig. Im Rum. volksetymol. mit coastä Rippe zusammengebracht, slab si costeliv ca un cal de brac (ausgemustertes Pferd). grij(u)liv veraltet = grijiliu sorgenvoll, = big. grizliv, daneben rum. grija. grozliv veraltet greulich, schrecklich, vgl. russ. grozlivyj, rum. groaza. cacaliv = cacaliu zu a caca, entspricht dem bulg. poserliv von posiram pf. posera (sera = a caca). Vielleicht sind danach auch erst rum. gebildet: guraliv = guraliu geschwätzig, schwatzhaft aus big. govorliv id. (Ger. Suppl.) mit Anlehnung an gura. räbduliv = räbduliu geduldig, duldsam, ausdauernd zu a rabda dulden. § 112. Etymologie. Beide Suffixe gehen zurück auf das urslav. -(i)vo, das vorwiegend zur Bildung von Adjektiven verwendet wurde, zunächst vor allem aus Verben auf-iti, wTie ljubivrL liebend zu ljubiti, dann auch aus Subst. auf -h (i-Stämme), wie cLstivB fromm zu CLstt, blagostivB gut zu blagostt. Das aus solchen Bildungen erschlossene -ivt, wurde auch an Adj. auf -lo angehängt, z. B. beglivi. flüchtig zu begh> etc. Daraus wurde nun ein eigenes Suffix -üvt» abstrahiert, das bereits im Ablg. produktiv geworden war s. Vondrak 410. 32. -man. § 113. Gewöhnlich dient -man im Rum. nur zur Bildung von Substantiven, jedoch werden vereinzelt auch Adjektiva damit abgeleitet. Die meisten hierher gehörigen Wörter sind türk. Ursprungs, wie: caraman schwarz, auch appellativ verwendet als Ochsenname. capsoman eigensinnig (Etym.?). Rumänische Bildungen scheinen zu sein: ortoman, iortoman reich, mächtig, auch Subst., nach Säin. Infi. Or. II 227 zu t. yort „Besitz" gehörig. s arm an, siriman, siroman arm, vgl. särac, bulg. siromah, nach Dame mold. säräiman; Gaster p. 155, p. 276, 3 suruman: dies ist wohl die einzige adj. Neubildung mit diesem Suffix, vgl. §3/9. § 114. Etymologie. Wie schon die Lehnwörter aus dem Türkischen zeigen, ist -man türkischen Ursprungs; nach Weig. Substsuff. stammt es vielleicht wegen vieler alter Wörter auch aus dem Rumänischen, was schwer festzustellen ist. Im Türk, leitet -man ebenfalls Adjektiva ab, wie -ly, z. B. sisman dick, sowie Subst., wie müsülman etc., vgl. Säin. Infi. Or. I, p. 55. Vereinzelt ist -man auch in subst. Funktion im Rum. produktiv geworden, wie in hotomanDieb, Schimpfwort, gogoman Dummkopf etc. 33. -'nie (-alnic, -elnic). § 115. Besonders in der älteren Literatur begegnen uns häufig Bildungen auf -nie, die oft Subst., nicht selten aber auch reine Adjektiva sind. Dies erklärt sich daraus, daß -nie eigentlich den Träger einer Eigenschaft bezeichnet, häufig aber auch, vor allem in den rum. Neubildungen die Eigenschaft selbst. Eine bestimmte Bedeutung kommt diesem Suffixe, das sowohl 1. denominative, wie 2. deverbale Adj. ableitet, nicht zu; am häufigsten ist es noch qualitativ. Die große Zahl der hierher gehörigen Adj. erklärt sich durch zahlreiche Lehnwörter aus dem Slav., bes. dem Big. § 116. ad 1. a) -nie an Substantiven: casnic häuslich, ehelich, viata casnica Familienleben. dornic verlangend, sehnsuchts-, liebevoll, zu clor Sehnsucht, Verlangen. dosnic verborgen, Schleich-, cai dosnice, fig. verschlossen, oameni dosnici, zu dos. - 76 — — 77 — duhornic stinkend zu dohoare. glas nie laut, stimmhaft (slovä glasnicä Vokal). jalnic klagend un cäntec cvd, traurig, o povestire jalnica. obraznic frech, keck zu obraz Gestalt, Bild. ocarnic tadelnswert, schändlich, schimpflich zu ocarä Schmach < ablg. ukort. pacinic friedlich, friedfertig, friedliebend. puternic mächtig, räzboinic kriegerisch,rodnic fruchtbar zu rod = ablg. rod^ Frucht, roinic schwärmend, von Bienen, spornic ergiebig zu spor Vorteil, trainic dauerhaft, stark zu traiü Leben, Lebensart, trudnic mühsam etc. ajutornic geneigt, zu Hilfe zu kommen, hilfreich, zum Verbalsubst. ajutor Hilfe. b) -nie an Adj.; nur wenige Neubildungen mit etwas modifizierter Bedeutung des Simplex. amarnic nur übertr. rauh, streng, herzhaft, heftig, grausam, rücksichtslos, z. B. dumnezei amarnici. fugarnic, adj. zu dem häufig subst. fugar. tirzielnic verspätet, langsam zu tirziu spät. Hier wären noch anzuführen: zädarnic als Adj. zu dem sonst adverbialen in zadar vergebens. brudnic einfältig, mit Suffixvert. = brudiü, o copilä brudnicä, C. Negruzzi. §117. ad. 2. Deverbale Ableitungen. In dieser Funktion ist reines -nie selten, häufig aber in der Verkettung -elnic (-alnic). cäinic beklagenswert, zu a cäi bedauern, daneben auch cäialnic. eucernic 1. veralt. ehrerbietig, ehrfurchtsvoll, 2. fromm, andächtig, ergeben zu a euceri unterwerfen < *conquaerire = conquirere. amägelnic trügerisch, zu a amägi, gr. majevo. pärelnic anscheinend, augenscheinlich, wahrscheinlich, zu a se pärea. prielnic = priincios günstig, gedeihlich, nützlich z. B. buruieni prielnice albinelor zu a prii < ablg. prijati. pripelnic eilig, zuvorkommend, zu a pripi. prepuelnic argwöhnisch, zu a prepune. rocoselnic aufrührerisch, auch Subst., zu veraltet a se rocosi sich empören gegen . . vgl. russ. rokos Empörung, Cih. p. 316. usurelnic leichtiglich, leichtsinnig aus usor, -rez. virtelnic kreisend zu a virti, big. vrttja. sburdalnic = sburdatec mutwillig, leichtsinnig, unbesonnen, zu a se sburda unruhig sein. strädalnic emsig, fleißig, tätig, zu a se strädui (mold. a se strädänui), cf. ablg. stradalini, „qui patitur"; wegen -alnic siehe weiter unten. Außerordentlich viele Adj. auf -nie sind fertig aus dem Slav., besonders dem Big. übernommen; daneben aber existieren zu vielen rumän. Adj. im Big. nur entsprechende Bildungen auf «; es ist indessen anzunehmen," daß die zugehörigen Ableitungen auf -ik^B nur nicht belegt sind, denn sie können stets gebildet werden. blagorodnic (veraltet) ruhmvoll, edel, hochgeboren = ablg. blagorodtn^. be eis nie, auch Subst., der wegen körperlicher oder geistiger Mängel gering zu schätzen ist, schwächlich, armselig, jämmerlich = ablg. besei>stLnikr& „homo impius". dajnic veraltet steuerpflichtig z. B. säteni dajnici scheint eine Nachbildung des ablg. danLnik „tributarius" aus rum. dajdie Abgabe — ablg. dazda zu sein. deletnic eifrig, sorgfältig, fleißig, vgl. ablg. delateltnikTb, aus dem es entstanden ist durch falsche Trennung in delat + elnic statt del + atelnic zu delati arbeiten, und Anhängung des einfachen Suffixes statt der sonst sehr gebräuchlichen Verkettung an den neuen Stamm; deletnic statt des zu erwartenden delatnic erklärt sich durch Vokalharmonie nach indeletnicesc, das zwar erst daraus abgeleitet ist, wo aber infolge der Tonlosigkeit der Übergang möglich war. — 78 — — 79 — destoinic 1. veraltet würdig, 2. ziemlich veraltet fähig, geeignet, tüchtig, zuweilen auch dostoinic Gaster *5, 3 etc. = ablg. dostoint, mit Anlehnung an das rum. Präfix des-. dumesnic 1. gezähmt, zahm, 2. veraltet von Menschen, sanft, gütig, ist Kontaminationsbildung aus lat. domesticus ^> dumestec Gaster 90, 3 und ablg. domasttni>, domasLnt. harnic 1. veraltet und Transs. pop. geeignet, würdig, 2. eifrig, tüchtig, tätig z. B. o femeie harnicä, zu ablg. *han>m>, big. hären gut, zu hari, Gnade aus dem Griech. nastrusnic stark, kräftig (iron.) schrecklich = nä + ablg. strastni* terribilis. osärdnic eifrig, geschäftig = ablg. usr^dim^ alacer. strasnic heftig, streng = ablg. strasMn». tainic heimlich, verborgen, geheimnisvoll = ablg. tainik'L „qui sacris est initiatus", rum. tainä Geheimnis, Sakrament. vecinic ewig, ablg. vecLnx id., rum. auch veac Ewigkeit. zilnic täglich, zu plur. zile oder zusammengezogen aus zieinic?, vgl. big. delnibi, Werktag. alnic hinterlistig ist das magy. älnok mit Angleichung an das bekannte Suffix -nie. § 118. In Verkettung findet sich adj ekt. -nie nur als 2. Glied und zwar besonders häufig als -elnic; andere Verkettungen sind selten. Neben codelnic zaudernd, der nicht recht an die Sache heran will, indoielnic zweifelhaft, zweideutig, ungewiß, oprelnic hemmend, steuernd, soväielnic wankelmütig etc. existiert immer sowohl ein deverbales Subst. auf -ealä mit abstrakter Bedeutung, aus dem das Adjektiv mit -nie abgeleitet ist, als auch ein Verbum, wie codele plur. Umschweife, a codi zauern, opreala Verhaft, a opri anhalten, caialä, a cai bereuen, indoialä, a se indoi zweifeln, soväieala zu a sovai wanken etc. So konnten diese Bildungen als deverbal aufgefaßt und -elnic produktiv werden; daneben besteht -alnic, denn Pal-ealä nie > -alä + nie, wie cäialnic (veraltet) reuevoll, klagend (s. o.); auch das einfache -nie wurde schließlich in deverbaler Funktion produktiv, denn-el ist als bedeutungsloser erster Bestandteil von Suffixverkettungen häufig, cf. Pusc. § 107, und so wurde -nie als das bedeutungsvolle Element empfunden. Außerdem trat -elnic (-alnic) auch wie einfaches -nie an Substantiva, ohne Rücksicht auf die Art der vorausgehenden Konsonanten, wie läturalnic seitwärts, aber niuierelnic weibisch. Weitere derartige Bildungen sind u. a. clipelnic vorübergehend, momentan zu clipä Augenblick. dos elnic versteckt, heimlich zu dos. fäptelnic (selten) tatsächlich, feciorelnic (veraltet) jungfräulich, fratelnic (veraltet) brüderlich, verbrüdert. mätalnic Transs. närrisch, verrückt, schwatzhaft, mutwillig, dürfte wohl in Beziehung stehen zu magy. motöla Haspel, ^ = einer, der sich im Kreise dreht, immer beweglich ist; mätähalnic id. bei Alexi ist dasselbe Wort, aber durch mätähalä Gespenst beeinflußt; vgl. Cih. 189. plutelnic schiffbar, veraltet = plutet, sägalnic scherzhaft, spaßig, listig zu sagä. Einige Beispiele für andere Verkettungen sind: scärbavnic veraltet ekelhaft, abscheulich, verabscheuenswert zu scärbä Ekel. usernic 1. von Tür zu Tür gehend, umherirrend, subst. usarnic (Pusc.) herrenloser Hund; 2. unbeständig, leichtfertig Gaster II, 394. Das Wort scheint mir eine rum. Nachbildung aus usar (user) Türhüter zu einem ablg. *vratari>nikT& zu sein; vgl. ablg. vratartnica (Mikl. Lex. Palaeoslav. 75) = ianitrix. § 119. Etymologie. Das Suffix -nitE hat sich schon im Ablg. als selbständiges Suffix entwickelt aus -ibt, das an Adjektiva auf -tut oder Participia auf -nrL trat, z. B. gresnikrL Sünder zu grestm, sündig, ucenikrt Schüler, Jünger zu ucem& gelehrt etc., um aus diesen Subst, abzuleiten. Daraus hat sich erst rum. die Bedeutung als „Träger einer Eigenschaft, daher auch einer Eigenschaft des im Stamm Genannten überhaupt" entwickelt. Im Arom. fehlt -nie, das sich doch im Dakor. so — 80 - - 81 — großer Beliebtheit und Verbreitung erfreut, gänzlich, was dadurch zu erklären ist, daß es erst in späterer mittelbulgarischer Periode, zum Teil auch erst mit der Kirchensprache gekommen ist, dann aber in die Volkssprache eindrang. Über die Entstehung der besonders häufigen Verkettung -elnic vgl. § 118. ^34. -6g. § 120. Dieses Suffix hat ausgesprochen pejorativen Sinn und ist in der Mehrzahl der Fälle denominativ; besonders werden körperliche Gebrechen damit bezeichnet. Fast alle diese Adj. werden auch substantivisch gebraucht, um den zu bezeichnen, der an der betr. Krankheit leidet. Rumänische Bildungen sind: bosorog hodenbrüchig, der einen Hodenbruch hat = bosintoc zu boase Hoden, zur Etym. cf. Pusc, Lat. El. 210. Betreffs der häufigen Verkettung -orog s. w. u. cärnog stumpfnasig zu cärn id. < big. kenn», eigtl. verstümmelt an Nase oder Ohr. fofolog stammelnd, näselnd, faul, Subst. Faullenzer = fomfolog zu a fomfäi, das zu ablg. lautnachahmend fofati f-Lflja „stammeln, lispeln" zu stellen ist. Zur Bildung cf. Pusc. § 205, A. 2. hodorog klapperig, abgenützt, alt, Subst. Schwätzer = hodorogit, hodoros, zu magy. hadarö Dreschflegel und Schwätzer, wegen magy. hadar schwatzen. Hierher stelle ich auch das sonst unerklärliche piciorong nach Alexi krumm, krummbeinig; nach anderen = piciorag, picioroangä Stelze. Offenbar liegt hier eine Ableitung aus picior mit dem pejorativen -og vor; vgl. zur Bildung auch hodoronc Geschwätz, Gerumpel. Im Magy. findet sich zuweilen bei dem Verbalsuffix -og ein Schwanken mit -ong, z. B. zajog, zajong lärmen, Magy. Szöt,, vielleicht hat dies auch mit auf das rum. Adjekt.-Suffix eingewirkt. sfärog dürr, trocken, nach Pusc. § 205, A. 1 und Säin. geschmort, wahrscheinlich zu sfarä Dunst oder a sfäräi zischen, knistern. sontorog hinkend, lahm, auch Subst., = sontic, sontit zu sont << magy. sänta hinkend nach bosorog. § 121. Fertig vorgebildet und aus dem Slav. übernommen sind: cotonog (chitonog) 1. mit verkrüppeltem Bein oder Arm, krummbeinig, 2. auch vom Schwänze: abgestutzt, kurz-schwänzig, = poln. kuternoga Krummbeiniger; zu der 2. Bedeutung vgl. ablg. kasHß am Schwänze verstümmelt, olog lahm, gelähmt, auch Subst., vgl. poln. uloga Spatkrankheit, Lähmung der Hinterfüße der Pferde; cf. Cih. p. 227. pintenog weißfüßig, von Pferden, vgl. serb. putonog „Pferd mit weißem Fuße", aus dem es wohl durch das auch rum. gebräuchliche pinten, bei Pferden der spornartige Vorsprung oberhalb des Fesselgelenkes, umgestaltet ist; Cih. p. 248. släbänog paralytisch, gebrechlich, schwächlich, auch Subst. Gichtbrüchiger släbonog Gaster II, 63, 1, wörtl. schwach auf den Beinen. Vgl. big. slabonoga, nur noch als Pflanzenname (Impatiens noli me tangere) üblich, auch rum. släbänog wird in dieser Bedeutung verwendet. § 122. Etymologie. Nach Weig. Substsuff. ist -og nicht etwa Erweichung aus dem rein substantivischen -oc, sondern es liegen slavische Bildungen zugrunde mit noga Fuß, die dann im Rum. falsch getrennt wurden, wie z. B. släbänog, das wohl überhaupt für das Rum. den Ausgangspunkt bildete, in ein, wegen der nicht seltenen sonstigen Suffixverkettungen mit -an immerhin mögliches *släban -f- og, oder pinten -f-og etc. Die pejorative Bedeutung des Suffixes erklärt sich aus der Bedeutung der Lehnwörter, die ursprünglich fast alle eine Lähmung oder Verstümmelung, besonders der Beine, ausdrücken. Auch die auffälligen Verkettungen -onog, -orog erklären sich aus dem Slav., vgl. serb. bosonog „barfuß", vitorog „cornua torta habens", ziatorog „aurea cornua habens", die Weigand XVII. 6 _ 82 _ — 83 — alle durch Zusammenrückung zweier Nomina entstanden sind, Mikl. p. 50, p. 350. In den beiden letzteren liegt -rogx Horn, Geweih vor. Vielleicht wurden derartige Ausdrücke mit in die rum. Hirtensprache übernommen; da aber die ursprüngliche Zusammensetzung nicht mehr gefühlt wurde, konnte sich die scheinbare Verkettung -orog loslösen. Im Rum. entfaltete -og vor allem in der fem. Form -oagä in subst. Funktion eine größere Produktivität, z. B. hodoroagä Gerumpel etc. 35. -oiü. § 123. Eigentlich ist -oiü ein augmentatives Substantivsuffix; es wird aber auch in adjektivischer Funktion verwendet und ist dann meist pejorativ, zuweilen jedoch intensiviert es nur den im Stamme enthaltenen Begriff. Da -oiü nur deno-minativ ist, erklären sich Bildungen wie arzoiü durch Suffixvertauschung aus dem Verbaladjektiv, das dadurch in der Bedeutung modifiziert ward; die deverbale Funktion ist demnach nur scheinbar. ardoiü (arzoiü) brennend (fig.), stechend z. B. ochü säi ardoi, zu a arde. Munten. ist d (z) im ganzen Präsensstamm analogisch durchgeführt, daher auch arzator. ascultoiü veraltet = ascultätor gehorsam. dirzoiü auch adv., aufwärts gerichtet, stolz erhoben (Kopf), ist abzuleiten von dirz dreist, verwegen < ablg. drLZt; Tiktins birzoiü, bizoiü sowie Cihacs (p. 92) därjoiü, bärjoiü sind wohl daraus umgestaltet unter dem Einfluß von bizä Biene, weil diese zudringlich ist? Alexi gibt bizoiü als adv. surr., was wohl auch richtiger ist. greoiü schwerfällig, schwer, Banät. schwanger. haläloiü, Tikt. häläoiü westl. pop. plump, Dame Mold. haläläu id., das Wort scheint magy. zu sein. raodoroiü brummig, mürrisch, düster, auch Subst., nach Cih. p. 516 zu magy. mogor, mogorvo id. murgoiü rotgrau, rot und schwarz gefleckt, zu murg braun. tontoroiü kühn, wagemutig, stolz, aufgeblasen, nach Säin. tontorloiü ist nach Cih. p. 534 zu tantos id. zu stellen. välvoiü zerzaust cd pärul välvoiü (Pann, P. 3, 24) zu välvae Lohe, Flamme. §124. Etymologie. Es ist mit Bestimmtheit anzunehmen, daß hier nicht das lat. Adjekt.-Suffix -oneus zugrunde liegt, da es zwar lautlich -oiü ergeben hätte, aber schon im Lat. nicht sehr beliebt war und in Neubildungen nur auf dem westroman. Gebiete vorkommt, sondern das subst. -one, resp. eine Weiterbildung davon, die im Rum.-oiü, fem. -oie ergab; M. L. p. 495 will darin eine Parallelbildung zu -toriü sehen, da -one wie -tore j setzt -ios voraus. präpästios voller Abgründe, steil, abschüssig, zu prapästie. primejdios gefährlich zu primejdie. Diese beiden Wörter zeigen keine Affizierung der Dentale, einmal, weil sie slav. sind, dann aber auch, weil es sich gar nicht um -ios < iosus, sondern um -ios < -'ie + os handelt; dagegen geht veselos Gaster II, 223,1 = erfreut, fröhlich nicht auf veselie sondern auf vesel zurück, vgl. galägios § 129. sätios sättigend, nahrhaft, nährend, zu sat, altrum. satiü Sättigung; das Wort ist zwar bei Gaster nur in älteren Denkmälern belegt, ist aber noch nicht veraltet. d) Zu erwähnen sind noch einige aus dem Magy. stammende Adj., wo -os durch Suffixvertauschung angetreten ist, oder um eine ungewohnte Endung zu rumänisieren. bisugos veraltet reichlich (= mod. belsugos zu belsug) <^ magy. böseges. chipos Mold. = chipes ein gutes Aussehen habend, stattlich, = amagy. kepes wohlgestaltet, schön Magy. Szöt, II, 205; daneben rum. chip Bild. dudäos voll Unkraut = magy. dudväs id., daneben rum. dudäü Schmutz. bios fruchtbar = magy. bö reichlich, üppig, fruchtbar; vgl. rum. de biu adv. reichlich. beteg os unfähig, schwach; transs. kränklich, schwächlich, krankhaft, = magy. beteges id., daneben rum. beteag. § 129. ad 1 c) dragostos, dragästos, Mold. liebreizend, anmutig zu dragoste Liebe. f ior os was schaudern macht, schauerlich zu fior Schauer. fricos 1. Furcht(fricä) einflößend, furchtbar, 2. furchtsam, sich fürchtend. galägios fam. lärmend, laut, was Lärm gälägie macht. fr emätos rauschend (in padurea fremätoasä zu freamat p. p. zu dati geben; das Wort ist wohl erst rum. Bildung zu dänie Geschenk = danije id. § 132. Eine besondere Vorliebe zeigt -os auch für das Auftreten in Verkettung und zwar nur als 2. Glied. 1. -äios. Aus Adj. wie mängaios, näclaios etc. scheint ein Suffix -äios erschlossen worden zu sein, das in einigen Fällen dann zur Neubildung verwendet worden ist, wie in bues äios (Alexi) kurz und dick zu a bucsi vollstopfen, vielleicht aber auch zu bucsaiü Rohrkolben gebildet. fumegaios qualmig zu a fumega. 2. -änos: butucänos klobig, plump, von Füßen und Händen zu butuc Klotz, auch butucos. morocänos mürrisch, grämlich, Subst. Brummbär, vgl. amagy. morog murmeln, morgö mürrisch. 3. -äros hat, wie -ar und seine Verkettungen häufig, einen pejorativen und zuweilen bloß augmentativen Sinn; hier finden sich auch öfter deverbale Ableitungen. copiläros kindisch = copiläresc. Infrunzäros belaubt, laubreich liegt nicht frunza Blatt, Laub, sondern frunzar „Laubwerk am Baume" zu gründe, läcrimäros beweinens-beklagenswert zu a läcrima, läudäros ruhmredig, prahlerisch zu a se läuda sich loben, sdrentäros zerlumpt zu sdreantä Lappen, Fetzen = trentaros id., auch Subst. Lump; das s scheint rum. als bedeutungsvolles s aufgefaßt worden zu sein, 90 - — 91 — es wechselt aber schon ablg. s^drati und drati abschinden, abschälen. flecäros fani. der Gehaltloses zu reden pflegt, schwatzhaft zu fleac dummes Zeug, Geschwätz. tepäros neben tepos am Ende zugespitzt zu teapä Pfahl; umäros große, breite Schultern haben ist umär -f- os, aber mit der charakteristischen Bedeutung von -äros. 4. -icos liegt vor in Lehnwörtern aus dem Griechischen; wie plicticos langweilig, rum. Verb a plictisi, simandicos vornehm, angesehen; das Suffix ist produktiv geworden in dem etwas iron. folticos dickbäuchig zu folte Dickwanst, 5. -inos. Neben puchios triefäugig existiert noch ein veraltetes puchinos id., das nach Pusc, Lat. El. 1393 aus puchinä Augenbutter abgeleitet ist, während puchios rjav, fersav verkümmert; ähnlich cärnobat „verstümmelt" zu cärnog, § 120. -obat = -ovat ist slav. eine häufige produktive Suffixverkettung, wenn sie auch nach ihrem Ursprung nur scheinbar -ov + at ist, Mikl. p. 182; z. B. ablg. vinovata = rum. vinovat schuldig, ablg. tradovata krank etc. Zu dem Übergang von v zu b vgl. roscoban rotbäckig (Bare.) und roscovan id. § 137. Etymologie: Die wenigen Beispiele sind sämtlich in der vorliegenden Form aus dem Big. übernommen, wo -av und -ov nicht selten dialektisch wechseln und selbst beide Formen nebeneinander gebräuchlich sind. Beispiele nach mündlicher Mitteilung von Dr. A. Doritsch sind: citov, citav und cifc&v, surov und surav roh, klisov und klisav klebrig, schliffig von Gebäck, jalov und jalav unfruchtbar von Tieren, besonders in fem. Form jalava bevorzugt, etc. Dieser Wechsel ist nblg. einmal aus lautlichen Gründen möglich, dann aber vor allem auch, weil alle urslav. -v-Suffixe dienen, um Adj. abzuleiten; -ovt», das zunächst nur adj. possess. bildete, übernahm mit einer Erweiterung seiner Bedeutung auch die Funktion, von Benennungen lebloser Wesen Adj. zu bilden, die besonders den stofflichen Ursprung oder eine Ähnlichkeit oder Zugehörigkeit bezeichnen. Vgl. Vondr. p. 408 ff., zahlreiche, auch einzelsprachliche Beispiele für -ovt» bei Mikl. p. 229. 39. -sör (-asor, -isor, -usor). § 138. -sor ist ein sehr gebräuchliches Diminutivsuffix, vor allem in substantivischer Funktion, aber es wird auch — 94 — — 95 — nicht selten an Adjektiva angefügt, um daraus hypokoristische oder in der Bedeutung abgeschwächte Adj. zu bilden. Ein starkes Konkurrenzsuffix ist -icel, das vor allem in Siebb. mehr gebraucht wird; manchmal bestehen auch beide Bildungen nebeneinander. Meist wird -sor mit dem Bindevokal -i angefügt, selten mit -u oder ohne Bindevokal; -ä, das sich bei zwei Subst. findet, fehlt bei den Adj. ganz als Bindevokal. § 139. acrisor säuerlich, acrisor si dulce sauersüß, albi-sor weißlich, Subst. kleiner Weißfisch, asprisor ziemlich rauh, streng, bunisor, caldisor, cretisor zu cret kraus, dulcisor (diese beiden hypokoristisch), grosisor Transs. nach mündl. Mitteil. = groscior, incetisor hübsch langsam, märisor (märicel) ziemlich groß, multisor, negrisor, sur-disor ein wenig taub, tärisor (täricel) ziemlich stark, hart, kräftig. Mit -usor sind gebildet: drägusor Hypokor. zu drag lieb, lungusor ziemlich lang. Ohne Bindevokal liegt nur vor: micsor sehr klein Gaster I, p. 79, auch heute noch durchaus gebräuchlich, daneben jedoch auch micusor. Einige Bildungen auf -isor kommen, wie -is, auch in adverbialer Verwendung vor, wie binisor, depärtisor weit, fern, incetisor langsam, sachte, tärisor schnell; Belege dazu bei Pusc, § 174. § 140. Etymologie. Obwohl heute -sor als Suffix und -i, -u (-a) nur als Bindevokale empfunden werden, muß man als Ursprung doch wohl die Verkettungen -is, -us + Tor annehmen, obgleich sich einige Einwände machen lassen. Einmal liegt bei -is + Tor nicht Doppeldimimiierung vor (Pusc. § 183), denn -is ist an sich nicht diminutiv. Puscarius Beispiele § 162 sind nicht beweiskräftig, da der Begriff der Kleinheit schon im Stamme ausgedrückt ist, soweit sie überhaupt dim. sind; bei cäcatis liegt eine andere Vorstellung zu gründe. Ferner ist -sor sehr alt, denn auch das Arom. hat es, und zwar nur als -sor, trotzdem -is und -us sich auch dort finden, aber selten in adj. Funktion, Beispiele bei Cap. p. 60, 75. Dagegen spricht für die Entstehung aus -is, -us + Tor: Ein einheitliches Suffix -sor läßt sich aus keiner Sprache ableiten. Die arom. Formen niksor und bunsor lassen sich wenigstens zentral-arom. sehr wohl durch Synkope aus -isor bez. -usor erklären, da dort unbetonte Mittelvokale ausfallen, sobald dadurch leicht aussprechbare Konsonantengruppen entstehen. Auch im Dakorum. treffen wir Synkope des ursprünglich zum Suffixe gehörigen Mittelvokals in välcea «< *vallicella, sowie in den Neubildungen Säcele Dorfname = sät + icele und molcel neben molicei(us). Auch das Zusammenwachsen eines slav. und eines lat. Suffixes selbst in früher Zeit ist gar nicht ausgeschlossen, vgl. vor allem -äret (§ 18 ff.) und -cior (§ 45, wegen -itä + -Tor). So ist -sor ganz parallel wie -cTor gebildet durch Zusammensetzung der Dim.-Suffixe -Tor mit -us bez. -is, das hier vielleicht noch einen Rest einer früher verbreiteteren Dim.-Bedeutung zeigt. Wie es scheint, hat -isor rein aus euphonischen Gründen -usor stark verdrängt, denn auch in subst. Funktion überwiegt -isor bedeutend. Vgl. Pusc. § 171 ff. 40. -tör (-ätör, -itor). § 141. -tor bildet Verbaladj., die auch sehr häufig substantiviert werden und dann sowohl nomina agentis, wie actionis bilden. Die Verbaladj. entsprechen dem deutschen part. praes., wie cazator fallend zu a cadea, oder zusammengesetzten Subst., wie cäntätor in päserile cäntatoare Singvögel. Die Ableitung ist von fast jedem Verbum möglich, daher erübrigt es sich, Beispiele anzuführen. Ausschließlich in subst. Funktion tritt -tor auch an Nominalstämme, wie cälätor Reisender, udätoare Gießkanne etc. § 142. Etymologie. Zugrunde liegt -torius, das schon lat. deverbale Adjektiva bildete, wie amatorius, transitorius etc. und im Rum. vor allem in subst. Funktion eine stark erweiterte Anwendung fand, da es an die Stelle des lat. -tor trat und nomina actoris bildete. Zu bemerken ist, daß die starken — 96 — — 97 — pari praei in der Regel keinen Einfluß auf die Form dieser Verbaladjektiva haben, obgleich die Bildung sonst, vor allem in der Wahl des Bindevokals, dem part. perf. entspricht. Für die praktische Ableitung ist zu merken, daß sie in den weitaus überwiegenden Fällen aus dem Präsensstamm, analog dem pari praes. auf -ind gebildet erscheinen, daher auch mergätor zu a merge, mers, aducätor zu a aduce, adus, arzätor zu a arde, ars, ucigätor zu a ucide (ucig) ucis, aber scotator zu a scoate, scotind, scos, weil man auch im Präs. scot neben scot sagt, wie arz neben ard, § 123; dies erklärt auch die affi-zierten Dentale. Als Bindevokal erscheint bei den Verben auf -i stets -i-, bei allen andern -a-, das nach T in -e- übergeht, z. B. taietor zu a taia. 41. -uc. § 143. Hier liegt ein Suffix mit diminutiver Bedeutung vor, das zuweilen aber auch einen pejorativen Sinn hat, der im allgemeinen den rum. Dim.-Suffixen nicht eigen ist. Die Zahl der sicher hergehörigen Bildungen ist sehr gering; aber in subst. Funktion existieren vor allem in der fem. Form -ucä zahlreiche Ableitungen. bunuc Dim. zu bun. fonduc kurz, gedrungen, niedrig, z. B. o masa rotundä si fonducä (Delavrancea); das Wort ist offenbar nur eine Nebenform von funduc, das bedeutet „dem Boden nahe, niedrig, gedrungen", vgl. auch fundac Heuschober, funduc (türk.) ein Geldstück; hat etym. nichts damit zu tun. tineruc Dim. zu tiner jung, jugendlich. uituc vergeßlich, zu a uita, ist die einzige deverbale Ableitung, mit pejorativem Sinne; zur Bildung vgl. lat. caducus. Hier sind noch zwei Wörter für „blödsinnig" zu nennen, in denen -uc nicht als Suffix gefühlt wird: näuc laptuca = lapte-ucä Lattich, Brotschwamm, Pusc. § 74. Das kleinruss. -uk (-juk) mit pejorativem Sinne kommt vielleicht für häbäuc in Betracht; aber in den andern adjektivischen Fällen ist der lat. Ursprung des -uc als gesichert zu betrachten. 42. -üTü. § 145. Soweit -um als adjektivisches Suffix gebraucht wird, ist es 1. diminuierend und bildet Adj. mit abgeschwächter Bedeutung aus Adj., die bereits eine Farbe, Geschmack oder sonstige Eigenschaft des Stammes bezeichnen; 2. wechselt es mit -iu, dessen Funktion es zuweilen übernimmt. Während die Zahl der Subst. auf -um, bei denen indessen der Ursprung nicht immer derselbe ist, sich ziemlich hoch beläuft, lassen sich nur wenige Adj. auf -um nennen, da es meist durch -m verdrängt ist. ad 1. pestruTü fleckig, gesprenkelt, gefleckt (in kleinen Flecken) entspricht pestrit scheckig, gefleckt in großen Flecken. gälbüiü gelblich, v er zum grünlich (verziu) mit nach verzime etc. analogisch affizierten Dental. Beispiele bei Pusc. § 131. § 146. ad 2. cäprüiü ziegenfarbig, Muni braun = cäpriu, weitere Beispiele unter -iu^ 2. Ferner sind noch einige Adjektiva zu nennen, die auf -um ausgehen, ohne daß dabei das Suffix -um vorliegt. haihüiü Mold. fam., von unbedachtem Wesen, hitzigem Temperament, tollköpfig. hututüiü Mold. pop. schwachsinnig. Von beiden Wörtern ist die Etym. nicht bekannt; es scheint eine Art onomato- Weigand XVII. 7 — 98 — — 99 — poetischer Bildungen vorzuliegen, wofür die Wiederholung gleicher oder ähnlich lautender Silben spricht, haihum einer der immer heidi! drauflosgeht, hututüiü, einer, der die unartikulierten Töne eines Idioten von sich gibt. Für die Form wirkte wohl vorbildlich das folgende Wort, wo -um nur eine Angleichung an einen geläufigen Ausgang darstellt: tehuiü konfus, unbesonnen; nach Cih. p. 620 zu türk. tehaiur Bestürzung. silhüiü waldig zu silha Weißfichte, Weißtanne (Abies pectinata), resp. Wald von solchen Bäumen. An lat. silva ist aus lautl. Gründen nicht zu denken, eher an magy. szil(fa) Ulme, Rüster, szilva(fa) Pflaumenbaum, wobei allerdings die Bedeutung auffällt. § 147. Etymologie. Über den Ursprung von -um hat Pusc. § 130 gehandelt. Er will ein vlat. *-ulia parallel zu -alia, -ilia aus dem Rum. und Ital. erschließen; zu dem -uie < *-ulia hätte sich ein -um wie -am zu aie herausgebildet. Da indessen -um in subst. Funktion nicht immer diminutive Bedeutung hat, so sind für diese Fälle Entlehnungen aus anderen Sprachen in Betracht zu ziehen. So kennt das Slav. allgemein ein -üla, -'ula, das Nomina mit deteriorativer oder augmentativer, daneben auch mit diminutiver Bedeutung bildet, cf. Archiv für slav. Phil. 23, 192, und rum. -me ergibt. Dazu wäre -mü dann ebenso zu erklären, wie oben aus -uie << *-ulia. Indessen scheint für das adjektivische Suffix die lat. Herkunft doch wahrscheinlicher zu sein. 43. -ül. § 148. Einfaches -ul ist im Rumänischen nicht produktiv geworden und hat in den wenigen Erbwörtern, meist Subst,, auch seine ursprüngliche dimin. Bedeutung verloren. sätül satt, überdrüssig < satullus, dazu destul adv. genug = de -f- satul. Ein weiteres Adjektiv auf -ul ist nur noch: fudül stolz, eingebildet, fudul de urechi harthörig = türk. fodül, wohl durch big. Vermittelung, da türk. -ul im Big. auch produktiv geworden ist. § 149. Vor allem aber liegt -ul in zahlreichen, auch adj., Suffixverkettungen vor als erster Bestandfeil, die dann immer diminutive Bedeutung haben, die aber eigentlich meist dem 2. Bestandteil zukommt; solche sind: -ulet, -ulita, -ulicä (-uliu) auch -ulean. Auffallend ist, daß mit Ausnahme von -uliu, das nur scheinbar hierher gehört, cf. § 102, 3, alle zweiten Glieder slav. Ursprungs sind; es liegt daher die Vermutung nahe, daß die ganze Verkettung schon slav. vorgebildet ist. So existiert im Bulg. krivul, krivulak, krivulec, krivülma, krivulica, krivulicka, krivulce, krivulia etc., die sämtlich eine Krümmung (eines Flusses etc.) bezeichnen. Im Rum. ist von -ül keineswegs -'ul zu trennen, das wir in rum. Eigennamen (auch als - ula) treffen, wie Vidul, Radul, Pizul(a), Dobrul(a), Dragui etc., die aber auch slav., nicht urspr. rum. sind. So weist das Poln. ein -ula mit dim. Bedeutung auf, meist allerdings an fem. Stämmen, wie Kasiula Käthchen, matula Mütterchen, babula etc.; aber Mikl. stellt p. 112 hierher auch gadula Schwätzer und Schwätzerin. Von obigen Eigennamen aus entstehen auch Verkettungen in Eigennamen wie lanculescu, Radulescu, Stanulet, Roscolet, lorgulet etc., die auch auf andere Substantiva übertragen werden, vor allem in der Volkspoesie zur Silbenfüllung wegen des Metrums. Solche Subst, sind mit und ohne Diminutivbedeutung: trupulet, sfintulet etc. § 150. Bei all diesen rum. Bildungen liegt nie der Artikel -ul vor, sondern ein ebenfalls lat. -ulus, das aus dem Ital. (-olo) in das Dalmatinische, von da in fertigen Bildungen ins Serb., Blg.; sogar ins Nordslav. gedrungen ist; näheres bei Weigand XII. Jb. p. 110. Es liegt nun sehr nahe, die obengenannten bulgar. Suffixverkettungen, die sämtlich diminutive Bedeutung haben, auf dieses -ul zurückzuführen, das wohl wenigstens ursprünglich hypokoristisch war; sonst ist -ul im 7* — 100 — Big. überhaupt selten, sein Ursprung nicht immer klar. Wie das Rum. zeigt auch das Big. ein Schwanken in der Betonung der Verkettungen. 44. -ün. § 151. Während sich zahlreiche Subst. auf -un; bez. -una, -une aufweisen lassen, gehört von Adj. kein einziges als sichere rumänische Bildung hierher, denn grasun nach Tikt. 697 Augm. zu gras fett, nach Säin. dagegen Dim., ist wohl = Subst. gräsun(e) Frischling, das durch attributiven Gebrauch zum Adj. geworden ist. dulbün mit weitem Blick = türk. durbün. § 152. Etymologie. In vielen hierhergehörigen Subst. liegt das lat. -onem ^> une zugrunde; daneben ist -un in päun, täun durch den schon lat. Ubergang vieler Wörter auf -onem in die 2. Klasse zu erklären. So dürfte auch gräsun <^ *grassonum zu erklären sein, denn das ablg. -un bildete nomina agentis wie begunr&(t) Flüchtling, kommt also nicht in Betracht. 45. -us. § 153. 1. Bei Subst. bildet -us ein sehr beliebtes Diminutivsuffix, das aber nur selten auch an Adj. tritt, die Farbe, Geschmack, Beschaffenheit überhaupt bezeichnen, um diese in der Bedeutung abzuschwächen. Zu den bei Pusc. § 165 genannten negrus, gälbinus nennt Dame noch amärus bitterlich und molcelus zart, sehr weich = molicel (Lex. Bud. molcel) + us. Indessen liegt bei einigen dieser Adjektiva nur attributiver Gebrauch ursprünglicher Subst. vor, denn gälbinus ist zunächst „Eidotter", amärus Schneeball (Viburnum opulus), dagegen amärutä Bitterkraut (Cicendia filiformis) negruscä Feldkümmel (Nigella arvensis). Die fem. Formen der s-Suffixe sind unbeliebt und werden daher durch Vertauschung ersetzt. negrus, amärus und molcelus scheinen aber doch in adj. Funktion bewußt neu- — 101 — gebildet zu sein. Tikt. führt übrigens auch ein Adj. gälbinas = gälbinus an. 2. Ebenfalls attributiver Gebrauch ursprünglicher Subst. liegt den folgenden Beispielen zu Grunde, die dann als Adj. verwendet werden, um die Neigung zu etwas auszudrücken = bätäus der gerne schlägt, rauflustig, Raufbold. buestrus = buestras paßgehend, Tikt. p. 234. sf ad aus streitsüchtig, mold. =sfädalnic etc., vgl. Pusc. § 170. §154. Etymologie. Sind -ust und -us2 auch der Form nach gleich, so ist doch ihr Ursprung ganz verschieden. -usx ist ein slav. Diminutivsuffix, das sich besonders in der Form -uska findet, cf. Novakovic Srp. Gram. p. 111, Pusc. § 192, Arch. f. slav. Phil. 23, 184. -us2 stammt dagegen aus dem Magy. und bildet da nomina agentis. Das Rum. übernimmt z. T. dieselben Wörter, z. T. gestaltet es sie lautlich oder analogisch um, wie coldus Bettler = koldus, läcätus Schlosser = lakatos mit Angleichung von -os an ein geläufiges Suffix. 46. -ut. § 155. In erster Linie bildet -ut die part. perf. der Verba der Klasse III (aor. -ui). Dann aber findet es sich auch, allerdings selten, wie -at und -it zur Ableitung von Adj. aus nomina verwendet, ohne daß ein zugehöriges Verbum existiert; meist sind diese Adj. schon lat. vorgebildet. In der fem. Form -utä dient es zur Bildung von Subst, wie bätutä eine Art Tanz. cornut gehörnt, vitä cornutä Hornvieh < cornutus. limbut beredt, geschwätzig, ist nicht, wie Cih. angibt, > gl p. 118. molid p. 142 „Etymologie unbekannt". Neben molid kommen die Formen molidv, molitf, molift und Kl. Walachei „molete" mit e-Zusatz nach frasine (frapsine), paltine, wie dort dialektisch üblich ist. Die Bedeutung ist „Fichte", hie und da auch „Kiefer". Auszugehen ist von big. molika neben morika (s. Geroff, Recnik) das „Wachholder" bedeutet, wozu molikva „Wachholderbeere" gehört, ebenso wie „smxrikva = Wachholderbeere", aus dem auch ir. smorikve „Wachholder" stammt (s. Jb. VI, p. 344, also Name der Frucht für den Baum). Die lautliche Entwickelung von molikva zu molitva wird illustriert durch ticvä, titvä, tigvä, tidvä (S. 119). Nun trat Charakterassimilation des ersten an den zweiten, oder des zweiten an den ersten Konsonanten ein, also molitva wird zu molidvä oder zu molitfä, woraus moliftä mit Metathese. Daß das Geschlecht für den „Baum" geändert würde, ist ganz natürlich, da die Feminina „Früchte" bezeichnen. Es bleibt noch zu erörtern, wie die Bedeutungsübertragung von „Wachholder" zu „Tanne" stattfinden konnte, aber das hat keine Schwierigkeiten, denn der Anblick des Wachholder-baumes erinnert tatsächlich so sehr an den der Fichte, daß auf slavischem Sprachgebiete selbst die Verwechselung bereits eingetreten ist, so haben wir im Slov. smreka Fichte, cechisch smrk Fichte, klruss. smerek Tanne (vermutlich Rottanne = Fichte) statt der ursprünglichen „Wachholder". Es ist also möglich, daß bereits die Bedeutung „Fichte" bei der Aufnahme vorlag, oder aber im Rum. eintreten konnte, denn das alte Wort „juniperus" ist bewahrt (juneapän etc. s. meine verschiedenen Dialektuntersuchungen). Erweichung nncl Verhärtung im Rumänischen von Christea Geagea. I. Teil. A. Die Gutturalen. Allgemeine Betrachtung über die Erweichung der Gutturalen. Der Übergang der Gutturalen Tenuis in die entsprechende Media zeigte sich schon vereinzelt im Lateinischen. Die romanischen Formen der lateinischen Wörter crassus, cratis, welche ein g für das anlautende c aufweisen, legen uns dafür das beste Zeugnis ab. Daß diese lautliche Erscheinung nicht erst im Romanischen eingetreten ist, sondern schon lateinisch war, dafür spricht nicht nur die Übereinstimmung der romanischen Formen, sondern auch die Angabe lat. Schriftsteller (für grassus Belege bei 0. Densusianu Hist. 111) und die Angabe der Grammatiker: (0. Densus. ebd.) crabatum antiqui, nunc grabatum. Aus demselben Grund wird wohl Beda den Unterschied in der Aussprache von crassari und gras-sari gemacht haben. (Keil, Gr. lat,, V 573; ebenda VII 269). Zu beachten sind ferner die griechischen Lehnwörter wie Saguntum gr. Zaxvv&oq, gubernare gr. xvßsQvdv, gummi bezw. gummis gr. y.ofiftt bezw. xofifug etc. Die Annahme von Meyer-Lübke, daß das lateinische g der betreffenden Wörter nur eine Wiedergabe der nicht aspirierten griechischen Tenuis sei, scheint nur dann richtig zu sein, wenn man die Aufnahme jener griechischen Wörter in einer Weigand XVII. 8 älteren Periode annimmt (Meyer-Lübke, Rom. Gram. I, S. 33 § 17). Es kann aber auch sein, daß der Unterschied zwischen k und g im Lateinischen in Bezug auf die Energie der Artikulation, nicht besonders groß gewesen ist. Darauf deutet ein gewisses Schwanken in der Schreibung von Wörtern wie Cajus und Gajus. Uberhaupt war in ältester Zeit nur ein Zeichen vorhanden; für g wurde erst später ein besonderes Zeichen eingeführt. Bei Aufnahme von Fremdwörtern konnte also recht gut ein gewisser Zwiespalt entstehen. Als besondere Erscheinung treten uns auch der Wechsel zwischen c und g in mücus „Rotz, Schleim" neben mügil „Schleimfisch" entgegen, ferner pac-iscor, pac-unt neben pag- in pa-n-go pag-es, in denen nach Stoltz (Hist. Gr. d. lat. Spr. S. 261) entweder verschiedene Wurzeldeterminative vorliegen, oder schon in der indog. Grundsprache unter gewissen uns nicht näher bekannten Bedingungen der tonlose Verschlußlaut am Ende von Wurzeln tönend wurde. Aber curculio und gurgulio sind etymologisch verschieden. Für die lateinische Periode ist eine Erweichung von k zu g nur in der Verbindung mit r lautlich zu stände gekommen, indem die Stimmhaftigkeit des r auf das vorausgehende k übertragen wurde. Wenn aber das rumänische gaurä, alban. gavsrs, gavre, ital. gabbiuola, franz. geöle, span. gayola, port. gaiola etc. (0. Densus. Hist. 111) auf eine Ableitung *gavula von *gavus-a-um anstatt *cavula von cavus zurückgeführt werden müssen, so beruht das vielleicht auf den Doppelformen desselben Wortes, die schon im Lateinischen existieren mußten. Lateinische Doppelformen wie vicies, vicesimus, tricies, tricesimus, neben viginti, triginta trigesimus weisen den Stamm vic—vig und tric — trig auf, welche etymologisch gleich sind. Ob dieser Wechsel zwischen c und g ein Resultat der lautphysiologischen Veränderung ist, bleibt vorläufig dahingestellt, Derartige Erscheinungen treten auch im Rumänischen auf. Sie zeigen sich meist dialektisch. Die Gründe dafür sind entweder lautphysiologischer Natur, oder es liegt Suffix- vertauschung, Angleichung und Anlehnung an andere sinnverwandte Wörter vor. Daraus ergibt sich, daß bei der Besprechung der einzelnen Fälle es sich nicht um feste Regeln handeln kann, sondern daß die Erklärungen der verschiedenen * Formen für jeden Fall gesucht werden müssen. Je nachdem die betreffenden Veränderungen anlautend, inlautend oder auslautend sind, sollen sie in Gruppen besprochen werden, wobei auch die Konsonantenverbindungen berücksichtigt werden sollen. Es ist selbstverständlich, daß ich namentlich, was das dialektische Material betrifft, nicht vollständig sein konnte, wobei ja sehr oft die Etymologie unbekannt ist, für mich also gar nicht zu entscheiden war, ob Erweichung oder Verhärtung vorliegt. Ich sehe es auch nicht als meine wichtigste Aufgabe an, ein möglichst umfangreiches Material zu bieten, als viel- I mehr die Gründe zu untersuchen, die für Erweichung resp. Verhärtung maßgebend waren, und wenn möglich daraus allgemeinere Prinzipien abzuleiten. In welchem Umfange mir i9 das gelungen ist, zeigt der zweite Teil. I 1 1. Erweichung der Gutturalen (und ce, ge). I a) er ^> gr. Anlaut. gras-ä „dick" schon vlat. grassus, -a, -um für crassus vielleicht nach grossus oder lautlich. Auch in den anderen ^ romanischen Sprachen zeigt sich g für k, außer pik. cras, s. Pusc. Wb. 62. gratie „Gitter" < gratis für cratis vielleicht von gradus j „Stufe" beeinflußt (Pusc. Wb. 62). I grätar „Rost" < *gratalis für *cratalis von cratis (Pusc. ebd.). A greapo für creapä (arom.), 3. Pers. Sing. Ind. Praes. von a cripa (lat. crepare) „bersten, schelten" (Weig., 01.-Wal. 57). — 116 — greier für creier (dialekt.) „Gehirn" (lat.-c(e)rebrum (Stinghe Jb. VIII 82). griptä für die regelrechte Form criptä „Krypta" (Stinghe, VIII 82). gritar, greitar und critar, creitar „Kreuzer", findet ^ eine Parallele im pol. krajcar, grajcar und beruht wohl auf verschiedener Auffassung des deutschen Lautes (Tikt. Wb. 434). Inlaut. amagru für amacru und dieses letztere für das regelrechte übliche arom. und dr. macru (lat. macer) „mager" (Weigv OL-Wal. S. 57, XIII, 3). Hierher gehört auch das arom. Wort lugurie und lu/rie, das eine Ableitung von lucru ist, das nach Weigand (Colleg) zunächst zu lugrie und durch Swarabhakti zu lugurie wurde. a se sgriptena, gripsäna und greptäna knarren, knirschen; alle diese Formen sind Ableitungen von scriptu pl. scripti (Mar., Ornit, I, 151). Dies letztere stammt aus ^ dem bulg. skripec, pl. scripci „pouiie" Rolle am Webstuhl (Cihac 334). b) ch (Ii) > gh (g). chebe und ghebä „langer Bauernrock aus grobem Wollstoff", aus bulg.-türk. kebe „grober Stoff und Bauernmantel" (Tikt., Wb. 671). Mir ist im Türkischen nur die Form kebe bekannt, nicht auch gebe. Die Erweichung ist wohl als ein Produkt der Assimilation an den darauffolgenden stimmhaften Labial zu betrachten. chihoarä und ghihoara, daneben aber auch zghihoara „Art Weintraube" (Tikt., Wb. 336). Da die Etymologie dieses Wortes unbekannt ist, kann man nicht wissen, ob in den betreffenden Doppelformen eine Erweichung oder eine Verhärtung eingetreten ist > Neben dem dakorumänischen duchianä kommt im aromimischen auch die Form dughiano und weiter dugane — 117 — (Moloviste) und im N.-Aroin. du/ane vor. Hier haben wir es nicht mit einem lautlichen "Übergang zu tun, sondern die verschiedenen Formen unterscheiden sich in der Aussprache je nach der Sprache, der sie entlehnt wurden. Die beiden ersten beruhen auf der Doppelaussprache des Türkischen, resp. des Bulg. wo sie du Man und dugan lauten. Die vierte Form ist wie y zeigt, aus dem Ngriech., und die dritte mit g, das nur im Gopes und Moloviste üblich ist, stammt wieder aus dem Ngriech., aber der Wechsel zwischen y und g ist eine Eigentümlichkeit der Sprache dieser Dörfer. Alle Formen haben dieselbe Bedeutung: „Laden". hingher anstatt hincher, aus dem deutschen „Henker" in derselben Bedeutung; auch die Form ingher kommt vor (Stinghe, Jb. VIII, 82). Die Erweichung wird hier, wie so oft, durch vorausgehendes n veranlaßt sein. renchiu und renghiu „farce, mauvais tour" (Dame, Wb. III, 325). Das Wort ist ursprünglich türkisch renk „verni, teinte, apparence, tour de malice, ruse". Es existiert aber auch im Griechischen mit derselben Aussprache wie im Dakorum. gsyxc = renghi „raillerie, badinage" (Cihac 607), aber auch im Bulgarischen haben wir „renk" und „reng" in derselben Bedeutung. c) cl>gl. clistir und glistir, ein Neologismus „Clystir" (Tikt., Wb. 374). big. klistir und glistir (nach glist). Dialektisch kommt neben dem Neologismus eclejiä „Kirche", „portiunea canonicä", (Viciu, glos. dial. 33, und mündliche Mitteilung von Horia P. Petrescu) auch glajä in derselben Bedeutung vor. ghioagä, arom. gloago und kloako „Knüttel, Keule", arom. „Hirtenstab". Diese Form gehört insofern hierher, als sie von Weigand (Jb. XII, 109) von lat, *clavicus „schlüsselartig" (cf. horticus, porticus etc.) abgeleitet wird. Dieses „*clavicus" wurde zu einem Worte, dae „Stock" bedeudete gesetzt, so daß „*clavica" Hakenstock oder Hirtenstab be» — 118 — deutete; das Grundwort ging, wie so oft, verloren; clavica wurde balkanlat. *klauca >> kloka (in dieser Form drang es ins Albanesische) >> kloakä mit Erweichung vor 1 (cf. ghioacä aus coclea): gloakä, mit Assimilation des zweiten g an das erste, gloagä, woraus modern ghioagä. ghioacä, ghioace, gäoace „Schale", ghioc „Muschel", gehen zurück auf lat. coclea (Pusc, Wb. 62), mit Metathese *cleoca, dann Erweichung: gleoacä ^> ghieoaca > ghioacä. arom. klotse und daneben glotso „Bruthenne" aus dem big. klotska. piclä und daneben (aber nur dialektisch) piglä „Nebel" aus dem big. p^kxl, pxklo mit derselben Bedeutung (Stinghe. Jb. VIII, 84). Ich bin nicht sicher, ob die Synonimen tucluiu und tuguiu „cime, sommet, faite" (Dame, Wb. IV 186) zusammengestellt werden müssen und hierher gehören oder unter Verhärtung, da mir die Etymologie unbekannt ist, d) cn >' gn. icni und igni „Reiz zum Brechen haben, brechen wollen, schlucksen" (Alexi, Wb. 401). Cihac (146) bringt das Wort mit dem pol. lkac, lykac, lyknac, lyknuti zusammen, aber es stammt aus dem big. ikam resp. perfectiv ikna „schlucksen" (Geroff, Wb.). jicnicer und jignicer daneben aber auch die etymologisch richtige Form jitnicer, eine Bildung von dem slav. jitnicar, -cer. 1. „celui qui etait prepose ä la garde du magasin ä provision, 2. intendant general de larmee" (Dame, Wb. 246; Cihac 160); jitnica > jicnitä > jignita (Weig., Jb. III, 331; IV, 333). racni und daneben auch rägni „rugir, hurler, crier tres fort, pousser un grand cri, vociferer" (Dame, Wb. III, 308), aus big. rikam resp. rikna „einen Schrei ausstoßen" (Weigand). sucna und sugnä (Siebb.) „jupe, espece de robe de femme" (Dame, Wb. IV, 126); daneben auch sucnita, sug- — 119 — nitä, sugnutä, ferner sucman neben sugman (eigentlich suman worüber Weigand, Jb. XVI, 229) „habit de drap ordinale, espece de manteau, de paletot". Alle diese Formen gehen auf das big. sukno (Cihac 379) zurück. ticni und tigni (Stinghe, Jb. VIII, 85) „goüter, profiter faire du bien, convenir" von einem Stamme tek, der im nslov. tekniti (Cihac 409) vorliegt oder zu tiho ruhig. Vom Verbum abgeleitet sind: ticnä und tignä „Muße, Wohlbehagen". ticvä und tigvä, ein Fall, wo die Erweichung vor stimmhaftem Labial stattfindet. Das Wort bedeutet „Schädel" und stammt aus dem bulg. serb. tikva „cräne, calabasse". vracnitä, vragnita, vramnitä und vranita „Tor in einem Zaun e" (Weig., Jb. III, 331; IV, 333) aus dem big. vratnica „porte" (Cihac 465): vratnica >> vracnitä >> vragnita > vramnitä > vranita. Hierher gehören auch ticnafes und tignafes „pousse" (astme des chevaux) (Dame, Term. pop. 52), aus blg.-türk. tek-nefes „astmatique" (Cihac 620). zäticni und zätigni „deranger"; big. zaticnuvam anstoßen, berühren > belästigen (Dame, Wb. IV 242). Alle diese Beispiele verdanken die Erweichung der Stimmhaftig-keit des n. e) nc > ng. Inlaut. balancä und balangä „Glocke am Halse des Pferdes". Was die Etymologie dieses Wortes anlangt, so soll es nach Tiktin (Wb. 148) mit bäläläi verwandt sein. Diese Ansicht ist nicht richtig, da bäläläi „sabbern, den Speichel laufen lassen" bedeutet, offenbar eine Ableitung von „bale" = Speichel ist, aber es unterscheidet sich von a bänänäi, das Tiktin dem bäläläi gleichstellt; balancä und balangä dürften wohl onomatopoetische Wörter sein, die zunächst den Laut der Kirchenglocken nachahmen, dann im allgemeinen Glocke bedeuten; balancä war zuerst ein Abstractum und ist dann zu einem Concretum geworden. Ob nun die ursprüngliche Form — 120 — c oder g hat, vermag ich nicht zu sagen, da beides möglich wäre. Jedenfalls ist die Form mit g (balangä) mehr verbreitet als die andere. In diesem Falle würde sich die mit c durch Suffix vertauschung erklären (-cä für -gä); balancä bedeutet auch eine „Art Kinderspiel" (Tikt. ebd.). Die Verba bäläncäni und bälängäi „klingen, läuten" sind gewiß Ableitungen davon. Vielleicht besteht Zusammenhang mit dem russischen Musikinstrument balalaika. Neben cioflengar, der üblichen Form, begegnen auch ciofligar, cioflegar und cioflicar, das letztere mit c bedeutet „schäbiger "Wicht, Bummler, Lump, Schubjak", nach Weigand (Jb. VIII, 318) aus dem deutschen „ Schuhflick er ". In diesem Falle ist die Erweichung vielleicht durch das eingeschobene n (nach strengar) hervorgerufen. clängäi und cläncäi „schnalzen, schlucken, mit den Waffen klirren" (Tikt., Wb. 371) ist ein Naturlaut. Das üblichste ist cläncäi; welches das ursprüngliche ist, vermag ich nicht zu sagen. Die Erweichung des inlautenden c erfolgt meistenteils, wenn ihm ein Nasal vorangeht oder auf ihn folgt. Der Grund der Erweichung liegt teilweise in der Stimmhaftigkeit des Nasals. Diese Erweichung macht sich am meisten im Arom. und zwar im S.-Arom, bemerkbar. Hier wird c zu g nach einem Nasal nicht nur im Inneren des Wortes, sondern sogar in Wortverbindung, z. B. ngarcu für das regelmäßige und im N.-Arom. alleinübliche ncarcu (lat. incarricare): ebenso n-gasä, n-gap, n-gale, n-gaciu, n-gape für n-casä, n-cap, n-cale, n-caciu, n-cape das ist in casä, incap, in cale, incape etc. Es ist das keine arom. Erscheinung, sondern, wTie schon bekannt, ein Einfluß neueren Datums von Seiten des Neugriechischen. Hier ist diese Erweichung vor den Nasalen eine allgemeine alte Regel und betrifft nicht nur die Gutturalen, sondern auch die Dentalen und Labialen. Weil die Erweichung in der oben besprochenen Lage im S.-Arom. fast zur allgemeinen Regel geworden ist, wird sie hier nur erwähnt, ohne weitere Beispiele dafür zu bringen und nur — 121 — insofern mit der Erweichung der dakorum. Beispiele in Verbindung gebracht, als beide Dialekte dasselbe Phänomen zeigen. Der Unterschied besteht nur darin, daß, während die südarom. Erweichung als eine entlehnte erscheint, dieselbe im * Dakorum. nur vereinzelt auftritt. Ein weiterer Unterschied besteht noch darin, daß sie im S.-Arom. und Neugriech. nur nach dem Nasal, im Dakorum. dagegen auch vor dem Nasal auftreten kann. f) nc > ng. Auslaut, inving für invinc, das noch im Altrum. tatsächlich vorkommt (Gaster, Chr. 461), auch im Arom. azvingu „siegen" liegt wie im drum, inving eine Angleichung an die zahlreichen Verba wie pling, ling, sting, ating etc. vor. drum, junc, arom. dzungu (Megl. zunk) „junger Ochs, junger Bär" vom lat. juvencus -um. oblinc neben obling „arcon de la seile" (Dame; Wb.) 9 aus mblg. oblakt „umbo sellae". pärinc und daneben päring (Jb. IX, 228) „HirsearL" aus dem lat, panicum (Pusc, Wb. 111). g) c > g- Anlaut. cabrioletä und gabrioletä „Cabriolet" (Tikt., Wb. 251); die Erweichung ist vielleicht durch Assimilation an das folgende b veranlaßt, doch vergl. big. ka- oder gabroletka. gae, gaie und caie, cäilä „Königsweihe oder Roter Milan" (Mar. ornit, I, 164 und 169), wenn diese Wörter wie Ov. Densusianu annimmt (Flist. 197) von lat. gavia, das sich auch in den anderen romanischen Sprachen wieder findet, abzuleiten wären. Doch scheint mir diese Annahme insofern unmöglich, als das intervokalische v von gayia, da es vor » einem Halbvokal stand, nicht hätte ausfallen dürfen, so daß die Ableitung vom Slavischen wahrscheinlicher ist. Im Slav. lautet das Wort: kanja, poln.kania, magy. kanya (Mikl. Wb.). Die Erweichung des c zu g will Tiktin durch Anlehnung an gaita erklären. carafä (ital.) und garafä (ngriech.) „bauchige Glasflasche für "Wasser, Wein etc., Karaffe" (Tikt., Wb. 662). cämilä und s.-arom. gomilo „Kamel"; die letztere Form » stammt aus dem Ngriech. Von den Doppelformen girbaciu und cirbaciu, arom. kurbatse „Karbatsche, Hetzpeitsche" (türk. kirbac), stammt die erste aus dem Bulg. die letztere direkt aus dem Türkischen. cobae und gobae „Vogel, Geflügel (Tikt., Wb. 379). Wahrscheinlich liegt ablg. kob^ „augurium, Vogelname, Raubvogel" zugrunde, von dem zunächst coabe stammt, cobae wäre dann davor eine Ableitung, wie märuntaie zu marunt also wie ein Collectiv (nach Weigand, mündlich). Die Erweichung ist hervorgerufen durch das folgende b. coblizan und goblizan „großer Knabe, großer Schlingel" (Tikt,, Wb. 379), harrt einer etymologisch befriedigenden Erklärung. Vielleicht von copil — copilitä >> coplitan > coblidzan und dann Erweichung des c durch das folgende b goblizan. ** Die Formen cogeamite und gogeamite dann cosco-geamite und gojgogeamite (auch gosgogeamite) und daneben coscogea und gojgogea stammen aus dem big. koskodzafmiti resp. aus türk. kodza „groß" und kos kodza „sehr groß". Sie beruhen auf Assimilation und Dissimilation; coscogeamite ist zunächst zu goscogea- und dann zu gojgogea- geworden. (Siehe: G. Weigand, Vollmöllers Krit, Jb.'VIII, S. 110). Weitere Doppelformen, deren Etymologie mir unbekannt ist, und bei denen infolgedessen der Wechsel von c und g unklar bleibt, sind: cogilt und gogilt Interj., ahmt das beim hastigen Schlingen hervorgebrachte Geräusch nach, Tiktin (Wb. 690). Ist es vielleicht eine Lautnachahmung? Dann würde sich die Erweichung des c zu g durch Assim. an das darauffolgende g erklären. Eine Ableitung von den h bulgar. Stämmen gäl-gäl oder käl-käl, dazu das Verbum galt am „verschlingen, verschlucken" ist nicht unwahrscheinlich. gogoli, guguli und cocoli von gugu „Ton der Tauben" beeinflußt „hätscheln" nach Tiktin (Wb. 381) erinnert an die dunkeln franz. Verben cajoler und choyer. Näher steht wohl das ital. coccalarsi „sich ergötzen" venet. nach Cihac coccalar „liebkosen". Daß alle diese Formen auf das viel verbreitete coco zurückgehen, ist sicher, doch wird damit die Erweichung des c zu g nicht im geringsten erklärt (Romansky, Jb. XV, 111). (Siehe auch Schlich, roman. Etym. II, 21). cocolos und gogolos „Kugel, Kügelchen aus weichem Stoffe", die Nebenform mit c (cocolos) wird wohl in Anlehnung an coco entstanden sein; cocoase und gogoase sind Ableitungen davon (siehe Schuchardt, Z. R. Ph.XXVI, 321). a goji für a coji (dial.) (von big. coza) „entrinden"; hier liegt Assimilation vor (Weig., Jb. IX, 225). Für die regelrechte Form curastra auch colast(r)a, arom. kulastro) „Biestmilch" lat. *eolastra, -am statt Colostrum (Pusc, Wb. 456), weist das Meglenitische die Form guiastro auf. Eine irgendwie befriedigende Erklärung vermag ich nicht zu geben. Die Form weist zunächst auf bulg. kulastra, kolastra; die Erweichung kann durch Anlehnung an gol, gul hervorgerufen sein, obwohl keine Bedeutungsbeziehung besteht, vgl. Romansky, Jb. XV, 112. galafond (dialektisch) < „Kolophonium" (Weig., Jb. III, 316). gaurä „Loch" (arom. gavrä) vom lat. *cavüla (von cavus, -a, -um) (Pusc, Wb. 60); ital. gabbiuola, franz. geöle, span. gayola, port. gaiola: alban. govers, gavrs (O.Dens., Hist. 111). gälbeazä, gälbadzä und cälbazä, cälbadzä daneben auch chelbeazä (Kl. Walachei, mündliche Mitteilung von Oprescu) „Egelsucht, Krankheit der Schafe, Lebermoos" (marchanta polymorpha) (Tikt., Wb. 661) aus albanesischem ktlbazs angeglichen an rumänisch galben; dasselbe gilt auch für die Ableitungen gälbäjoarä und, mit SuffixverL gälbäsoarä; daneben cälbäsoarä resp. cälbezoara „Egelkraut" auch für „gelber Weiderich" gebraucht (Tikt., Wb. 660). — 124 — gäun, lat. ^cayo, -onem von cavo, -are, „Hornisse, Blattwespe" (Pusc, Wb. 60). gutuie „Quitte"; die direkte Ableitung aus lat. cotonea bleibt zweifelhaft. Das Slavische kann uns nicht helfen, denn die lat. Form bietet lautliche Schwierigkeit. Vielleicht liegt, wie Weigand in seiner Vorlesung angegeben hat, eine schon lat, Nebenform *gotonia für die rumänische und slavische Form vor, die sich eventuell durch Dissimilation von der Tenuis t erklären ließe; mbulg. gdunije, nbulg. dun ja, dulja, djula; aber alb. ftua weist auf cotonea. koisono und goisuno „Aprikose" (Weig., Jb. III, 316); die verbreiteste Form ist caisa aus dem big. resp. türk. kaisy (Sain., Wb. 59). arom. kostune und gostuiie „Kastanie", lat. castanea; letzteres ist nicht so verbreitet und vielleicht eine Entlehnung oder Beeinflussung von alban. gastene (Gr. Meyer, Alb. Wb. 191). s. Jb.XV,"ll4. kukutsu und gugutsu (Grammoste) s.-arom. kukulitsu „Tannenzapfen" (Weig., Rum. u. Arom. 78) werden von Weigand mit den hüls;. Formen kokucka, kukul zusammengebracht, die alle zur Wurzel koko = etwas Kleines, Kugeliches, Niedliches gehören. Die Form mit g ist wohl durch Anlehnung an guguce „Lach- oder Ringeltaube" (aus bulg. gugucTka]) zu erklären. Sie ist üblich bei den Aromunen, bei denen die Lachtauben sehr häufig sind. S.-arom. gugutsu bedeutet „Maiskolben", der in der Form dem Tannenzapfen gleicht. h) Intervokalisch. Neben dem arom. akats (lat. *adcaptiare (Pusc, Wb. 2) „ergreife, fasse" kommt Dakor. auch agat, daneben aber richtig ma acat „hängen" vor. Ob nun auf diese Erweichung irgend welche Analogie eingewirkt hat, vermag ich nicht zu entscheiden, da mir ein derartig dem Sinne oder der Form nach verwandtes Wort unbekannt ist. H. Candrea und 0. Densus. leiten die Form mit g aus dem magy. aggatni ab (Dict, etim. 1. rom. Nr. 6). — 125 — Hierher gehören auch die Doppelformen caracacsa, caragatä, und caragatin (die letzteren wohl durch Sufflx-vertausch) arom. karakakso und korkasto „Elster". (Mar., Ornit. II, 65), ngriech. xagaxat-a, die sich vielleicht durch Anlehnung an das sinnverwandte Wort gaie resp. gaitä erklären würden. rägaz „temps, repos, reläche" zeigt dieselbe Erweichung, wenn es (Cihac 303) aus dem lit, rakas kommt und vielleicht durch Anlehnung an zägaz. rotocolesc und rostogolesc, arom. arustugulesku neben arukutesku „hinunterrollen, kollern, purzeln" dann rotogol und rotocol „wie ein Kreis, ringsum, um und um", nach Weigand auf bulgarisch raz-ttrkolja^^rästär-colesc, arom. arustugulesku zurückzuführen. Die Erweichung des c ist durch Differenzierung oder durch Anlehnung an golesc entstanden (s. Jb. XIII, 109). Dasselbe ist zu bemerken bei dem nur dialektisch üblichen a se tärgoli = „a se tävali in noroiu, in omat" (Viciu, glos. dial. 52), das aus dem Simplex t^rkolja stammt. i) ac > ag, resp. aca ^> aga. bageac und bageag „lucarne, le bas du tuyau de la cheminee" (locul pe unde ese fumul in pod) (Hasd. M. E. 2338) im arom. böge mit derselben Bedeutung, im N.-Arom. Öffnung im Dache bedeutend, stammen aus big. baga, bagäk. Im Türkischen lautet es baga. Im Dakorumänischen liegt Anlehnung an ogeac resp. ogeag vor. bältac und bältag (türk. baltä-äk) „Waffe, hache d'armes, hallebarde, hachette" dazu eine Diminutivableitung bältäg-el und bältäc-el (Pusc, Dsuff. 226; Hasd., M. E. 3062; TiR, Wb. 150). briceag (türk. bicak) doch wohl direkt aus dem bulg. bricak, das wieder eine Bildung von bric oder direkt aus dem Türkischen durch Anlehnung an bric entstanden ist. Bugeac und Bageag „Bessarabische Steppe" (türk.buAak „Ecke") (Tikt., Wb. 235). — 126 — chisleac und chisleag „Sauer-, Schlappermilch" nach Tiktin ("Wb. 345) anscheinend zu klr. kysel „sauer", dass. bei Cihac (50) (cf. bulg. kisleak, kisleak „Sauerampfer" (Geroff)). Etymologisch undurchsichtig ist cionac und cionag „Art Weintraube, Winzermesser" (Tikt,, Wb. 358); stammt es vielleicht vom türk. eanak? (= Teller). ciormoiac und ciormoiag (Bot.) „Melampyrum ar-vense" (magy. czörmölye, czörmöly) (Cihac 491; Tikt., Wb. 359) „Kuh-, Wachtelweizen", gehört auch hierher. colceac und colceag (türk. kolcak „Armschiene, Panzer, Fausthandschuh") 1. „Muff", 2. „Art Gamasche" (Tikt., Wb. 390). gäzdac und gäzdag (magy. gazdag) „reich". Diese Doppelformen sind nur bei Mindrescu (Elem. ung. in 1. rom. 75) angegeben; bei Tiktin dagegen nur gäzdac, das, wie er richtig bemerkt, aus dem Magy. durch Suffixvertauschung entstanden ist (Tikt., Wb. 667). haräc und haräg (aus big. haräk, dieses aus xaQaxaq) 1. „Stange, Pfahl zur Stütze von Hülsengewächsen, Hopfen, Reben, 2. Linienblatt" (Tikt, Wb. 720). ogeac und ogeag (Bukowina) aus dem blg.-türk. ogak „Schornstein". pästränac, pästirnac und pästranog fürpästränag „pastinaca sativa" (Pantu, Plant. 207). pesagfürpesac (serb. pesak) „Sand" mundartlich (Viciu, glos. dial. 44). Von den lateinischen Elementen kommt nur räpäc und räpäg (lat. rapico-are vom *rapicus statt rapidus mit Suffixwechsel, Pusc, Wb. 1432) „schnellen" in Betracht. Die Erweichung ist analogisch nach Verben wie fumeg, spumeg etc. zu erklären. Auf -agä -acä begegnet nur taptalagä neben tapta-lacä neben dem richtigen pitpalacä (Siebb.) „Wachtel" (Mar., Ornit. II, 221). Alle Beispiele dieser Gruppe erklären sich durch Suffixwechsel. r — 127 — j) ec>eg. Auf -eg für -ec kommt nur die etymologisch unklare Form vitreg vor, das man aus dem lateinischen vitricus (Pusc, Wb. 1914) ableiten will. Aber von vitricus erwarten 1'< wir ein rumänisches veatrec, vatrec Weigand betrachtet das Wort nicht als Erb wort, sondern als einen Eindringlino- 7 o O aus der lat. Kanzleisprache Ungarns, umsomehr als im Volke i das slav. mastihä gebraucht wird. Hier will ich auch putregaiu „Fäulnis" und mucegaiu „Schimmel" (Pusc, Wb. 1421 u. 1115) erwähnen. Es handelt sich wahrscheinlich um lateinische Analogiebildungen (von putridus, mucidus) putrecalia, mucecalia nach faecalia, das selbst im Rumänischen gar nicht vorhanden ist. Die Erweichung wird schon frühzeitig in putrecalia >> putregalia eingetreten sein; c vor dem Tone und vor stimmhaften 1. Einen besseren Grund weiß ich nicht anzuführen. k) ic > ig resp. icä ^> igä. Hierher gehören zunächst die Doppelformen, welche sich nur durch Suffixvertauschung erklären. antonicä „Imperatoria sylvestris, Angelica sylvestris" (Hasd., M. E. 1245); Pantu, Plant, chaeraphyllum aromaticum „Gewürzhafter Kälberkropf" (S. 8 u. 9)), hat auch die Nebenform antonigä. Auch das etymologisch unsichere aprig „heftig" ist hier zu nennen, wenn es, wie angenommen wird, von lat, apricus (prov. abric, franz. abri, span. abrigo) abzuleiten ist. (Siehe Tikt., Wb. 80; Hasd., M. E. 1354; Pusc, Wb. 99; Dict. Acad.) armig neben armic „etalon", armäsar, „Roß"; Hasdeu will es aus dem pol rumak „coursier, cheval de bataille" ableiten (Hasd., M. E. 1708). artig und artic „piece ou morceau de viande" nach Hasdeu (M. E. 1752) von artus + ic. Tiktin (Wb. 99) sieht darin eine Ableitung von lat. articulus, das aber nur artichiu ergeben könnte. — 128 — — 129 — Avric neben Avrig „noni d'une terre en Transylvanie" das Hasdeu (M. E. 2184) aus dem klruss. lavrik = melc „Sehnecke" ableiten will. cärica und cärigä „Rolle am Webstuhl, Rädchen an der Spindel" (Weig., Jb. IV, 328). Im Magyarischen lautet es karika (Tikt., Wb. 295). ferigä neben fericä, arom. feariko (lat. filix, -cem) „Farnkraut". fifiric und fifirig „ehem. österr. silbernes Dreikreuzerstück" dann übertr. „kleine Silbermünze" (Etym. fünfer fifer + ic, nach tvantic = Zwanzig -er. furniga im Olt, u. Arom., auch im Istr. frunige, neben furnica (lat. formica) „Ameise". Der dakorumänischen Ableitung furnicar entspricht im Meglenitischen furnigar, das entweder direkt auf das lateinische *furnicarium zurückgeht, oder wahrscheinlicher eine neue Bildung von furniga ist. Doch ist im Megl. furniga neben furnica nicht nachweisbar (Pusc, Wb. 682). mästigä und mästicä „Stiefmutter" (Dame, Wb. III, 31), das auf das bulg. masteha zurückgeht. Die lautgerechte Form existiert im Drum, masteha. Diese ist durch Suffix-vertauschung zu masticä geworden und letztere nach den mit -igä abgeleiteten Wörtern zu mästigä. Auch miga neben mica in der Wendung „o mica de ceas einen Augenblick" weist die Erweichung auf (Dame, Wb. III, 45), wenn nicht darin big. mig Augenblick steckt. ofticä neben oftigä „Schwindsucht" aus big. ohtika, oftika, arom. ohtiko. s cärigä „AVagenleiter" neben scärica „ Leiter chen" (Pusc, Jb. VIII, 228). Nicht hierher gehören die Doppelformen säga (Drum.) und siko, daneben sikai (Arom.) „Scherz". Wie schon der Akzent zeigt, stammt das letztere direkt aus dem Türkischen, das erstere aus dem Bulgarischen. tälpigä (tälpic und iälpig im nördl. Siebb.) „Pedal des Webstuhles" und tälpica „kleine Sohle" (Pusc, Jb. VIII, 228). 1) oc > og resp. oacä > oagä. Neben bältoacä (big. blato) begegnet auch bältoagä, mit derselben Bedeutung wie bältac „Pfütze", nur hat bältoacä augmentative Bedeutung (Hasd., M. E. 3077). circioc und circiog „Winkelzug, Kniff", nach Tiktin (Wb. 238) eine Bildung von cärciu, das in cärcel steckt. chesoacä und chesoagä „ganz kleine Fische, die durch das Netz gehen". Die Etymologie des Wortes ist unbekannt (Tikt., Wb. 345). cotoc und cotog (Etym. zu cot) „bras montant" (la car si la räzboiu) (Dame, Term. pop. 11 u. 141). mincioc und minciog „Fanggarn". Die Etym. des Wortes ist dunkel (Dame, Term. pop. 124). sfrancioc und sfranciog „pie-grieche" (Dame, Wb. IV, 59). Bei Cihac sfrancioc und daneben strancioc, tracioc „picus major" aus serb. svracak (Cihac 341). stoc neben stog „Haufen". Altbulgarisch stogt, im Neubulg. wird aber stok gesprochen, aber artik. stoga, und auf diesem Nebeneinander von g- und k-Form scheint auch im Rumänischen die Doppelform zu beruhen. m) uc ^> ug resp. ucä >> ugä. butuc und butug „Klotz" vielleicht aus bulg. but—Keule, Schenkel, dieses aus türk. but „Keule, Schenkel" + Suffix -uc resp. -ug (Pusc, Jb. VIII, 228). Tiktin (Wb. 247) leitet es von dem slavischen Stamm but- ab. Vgl. auch magy. buta — Dummkopf. läptucä und läptugä „Lattich" lat, lactuca (mündliche Mitteilung von H. P. Petrescu aus Siebb. und Oprescu aus Kl. Walachei). täväluc und tavälug (auch välätuc kommt vor) „Walze" (Pusc, Jb. VIII, 228) das Cihac (Wb. 444—445) mit dem russischen valekü „rouleau, vague" zusammenbringen will, ist eine Ableitung von tävälesc Weigand XVII. 9 — 130 — — 131 — n) c (ts) > g (dz). Anlaut. ceanipara daneben gearnpara und geambara (türk. cal-para, Tikt., Wb. 669) „Castagnette". Ist die Erweichung vielleicht durch Anlehnung an „geam" = Glas hervorgerufen? Neben dem arom. tsanto „lederne Tasche zum Tragen, zum umhängen" (türk. canta) kommt im Dakorum. auch die Form geantä, die wahrscheinlich durch Anlehnung an das sinnverwandte Wort geam and an „Handkoffer" entstanden ist (Tikt., Wb. 669). cercevea, ciurciuvea und daneben giurgiuvea „Fensterrahmen, Fensterflügel" (blg.-türk. cerceve) (Tikt., Wb. 325). Dakorum. geambas, N.-arom. dzambas (so auch im Bulg.), S.-arom. tsambas „Pferdehändler" (türk. cambaz, Tikt,, Wb. 668; Loebel, Elem. turc. arab. pers. in 1. rom. 45). geandir, arom. richtig tsidure „gedeckter Melkraum" (türk. cadyr = Zelt im Arom. dass.) (Tikt., Wb. 669). cimber, cimbir, N.-arom. tsimher und dzimber „Kopftuch der Türkinnen" (türk. cember) (Tikt., Wb. 350). Etymologisch undurchsichtig sind die Doppelformen gimt und cimt „Lende" (Tikt., Wb. 679). Inlaut. Neben dem üblichen Worte baciu „Senner, Käsmacher" erscheint im S.-arom. auch badzu. Das letztere stammt wahrscheinlich aus big. bago (Anrede an älteren Bruder). baltäcel und daneben auch bältägel „hache d'armes, hallebarde, hachette" (Hasd., M. E. 3062), das aus bulg. baltäk (türk. baltäk), einer Nebenform von baltia stammt. Die Wurzel dazu ist türk. baltä. bojoci und bojogi „Lungen" « bos Hodensack) beruhen auf Suffixvertauschung. buged und buget, von lat, *buccidus „der volle Backen hat" von bucca „Backe" (Tikt,, Wb. 235), wenn die Etymologie richtig wäre, dann hätten wir hier auch eine Erweichung, die wieder nur durch Anlehnung an fraged zu erklären ist. Das Wort bedeutet: blaß, aufgedunsen, vom Gesicht anämischer, kränklicher Menschen, cf. Jb. XVII, 39. funicel und funigel „Blutgeschwür, Furunkel" (lat, *furuncellus für furunculus) (Tikt., Wb. 654). funigei pl. „Herbstfäden" nach Puscariu (Conv. Liter. XXIX, 57; Wb. 58) von lat, *fuligella (Dimin. von fuligo). Weigand leitet es von *funicelli „Fäden" ab. Der Wechsel würde durch Suffixvertauschung eingetreten sein wie bei baltäcel und bältägel (siehe S. 130). o) nee (ntse) > nge (ndze). concediu und congediu „Urlaub", beide verschiedenen Ursprungs, erstere Form ist Entlehnung aus dem Ital., die andere eine durch franz. conge bewirkte Umformung. mince und minge (ablg. mect) „Ball, Spielball". Das erste stammt aus dem Bulg., das andere aus dem Macedobulg., wo nee in nge übergehen kann. Etymologisch undurchsichtig ist räspincea und räs-pingea (von Schafen) „oile cari au lina alba si botul alb" (Dame, Term. pop. 67). 2. Verhärtung der Gutturalen. a) g > c. ägris, agres, agrij und daneben acris „Stachelbeere", aus dem magy. egres (Pusc, A. Wb. 73) mit Anlehnung an acru „sauer". Es kann auch slav. Etymon in Betracht kommen. Für craeä „Ast, Zweig" begegnet in der Moldau die Form creanga in derselben Bedeutung, die auf das bulg. granka zurückgeht, worüber Weigand im XV. Jb. S. 168 Mitteilung macht. cujbä gehört zu ginj „Bastseil" und beruht auf magy. guzsba. Die Wurzel ist big., worüber Weigand im XVI. Jb. S. 223 unter cujbä und S. 224 unter ginj handelt. — 132 — 133 — ferclieteu „baguette, cbeviile au joug des bceufs" aus dem magy. fergetyü, förgetyü (Cihac 498). Die Verhärtung ist durch Assimilation an das folgende t erzeugt. fiong und fionc, arom. fliongu „Schleife, Knoten mit Schlinge" (ngriech. (ptoyyoq, Epirus tyxiovyog — it. fiocco, Tikt., Wb. 629), Entlehnung aus dem Ngriech. u. Ital. gornist und daneben cornist „Trompeter" aus russ. gornist = deutsch „Hornist". Die zweite Form ist durch Anlehnung an corn „Horn" hervorgerufen worden. glovat und clovat (auch glävociu) „Kaulquappe", das wie Tiktin (Wb. 687) annimmt aus poln. glowacz (big. kroat, glavac, giavoc) stammt. incalat neben ingalat „agraisse outre mesure, gonfle, gros, enorme" (Dame, Wb. 149 u. 185) aus dem alhan. ngal „mache fett" (G. Meyer, Wb. 308; Cihac Wb.); das Wort muß von der zweiten (jüngeren) Schicht sein, da das 1 nicht in r übergeht. Die Verhärtung erklärt sich vielleicht durch Anlehnung an calit. natlng und natinctoc „maladroit, obstine, entete" (Dame, Wb. III, 91) aus ablg. netegT, von Cihac (213) abgeleitet. Die Verhärtung ist durch das folgende t hervorgerufen worden. omag, omeag und daneben auch omiac (slav. omeg'l ,;lupicida, canicida", russ. omegrl „cicuta virosa" etc. Cihac 227) „aconitum cernum" (Pantu, plan. 194), die auf Suffixvertauschung beruhen (Mikl., E. Wb. 221). päringa „Stange", nach Fuscariu (Wb. 1270) aus dem lat, phalanga „Walze", nach Weigand dagegen aus dem magy. porong „Stange", hat die Nebenformen parinc und paring. Hier liegt Anlehnung an andere Wörter vor. räslog und räsloc „bois fendu qui sert a former des palissades" (Dame, Wb. III, 317) (slav. razlogx „ratio", magy. rezlog „plimche fendue", Cihac 308). -oc ist durch die zahlreichen Ableitungen auf -oc veranlaßt (SuffixWechsel). rästigni und rästicni „kreuzigen", läßt sich durch Anlehnung an ticni erklären (ablg. raztegna, nblg. raztegna). stälog und stalonc c(ts). arbagic (Siebb.), arpacica und daneben auch harpacica „Schnittlauch" (Pantu, plant. 9), aus big. resp. türk. arpagik (allium schoenoprasnm). Hier liegt wohl Assimilation des g zwischen zwei Stimmlosen vor. cange und daneben cance (auch arom. kange und kance) 1. „Kralle, 2. Stange mit einem Haken, Hakenstange der Feuerwehr", stammt aus bulg. kanga, dieses aus türk. kanga. Hier liegt Assimilation vor (cf. it. gancio). linged und linced (arom. lundzit) „krank, unwohl, matt" (lat. languidus). Hier ist der Grund der Verhärtung offenbar Anlehnung an rineeel, muced. geambas, N.-arom. dzambas (so auch im Bulgarischen), S.-arom. tsambas „Pferdehändler" (türk. cambaz, Tikt.,Wb.668; Loebel, Elem. turc. arab. pers. in 1. rom. 45); hier ist die Verhärtung vielleicht als Dissimilation wegen des darauffolgenden Labials zu erklären. Hierher gehört auch giumbus „Spaß, Witz", ebenso N.-arom.; S.-arom. dagegen tsumbuze (ciumbuze), aus türk. gumbuz (Loebel,Elem. turc, arab. pers. in 1. rom.49), während die erste Form mit -s unmittelbar dem big. dzumbüs entlehnt ist. — 134 — — 135 — ß. Die Dentalen. Allgemeine Betrachtung über die Erweichung der Dentalen. Wenn es sich bei der Erweichung bezw. Verhärtung der Gutturalen ebenso um lateinische, wie auch um fremde Elemente handelte, so kommen bei der Erweichung bezw. Verhärtung der Dentalen die lateinischen Elemente fast kaum in Betracht, denn außer dem dialektischen Worte dzado (arom.), das auf das vglat. daeda (Belege bei Ov. Densus., Hist. 124) zurückgeht und ein anlautendes d für t (taeda) durch regressive Assimilation zeigt, oder wie Meyer-Lübke (Rom. Gram, 354) und nach ihm Ovid Densusianu (ebd.) annehmen, eine Beeinflussung des lateinischen Wortes durch gleichbedeutendes griechisches Saida erfahren hat, begegnet die Erweichung bezw. Verhärtung der Dentalen nur bei fremden Entlehnungen. Es kommt nur noch eine rumänische Bildung lateinischen Ursprungs vor: Sämedru für Sänt Demetru >> sänmetru > sämedru (sanctus Demetrus), die ein d für t, durch die Sonorität des darauffolgenden r hervorgerufen, aufweist. Die Ursachen, welche die Veränderung zu Stande bringen, sind entweder assimilatorischer bezw. dissimilatorischer Natur, wie buclasca neben butasca und potasca von bute (arom. budikle) „niedrige Bütte" (Weig., Vöries.; Tikt., Wb. 234), oder beruhen 1. auf verschiedener Herkunft wie z. B. eadaif, cataif, arom. kuduife und guduife aus dem türk. kadaif ' CO O o o und kataif, cäpitan, capetan, arom. kupitan und kapidan (die drei ersteren aus dem it. capitano oder fr. capitain, die letztere aus dem Ngrieeh. oder Bulg.); % auf Suffixvertaiischung wie z. B. cruciata und cruciada; 3. auf dem Auslautgesetz im Rum,, wonach der auslautende Stimmhafte zur stimmlosen Lenis wird, wodurch sehr leicht eine Lenis zur Fortis werden kann, aber auch umgekehrt wie oväs zu oväz zeigt. 1. Erweichung der Dentalen. a) Anlaut. daradaica „mauvaise voiture, traquet de moulin". Das Wort existiert im Russischen und lautet tarataika, im poln. taraclajka, teradajka „voiture basse et legere ä 4 roues; mauvaise caleche" (Cihac 91). Im Rumänischen stammt es aus dem Poln. und die Erweichung des anlautenden t wurde durch den auf t folgenden stimmhaften Dental hervorgerufen. tamazlic, tamoslic, und s.-ar. dumuzluke, n.-ar. damazluke „education, entretien des bestiaux", aus blg.-türk. tamazlyk (Cihac 618). Die Nebenform dumuzluke erklärt sich durch Assimilation, die ebenfalls im ngr. dumuzluki vorliegt. Die Form damazluke kann auch aus dem bulg. dama-zl^k neben tarn- (Geroff, Wb.) stammen. tarabanä, die regelrechte Form und daneben darabana „Trommel" aus dem klr. taraban „tambour" zeigt anlautendes d für t durch Assimilation an das darauffolgende b (Cihac 91; Tikt., Wb. 505). tartabik und dardabik (arom.) „Wanze" aus dem türk. tahtabik. Die Nebenform mit weichem Dental erklärt sich durch Assimilation an den folgenden Labial. Neben täün „Bremse", der regelrechten Form aus lat. tabone (Pusc, Wb. 157) kommen auch dialektisch daüne (A. Viciu, glos. dial. 29) arom. da van vor. Die erweichte Form daüne ist vielleicht an däuna „Schaden" angelehnt. Die arom. Form da van ist eine Entlehnung aus dem ngr. vx aßavov. [tobä und dobä „tambour, caisse, boudin, andouille"; weitere Bildungen: tobosar, dobosar, doboser und dobas, Ent-lehnungen aus dem magy. dob und tobos „tambour, caisse" (Cihac 495; Tikt., Wb. 556). Im Serbokroatischen existieren die Formen dobos, dobosar, idem. [Siehe unter Verhärtung Seite 139.] turbent, tulbent und dulbent „o pantlicä cusutä cu fire de aur ce imbrobodeste fruntea femeilor" (Viciu, glos. — 136 — — 137 — dial. 53). Die beiden Formen stammen aus dem türk. dul-bend und vulgär auch tulbent „mousseline, voile qui couvre la tete des femmes" (Cihac 625). Das r aus turbent erklärt sich vielleicht durch Anlehnung an das entlehnte Wort turban. b) Inlaut. aitau und aidäu „vacher, gardien de betail" aus dem magy. hajtö (Hasd., M. E. 580; Sim. u. Bai. Wb. 137). Die Form mit d ist wohl an die Interjektion „haida" angeglichen worden, ein Ausruf, der gerade von Viehtreibern viel gebraucht wird; haitäs „Jagdtreiber" ist eine andere Bildung desselben Stammes, aus dem magy. hajtäs „Treiben, Jagen, Verfolgen" (Sim. u. Bai., Wb. 137); das klr. hajtasi mit derselben Bedeutung stammt aus dem Rumänischen. Neben amant und amantä „Geliebter, Geliebte" kommt noch am an da vor (Weig., Jb. VIII, 314), dessen d sich aus der Sonorität des vorausgehenden n erklärt. bade, bäditä und botso (Weig., Jb. IX, 224) „Anrede an ältere Leute; älterer Bruder, Geliebter" stammt aus dem big. bäte (auch im Magy. gibt es ein bätya) und erklärt sich durch progressive Assimilation, die zuerst vor dem Tone in bäditä eingetreten war, wie in budasca. Neben der üblichen Form batjocurä begegnet auch badjocura, bagiocurä und weiter in Dialekten zu bajocura abgeschliffen, „Spott, Hohn". Die Erweichung des t zu d ist durch die Stimmhaftigkeit des j zu erklären, t ist ursprünglich, aus „bäte joc" entstanden. cozondraci < d. „Hosenträger". Die Erweichung ist durch die Stimmhaftigkeit des darauffolgenden r erzeugt. Tichindeal << d. „Ziegenthal" (Ortsname in Siebb.), Erweichung durch Anlehnung an deal. butascä von bute und daneben budascä und potasca i . . 3 . 3 „niedrige Bütte" zeigen progressive resp. regressive Charakterassimilation. cruciatä und cruciadä „Kreuzzug" (Tikt.,Wb.443) ist ein gelehrtes Wort, das an die ital. resp. franz. Form angelehnt ist. Neben cleretica begegnen auch derädica und deredica „wegschaffen, räumen" aus dem lat. directicare (Tikt., Wb. 523). Die Nebenformen mit d erklären sich durch An-gleichung an das sinnverwandte Verbum rädica, ridica. ferdela und ferdalä „Viertel, Getreidemaß nach Pol. == !/4 Kübel (gäleatä)", stammt aus dem deutschen „Viertel", das dial. fertel, vielleicht auch schon im Deutschen ferdel oder ferdl gesprochen wird. Auch ferdel et „Art Hohlmaß = 2 V2 Liter", eine Diminutivbildung von ferdela (Tikt., Wb. 617). odrasla, odreaslä „rejeton, bouture, pousse" aus big. otrashL (Cihac 225; Mikl., Et. Wb.). Die Erweichung des t trat wegen folgendem r ein. odgon und otgon „corde grosse et longue, cable, eordage, une certaine mesure agraire" (30 stinjeni) (Dame, Wb. 167) stammt nach Cihac (124) aus dem asl. ot^goniti, was jedoch „abigere, pellere" bedeutet und zu der Bedeutung des rumänischen Wortes wenig paßt, denn im Rumänischen heißt es einfach „Tau". Der Übergang des t zu d ist durch die Einwirkung der folgenden Stimmhaften leicht zu erklären. podgorie und potgorie „Weinberg" stammt aus big. podrBgorije das vielfach als potgorie gesprochen wird, Hier haben wir mit zwei Formen zu tun, die von Haus aus verschieden gesprochen werden. (Siehe auch Cihac 273.). rudä (de fasole) = par „Pfahl" (Viciu, glos. dial. 45). wenn es aus dem deutschen „Rute" stammt, weist eine scheinbare Erweichung auf. Im Magy. lautet es rüd, kann also eine Entlehnung sein. salatä und salada „salade". Die Form mit t ist in allen Balkansprachen üblich und stammt aus dem Italienischen, im Rumän. wohl aus dem Bulg. entlehnt. Die Form mit d ist modern und durch das Franz. hervorgerufen, daher auch nicht volkstümlich geworden. Gerade so ist es mit limonatä und limonada. Simedru für sint Demetru weist ein d für t auf, wegen der Einwirkung der stimmhaften Liquida r. sumedenie statt sumetenie s. S. 140. — 138 — - 139 — titvä und tidvä „Flaschenkürbis, Heber, Hirnschale" aus serb. oder aus big. tikva „Kürbis", auch (im Serb.) calebasse „Flaschenkürbis" bryon, cräne (Cihac 409). Die Erweichungwurde durch die Stimmhaftigkeit des darauffolgenden Labials erzeugt. 2. Verhärtung der Dentalen. a) Anlaut. Neben der dakorumänischenForm dantelä, franz. dentelie „Spitze" kommt im Arom. auch tantelo vor, die eine scheinbare Verhärtung ist; die arom. Form ist direkt aus dem ngr. tantela entlehnt. Auch das Bulg. zeigt Doppelformen. Außer den Nebenformen desaga, dasaga begegnen im Arom. tiisago und disago, die aus bulg. disagi(Sing. disaga, Nebenform bisaga) und dieses aus agr. disaki stammt und „Quersack" bedeutet. Die Form tusago erklärt sich vielleicht durch das stimmlose s, oder durch Assimilation an das k in einem *disako, das vielleicht existiert hat, und dann wieder durch Suffixvertauschung von *tusako zu tusasro se-worden ist. Außer der Form a dudui kommt auch a tutui vor „a scoate afarä din casä" (Viciu, glos. dial. 53), dann duduesc und durduesc „gronder, retentir, chasser en faisant du bruit"; die letzteren will Cihac (496) aus dem magy. dördilni, dör-dülni, dördenni „gronder, retentir, faire du bruit" ableiten, aber es ist, wie mir Herr Doritsch mitteilt, von big. dudna neben tri>tna „erschallen, ertönen" auszugehen, womit sich magy. Formen mischten. b) Inlaut. alcätui „zusammenstellen, zusammensetzen, fugen, einrichten" aus dem magy. alkodni (Pusc, A. Wb. 102; Tiktin, Wb. 44). Es liegt hier Charakterassimiiation des d au c vor, die häufig vor dem Tone auftritt und eine parallele Erscheinung ist zu der bekannten Regel, daß zwei vortonige Vokale assimiliert werden (Storch, Jb. VII, 104). bodnar und butnar „Wagner, Faßbinder, Böttcher" aus dem magy. bodnar (ursprünglich deutsch Büttner, Buttner). Die zweite Form mit t ist wohl durch Angleichung an das Wort bute entstanden. Das Wort existiert auch im Klr. (Cihac 36). Siehe Tikt., Wb. 247. dobaundtoba, daneben auch dobos und tobos, dobo-sar und tobosar (auch doboser und dobas), Entlehnungen aus dem magy. dobos „tambour, caisse". Wie die Verhärtung entstanden ist, vermag ich nicht zu sagen. codcodac und cotcodac (Interjekt.) „gack, gack, Ruf der Henne" (Tikt,, Wb. 385 u. 422). Bei den onomatopoetischen Wörtern ist schwer zu entscheiden, welches die ursprüngliche Form ist, Ebenso im Bulgarischen. codobatura, coto[ro]baturä, cobaturä, auch cotobae codobatä (Sieb.), kutrubaturo und kutrubatro (Arom.) „Bachstelze" zeigen alle neben dem Stamm mit cod- auch eine Form cot-. Wenn die Ableitung von coadä richtig ist, dann müssen wir die Verhärtung des d zu t dem c von cod-zuschreiben. Die Form cotorobaturä ist durch die Einmischung des Wortes cotor zu erklären (Mar.. Ornit. I, 327). Hier liegt Charakterassimilation vor. corcodina und corcotina (Hatzeg) = curcä „Truthenne" (Mar., Ornit. II, 276) eine Weiterbildung zu corcodan „Truthahn", das zu eure an, resp. curcä gehört. Die Verhärtung des d zu t ließe sich durch Anlehnung an andere Bildungen auf -tina (-ina) wie z. B. basatina etc. erklären. datinä und dedinä „Brauch, Sitte". Die erste Form, obgleich sie die literarische ist, ist späteren Datums, da das Urwort das slav. dedina ist, woraus regelrecht dedinä entstand. Durch Anlehnung an „clat" bildete sich datinä, worüber 0. Densusianu in Romania 31 handelt. feldmarsal und feltmasar „Feldmarschall" (Tikt., Wb. 615); die erstere Form ist literarisch; von den Bauern wird sie gesprochen feltmarsal, gerade wrie im Deutschen. geamandan und geamantan „Handkoffer, Felleisen", aus dem türk. gamandan (Tikt., Wb. 668). Die letztere — 140 - — 141 — Form ist entweder durch. Suffixvertauschung entstanden, oder weil im Türkischen selbst ^ häufig bald t, bald d gesprochen wird. Im Bulg. lautet es gamadan. ldtcä „eanot, naceile" russ, lodija und lodka (Cihac 179); auch im Bulg. lodka gesprochen lotka „Kahn". Die Verhärtung ist nicht rumänisch, sondern stammt von der Sprache, aus der das Wort aufgenommen worden ist. potmoli und podmoli „terrain creuse, mine par les eaux (Dame, Wb. 254; Cihac 183) von big. podrnol dass. Die Verhärtung ist durch die Stimmlosigkeit des m hervorgerufen worden. Eine andere Bildung ist despotmoli „wieder flott machen". potcap „chapeau, bonnet de pretre" und potcovi „beschlagen" stammen aus dem bulg. podkap und podkova, die selbst im bulg. potkap und potkova gesprochen werden. Also die Verhärtung ist nicht rumänisch, sondern stammen von der Sprache, aus der die Wörter aufgenommen worden sind. prundäras undpruntäras (Walachei) „Goldregenpfeifer" (Mar., Ornit. II, 295) von prund ablg. pradib „banc de sable" (Cihac 297). Hier liegt Charakterassimilation des d an p vor. sumeclenie und sumetenie „Unzahl, Menge, Masse" (Weig., Jb. IV, 331; Barcian, Wb. 663). Die üblichste Form ist sumedenie. Etym.: aus ablg. (resp. mblg.) sumetenie „Wirrwarr, Durcheinander" (also eine große, unbestimmte Menge wie ttma „Finsternis" = (ivQcac) (mitgeteilt von Dr. Doritsch). Puscariu (mündliche Mitteilung) leitet das Wort vom alb. sumste ab. c) Doppelformen verschiedenen Ursprungs. Es gibt einige Wörter im Rumänischen, die in allen Nachbarsprachen vorkommen und von verschiedenen Seiten her ins Rumänische gelangt sein können. Diese weisen im Inlaut weichen oder harten Dental auf, je nach der Sprache, aus der sie stammen. So haben wir z. B. bandä und bantä 1. „Bande, Trupp, Streifband, Kreuzband, 2. langes schmales Stück; Streifen, Band, Bündchen". Das erstere stammt aus dem Französischen oder aus dem Deutschen, speziell in der Bedeutung „ Musik-bände" und das zweite aus dem russ. bantnB. cadaif und cataif, dann arom. kuduife und guduife ' o o <—' o o „Art feiner Nudeln, woraus man Kuchen macht". Beide Formen sind im Türkischen und in den anderen Balkansprachen vorhanden. Ob sie nun direkt aus dem Türk, ins Rumän. bezw. Arom. eingedrungen sind oder durch Vermittlung anderer Sprachen, ist schwer zu entscheiden. Neben der Form cadi kommt im Arom. auch kati „Richter bei den Türken" vor, das aus dem türk. kadi stammt. In den Balkansprachen sind beide Formen üblich, und von hier aus wurden sie im Dakorum. und im Arom. aufgenommen. cäpitan, capitean daneben arom.kapidan und kapitan „Hauptmann, Führer" (Tikt., Wb. 285). Die dakorum. Formen stammen aus dem ital. capitano oder franz. capitain und die arom. aus dem Ngriech. (Türk, kapudan). Neben dem üblichen cretä „Kreide" kommen noch creda, cridä und critä vor. Die erste und übliche Form stammt aus dem Lateinischen als gelehrtes Wort, die anderen sind ins Rumän. entweder aus dem Poln. (kreda) oder aus dem klr. (krejda, krijda) (Tikt., Wb. 443) eingedrungen. fald, faldur, falt und faltur „Falte in Stoffen, Kleidern" (Tikt,, Wb. 607). Die ersteren mit d stammen aus dem klr. fald „plie" (Cihac 197) die anderen mit t gehen auf das deutsche „Falte" zurück. gazduesc und gostosk „bewirte" (Weig., Jb. III, 316) gehören nicht demselben Stamme an, obgleich sie dieselbe Bedeutung haben. Ersteres ist eine Weiterbildung des Subst, gazdä aus magy. gazda, das zweite das bulg. gostx „Gast". Etymologisch undurchsichtig und infolgedessen auch lautlich unklar sind folgende Doppelformen: — 142 — — 143 — pandalie und pantalie „lubie, caprice". Beisp.: i-a venit pandaliile „eile a ses nerfs" (Dame, Wb. 180). Cihac (124) will es mit dem griech. „panta" „alles" in Zusammenhang bringen; alivanta und alivanda „a da, a cadea" etc. (Hasd., M. E. 895) (auch big.). posadnica und posatnica „femme entretenue, maitresse, concubine" (Dame, Wb. 251) stammt aus dem russ. posadnica, die Frau des posadnik = „Bezirkshauptmanns, Bürgermeisters" (DalL, Wb. 855). Die Verhärtung ist durch das stimmlose n hervorgerufen worden. d) Auslaut, absid und sogar apsit <„ Abschied " (Borcia, Jb.X,200), das auch im Deutschen stimmlos gesprochen wird. agud und agut „Maulbeerbaum" stammt aus dem big. jagoda oder agoda „Erdbeere". Die zweite Form weist ein t für d auf, der "Übergang der stimmlosen Lenis in stimmlose Fortis. buged und buget „Aufgedunsen". Man will es von lat, *buccidus (Tikt., Wb. 235) ableiten, dann wäre t durch die zahlreichen Bildungen auf -et: muget, tunet, sunet etc. veranlaßt. cascäund und cäscaunt „Blöder, Gaffer, Maulaffe" auch adjektivisch „mit aufgerissenem Maule gaffend" etc. kommt aus lat. cascabundus. Die Verhärtung erklärt sich vielleicht durch Anlehnung an andere Wörter. gerit, giret und daneben gerid „Art Wurfspieß der Türken" aus dem türk. gerid, girid (Tikt., Wb. 670), das auch im Türkischen schwankend gesprochen wird. levand und levant (Bot.) „levandula vera" (Pantu, Plant. 146 u. 152); die auslautende stimmlose Lenis geht in stimmlose Fortis über. Neben den dakor. llnged und linced begegnet im Arom. auch lundzit, was derselbe Fall wie bei levand ist. molid (molidv, molitf) und molift „pin, sapin". Die Etymologie des Wortes ist mir nicht bekannt. Die Form molift beruht auf molidv, mit Metathese zu molivd und dann trat Verhärtung ein, da stimmhaftes v vor stimmlosen d zu f wurde, und dieses nun die Tenuis t hervorrief. obod, obot und uobot daneben auch bot „un lemn de la sanie" (Dame, Term. popor. 22). Das Etymon dieses Wortes ist dunkel. Cihac (140) gibt obot, uobot, horbot etc. in der Bedeutung „dentelle" an, das zu poln. forbot stimmt mit derselben Bedeutung. partid und partit dann partidä und partita „Partei und Partie" (Dame, Wb. 190). Die Verhärtung beruht wohl auf Assimilation an das vorausgehende t, oder durch Übergang der stimmlosen Lenis in die stimmlose Fortis; (kann aber auch aus dem ital. partita stammen). pund und punt „Pfund" stammen aus dem deutschen Pfund (Borcia, Jb. X, 204). Die erste Form wird nur geschrieben, die zweite wird gesprochen, und sie ist richtig, denn auch im Deutschen wird stimmlos gesprochen. suleget (*suleagedu, Dosofteiu, Viata sfintilor 42/20) „zart, schlank" aus dem lat, sublicidus, -a, -um (siehe Z. f. r. Ph. XXVII, 618; Pusc, Wb. 156) verdankt sein t anderen Wörtern wie preget etc. (Suffixvert.) sod und sot „bizarre, baroque, sot, fou, ridicule, sottise, plaisanterie etc." (Weig., Jb. IV, 331). Die Form sut ist in allen slavischen Sprachen üblich: russ. sutx „fou, bouffon" bulg. sut „Narr" und adjektivisch „ungehörnt". (Für die weiteren Bildungen siehe bei Mikl., Et. Wb. 345.) Das rumänische sot kann nicht aus dem Slav. kommen, denn der Übergang von u zu o wäre schwer. Im Magyarischen existiert ein sod (sprich sod) „spaßhaft, närrisch", das wieder aus dem deutsch-jüdischen „Schote, Schaute" stammt (Weig. Jb. IV, 331). Die beiden rumänischen Formen beruhen wohl auf der magy. Form. treapäd und treapät „Trab" (Dame, Wb. 179) aus dem lat. trepido, -are (Pusc, Wb. 164). Das t der zweiten Form ist wohl durch die Geräuschv/örier auf -ät wie: freamät, tipat etc. hervorgerufen worden (Suffixvertauschung). — 144 - — 145 — In tringhelt< „Trinkgeld" aus dem deutschen „Trinkgeld" (Borcia, Jb. X, 215) liegt deutsche Aussprache vor. C. Die Labialen. Allgemeine Betrachtung über die Erweichung bezw. Verhärtung der Labialen. Genau wie bei den Dentalen tritt die Erweichung bezw. Verhärtung auch bei den Labialen ein. Die Bedingungen dafür sind derselben Natur; nur hat hier die Assimilation an die umgebenden Konsonanten eine viel größere Bolle gespielt. Von den Konsonanten kommen in erster Linie die Labialen in Betracht, welche die Umwandlung verursachen, dann aber auch die Liquiden. Das Material, an dem die genannte Erscheinung auftritt, ist übrigens nur entlehnt. Nur zwei Wörter lateinischen Ursprungs zeigen eine Erweichung bezw. Verhärtung, und zwar das aromimische bidukl'u auch piduklu, dakorum. päduchiu, päduche „Laus", aus lat. peduculus (für pedi-cülus; Belege dafür bei Ov. Dens., Hist. 161). Die Erweichung des anlautenden Labials wurde durch die Stimmhaftigkeit des darauffolgenden Dentals hervorgerufen; arom. potedz = dako-rumänisches botez und meglenitisches batez „taufen", von lat. baptizo, -are. Die Verhärtung des anlautenden Labials will man dem Einflüsse des gleichbedeutenden albanesischen Wortes pakszoii zuschreiben. Genau wie bei biduklu für piduklu, wo eine fremde Einwirkung ausgeschlossen ist, verdankt pgtedz seinen stimmlosen Labial dem darauffolgenden stimmlosen Dental. Die anderen Beispiele werden einzeln besprochen. 1. Erweichung der Labialen. a) Anlaut. blastru, blestru, plastru und plastur „emplätre" russ. plastyrt, auch im poln. plastr und ngriech. fiJtldöTQc (Cihac 16; Tikt., Wb. 200). Die Erweichung erfolgte wohl wegen der Liquida 1. bleu, blef, piek (Weig., Jb. III, 313), pleu, bleu, plech, plef (Siebb.) (Borcia, Jb. X, 203) aus deutschem Blech, das mit stimmloser Lenis b gesprochen wird und daher von den Rumänen ebensogut als piek etc. wie als blef etc. aufgefaßt werden konnte. Dasselbe ist auch bei den Formen blai, blevais, plai, plavais und pleivas „Bleistift" (Weig., Jb. III, 313 u. 324) der Fall. boloboc und seltener poloboc „grand tonneau" stammt aus dem russ. polubocka „demi tonneau" (Cihac 24). Die Umwandlung des p zu b wurde durch Assimilation an das zweite b verursacht. Im Arom. begegnet ein Wort bontsg, „un vas de lut in care se face pläcintä", das auf das bulg. podnitsa zurückgeht. Die Synkope des i ist klar; aber das anlautende p zu b muß vor der Synkopierung also podnitso >> bodnitso (p an d assimiliert) und dann zu bontso geworden sein. broboadä, brobod, probodä, propodä, propoadä, „Kopftuch der Weiber", ist nicht, wie Tikt,, Wb. 225 glaubt, aus russ. probud^ hervorgegangen, sondern wie Weigand im Jb. 15, S. 168 nachgewiesen hat, aus big. pod-bräd -f esc > pobrodesc entstanden, woraus die Formen mit Erweichung durch r oder Metathese, aber auch solche mit Verhärtung durch Assimilation proboda > propodä hervorgegangen sind, dann die Weiterbildungen brobodelnic und propodelnic „Oberkleid, Mantel, Kopf binde". päduchiu, päduche und arom. piduklu und daneben biduklu „Laus", aus dem lat. peduc(u)lus, -um. Die Erweichung des anlautenden Labials wurde durch die Stimmhaftigkeit des darauffolgenden Dentals hervorgerufen. peltea und beltea, auch arom. piltee und s.-arom. bilde „eingedickter Fruchtsaft" aus big. resp. türk. pelte (Tikt., Wb. 176, Cihac 604). perdaf, arom. pirdaf und birdafe „eckt, lustre, repri-mande, admonestation" (Dame, Wb.) aus blg.-türk. perdäh, Weigand, XVII. 10 — 146 — — 147 — perdäht „lustre, pelissure" (Cihac 605), weist ein b für p durch Assimilation an d auf. perdea, arom. pirdee und s.-arom. birde „rideau, ecran" aus blg.-türk. perde (Cihac 605), zeigt auch ein b für p infolge von Assimilation an d. pestiman und arom. pistimali und bistimali „jupe, tabuer, cotte de paysanne" (Dame, Wb. 207). Es stammt aus big. pessimal, trk. pistümal, auch im Ngriech. pestemale. Die Erweichung würde sich vielleicht durch Satzsandhi erklären lassen: (in) m-pistimali ^> mbistimali >> bistimali, da im S.-Aromunischen die stimmlosen Explosivae nach n, m stimmhaft werden. peteala und betealä „Silberfäden" aus dem ngriech peläli „Blattgold"; auch im Slav. (Klr.) petala „lamina" (Tikt., Wb. 180). Die Erweichung ist durch Dissimilation erzeugt. podrum arom. budrum „Keller" (Weig., Jb. III, 324). Das Wort ist fast überall in den Balkansprachen verbreitet. Im Türk, podrum, budrum „lieu souterrain"; Ngriech. pudrumi, budrumi vom agriech. vjtoÖQOfirj „lieu de refuge" (Cihac 606). In allen Sprachen kommt es doppeiförmig vor; danach liegt im Rum. keine Erweichung vor. Neben pugunie im N.-Arom. begegnet im S.-Arom. auch bugunitso „Geburtsfest am dritten Abend nach der Geburt eines Kindes, und Geschenk am Hochzeitstag". Dem Ursprung nach ist das Wort griechisch „ajzoyovixLa von ajioyövog, daraus ist in Epirus boganikia und boganika geworden und im Albanesischen poganik, boganik in derselben Bedeutung (Gust. M., Wb. 346). Die Erweichung ist nicht aromunisch. b) Inlaut. arpagic, harpacica und arbagic, arbagicä (Näsäud) „Schnittlauch (Pantu, Plant. 9), Steckzwiebel, kleine getrocknete Zwiebel" aus blg.-türk. arpagyk (Tikt,, Wb. 98; Hasd., M. E. 1730). Die Erweichung des Labials erklärt sich durch den Einfluß der Liquiden (r) oder wahrscheinlicher durch Charakterassimilation an das folgende g. ceampara, geampara und geambara „Kastagnette" aus dem türk. cal-parä (Tikt,, Wb. 338). Der Nasallaut m hat hier vielleicht seinen Einfluß ausgeübt, oder es ist wie auch sonst bei türk. Elementen der unbestimmte Charakter der Konsonanten schuld. chibzuesc „erwägen, überlegen" aus dem magy. kepzelni „sich vorstellen, einbilden", b statt p ist durch die Stimmhaftigkeit des darauffolgenden z hervorgerufen worden. Neben dropie, drochie, clrofie begegnen auch drab, sdrob und drobitä (Bukowina) „Trappe" aus dem bulg. drop, droplja, auch im Serb. droplja (Cihac 102; Tikt,, Wb.). Offenbar liegt Beeinflussung durch drob, sdrob „Klumpen, Brocken" vor. jampita und jimbitä (auch japita, joapita, janchita und janghitä) „Vorrichtung (Wiederhaken) an der vorderen Deichsel, um nach rückwärts ziehen zu können" (Dame, Term. pop. 12). Die Etymologie des Wortes ist unbekannt. Die eventuelle Erweichung ist wieder dem Nasallaut (m) zuzuschreiben. Neben leopa „bouche, museau" kommt auch die Form leorbä vor (Dame, Wb. I, 274). Wie das r eingetreten ist, ist mir nicht klar; sicher ist, daß die Erweichung des p durch r hervorgerufen worden ist. Als Etymologie wird leopäesc aus dem slov. lapiti, lapniti „haper" lape „gueule" (Cihac 169) vorgeschlagen, besser paßt big. lapam, lopna. pupaza lautet im S.-Arom. neben pupzo auch pubzo „Wiedehopf". Die Umwandlung des p zu b wird durch z verursacht. subred „gebrechlich" geht, wie Weigand im 16. Jb. S. 78 nachgewiesen hat, auf big. supl -f- ed zurück, wobei Erweichung durch 1 resp. r verursacht wurde. templu (in der Bedeutung „iconostas") wird im S.-Arom. temblu gesprochen, also nach griechischer Lautregel, die auch für S.-Arom. gilt. 10* — 148 — 149 — 2. Verhärtung der Labialen. a) Anlaut. batalamä und patalama „Schein, Urkunde" aus blg.-trk. batalamä (Geroff) (Tikt., Wb. 164; Dame, Wb. 1904). Die Verhärtung des anlautenden b beruht auf Charakterassimilation an das darauffolgende t. bibilicä, bibiloaicä, bibiloiu und pipilicä (Mar., Ornit, II, 274). Im Big. und Serb. gibt es ein Wort biba „Truthenne, Perlhuhn". Die letzte Bedeutung haben auch die rumänischen Formen (Tikt., Wb. 181). Die Verhärtung läßt sich als Nachahmung des Piepsens dieser Vögel erklären. botez und arom. potedz „taufen", von lat. baptizo. Die Verhärtung des anlautenden Labials will man dem Einflüsse des gleichbedeutenden albanesischen Wortes pakfzon zuschreiben; es liegt aber eher Charakterassimilation von b an t vor. buzunar, busunar, pozunar und pusunar „Tasche" aus ngriech. buzunar a << ital. borsone (G.Meyer, Ngriech. Stud. IV, 73; Weig., Jb. III, 324; VII, 86; VIII, 317). Hier ist die Verhärtung durch die Verbalformen von „a pune": pus etc. („legen") hervorgerufen worden. Neben gropnita „Grabstätte, Gruft" kommt auch groh-nitä in derselben Bedeutung vor. Die letztere Form ist etymologisch gerechtfertigt, denn es kommt aus dem bulg. grob-nica. Die erstere ist durch Anlehnung an das rumänische Wort groapä entstanden (Tikt, Wb. 704). paur < „Bauer" für baur (Weig., Jb. III, 323), beruht auf der stimmlosen Lenis b des deutschen „Bauer". pocärai (f. plur.) „Naschwerk, Leckerbissen", aus dem deutschen Bäckerei. Hierher gehören auch andere aus dem Deutschen entlehnte Wörter, wie: ponvon < „Bahnwagen" (Weig., Jb. III, 324; Borcia, Jb. X, 203); picsä< „Büchse" (Borcia, Jb. X, 201; Weig., III, 323) und andere, deren scheinbare Verhärtung aus dem anlautenden Labiale des Deutschen stammt, dessen stimmloses b als p aufgefaßt wird. b) Inlaut. apsas < d. „Absatz" (Creangä, Oper, compl. V u. VI, 35; Borcia, Jb. X, 200) gesprochen „Apsatz". apsit daneben auch absit „Fabel, Zauberspruch", im Russ. auch so; im Bulg. lautet es basn ja, serb. basma. Die Erweichung ist durch die Stimmhaftigkeit des m hervorgerufen worden. basma und bazmä „kleines, in der Regel farbiges Tuch, Taschentuch, Halstuch, Tuch", aus dem blg.-türk. basma dass. ismä und izmä „mente" (Dame, Wb. 234 u. 241) wohl für jizmä aus a]jazmä (blg.-griech.). Im Arom. ghiazmä direkt aus dem Griechischen). lesne und lezne „leicht" (Tara Noastra II, 8, S. 69) aus dem big. adv. lesno. — 153 — posnä und pozna (posnas und poznas) „farce, mauvais tour" (Dame, Wb. III, 251) aus deutschem „Possen" >> posne; posnas „Possenreißer". Die Erweichung dieser vier Wörter ist durch die dialektische Stimmhaftigkeit des m resp. n hervorgerufen worden. odraslä, odrasklä und odrazlä „Sprößling" aus big. otrasl'i. (siehe Dentalen). slab, sklab und zlab „schwach, mager" aus big. slab^ (Weig., Ling. Atlas, Karte 64). släninä, skläninä und zläninä „Speck" aus big. slanina. slobod, sklobod und zlobod „frei" aus big. svoboden volkst. sloboden (Weig. ebend.); bei allen diesen Wörtern ist die Erweichung durch stimmh. 1 erzeugt. snop und znop „Garbe" (Weig., Kl. Walachei), aus big. snopx; (ebenso isnoava und iznoava S. 154). 2. Verhärtung von z. beznä und besnä „tiefe Finsternis, tiefer Abgrund", aus dem big. bez[d]na (Cihac 13). buzunar und b o su n a r (auch posunar und pusunar) aus dem ngriech. buzunara << it. borsone „Tasche", durch Anlehnung an das Part, pus von a pune (siehe oben Labiale). izbi und isbi (nur orthographisch) „heurter, frapper" (Dame, Wb. 240), aus dem big. izbivam, izbija. izbucni und isbucni (nur orthographisch) „eclater, faire explosion", aus dem big. izbuhvam, pf. izbuhna. izbuti und isbuti (orthographisch) „reussir, tourner bieu" aus big. izbutvam, pf. izbutam. izgoni und isgoni (orthographisch) „chasser, expulser, proscrire, fortjagen" (Dame, Wb. 233 u. 240), aus dem big. izgonvam, izgonja. izlaz und islaz „Gemeindeweide" aus dem big. u. serb. izlaz (Cihac 155). izmene und ismene Unterhose, s. Weigand Jb. XVI. — 154 — iznoava und isnoavä „de reclief, de nouveau, änouveau" (Dame, Wb. 241) aus dem big. iznovo (Cihac 218). izvod und isvod „modele, copie, catalogue" (Dame, Wb. 241), izvodesc und isvodesc „tracer, ima giner, inventer, vom ablg. izvoditi „educere, extrahiere", izvodnb „origo, exemplar" (Cihac 154), big. izvod (Gerov). indraznesc, indrasnesc, indraznealä und inclra-snealä, indraznet und indräsnet „audacieux, hardi, determine, temeraire, intrepide, resolu, entreprenant" (Dame, Wb. 172), aus dem big. dn&zna pf. „wage". izvor und isvor „source, origine" (Dame, Wb. 241), aus big. izvor. mazdrac und masdrac (orthographisch) „masse d'armes, gourdin" (Dame, Wb. 30 u. 40), aus blg.-tk. mazdrak. mizgä und misgä (gesprochen wird mit z), big. mi^zga „Pflanzensaft, Saft". näsbutie und näzbitä „drolerie, malice, espieglerie" (Dame, Wb. 93). Cihac (32) will es von ablg. buji, „insipidus, temerarius, crudelis, petulans" etc. ableiten, näher liegt klruss. zbutniti „mutwillig sein", butä „Stolz, Mutwille". pizmä und pismä „Neid" aus big. pizma „Neid", pizmja „beneiden", dieses aus gr. pisma. pozclerie, puzderie und posderie 1. „poussiere qui resulte du broyage du lin ou du chanvre; 2. grande quantite, foule, masse" (Dame, Wb. III, 251) aus mblg. posderije; big. pazder, pazder dass. praznic und prasnic „fete, grande fete d'eglise, repos funebre" (Dame, Wb. III, 261), aus big. prazdnik, praznik. Neben razäturä „Abschabsei" zu raz „Reibeisen" der üblichen Form, begegnet auch räsäturä „Hobelspahn", welches eine Bildung vom Part, ras von rad aus ist (Dame, Wb. 313). räzbi und räsbi „repousser, percer, penetrer" (Dame, Wb. 313) aus dem big. razbivam, razbija. räzlet und raslet „abgesondert, zerstreut" gehört zu raslätesc, raslatit zerstreut. räzlog und räslog „bois fendu qui sert ä former des — 155 — ^ palissades (Dame, Wb. 314), nicht aus magy. reszlog, sondern direkt aus blg.razlög „ Auseinanderlage" = Spaltung (Doritsch). räzmiritä und räsmiritä „rebeliion, revolution, revolte, (auch räzmiritä kommt vor) (Dame, Wb. 314) guerre", aus dem big. razmirica. E. Die Spiranten s und ]. Allgemeine Betrachtung über die Erweichung und Verhärtung. Die Spiranten s und j werden unter derselben Haupt-bedingung erweicht wie s und z. Die Assimilation an den folgenden stimmhaften Konsonanten ruft die meisten Erweichungen hervor. Sie geschieht im Anlaut, Inlaut und Auslaut. Die des An- und Inlauts hat denselben Charakter, und die im Auslaut unterscheidet sich von den anderen, da sie sich weder durch Assimilation, noch durch Suffixvertauschung erklären läßt. So z. B. Almas und Almaj, ein Ortsname im Banat. Die etymologisch richtige Form ist Almas (magy. Almas), die andere mit j ist eine Nebenform und läßt sich weder durch Dissimilation oder Assimilation, noch durch Suffixvertauschung erklären, da ein Suffix -aj nicht vorhanden ist. Die Verhärtung bietet der Erklärung Schwierigkeit; dieselben Konsonanten, welche die Erweichung hervorrufen, bewirken bei dem Spiranten j auch das Gegenteil. Z. B. crismä wird zu crijmä wegen des darauffolgenden m und peimä aus dem russ. pezma wird wieder wegen m zu pesma, was also notwendig auf dialektisch verschiedener Aussprache des m beruhen muß, das sowohl stimmhaft, wrie stimmlos gesprochen wird. 1. Erweichung von s. a) Anlaut, sugubinä und daneben dialektisch (Samoseh) jugubinä (WTeig., Jb. VI, 82), zeigt Charakterassimilation in der bekanntesten Form (vortonig). ( — 156 — suvitä und juvitä „bände etroite et longue, meche de cheveux, rayon de lumiere" (Dame, Wb. I, 253 u. II, 133), aus dem big. sevica „gestickte Figur, gewöhnlich am Halsstück eines Hemdes" (Romansky). Die Erweichung des s ist durch v erzeugt, wie im vorigen Worten. b) Inlaut. asisderea (nur orthographisch) und die übliche Form asijderea, adv. „ebenso, gleichfalls, desgleichen" aus asi + big. zde nach tako-zde. bälmäsesc und bälmäjesc „embrouiller, desorienter, tourner la tete" (Hasd., M. E. 3057). Die Etymologie ist magy. bälmos (balmos) „Käsebrei" (vgl. Weigand, Jb. XVI, 220). Die Nebenform bälmäjesc würde sich vielleicht aus Anlehnung an maj esc „wägen, abwägen" erklären lassen. broasbä (orthographisch) und broaj bä (Bot.) „Brassica napus" (Pantu, Plant, 26 u. 27) „Kohle, Steckrübe" (Brassica napus rapifera (Tikt,, Wb. 226), aus serb. broskva. chiusar und chiujar „Viehhändler", aus türk. gjus „Fleisch" '(Tikt., Wb. 347). Die Form mit j läßt sich vielleicht durch Einmischung anderer Wörter auf -jar erklären, oder weil s vor dem Ton erscheint. cocosneatä und cocojneata „verächtlich" für „cocoanä" „Dame" (tikt,,'Wb. 381 u. 384).' s zu j vor n. circiumä, cirsmä und crisniä, crijmä „Wirtshaus" aus big. krrLÖma, kircma. cusmä und cujmä auch cucimä „Pelzmütze, Decke aus Ziegenwolle" (Weig., Jb. III, 319). Die letzte Form ist die ursprüngliche, denn sie stammt aus magy. kucsma, woraus cusmä > cujmä. dusman und dujman „Feind" aus dem big. resp. türk. dusman; die erweichte Form läßt sich wie crijmä und cujmä erklären. fojgäi und foscälui scheinen zueinander zu gehören „krabbeln, kriechen" (von durcheinanderkriechenden Tieren, wie Würmer und Schlangen). Etym. unbekannt (Tikt,, Wb. 641). — 157 — mosdeiu, musdeiu und mujdeiu „aillade, met prepare avec de l'ail, de l'huile et du vinaigre" von „must de aiu" gebildet (Sain., Wb. 258). pajiste „Weide" stammt aus big. pasiste. Die rumänische Form beruht vielleicht auf Dissimilation des ersten von dem darauffolgenden s. vätäsel und vätajel „Brautführer". Es geht auf das kleinruss. vatah, vatacko „praefectus pastoribus" (Cihac 451) zurück. Die erste Form ist eine Diminutivbildung mit dem Suffix -el. Der Grund der Erweichung ist unklar. Stellung vor dem Ton und stimmhaften 1 kann die Ursache gewesen sein. c) Auslaut. Almas und Almaj „Ortsname im Banat, auch in Dolj und Neamt (Hasd., M. E. 304; Diction. geograf. r. 59—62). agris und agrij „Stachelbeere", aus dem magy. egres; auch im weißruss. agris. balmos, balmus, balmäs, balmes und balmäj, aus magy. bälmos (Hasd.' M. E. 2387; Tikt., Wb. 149; Weigand, Jb. XVI, 220). Blas und Blaj (Bläjel) „Blasendorf" (Stadt in Siebenb.). Lugos und Lugoj (Weig.) (Lugojan) „Lugosch" (Stadt im Banat). räbüs und räböj „Kerbholz" aus big. rabös. sträcos und stäcoj „Hummer, Seekrebs". Eine Weiterbildung ist stäcoj iu „scharlachrot". Säineanu (Wb. 366) will es aus dem ngriech. äövaxog ableiten. 2. Verhärtung von j. cujnitä und cusnitä „Schmiedeesse" (Herd des Schmiedes), aus poln. kuznica; russ. kuznica. Die Verhärtung ist durch die Stimmlosigkeit des n hervorgerufen worden. gälbajoarä und gälbäsoara (cälbäsoarä und cälbe-zoarä) „Egelkraut", aus gälbeazä (Tikt., Wb. 347). Die — 158 — — 159 zweite Form erklärt sich durch Einmischung des Suffixes -soarä (-sor). (Siehe Guttur S. 33.) hajmä und hasmä (Bot.) „Schalotte" (Allium ascolo-nicum), aus magy. hagyma (Säin. Wb.). jder und sder „Marder" (Dame, Wb. IV, 45; Cihac 157), aus serb. zdero „Vielfraß"; s ist lediglich Schreibung, gesprochen wird nur j. jneapän und sneapän „Wachholder" aus juneapän, arom. dzuneapin (lat. juniperus). Das s ist meist Schreibung, in Weigands Dialektuntersuchungen in den verschiedenen Jahresberichten, finden sich ausschließlich Formen mit z, z, doch ist auch sneapän recht gut möglich, wenigstens in wala-chischen und mold. Dialekten. pejmä und pesmä (Bot.) „ambrette" (Dame, Wb.), aus magy. pezsma (Cihac 250); im Russ. lautet es pizma, pol. pizmo <<; deutsch Bisam. posiuji und poslusi „servir", dann poslujnic und poslusnic „serviteur" (Dame, Wb. III, 251). Die erste Form stammt aus dem big. po-sluza (von sluza „dienen"); die zweite aus dem big. po-slusam (slusam „gehorchen, folgen"), posiusnik „Klosterdiener" (Romansky). rujä und rusä (Bot.) „Rose (Siebb.), Rosenwurz" (Pantu, Plant, 244) aus big. ruza, Die Nebenform rusä läßt sich vielleicht durch Anlehnung an die zahlreichen Ableitungen auf -usä: mätusä, päpusä etc. erklären. vräjmas und vräsmas „Feind" Ableitung von vrajbä, das aus mblg. vrazba „Feindschaft" stammt. Die zweite Form ist durch die Stimmlosigkeit des m (dialektisch) erzeugt. F. Affricatae t (ts) und (dz). Es kommen noch einige Beispiele vor, in denen die stimmlose Affricata ts in die entsprechende stimmhafte dz resp. modern z übergeht und umgekehrt. Die Beispiele der zweiten Gruppe beruhen meist auf Suffixvertauschung. 1. ts ^> dz. brinzä „Käse" ist nach Weigand, Jb. XVI, 220 auf *brancia > brintsä zurückzuführen. Die Erweichung ist durch n verursacht, gerade so wie im folgenden Worte. malafranzä neben malafrantä „Syphilis" (letztere nur im Arom. neben malafrandzä üblich) aus dem ngriech. malafrantsa (< ital. mal francese); im Alban, lautet es auch malafrantse (G. Meyer, Ngr. Stud. IV, 47). cf. rinzä p. 152, 2. dz > ts. osinzä neben osintä, arom. usiindzo (Dame. Wb.); aus lat. axungia (G. Meyer, Ngr. Stud. III, 11°; Alb. Wb. 19). grundz neben grünt aus magy. garangya (siehe darüber Weigand, Jb. XVI, 224). cäcäreadza, cäcäreaza und cäcäraza daneben arom. kokoradzo, kokoratso und gogoratso „Kot von Schafen, Ziegen" (Tikt., Wb. 252). kopprleadzo und kpporleatso „Ziegenstall" („loc unde dorm caprele", Dalam. Wb.). purkoreadzo und purkoreatso „Schweinestall" („un cotet de porci, loc murdar", Dal. Wb.). vokoreadzo und daneben vokoreatso „Kuhstall" („staul de boi si vaci", Dalam. Wb.). (Für alle diese Beispiele siehe Capidan, Jb. XV, 40). IL Teil. Allgemeine Betrachtungen und Darlegung der Prinzipien. Wenn wir nun versuchen, die bei der Untersuchung der einzelnen Wörter im vorigen Abschnitte gefundenen Ursachen der Erweichung resp. Verhärtung zusammenzufassen, so können wir die folgenden hervorheben. Bei manchen Wörtern bleibt es zweifelhaft, ob nicht gleichzeitig mehrere Ursachen gewirkt — 160 — haben; die Zahl derjenigen, bei der sich gar keine Erklärung geben läßt, ist sehr gering. Charakterassimilation. Ich beginne mit der Charakterassimilation, weil sich gerade hier eine gewisse Regelmäßigkeit zeigt, und zwar nicht nur a) bei unmittelbarer Berührung, sondern auch b) bei der Fernwirkung. a) Assimilation bei unmittelbarer Berührung. Der nachfolgende Konsonant assimiliert sich den vorausgehenden in seinem Charakter, ist er stimmhaft, so wird der vorausgehende stimmlose erweicht, ist er stimmlos, so wird auch der vorausgehende stimmlos, wenn er vor dem Zusammentritt stimmhaft war. Dies tritt in vollem Umfange ein vor den Explosiven b, d, g resp. p, t, c und man darf sich nicht durch die Schreibung täuschen lassen, denn man schreibt zwar sb, sg, sd, aber gesprochen wird in allen dakorum. Dialekten nur zb, zg, zd usw. z. B. isbi — izbi, isbucni — izbucni, isbuti — izbuti, isgoni — izgoni, masdrac — mazdrac, misgä — mizga, nasbutie — nazbutie, posderie — pozderie, räsbi — räzbi, asisderea — asij-derea, broasbä — broajbä, sder — jder, mosdeiu — mojdeiu. Vor den Nasalen m und n ist die Behandlung nicht gleich. Vor m verhalten sich die Dialekte verschieden, raeist ist es stimmhaft und verlangt einen stimmhaften Laut vor sich, also cujmä, crijmä aber auch cusmä und crismä, wobei allerdings s meist als stimmlose Lenis zu sprechen ist. Bei n ist die stimmlose Aussprache häufiger als bei m, daher findet sich auch Verhärtung, snop ist die verbreitetste Aussprache, dann kommt znop (mit stimmloser Lenis) und schließlich auch znop (mit stimmhaftem z und n). Erweichung: i sm > zm. basm und bazm, basma und bazma, ismä und izmä. — 161 — sm > jm. crismä und crijmä, cusmä und cujmä, dusman und dujman. sn ^> zn. lesne und lezne, posnä und poznä. sn > jn. cocosneatä und cocojneatä. Erweichung kann aber auch hervorgerufen werden durch m und n, indem sie auf den folgenden Konsonanten einwirken: balancä und balangä, bäläncani und balangai, cioflicar, ciofle(i)ngar (auch ciofle(i)gar), cläncäi und clangäi, junc und ar. dzungu, oblinc und obltng (sl.), pärinc und päring (lat. panicum), icni und igni, jicnicer und jignicer, räcni und rägni, sucnä und sugnä, sucnitä und sugnitä, ticni und tigni, vracnitä, vramnitä und vranita (über vragnita), zäticni und zätigni. Verhärtung findet sich häufig: zm> sm. lzmene und ismene, pizmä und pismä, räzmiritä und räsmi-ritä, podmoli und potmoli. wie: zl >> sl. izlaz und islaz, räzlet und räslet, räzlog und räslog. jm > sm. hajmä und hasmä, pejmä und pesmä, vräjmas und vräsmas. zn > sn. beznä und besnä, iznoavä und isnoavä, indräznesc und indräsnesc. jn>sn. cujnitä und cusnitä. ^ Bei den Liquiden 1, r besteht besonders bei r die Neigung die Stimmhaftigkeit auf den vorausgehenden Konsonanten auszudehnen, bei 1 ist das weniger der Fall, ja die Weigand XVII. H — 162 — Gruppen dl, tl, gl, cl können in Erbwörtern gar nicht bestehen, da sie zu gl, cl resp. dann zu ghi, chi wurden. Aber die Verbindung sl (mit stimmloser Lenis) sehen wir nur auf kleinem Gebiete in der Kl. Walachei (siehe Weigand, Atlas, Karte Nr. 64) zu zl (mit stimmh. z und 1) erweichen. Auf dem Gebiete, wo wirklich energisches stimmloses s gesprochen wurde, hat sich ein anaptyktisches k eingeschoben, also sklab, sklobod, odrasklä, skläninä, was ebenfalls in Weigands Atlas, Karte 64 zu sehen ist. er > gr. creapa und greapa, creier und greier, cripta und griptä, critar und gritar, amacru und amagru, lucru > lugrie lugurie, scriptu ^> sgriptena und gripsana. tr > dr. otraskb ^> odraslä, Sämetru ^> Sämedru (sint Dimitru). pr ^> br. proboadä und broboadä, leopä und leorbä, arpagic und arbagic. pl>bl. plastru und blastru, pleu, plef und bleu, blef. cl > gl. clistir und glistir, eclejiä und glajä, klotse und glotso, picla und pigla, tucluiu und tuguiu. aber: izlaz und islaz, räzlet und räslet, räzlog und räslog. Erbwörter. kloako, gloago und ghioagä chibzuesc, pupäzä > ar. pubza) und j (batjocurä ^> badgiocurä ^> bajocurä) können natürlich nur stimmhafte Laute stehen, v dagegen duldet auch stimmlose, [doch ist zu bemerken, daß slav. sv (v stimmlos) zu sf wurde, also mit Assimilierung des nachfolgenden an den voraus- gehenden Konsonanten, was sonst ganz ungewöhnlich ist z. B. svetü > sfint, aber in Siebenbürgen swint (mit stimmlosem bilabialen w), svada >> sfadä] titvä neben tidvä; isvor (wohl nur orthographisch) neben izvor; isvod neben izvod. b) Charakterassimilation als Fernwirkung. Zu der zuerst von Prof. Weigand aufgestellten Lautregel, daß von zwei vortonigen Vokalen der eine dem anderen assimiliert wird, was Storch in seiner Arbeit im Jb. VII, 104 näher ausgeführt hat z. B. cäletor zu cälätor, also nach Schema a b L > a a L oder auch b b L, findet sich eine parallele Erscheinung auch bei den Konsonanten, da bei zwei vortonigen Silben Erweichung resp. Verhärtung eintreten kann. ar. tartabik und dardabik, taradajka > daradaicä, taraban > daraban, poloboc und boloboc, sugubinä und jugubinä, cabrioletä und gabrioletä, Kolophonium >> galafond, magy. alkodni > aleätui, codobaturä, cotobatura, ar. kutrubatro, prundaras und pruntaras. (arpagic ^> arbagic?) Doch zeigt die folgende Liste, daß auch bei Wörtern mit einer vortonigen Silbe Erweichung eintreten kann. Seltener ist die Erhärtung wie bei arom. potedzu (dr. botez, bätez). päduchiu > ar. biduklu, sl. podnica ^> *bodnitso > s.-ar. bontso, perdaf >> ar. birdafe, perdea ^> ar. birde, podrum > ar. budrumi, ar. pugunie und bugonitso culasträ und gulasträ, carafä und garafä, cirbaciu und girbaciu, cobae und gobae, coblizan und goblizan, cogeamite und gogeamite, cogllt und gogilt, (cocoli und gogoli), (cocolos und gogolos), suvitä und juvitä. (räzes <^ reszes ?) Dialektische Erweichung von s, s und c (ts). Es besteht in dakorumänischen Dialekten die Neigung, s im Auslaut als stimmlose Lenis zu sprechen; da nun j im Auslaut auch als stimmlose Lenis gesprochen wird, werden auch die Ableitungen wie bei letzterem stimmhaft. Dasselbe geschieht mit s und c (ts): 11* — 164 — l — 165 — Almas und Almaj (Almäjan), agris und agrij (auch acris ciorobor (an boare), cae, cäila und gae, gaie (an gaita), kukutsu und gugutsu (an gugutse), cara-caxä und caragatä (an gae, gaita), ceampara und geampara (auch geambara) (an geam), ceantä und geantä (an geamandan), deretica (lat. directicare) und deredica (an rädica, ridica), dropie und drobitä (an drob, zdrob), rotocolesc und rosto-golesc (an golesc), lit. räkas ^> rägaz (an zägaz), Tichindeal an deal. Verhärtung. bodnar und butnar (an bute), buzunar und pusunar (an pus, von a pune), coboc und copoc (an cupä oder Assimih), cobuz, cäpuz und cäpus (an cap), ablg. dedina > datinä (an dat, von da), grobnitä und gropnitä (an groapä), räzäturä und räsätura (an ras, von rade). Lautliche Analogiebildungen. Ich kann nur ein Beispiel anführen, in dem wir sehen, daß ein häufiger Auslaut, der nicht Suffix ist, analogisch gewirkt hat, das ist altrum. invinc, invinc, neurum. inving nach pling, ling, sting, also eine morphologische Erscheinung, denn Wörter wie inting statt intind, purceg statt purced, ucig statt ucid gehören ja nicht hierher, wenn es sich auch im Grunde um denselben Vorgang handelt. Dissimilation. Durch Dissimilation entstandene Bildungen sind überaus selten und es ist fraglich, ob die folgenden sich als solche erklären lassen. bandä und bantä, geambas und tsambas (arom.), giumbus und tsumbuze (arom.), big. pasisfe > pajiste. Lautmalend mit verschiedener Auffassung des Schalles bibi oder pipi zeigte sich in bibilicä und pipilicä. Suffixvertauschung. t Die meisten Fälle der Erweichung resp. Verhärtung sind durch Suffixvertauschung entstanden. ac > ag, resp. acä ^> agä. > bältac und bältag, big. bricak >> briceag, Bugeac und Bugeag, chisleac und chisleag, cionac und cionag, ciormoiac und ciormoiag, colceac und colceag, gäzdac und gäzdag, haräc und harag, ogeac und ogeag, pästränac und pästränog (für pastränag), sl. pesak ^> pesag, taptalacä und taptalagä. J ec > eg. vitricus ^> vitreg, mucegaiu, putregaiu. i ic ^> ig resp. icä ^> igä. antonicä und antonigä, aprig << apricus, -a, um, artic und j artig, Avric und Avrig, cäricä und cärigä, fericä, feariko und ferigä, furnica und furniga, ofticä und oftigä, masticä und mästigä, micä und migä, tälpicä und tälpigä, scäricä und scärigä. oc^>og resp. oacä>oagä. :9 bältoaca und bältoagä, circioc und circiog, chesoacä und chesoagä, cotoc und cotog, mincioc und minciog, sfrancioc und sfranciog, stoc und stog. — 166 — uc > ug resp. ucä > ugä. butuc und butug, läptucä und läptugä, tävälucundtävälug. Durch Suffixvertauschung sind auch folgende Wörter entstanden: buged und buget, corcodinä und corcotinä, suleget < sublicidus, treapäd und treapät. Fremde Elemente verschiedenen Ursprungs. Es sind sehr viele Fremdwörter im Rumänischen, die Erweichung resp. Verhärtung aufweisen, wobei auch die lautlich falsche Auffassung der betreffenden Wörter in Betracht kommt. Das Türkische zeigt vielfach Wechsel zwischen stimmhaften und stimmlosen Laut, ebenso wie im Ungarischen ist die Energie der Artikulation bei der Tenuis und Media wenig verschieden, daher die Doppelformen oder vielleicht nur Doppelschreibungen im Türkischen selbst, um wieviel mehr in den Sprachen, die daraus entliehen haben. Die Entlehnungen aus dem Deutschen werden wie (dialektisch) im Deutschen ausgesprochen, z. B. der Anlaut b als stimmlose Lenis, die im Rumänischen als p aufgefaßt wird. Im Auslaut ist ja allgemein im Deutschen Verhärtung eingetreten, wenn auch die Schrift Media zeigt. Erweichung. ch (K) > gh (g). chebe und ghebä (türk.), chihoarä und ghihoarä (auch zghihoarä), duchianä und dughianä (auch dugane) (türk.), deutsch Henker > hingher, renchiu und renghiu (ngr.). t > d. tamazllc und dumuzluke (türk.), tulbent und dulbent (türk.), peltea und arom. pilte und bilde (türk.), cruciatä und cruciadä, deutsch Viertel ^> ferdela (vielleicht schon dial. im Deutschen ferdel?). — 167 — Verhärtung. d> t. dantelä (frz.) und arom. tantelo (ngr.), feldmarsal und felt-masar (deutsch), geamandan und geamantan (türk.), russ. lodka > lutea, big. podkap (=pot-) >potcap, big. podkova (=pot-) ^> poteovi, bandä und bantä, cadaif und cataif (türk.), cadi und cati (türk.), cäpitan (it. fr.) und kapidan (ngr.), credä, cridä und cretä, fald und falt (deutsch), faldur und faltur (deutsch), gäzduesc und gostosk (ung. und big.), pandalie und pantalie (ngr.?), alivanda und alivanta, absid und opsit « d. Abschied); gerid und gerit, giret (türk.), pund und punt « d. Pfund), sod und sot (deutsch), d. Trinkgeld >> tringhelt. b>p. d. Absatz > apsas, d. Abschied > apsit, d. Bauer > paur, d. Bäckerei > poeäräi, d. Bahnwagen > ponvon, d. Büchse > piesä, batalamä und patalama, diblä (big.) und diplä (serb.), türk. habsin >> hapsln, obor und opor, d. Schuhbändel >> supertol, trumbedä und trumpeta, trompetä, d. Schub > supä, surub und surup « d. Schraube). Schlußbemerkung. Ich weiß wohl, daß es mir nicht gelungen ist, das ganze Material, das hierher gehört, zu sammeln, denn es gibt noch sehr viele Wörter, deren Etymologie unbekannt ist, die also auch in meiner Untersuchung, falls nicht Doppelformen vorkamen, überhaupt nicht erwähnt werden konnten; auch gibt es gewiß noch eine Menge dialektischer Wörter, die hier zu besprechen wären, die mir aber unbekannt geblieben sind. Es kam mir auch nicht so sehr darauf an, ein möglichst reiches Material herbeizuschaffen, als an einem sicheren Mate-riale zu zeigen, welches die Ursachen von Erweichung resp. Verhärtung gewesen sein können. Und da sehen wir, daß in erster Linie die Assimilation im weitesten Sinne und zwar — 168 — nicht nur die rein lautliche (die Charakterassimilation), sondern auch die semasiologische (Angleichung an sinnyerwandte Wörter) und formale (Suffixvertauschung) die größte Rolle dabei spielt, während dem gegenüber die Dissimilation so gut wie gar nicht in Betracht kommt. Bei der Charakterassimilation zeigt sich in einem Falle die starke Neigung die zwei Anlaute vortoniger Silben zu assimilieren wie patalama aus padalama (S. 148) oder in geringerem Grade bei einer Vorsilbe (arom. biduklu aus piduklu), was hervorgehoben zu werden verdient, weil es eine Parallele zur Vokalharmonie bildet, wo es sich fast zur Regel ausgebildet hat, während alle übrigen Erscheinungen eintreten oder auch unterbleiben können (cf. S. 163). Außerdem möchte ich hervorheben, daß die lateinischen Elemente gegenüber den fremden nur in geringem Umfange beteiligt sind, und zwar meist da, wo bereits im Lateinischen selbst resp. im Vulgärlateinischen der Anfang gemacht war, nämlich bei den Gutturalen c ^> g, eine Erscheinung, die möglicherweise schon in der vorklassischen Periode ihre Wurzel hat. Immerhin findet sich auch bei lat. Elementen Erweichung. Benutzte Werke und Abkürzungen. Alb. = Albanesisch. Alexi T., Rumän.-deutsches Wörterbuch, Kronstadt 1906. altb., ablg. = altbulgarisch, arom. = aromunisch. big. = bulgarisch. Cihac, A.; Dictionnaire d'etymologie daco-romane, Frankfurt a/M. 1879. Conv. Lit. = Convorbiri Literare XXIX u. XXXVIII, Bucuresti. Creangä, I., Opere complecte V u. VI „Biblioteca pentru toti". Dalametra, I., Dictionar Macedo-romän, Bucur. 1906. Dame, Fr,, Dictionnaire roumain-fran^ais, Bucur. 1893. Dame, Fr., Terminologie poporalä, Bucur. 1898. Dal, VI., Russisches Wörterbuch, 1905. — 169 — Densusianu, 0., Histoire de la langue roumaine, Paris 1901. Dict. geogr. r. = Dictionar geografic roman, Bucur. Gero ff, Bulgarisches Wörterbuch (Recnik na b'ilgarski jezik), Philippopel 1895 ff. Hasdeu, Et. Mag. = Etymologicum Magnum, Bucur. 1887. Jb. = Jahresbericht des Instituts für rumänische Sprache, istr. = istrorumänisch. klr. = kleinrussisch. Kl. Wal. = Kleine Walachei. Löbel, Th. D., Elemente turcesti, aräbesti si persane in limba rominä, Leipzig 1894. magy. = magyarisch. Marian, S. Fl., Insectele in limba, credintele si obiceiurile Romänilor, Bucur. 1903. Marian, S. FL, Ornit. = Ornitologia poporanä romänä I u. II, Cernäuti 1883. Mändrescu, Elem. ung. = Elementele unguresti in 1. romänä, Bucur. mblg. = mittelbulgarisch. Megl. = Meglen. Meyer, G., Alb. Wb. = Etymologisches Wb. der alban. Sprache. Meyer, G., Ngr. Studien, Straßburg 1891. Meyer-Lübke, Rom. Gram. = Romanische Grammatik I u. II B. Miklosich, Etym. Wb. = Etymologisches Wb. der slavischen Sprachen, Wien 1886. N.-arom. = Nordaromunisch. Ngr. = Neugriechisch. Olymp. Wal. = Weigand, Die Sprache der Olympo-Walachen, Leipzig 1888. Pusc, Wb. = Puscariu, Etymologisches Wb. der rum. Sprache, Heidelberg 1905. Pusc, Acad. Wb. = Puscariu, Dictionarul limbii romäne (al Academiei), Bucur. 1907 ff. pol. == polnisch. Pantu, Plant. = Pantu, Plantele cunoscute de poporul roman, Bucur. 1906. — 170 — — 171 — russ. = russisch. Säin., "Wb. == Säineanu, Dictionar romäno-german, Bucur. 1889. S.-arom. = Südaromunisch. Schuchardt, Der Vokalismus des Vulgärlateins, Leipzig 1866/68. Schuchardt, H., Romanische Etymologien II. Seelmann, E., Die Aussprache des Lateins, Heilbronn 1885. serb. = serbisch. Siebb. = Siebenbürgen. Sim. u. Balas. = Simonyi und Balassa, Deutsch-ungar. Wb. Budap. 1899. Stoltz, Historische Gram, der lat. Sprache, Leipzig 1895 ff. Tara Noasträ II, 8, Sibiiu. Tikt,, Wb. = Tiktin, Rum.-deutsches Wb., Bukarest 1903 ff. Viata Rom. = Viata Romäneascä, III, 3, Iasi. Viciu, glos. dial. = Viciu, Glosar dialectal, Blaj. Vollmöller, Kritischer Jahresbericht, Erlangen 1904. Weig., Rum. u. Arom. = Weigand, Rumänen und Aromunen in Bulgarien. Zelechowski u. Niedzielski, Ruthenisch-deutsches Wb., Lemberg 1886. Verzeichnis der im ersten Teile besprochenen Wörter. a i antonicä, antonigä 127 absid, apsit 142, 149 | aprig 127 acat, agat 124 | apsas 149 agris, agres, acris, agrij 131,157 j arbagic, arpacicä, harpacicäl33, agud, agut 142 | 146 aitäu, aidäu 136 j armic, armig 127 alcätui 138 artic, artig 127 alivanda, alivanta 142 arustugulesku 125 Almas, Almaj 157 ' asisderea, asijderea 156 amacru, amagru 116 Avric. Avrig 128 amantä, amandä 136 j b : baciu, bagiu 130 bade, bäditä, botso 136 - bageac, bageag 125 balancä, balangä 119 bälancäni, bälängäi 120 bälmäsesc, bälmäjesc 156 balmos, balmäs, balmäj 157 bältac, baltag 125 baltäcel, bältägel 130 bältoacä, bältoagä 129 bandä, bantä 141 basm, bazm, basn, bazn 152 basma, bazma 152 batalamä, patalama 148 batjocurä, badjocurä 136 beteala, petealä 146 beznä, besnä 153 bibilicä, pipilicä 148 biduklu 144 Blaj, Blas 157 blastru, plastru 144 bleu, blef, pleu, plef 145 bodnar, butnar 139 bojoci, bojogi 130 boloboc, poloboc 145 bontso 145 botez, potedz 144, 148 briceag 125 brinzä 159 briscälit, priscälit 73 broasbä, broajbä 156 broboadä, probodä, propodä 145 Bugeac, Bugeag 125 buged, buget 130, 142 butascä, budascä 134 j butuc, butug 129 | buzumfla, bu(o)sumfla 152 i buzunar, pusunar 148 153 j cabrioletä, gabrioletä 121 I cäcareazä, -dzä, cäcärazä 159 j cadaif, cataif 134, 141 | cadi, cati 141 I cafaz, -as 151 I caie, cäile, gaie 121 | cämilä, gomilo 122 ! cange, cance 133 | cäpitan, kapidan 134, 141 ! caracaxä, caragatä 125 I carafä, garafä 122 I cäricä, cärigä 128 cäscäund, cäscäunt 142 ceampara, geampara, geambara 130, 147 ceantä, geantä 130 cercevea, ciurciuvea, giurgiuvea 130 chebe, ghebä 116 chesoacä, chesoagä 129 chibzuesc 147 chihoarä, ghihoarä, zghihoarä 116 chisleac, chisleag 126 chiusar, chiujar 156 cimber, dzimber 130 cinepä 149 cioflengar 120 cionac, cionag 126 ciormoiac, ciormoiag 126 ciorobor 149 — 172 -— cirbaciü 122 circioc, circiog 129 circiuma, eirsmä, crijmä 156 clängäi, cläncäi 120 clistir, glistir 117 cobae, gobae 122 coblizan, goblizan 122 coboc, copoc 149 cobuz, cäpuz, cäpuz, cäpus 149 cocoase, gogoase 123 cocolos, gogolos; cocoli, guguli 123 3 cocosneatä, cocojneatä 156 codcodac, cotcodac 139 codobaturä, cotorobatura 139 cogeamite, gogeamite 122 cogilt, gogilt 122 coji, goji 123 colceac, colceag 126 concediu, congediu 131 corcodinä, corcotinä 139 cotoc, cotog 129 cozondraci 136 cracä, creangä 131 creapa, greapo 115 ereier, greier 116 eretä, cridä 141 crijmä, crismä 155, 156 criptä, griptä 116 critar, gritar 116 cruciatä 136 cucimä 156 cujbä 131 cujnitä, cusnitä 157 curasträ, culastra, gulastro 123 cusmä, cujmä, cucimä 156 damaslulfe 135 o dantelä, tantelo 138 darabanä 135 daradaica 135 datinä, dedinä 139 deretica, deredica 137 desagä, tisago 138 diplä, diblä 149 dobä, tobä 139 dropie, drob, drobitä 147 ducheanä, dugheanä 116 duclui, tutui 138 dusman, du j man 156 dzado 134 eclejiä, glajä 117 fald, faldur, falt, faltur 141 feldmarsal, feltmasar 139 fercheteu 132 ferdela, ferdalä 137 fericä, ferigä, feariko 128 fifiric, fifirig 128 fionc, fionof 132 foscalui, fojgai 156 funicel, funigel 131 funigei 131 furnica, furniga 128 gae, cae, cäilä 121 galafond 123 gälbäjoarä, gälbäsoarä 157 — 173 gälbeazä, cälbazä, chelbeazä, golbadzo 123, 157 gäun 124 gaurä 123 gäzdac, gäzdag 126 gäzduesc, gostosk 141 - geamandan, geamantan 130, 139 geambas, tsambas 130, 133 ^ geandir, tsidure 130 \ gerid, gerit 142 ghioacä, ghioace, gäoace 118 ghioagä, gloago, kloako 117 < gimt, cimt 130 • glrbaciu, cirbaciü, kurbatse 122 giumbus, tsumbuze 133 glovat, clovat 132 gobae 122 gogoli, cocoli 123 gornist 132 gras 115 grätar 115 gratie 115 greapä 115 gropnitä, grobnitä 148 grundz, grünt 159 gutuie 124 hajmä, hasmä 158 hapsin 149 harac, harag 126 hingher, hincher 117 horbot 143 icni, igni 118 incälat, ingälat 132 indräsnesc, indräznesc 154 inving, invinc, invinc 121 isbi, izbi 153 isbucni, izbucni 153 isbuti, izbuti 153 isgoni, izgoni 153 islaz, izlaz 153 ismä, izmä 152 ismene, izmene 153 isnoava, iznoava 154 isola, izola 151 isvod, izvod 154 isvor, izvor 151 jampitä, jimbitä 147 jder, sder 158 jicnicer, jignicer 118 jneapän, sneapän, dzuneapine 158 junc, dzungu 121 klotse, glotso 118 k9isono> goisono 124 koporleadzo, -eatso 159 kostone, gostofle 124 kukutsu, gugutsu 124 1 laptucä, laptuga 129 leopä, leorbä 147 lesne, lezne 152 — 174 — levand, -t 142 linged, linced, kmdzit 133, 142 Lugoj, Lugos 157 lugurie, lucru 9, 105 lutea 140 m rnalafranza, malafranta 159 mästicä, mästigä 128 mazdrac, masdrac 154 mica, migä 128 mince, minge 131 mincioc, minciog 129 mizgä, misgä 154 molid, molift 142 mosdeiu. musdeiu, mujdeiu 157 mueegaiu 127 Ii nasälie, näzälie 152 näting, nätinetoe 132 nazbitä, näsbutie 154 nazdrävan, nasdravan 0 obline, obling 121 obod, obot 143 obor, obär, ubär, opor 150 odgon, otgon 137 odrazlä, odrasklä 137, 153 ofticä, oftigä 128 ogeac, ogeag 126 omag, omeag, omiac 132 osinzä, osinta. usundzo 159 oväs, oväz 151 P päduchiu, päduche, piduklu, biduklu 144, 145 pajiste 157 pandalie, pantalie 142 pärinc, päring 121 päringä, päring, pärinc 132 partid, partit 143 pästränag, pästränac 126 paur 148 pejmä, pesmä 155, 158 peltea, beltea 145 perdaf, birdafi 145 perdea, birde 146 pesag 126 ! pestiman, pistimali, bistimali ! 146 petealä 146 piclä, piglä 118 piesä 148 pizmä, pismä 154 plaivais, blei 145 pocäräi 148 podgorie, potgorie 137 podmoli, potmoli 140 podrum, budrumi 146 ponvon 148 posadnicä, posatnicä 142 posluji, -si 158 posnä, poznä 151, 153 potascä 136 poteap 140 poteovi 140 pozderie, pusderie 154 praznic, prasnic 154 prundäras, -täras 140 — 175 — pugunie, bugunitso 146 pund, -t 143 pupäzä, pubzä 147 purkoreadzo, -tso 159 pusunar 148 putregai 127 räbus, räboj 157 räcni, rägni 118 rägaz 125 räpac, räpäg 126 räspincea, räspingea 131 rästigni, rästieni 132 räzäturä, räsäturä 154 räzbi, räsbi 154 räzes 152 3 räzlet, räslet 154 räzlog, räsloc 132, 154 räz-, rasmiritä 155 renchiu, renghiu 117 rlnzä 152 rotocolesc, rostogolesc 125 rudä 137 rujä, rusa 158 s salatä, saladä 137 scäricä, scärigä 128 sfrancioc, sfranciog 129 sgriptäna, gripsäna, scriptu 116 Simedru 137 slab, sklab, zlab 153 släninä, sklänina, zläninä 153 slobod, sklobod, zlobod 153 snop, znop 153, 160 stälog, stalonc 133 sticlete, stiglete 133 stog, stoc 129 sträcoj, sträcos 157 strancioc 129 subtire, suptire 150 sucnä, sugnä 118 suleget, suleagedu 143 sumedenie, sumetenie 140 sod, sot 143 3 7 3 stiup 150 subred 147 3 sugubinä, jugubinä 155 supä, 150 supertol 150 surub, surup 150 suvitä, juvitä 156 tagmä, taemä 133 tälpicä, tälpigä 128 tamazlic, dumuzluke 135 taptalaga, taptalacä 126 tarabanä, darabanä 135 tärgoli, a se 125 tartabik, dardabik 135 taün, daüne 135 täväluc, tävälug, välätuc 129 templu, temblu 147 tienafes, tignafes 119 tieni, tigni 119 tievä, tigvä, titvä, tidvä 119, 138 tobä, dobä 135 i — 176 — tracioc 129 treapäd, treapat 143 tringelt 143 trumpeta, trumbedä 150 turbent, tulbent, dulbent 135 t Tichindeal 136 tuclui, tugui 118 v | vatäsel, -jel 157 | vitreg 127 ! vokoreadzo, vokoreatso 159 O O O ' o o o | vracnitä vragnita 118 | vräjmas, vräsmas 158 z zäticni, zatigni 118 Der gegische Dialekt Yon Borgo Erizzo bei Zara in Dalmatien von Gustav Weigand. Als Vorbereitung für eine Studienreise nach Albanien im Sommer 1909 hielt ich es für angebracht, erst einige Wochen in Zara in Dalmatien zu verbringen, um das Ohr an die gegischen Laute zu gewöhnen und um eine gewisse, für Dialektstudien unumgänglich notwendige Sprechfertigkeit, die ich zwar für das Toskische, nicht aber für das Gegische besaß, zu erlangen. Das, was ich mir vor 20 Jahren von dem gegischen Dialekte von Elbassan angeeignet hatte, war einigermaßen vergessen. Zu meinem Erstaunen verstand ich aber, als ich meinen ersten Besuch in dem albanesischen Borgo Erizza machte, so gut wie gar nichts von dem dortigen Dialekte. Es dauerte etwa acht Tage, bis ich soweit mit den Eigentümlichkeiten der Sprache vertraut war, um zu verstehen und um verstanden zu werden. Durch die gütige Vermittelung des Herrn Pfarrers Fausto Motusic in Borgo Erizzo, der mich in liebenswürdiger Weise unterstützte und mir auch die Kirchenbücher und Matrikel zur Einsicht überließ, erklärte sich der Kirchendiener Matteo Morovic bereit, mein Lehrmeister zu werden. Täglich kam er drei bis vier Stunden zu mir in mein Hotel in dem nahen Zara, so daß ich nicht nur ungestört, sondern auch so bequem, wie es mir noch auf keiner meiner früheren Studienreisen vergönnt war, meine Studien machen konnte. Als Vermittelungssprache diente uns das Italienische oder richtiger das in Zara übliche Weigand, XVII. 12 — 178 — — 179 — Venezianische und in zweifelhaften Fällen auch das dortige Kroatische; denn die letztere Sprache ist allen Albanesen, auch den Frauen geläufig und wird ohne Zweifel die Muttersprache verdrängen, wie sie ja auch jetzt schon nicht nur in hohem Grade im Wortschatze, sondern auch in der Aussprache und im Gedankenausdrucke sich stark bemerklich macht. Seitdem im Orte selbst wie in Zara sich zwei Parteien, eine italienisch und eine kroatisch gesinnte, gegenüberstehen, wird auch in der Familie das Italienische resp. Kroatische auf Kosten der Muttersprache gepflegt. Das Albanesische wird so immer mehr als Haussprache verdrängt, bis es nur mehr der älteren Generation als Geheimsprache dient, wozu jetzt bereits die Ansätze vorhanden sind, indem z. B. Wörter, die auch im Italienischen oder Kroatischen verstanden werden, durch unverständliche ersetzt werden, z. B. „kafe" durch „to zezo" = schwarz, tedesk (deutsch) durch „d'ü e tras = dicke (schwerfällige) Sprache etc. Es zeigt sich hier derselbe Vorgang wie im Aromunischen, wo seit dem energischen Einsetzen der rumänischen Propaganda in den griechisch gesinnten Familien als Protest nicht mehr aromunisch gesprochen wird, sondern griechisch, während man vorher durchaus nichts Anstößiges dabei fand. Bei den Aromunen Bosniens (s. Jb. XIV 171 ff.) ist die verstümmelte Muttersprache Geheimsprache geworden (Cepulic) oder ganz verdrängt worden (im Bezirke Tusla). Erwähnt sei auch, daß ich das sprachliche Material des Matteo Morovic mit zwei intelligenten Knaben Beppo Krstic und Toni Stipcevic, beide Gymnasiasten, ferner durch meine Besuche im Orte selbst kontrollieren konnte. Auch hatte ich auf dem Markte in Zara Gelegenheit die Weiber untereinander unbefangen reden zu hören. Gustav Meyer hat in seinem etymologischen Wörterbuche eine kleine handschriftliche Sammlung von Wörtern aus Borgo Erizzo mit verwertet, im Übrigen ist aber der Dialekt noch nicht beschrieben worden. Das Büchlein von Tullio Erber „La colonia albanese di Borgo Erizzo presso Zara" Ragusa 1883 war mir unzugänglich. Borgo Erizzo, etwa 1 Kilometer südlich von Zara gelegen, ist ein Ort von ungefähr 2000 Bewohnern, die zum weitaus größten Teile Albanesen sind, doch gibt es unter den Familien nur wenige rein albanesische, da schon früher und auch jetzt noch häufig Mischehen mit umwohnenden Kroaten (Dalmatinern) stattfinden. Schädelmessungen, die ich an mehreren Personen vornahm, zeigten eher die Maße der Dalmatiner, als die der Gegen, die ich später genauer kennen lernte und worauf ich bei anderer Gelegenheit zurückkommen werde. Immerhin hörte ich von einem Landgendarmen, der die ganze Gegend genau kennt, behaupten, daß die Zahl der ganz Brünetten unter ihnen größer ist, als unter den Dalmatinern. Über die Zeit ihrer Einwanderung sind wir genau durch die Kirchenmatrikel unterrichtet. Im Jahre 1734 ist der erste Albanese in Borgo Erizzo angeblich 96 Jahre alt gestorben und in der Kirche San Donato in Zara begraben worden. Es gab also damals noch keine Kirche in dem Orte. Aber im Jahre 1737 wird der erste Albanese namens Venerand Stestani in der neu errichteten Kirche in B. Erizzo begraben. Der erste Pfarrer war ein gewisser Toxi, vermutlich ein Albanese, der mit ihnen gekommen war; es folgen in bunter Reihe Italiener und Kroaten; auch die Eintragungen in den Kirchenbüchern sind dementsprechend verschiedensprachig. Eine interessante Notiz findet sich im Jahre 1801 von einem kroatischen Pfarrer: Mile Petani koi bi ubien od puske kod stablimenta od godista 26 nebuduchi ispovidan ni priceschin iere go naidose martva. Es handelt sich also um einen jungen Mann, der ohne Beichte und ohne Sakrament bei der Kirche erschossen worden war; denn wie die Alten erzählen, ging man noch in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts mit den Waffen zur Kirche; die Gewehre ließ man draußen unter der Obhut eines Mannes. Nach dem Gottesdienste fand dann Beratung und Gericht statt; denn mit den Behörden wollten sie nichts zu tun haben. Dabei kam es oftmals zum Streit, der nicht selten einen blutigen Ausgang 12* — 180 — — 181 — nahm. Daher waren auch die Bewohner als wild in der Gegend verschrieen und dem Militär war es sogar strengstens untersagt, die dortigen Wirtshäuser zu besuchen. Jetzt scheinen sie ihre wilden Sitten abgelegt zu haben unter dem Einflüsse der Umgebung und unter der harten Arbeit des Landbaus, von dem die Bewohner sich hauptsächlich ernähren. Im allgemeinen leben sie in großer Dürftigkeit; die Häuser und ihre Einrichtung und ihre Lebensweise unterscheiden sich jetzt gar nicht mehr von denen der dalmatinischen Landbevölkerung der Umgebung. Auch in der Tracht und Form der Kleidungsstücke ist nichts spezifisch Albanesisches mehr zu erkennen, doch haben sie nicht die bunten Trachten der Dalmatiner angenommen, zeigen vielmehr eine Vorliebe für dunkle Farben. Die Weiber sind fast durchweg schwarz gekleidet. Das Selbstverarbeiten der Wrolle, das Spinnen und Weben, hat vollständig bei ihnen aufgehört. Ihre Familiennamen sind natürlicherweise meist kroatisch, doch kommen auch viele italienische Vornamen vor. Die Familiennamen Muzap, Relia, Petani, Toksi (jetzt Karüts genannt) erinnern noch an die albanesische Heimat, ebenso die starke Kürzung der Vornamen. Die Tradition hat auch die Namen der Orte ihrer Herkunft bewahrt. Zuerst kamen nur sieben oder acht Familien aus Britsko; das ist ein Dorf, das auf dem Romaniagebirge südlich des Skutari-Sees liegt. Es folgten dann in verschiedenen Etappen weitere Zuzüge aus Britsko und aus Kroia und der Umgebung, die zum Teile sich schon früher in Sebeniko niedergelassen hatten, wo auch eine Anzahl zurückgeblieben sind, die aber ihre Nationalität jetzt vollständig verloren haben. Wir haben es also in Borgo Erizzo mit Albanesen aus dem Nordwesten des gegischen Sprachgebietes zu tun, die vor ungeiähr 200 Jahren eingewandert sind, um den Bedrückungen zu entgehen, denen sie als Christen von Seiten der Muhamedaner ausgesetzt waren. Daß diese Bedrückungen sehr schwer gewesen sein müssen, ersehen wir daraus, daß dieses Gebiet im Laufe des 18. Jahrhunderts und auch noch im 19. Jahrhundert muhamedanisch geworden ist. Die Zahl der katholischen Gemeinden in den dortigen Gegenden ist auf ein Minimum reduziert, nur im Süd-Osten des Skutari-Sees im Gebirge finden wir katholische Gemeinden in größerer Zahl, so den Stamm der Mirediten. Die im Folgenden angewandte Schreibung ist die im Jahresberichte übliche, die ja auch mit der von Gustav Meyer angewandten übereinstimmt, doch ging es nicht an für die gedeckten Kehllaute 6 festzuhalten, da ja mehrere vorkommen, nämlich g, e, i, auf anderem Gebiete auch u. Borgo Erizzo wird von den Kroaten Arbanasi d. h. „Albanesen" genannt, wie z. B. auch die bei Tirnovo in Bulgarien gelegene albanesische Kolonie den gleichen Namen trägt. Die Leute selbst nennen ihren Ort Arbones. Ich gebe nun zuerst eine ganz kurze Beschreibung der charakteristischen lautlichen Merkmale des Dialektes, dann behandle ich die Elexionslehre, wobei ich nur auf das Verb näher eingehe, dann folgen Texte mit Ubersetzung, und schließlich bringe ich das mir bekannt gewordene Wortmaterial in einem Glossare, weil ich dachte, daß doch manches Wichtige darunter ist. Zum Vergleiche habe ich den mir genau bekannten gegischen Dialekt von Elbassan herangezogen und die betreffenden Formen in Klammer beigefügt. Wenn andere Formen angeführt wurden, ist dies allemal durch entsprechenden Zusatz Skut. = Skutari, Dur. = Durazzo, Tir. = Tirana, to. = toskisch bemerkt worden. Beschreibung des Dialektes. 1. Allgemeines. Der gehauchte Stimmeinsatz ist viel weiter verbreitet als sonst im Gegischen, aber er kann auch ebensogut unterbleiben, selbst da, wo er sonst feststeht z. B. aröin statt hafoj ich vergesse, üdra statt hudra der Knoblauch, aber immer me ongo,r hangor essen. Es war daher nicht möglich im Glossar die betreffenden Wörter unter h zu vereinigen, sondern — 182 — — 183 — sie sind ohne Rücksicht auf den Stimmeinsatz unter die Vokale eingereiht worden (h ist velarer Spirant, den gehauchten Stimmeinsatz bezeichne ich durch Spiritus asper). Die nordgegische Vorliebe für den gehauchten Stimmeinsatz ist schon sehr alt; sie wurde sogar mit einer Schar von Albanesen mit nach dem Norden der Donau geschleppt, wo wir sie dialektisch im Rumänischen wiederfinden, in das sie gar nicht hineinpaßt, da dort seit alter Zeit weicher Stimmeinsatz geherrscht haben muß. DieNasalierimg', die so charakteristisch für das Gegische ist, ist hier vollständig geschwunden; der ursprüngliche orale Vokal tritt hervor, wobei dann a allerdings meist zu 9 wird: za ^> zo, ze, ze, zom etc. ich fasse züna ^> zuna. modäia ^> mloia f. pl. groß, sü > sü. V > ci, cini Asche, ü > u, uni Hunger. In einigen Fällen zeigt sich aber o gegenüber einem ä, das nämlich im Gegischen aus an und aus on, o hervorgegangen sein kann. Im Dialekte von Durazzo und Tirana kann man auch deutlich zwischen ä und o unterscheiden, in Elbassan und anderwärts aber sind beide zu ä zusammengefallen. Wir haben daher hier ost er ist (Elb. äst, Tir. Dur. ost), bgn er macht (Elb. bän, Tir. Dur. bon). Diese Entnasalierung zeigt sich auch im Südgegischen, wo die freien Nasale fast durchweg ihre Nasalität verlieren können, so die Partizipia kandü (neben kandü) aber auch in geschlossener Silbe: bres Gürtel, pes fünf, mis Fleisch etc. Die stimmhaften Auslaute verlieren zwar ihre Stimmhaftigkeit, bleiben aberLenes, also wie im Rumänischen, während im Toskischen und Bulgarischen zugleich Verhärtung eintritt. Auslautendes -6 ist dabei so schwach artikulier!:, daß es in der schnellen Rede verstummt, kam arid ich bin gekommen. Das auslautende -o fällt fast immer ab, während es im Toskischen bewahrt ist. inb, nd? Ilg werden nicht wie sonst im Gegischen assimiliert, sondern wie im Toskischen gesondert ausgesprochen: ambol süß. (Im Südgegischen (Elbassan) werden die Ex- plosiven zwar noch leicht gehört, aber eine eigentliche Explosion findet nicht statt; sie werden ohne Spannung der Muskel gesprochen.) Aber vortonig unbetonte Silbe verliert vollständig die Explosiva: mas soin schmähe, loiii wasche, me vrö föYm, vlo aber vlai Bruder, zo aber zani Stimme: co (ha) ^ esse aber (a (ha) du ißt, er ißt. Auch secundäres a aus nasalem a oder tosk. o wird o: mö aus ina mehr, dzö aus ga tosk. go Sache, zo aus za nehme. Von gedeckten Kehllauten sind o, i, e vorhanden, dieselben auch im Südgegischen und jedenfalls auch im Norden. Es ist natürlich ganz verkehrt, von diesen Lauten als „reduzierten" zu sprechen, denn sie kommen hochtonig vor, von einer Reduction kann nicht die Rede sein, o ist vor h zu i geworden, und zwar nicht nur wie gemeingegisch in unbetonter Silbe wie lüpih ich bitte geg. lüpii = liipi aus lüpon, aber II, III. Person lüpgn, sondern auch hochtonig: bin, ich mache geg. bai aus bon. Unbetontes, vortoniges o kann unter dem Einflüsse von Labialen zu u werden: mburoin beendigen aus mbaroi, mboroi; mungoin ermangeln aus mongoh. Dieselbe Ursache hat es, wenn e als ö erscheint: ve > wö Ei. i entsteht aus i unter dem Einflüsse von 1: muli Mühle, o o 7 uli-ni Olive. In Elbassan hört man in diesem Falle einen Diphthongen ui: uhii, der mit dem russischen y in byl identisch ist. In o u i e handelt es sich um Schmalzungenlaute mit Lippenflachöffnung, daher werden sie vor allem durch die Nachbarschaft von Schmalzungenkonsonanten wie 1, f, s, ts, st hervorgerufen, während die palatalen (nach vorn oben anliegenden) Flachzungenlaute I, n, r, s, s ihre Entstehung verhindern, oder sogar, wie oben gezeigt (cf. bin t'osa, ist also auf dem Wege zu ts. Die palatalen t' sind aber bewahrt: t'etgr andere, nod'e dzint Leute, get >> dzie finden, Praes. dzien (dagegen ndien höre, wahrnehmen Skut. nnii) gegenüber Skut. gei, geta. gi^ >> dzi ganz, güs >> dzüs halb. Vor u findet sich dzüaih jage (guai), endzul Engel — 186 — — 187 — (engil) Skut. engul; anderseits aber d', das auch vor a die Regel ist: d'un-i (gü-ni) = Skut. dzü-ni Knie, d'um-i (gum-i) Schlaf, d'ü-ia (guhon) Skut. dzuhg Zunge, Sprache. d'ast (gast) sechs, d'ak (gak) Blut etc. s. Glossar. Nur nach n resp. n ist g bewahrt: dingoin höre, ngas PP ngo gleichen (ngai, ngan es ziemt sich) Skut. dzas, dzai. n. n ist bewahrt, während es sonst im Gegischen, wie auch im größten Teile des Toskischen geschwunden ist. ikin (iki) ich gehe heraus, bin (bai) ich mache. I hat nicht mehr stark ausgeprägten palatalen Charakter, sondern ist mehr mittleres 1, dagegen ist l noch tiefer guttural geworden als anderwärts und geht sogar intervokalisch in 6 über, während umgekehrt I für 6, # im An- und Auslaut eintritt, üel aber üedi Stern-, miel — miedi Mehl; mol pl. rnola oder moda Apfel', vlö Bruder (volä); fle schlafe, Aor. fleta (fieta); lo, le, me lan lassen (lan); kol pl. kwal Pferd (kal-kuai). r, rr. Der Unterschied zwischen r und rr hat sich verwischt, wie er überhaupt auch im Gegischen nicht so ausgeprägt ist, als im Toskischeo. Es gibt eine ganze Reihe Wörter, in denen die Angaben verschieden sind, r entspricht I, es wird mit gehobener Vorderzunge gesprochen, gehört also mehr zu den palatalen Lauten, während rr in tiefer Mittelzungenlage gesprochen wird, wie deutsch „harren"; dialektisch nimmt es zerebralen Charakter an und entspricht dann dem tief gutturalen l. Der Hauptunterschied zwischen r und rr beruht also nicht auf geringerem und stärkerem Gerolltsein, (was freilich zu gleicher Zeit eintritt, aber nicht das wesentliche ist), sondern in der angegebenen Zungenlage. Das r verliert nun leicht den palatalen Charakter und nähert sich dem rr, wie in Elbassan, während in Tirana rr mehr zerebrale Aussprache zeigt wenigstens im Auslaut und vollständig ungerollt ist. In Borgo Erizzo dagegen finde ich überhaupt keinen Unterschied mehr zwischen r und rr, sondern sie fallen beide in ein mäßig gerolltes, mittleres Zugenspitzen-r zusammen. me mar nehmen, remb Zweig. ö &. ö, & im Auslaut und nach Konsonanten wird l: ud > cul Weg, aber cudi. diet zehn, tridet 30, aber peslet 50, d'aslet 60. me (fan geben aber kam lan ich habe gegeben. gi#vet ^> dzilve allen Dat. pl. ma# ^> mal groß. & zuweilen für f: pri# >> prift Pfarrer. u#ul (auch tosk. südgeg.) Skut. uful Essig, me ho# << nof kennen. Aor. no#a. ö zuweilen für v: me vu Praes. de, dem, dini für ve legen. Auch im Aromunischen kommt dialektisch dimt = vimt Y ventus (VI. Klisura) vor. f. f im Auslaut fällt oder w^ird d (s. oben), nof > ho, ne, hoim ich kenne, sof > so ich sehe, gew. poih. Vor Konsonanten fällt f spurlos: me se > fseh verbergen. t osa <^ kofsa ich möchte sein, miät stretne. det — detna, detne. Beispiele: det, -ti Meer detiie; er -a Luft, Wind, erne. drets Teufel dretsrie. strat Lagerstätte stretne. trup-ne Körper. pri#-ne Pfarrer; mur-he Mauer, dia#-ne Käse, das-ne Widder. Umlaut: nat — net Nacht. #iap — #iep Ziegenbock. d'a# — d'e# Blatt. Ohne Veränderung bleiben viele Wörter: re Wolke, be Schwur, fe Glaube. Die meisten auf s, s, i ausgehenden: tsindz (king) Lamm etc. Unregelmäßige Plurale: delme -ia Schaf den; dial -i Knabe dielm. kau Ochse tse; kol -i PI. kwal (kal-kuai) Pferd, grua-ia PI. grp. vlo, vlai Bruder PI. vlazon oder vlazni-a coli. (Verwandtschaft); ner-i Mann PI. neroz oder neri-a coli. Es ist überhaupt beliebt die coli. Form zu verwenden trimi-a Helden und Held, starker Mann, komsi-a Nachbarschaft, Nachbarn und der Nachbar. Die Flexion des Substantivums bietet wenig Bemerkenswertes. Beim Masc. ist G. D. und Abi. im Sg. in die Dativform zusammengefallen, beim fem. lautet der Abi. auf e, bestimmt und unbestimmt; eine besondere Locativform auf -t ist nicht mehr vorhanden, ebensowenig im Plural. Hier hat der Ablativ für beide Geschlechter bestimmt und unbestimmt die Endung -s; diese Form kann nicht für den unbestimmten G. D. eintreten, wie es nach Pekmezi S. 99 im Gegischen vorkommen soll. Eine Neubildung nach kroatischem Muster ist ein Vokativ auf -e bei einigen Verwandtschaftsnamen: N. tata, G. tatgs, Ac. taton, Voc. täte, ebenso lala Onkel, nana Mutter; ferner auf -o (-ko) bei Fem. baba — babo Großmutter; iaio Tante, auch daiko Oheim zu daia, Masc. Fem. N. diali der Knabe vaiza das Mädchen G. D. —lit vaiz9s Ac. —iin vaizon "» o Abi. —lit vaize N. Ac. dielmgt vaizat G. D. —move[t vaizave[t Abi. —mos vaizas. o ^ Man vergleiche auch die Texte I—III. Der selbständige Artikel lautet masc. i, f, e, alle übrigen Formen aber lauten to, ob masc. oder fem., ob Sg. oder PL, ob vor- oder nachgestellt ist von keiner Bedeutung. Es ist also eine Verallgemeinerung der häufigsten Form eingetreten. 2. Adjectiv. Verbaladjectiv auf -uom (unbetont um): neri i süom der gelehrte Mann, i mundüom müde — 190 — — 191 — i tsilum offen, i misilum geschlossen. Suffix -ist: letist italienisch, skenist kroatisch (zu ska Slave, Orthodoxer). Suffix -t: i tsilet offenherzig (zu tsitiri), i tsorot (kor) blind. Suffix -sim: veiesim wertvoll (zu veien). morzitsim langweilig, häßlich (zu morzis). Die Steigerung geschieht vermittels mö (ma). „als" nach dem Comp, wird durch se wiedergegeben: kü ost mö i pasum se ai dieser ist reicher als jener, mö mir tas se para besser jetzt als früher, vena cgst m-e mir, se cuit der Wein ist besser als das Wasser, „von" nach dem Sup. wird durch per = prei mit Abi., oder durch den Gen. wiedergegeben: kü ost mö i vogol to dzilve (= gi#vet) dieser ist der kleinste von allen (aller); un iam mo i fort per to dzilos ich bin der stärkste von (aus) allen. Bei der Gleichheit mit Hervorhebung des Grades steht so (==s sa) wieviel = wie, als, sonst si = wie. un iam ats i atil so to dzil. ich bin so stark wie alle, un nuk iam i o < ° o atil so dzi (gi#) t'erot ich bin nicht so stark (nicht der solche) wie alle andern. Unregelmäßige Pluralbildung: i mal groß to mlein oder mg dein, f. e mal, tg mloia. i kets schlecht PI. to ketsi f. to ketsia. o o i voggl klein PI. to vödzi (aus vogli > vodzl) f. to vogla. i zi f. e zez. PI. to zez, to zeza. 3. Zahlwörter. hi, subst. nain artikuliert: nani z. B. kator po hain vier weniger eins, nani pe sis einer unter ihnen, du, tre f. tri, kator, pes, d'äst, stät, tet, nant, diet, nimet, dümet etc; nizet 20; nizet e hi; tridet 30; katrodet (duzet nicht üblich), peslet, d'aslet, stattet, tetlet, nantlet, ni tsint 100. ni mi 1000, dü mi etc. i pari, e para; i düti, e düta, i treti, e treta etc. der erste etc. kg nani je einer, einzeln; kg dü je zwei; kg tre je drei, dzüs halb: dzüsa die Hälfte (tosk. güsma). 4. Das Pronomen. a) Pr. personale. gg> N. un „ich" ti „du" D. A. mua; mo Abi. meie PI. N. Ac. ne „wir" D. neve; na Abi. nes tü; to teie iu „ihr" iuve; iu ius Sg. N. masc. ai „er" fem. aio „sie" D. ati; i asoi; i Ac. at; e at; e Abi. asi asoie c ^ PI. N. ata atö D. atüne; iu atüne; iu Ac. ata; i atö; i Abi. asis asös Kommen die enklitischen Dative mo, to, i, na mit dem e zusammen, so wird daraus ma, ta, ia, aber iu + e wird iau. Die anlautenden a in ati, asi etc. können auch schwinden. b) Pr. possessivum. mein Freund Sg. N. miku iem G. D. mikut -iem Ac. mikun tem PI. N. Ac. mitsot to mi o o G. D. mitsvet „ dein Freund Sg. N. miku iot G. D. mikut -iot Ac. mikun iot meine Arbeit puna ieme punos -ieme punon teme. punat tg mia punavet ,. deine Arbeit puna iote punos täte pungn iote (täte). Nicht unbekannt, aber kaum in Gebrauch ist tand (Ac.) s. Text VII 12. PI. N. Ac. mitsgt tg tu punat tg tua G. D. mitsvet tg tu punavet tg tua. — 192 — — 193 — Das Pron. „sein, seine" wird im Nom. durch i ti f. e ti, alle übrigen Formen auch das fem. durch tg ti wiedergegeben, entsprechend „ihr, ihre" durch i soi (= sai), e soi im Nom. und to soi für cas. obl. Im Plur. fem. to tia, to soia, ent-sprechend to mia, to tua. Auch vet, subst. i veti wird als Pron. poss. verwandt (Text VI 5). unser Freund. unsere Arbeit. Sg. N. miku ion puna ione G. D. mikut-ion pungs -ione Ac. mikun ion punon ione PI. N. mitsot -ion (-ton) punat -iona (-tona) G. D. mitsvet -ton punavet -tona euer Freund eure Arbeit miku iuoi puna iuoi iuoi bleibt unverändert in allen Formen. ihr Freund ihre Arbeit miku i tüne puna e tüne Alle übrigen Formen zeigen to tüne (auch im fem. G. D.) In der vorgesetzten Form hörte ich auch den Ac. tono zön „unsern Herrn", der der toskischen Bildungsweise entspricht. c) Pr. demonstrativum. Während das Personale und Possessivum eine Vereinfachung der Formen gegenüber den andern Dialekten aufweisen, zeigt sich beim Demonstrativum ein Zuwachs und zwar eine interessante Neubildung, die offenbar ihren Ursprung dem Beispiele des Italienischen verdankt, indem eine Dreiteilung eintrat wie bei questo, quello, codesto oder lat. hic, ille, iste. Man lehnte sich dabei an die entsprechenden Adverbia des Ortes, die ja schon äußerlich (und auch innerlich) mit dem Dem. verwandt sind. Man vergleiche „kü, kgt" mit „kgtü" hier, „ai, atg>" mit „atie" dort fern. Das Adverb für „dort in der Nähe" ist „notie", woraus man dann ein Pron. dem. der zweiten Person bildete, notie ist entstanden aus Präp. nai „bei" und „atie" dort. kotü „hier" notie „dort bei dir" atie „dort fern" dieser jener bei dir jener dort Sg. N. kü f. koiö, ko noi f. noiö ai f. aio G. D. kotit kgspi notit nospi atit asoi Ac. kot kot not ngt atg at Abi. kosi kgspie nosi nosoie asi aspie PI. N. Ac. kgtä kgtö notä notö ata atö G. D. kgtünve notünve atünve Abi. kosis kosös nosis, nosös asis, asös. Im Gegischen ist ein nai „jener dort" vorhanden, das mit ai gleichbedeutend ist. Es ist sehr unwahrscheinlich, daß die darin steckende Partikel hi dieselbe ist, wie n- in notie und noi, da n immer bewahrt ist, während naj (eigentlich ndaj) sich regelmäßig mit atie zu natie resp. notie (eigentlich notie, aber o unbetont wird o) verbindet. Die Flexion mit dem Substantivum (artikuliert oder unartikuliert) gestaltet sich folgendermaßen: Sg. N. kü neri f. koiö grua oder ko gruaia. G. spia e kotit nerit f. e kosoi grua. D. ia kam lan molon kotit nerit f. kosoi grua. Ac. e kam po kot neri f. kot grua. Abi. e kam mar per kosi nerit f. kgsoie gruae. PI. N. Ac. kotä dzind f. kotö grö. G. D. kgtünve dzindeve f. = grove. Abi. kosis dzindos f. kosos gros. Auch in Elbassan, Tirana, Durazzo ist die Verbindung des Demonstrativs mit dem artikulierten Nominativ ganz gewöhnlich, es ist dann das Substantiv mehr als Apposition zu fassen. ata dient auch als Neutrum, wie auch anderwärts. d) Pr. interrogativum und relativum. kus „wer", kui „wem", kon „wen", tsis „was, worüber, wovon" scheint aus dem Rel. ki „was", das nicht mehr üblich ist, nach tsüs „wie" gebildet zu sein. Weigand xvii. 13 — 194 — — 195 — so „wie viel" (= sa). ts, tska „was für ein, was", ist nicht bekannt, es ist offenbar ganz verdrängt durch „swar" s. Glossar und tsis (s. oben). Das zu erwartende Relativum tsili oder ki wird einfach ausgelassen: ni neri — nuk punon, ai kg me t'en i worfun „ein Mann, (der) nicht arbeitet, der wird arm sein." neri — bram ti ke pg, se kg t'en vlai-iem „der Mann, (den) du gestern Abend gesehen hast, ist mein Bruder gewesen." Sonst wird tsis gebraucht z. B. V 3; VI 1 etc. e) Pr. indefinitum. nani „irgend einer", do-hani „irgend wer", as-nani „niemand", kur-kus „niemand". t'er „ander"; t'etri „der andere"; nani t'etor „irgend ein anderer"; dzi t'ert „alle andern". dzi „ganz" (= giü); tg dzi „alle", G. D. dziive, Abi. dzilgs. dzifrili (= gi#otsüi) „jeder", dzikus „jedweder, ein t jeglicher", mit Negation: niemand. i atid, das einem i atilo „ein solcher" entspricht, hat die ° ° Bedeutung von „stark" angenommen. ats, kats (= ak, kak) „soviel", „sosehr", also auch adverbial gebraucht: un iam äts i atid so dzi t'ert „ich bin grade so stark als (wie viel) alle andern. do-kus „wer immer", tsis-do „was immer", si-kus-do*4 „wer immer es sei". dzo (= gä) „etwas" (eine Sache); do-dzo „irgendetwas": az-dzo (= as-gä), kur-dz, oder kur-dzo „nichts". vet „selbst" N. i veti Ac. tg vetin. un iam i vetum „ich bin allein". 5. Praepositionen. Mit dem bestimmten Nominativ stehen zwei Präpositionen, die eigentlich Ortsadverbien sind und wo und woher bedeuten, weshalb der bestimmte Nom. sich von selbst ergibt. Man vergleiche bulg. kaar3i „wo", das in derselben Weise als Präp. benutzt wird. tu, tuk, te (ke) werden ohne Unterschied auf die Frage wo? wohin? gebraucht: ko t'en tu cun (er ist bei mir (wo ich) gewesen, a raus me ar tuk un „kannst du zu mir (wo ich) kommen?" skon te (tu) miku iem „ich gehe zu meinem Freunde." feo (= ka, tosk. nga) wird meist distributiv gebraucht: ko dü, „je zwei". Als Fragepartikel lautet es ka: ka po vini „woher kommt ihr?" als Antwort: per spie „von zu Hause" aber nicht: ka spia wie man in den anderen Dialekten sagt. Mit dem Accusativ: deri (tosk. ger.) „bis" (zeitlich): ^ mies nat bis Mitternacht. dunai, „jenseits des Flusses." por-no (por-ndo) „quer durch, in — herum." Diese Präp. ist bei Pekmezi nicht angegeben, sie ist aber ganz üblich, auch in Elbassan und Durazzo wird sie viel gebraucht; sie entspricht genau rumänisch prin (per + in) in Ursprung und Gebrauch: kam t'en oo iet = am umblat prin lume „ich bin in der Welt herumgekommen". ~ dunai „durch den Fluß." ev> mal e oo fus über Berg und Tal. porno ggj VI 3. Mit dem Ablativ. Beim Subst. im Sing, kann man nicht erkennen, ob man es mit dem Gen. Dat. oder mit dem Abi. zu tun hat, wohl zeigen es deutlich das Pronomen (mua: meie) und der Plural, der im Abi. überall ein -s im Auslaut hat. Wenn also in andern Dialekten noch eine große Freiheit herrscht, so hat hier der Abi. seinen Concurrenten (den Gen. Dat.) besiegt; in Elbassan gelten die Formen auf -s lediglich als unbestimmter Abi., die auf vet als bestimmter Abi. brenda „innerhalb" ~ dzutetit „innerhalb der Stadt." last „außerhalb" auch iast-pe (porsiiastit mit Gen.): oo spie außerhalb des Hauses. kuntra „gegen" (ist offenbar durch it. contra beeinflußt, sonst müßte es kundra oder kunor lauten), cv> teie gegen dich, cvd asis gegen sie. mas (= mbas) „nach": <^> dimnit vien pgrnover „nach dem Winter kommt der Frühling", mas meie „hinter mir." (Reihenfolge) mas si hinter ihm her. mbrapa „hinter": oo dere „hinter der Türe" ~ teie „hinter dir." no-miets (= no-miedis tg, Elb. ngmest pülit) „mitten in": dzutetit „mitten in der Stadt"; oo nes „mitten unter uns:" ngr-miet (ndgr-miet) „zwischen, unter", oo sis „unter einander". cv> dü libras „zwischen zwei Büchern", oo dzindgs tg mir e tg kgtsi „unter guten und schlechten Leuten". ng-vgnt (=ndg vent tg) „anstatt" <^> meie anstatt meiner. para „vor" (örtlich und zeitlich): oo dere (nicht dergs) vor der Türe; oo asgie vor ihr; oo koe vor der Zeit! pe, per (= prei) „von, aus" gibt die Herkunft, den Stoff, die Ursache an, ist also gänzlich verschieden von por, das außerdem mit dem Ac. verbunden wird: oo kgsi katundit „aus diesem Dorfe"; vin oo kise „ich komme aus der Kirche"; kam mar ni letgr cv? birit-iem „ich habe einen Brief von meinem Sohne erhalten"; ^ gurit „aus Stein"; ^ drasas „aus Brettern", kg dek ^ cuie „er ist vor Hunger gestorben". Nach dem Superlativ wie auch sonst hat es ka (nga) verdrängt: mö i mal per tg dzilgs (= gi#gs) „der größte von allen = größer als alle." sipgr „auf"; cv> spie „auf dem Hause"; ^ kras „auf den Schultern"; cv> meie „auf mir". Mit dem Gen. Dat. findet sich: oko (aus kroat. okol Kreis) „rings um" örtlich: ~ ati „um ihn herum" cv> yetit „um sich herum", zeitlich: <>o tri urgs „so um 3 Uhr herum". pran „neben" das ist: pgr an == an der Seite. matän „jenseits" das ist: mbg atö an = auf jener Seite. 6. Conjunctionen. Hierin herrscht eine große Armut, denn man spricht meist m coordinierten Sätzen; die conjunkte Verbindung wird ausschließlich mit pgr me + Part. (Inf.) wiedergegeben, so daß ein finales „daß" nicht vorhanden ist, auch die übrigen subordinierten Constructionen sind selten. Vgl. p. 205 unten. e, ede „und"; e — e „sowohl — als auch"; as — as „weder — noch"; o — o „entweder — oder". — 198 — an, ani „dann, und dann, darauf, und auch" ist sehr beliebt, ebenso wie das Adverb antena, das auch als Conj. dient. ama „aber". se „daß" (consecutiv). me dzi se „obgleich" == [ioXovotl = arom. cu tute cä = dr. cu toate ce. der mos „bis nicht" mit Conj. deri mos mo prüs VI 1. Conditional ist „ng" meist mit dem Optativ, seltener mit dem Ind. und das temporale „kur" mit dem Indicativ. Beispiele: 1. ng birsa kgt sgt, ost ni däm i mal „wenn ich diese Uhr verlieren würde, wäre der Schaden groß." ng cart vlai iou, kg me t'en mir pgr ne „wenn unser Bruder käme, wäre es gut für uns." ng pisa, mg bgn kets „wenn ich trinke, macht es mir schlecht", (trotz der Wirklichkeit steht hier der Opt.) 2. dera kur ost i tsilum, pritson mö fort eron „wenn die Tür offen ist, zieht sie mehr Luft herbei", ama mua kur z-do ai V 5. kur s-kg me tsis me punüa, tiert nuk doin me lan etc. IV 4. Zum Schlüsse sei auch noch das kroatische „neka" erwähnt, das ebenso wie im Istrorumänischen Eingang gefunden hat: ani neka mbetnie „und wenn auch ihm übrig bleibt" IV 4. 7. Das Verbum. Zum bequemen Vergleich bin ich genau der von G. Meyer in seinen „Albanesischen Studien" gegebenen Einteilung gefolgt. Da er aber dort besonders das Toskische berücksichtigt, führe ich hier, wo es nötig schien, in Klammer die gegische Form von Elbassan bei. n-Klasse. 1. Gruppe, echte Stämme. me bo (bä) machen bin, bgn etc. (bäj, ban) Aor. bana. (bana) s. die Anomalia. n-Klasse. 2. Gruppe, meist einsilbige, starke Verba, Aorist auf -va. 199 a) me se aus msef verbergen (tsef GM.) sein (mgtsef) sen sen seim seni sein Aor. seva b) me #üe brechen #eih (#üj) #en (#ün) #en #eim #eni #ein Aor. #eva (=) a) Part, und Praesens haben denselben Vokal: diein scheißen dieva, me die. früh blasen me frü; früiem Pass. sich aufblasen durch Fressen, sich dick satt fressen, kgin aus kan weine kgva, me kg. sgin. (san GM) schmähen, verleumden, me sg. zieih kochen ziva, me ziet Uber me pg sehen, wozu Neubildung pgih s. Anomalia. b) Praesens und Part, haben verschiedenen Vokal: e — üe oder o — ua. #keih (kg#ei) umkehren, wenden, #keva, me #küe (s. k*#en GM.) ° kgtsein aufspringen, herausspringen, me kgtsüe (s. kertseh G M.). pgltseih gefallen me pgltsüe (pglkei). rgfein, me rgfüe beichten (nur in dieser Bedeutung). tsoin schicken tsova, me tsua. n-Klasse. 3. Gruppe, einsilbige, konsonantische Stämme, die durch -in resp. gn erweitert sind. Bei einigen ist, wenigstens in der I. Person auch die unerweiterte Form üblich. me plas me lüp platzen machen, ärgern. bitten, verlangen, a) pläsin (plasi) b) lüpin (lüp) plasin (plason) lüpgn (lüpgn) plasin lüpgn plasim lüpim plasni lüpni plasin Aor. plasa lupin lüpa. T — 200 a) tsilin öffne (GM. tsel), misilin schließen (motsilin); citsin ziehe (GM. hek'), Aor. citsa (statt hokä); pritsin herbeiziehen, Aor. pritsa (porhek); drilin durchseiheu. nisin auftreiben, Pass. nisem aufbrechen. b) in der IL, III. Person steht -gn, das die ursprüngliche Form war, die in der ersten Person unter dem Einflüsse von -n zu -in resp. -ii und weiter zu -i (iki Elb. = ikon) wurde, sich dann auch nach II. III verbreitete, wenn es nicht durch Labiale oder velares k gehalten wurde. kapin ergreifen; ip, cip; cipin hinaufgehen, aufsteigen; zdrüpin aus stro-hip (zdrüp), hinunterspringen; stüpih zerklopfen; tsofin krepieren; riep, riepin schinden. ikin (iki) weggehen; prekih berühren; zgul, zgulin. herausziehen. Abgeleitete Verba sind sondosin heilen, zu sondos; drekin zu Mittag essen, zu drek. n-Klasse, 4. Gruppe: mban, mbajta. Starke Verba, Aorist analogisch auf -ta. me dzüa (güjt) me nd'ie (nd£) me lg (la) jagen, nachstellen hören, wahrnehmen waschen dzüain (güj) nd'iein (ndij) lom (lai) dzüan nd'ien (ndin) lgn (lan) dzüan nd'ien Ion c dzüaiiu nd'ieim loim c ^ dzüani nd'ieni loni c dzuain nd'iein loin. Aor. dzuaita Aor. nd'ita Aor. loita (güjta) (ndlva) (lava) me skrüa, schreiben, skruain oder skroih. Aor. skruaita oder skrova. me dzie od. dzet finden dzien (geh), dzien etc. Aor. dzeta. me mboit anhalten, hemmen, mboin, mbgn etc. Aor mboita. c ^ me vieit wert sein vien, vien; vien, vieim, vieni, viein. Aor. vieita. — 201 — me le gebären lein, len etc. leita. Pass. lecem geboren werden; uleita; iam le. n-Klasse 5. Gruppe: schwache Verba, Aorist auf -va. me punüa (punü) arbeiten Impt. punö. Aor. punova. punöih (punoi) punon = punon = punoim = punoni = punoin = caroih vergessen. bregloin (brigoi) lärmen, streiten, dimoin helfen, dingoih horchen, hören. gadzoih (kalzoi) zeigen, erzählen, gatoin bereiten, kgrkoin suchen, ledzoih lesen (venez. ledze = leggere). kuloin seihen, spülen, trinken. lendoin (lendon) beleidigen, livroin (lovroi) Feld bestellen. luoiii spielen, ndroin einrichten, ändern. mburoin. beendigen, mgndoin denken, mungoin mangeln. pagoin. bezahlen. pusoin ausruhen, pausieren. rugoin dienen. sigoin hinsehen, betrachten (sikoi). speitoin eilen. urnoin I. befehlen, bestellen (G M. urdanoi), IL leben (GM. fon). viskuloin pfeifen, sausen. t-Klasse 1. Gruppe, starke Verba, mit Beeinflussung durch die dritte Gruppe der n-Klasse, bei den unter a) angeführten Verben s. Glossar. a) me mbet b) me pre c) me vrö (vrä) bleiben schneiden töten, schlachten mbes pres vras mbetgn pret vret mbetgn pret vret mbesim presim vras im r — 202 — mbetni pritni vritni mbesin presin vrasin Aor. mbeta preva vrita (vrava) Passiv — pritem vritem a) me lut bitten, Iiis, luton Aor. luta. me mat messen, mas, matgn Aor. mata. me mbüt erwürgen, mbüton. me tret verlieren, einbüßen, tres, treton m. b) me prit erwarten pris (pres) prit etc. Aor. prita. me tsit (Kit) werfen, schießen tset[on. Aor. tsita. c) me ngg laufen, ngas, nget Aor. ngava, me ngg gleichen ngas, nget Aor. ngava. me dir rufen #ras, #ret, #rasim, Pritni tfrasin. Aor. #rita. Pass. #ireni ich heiße. t-Klasse 2. Gruppe, schwache Verba: Die Erweiterung auf gn stammt aus der dritten Gruppe der n-Klasse (s. dort), aber bei den ablautenden (bgrtäs, das sich nach vras richtet) findet sich keine Erweiterung. a) me setit b) me bgrtit spazieren gehen schreien setis bortäs o setiton bortet o o setitgn bgrtet setisim bortasim o setitni bortitni o setisin bgrtasin Aor. setita bgrtita Hierher gehören Bildungen auf -is, -as, -es, die den Vokal bewahren: me skripat knirschen, skripäs, skripätgn. me morat müssen, me revät schreien (vom Esel) reväs, revatgn. me pgvet fragen pgves neben pgrves (püvgs neben püs), pgvetgn s. Glossar, me stropit bespritzen stropis. Konsonantische Stämme mit Ablaut (III. Klasse G. M.) Die Gruppe der kons. Verba ohne Ablaut (III. Klasse G. M.) ist durch Erweiterung von -in in die n-Klasse übergegangen, die dadurch bedeutend an Umfang gewonnen hat; sogar unter — 203 — den ablautenden Verben finden sich solche Übergänge: hek — hoka wurde zu citsin — 'itsa, oder es finden sich Doppelformen: Praes. hier od. birin zu Grunde richten; birem verderben, bier birin bier birin bierim birim birni birni bierin birin Part, me bier, bir, bor. Aor. bora Opt. borsa oder birsa, me ndzir herausnehmen, ndzir od. ndzirin, Aor. ndzora. me dal hervorkommen, dal, del. Aor. dola s. Anomalia. me mar nehmen mar, mer. Aor. mora s. Anomalia. Yokalische Stämme. Im Aorist finden sich Bildungen auf -va und auf -ta, Aor. piva P. Pf» pi. pive Opt. pisa piu pim pit pin. b) me flet schlafen; fle, fle, fle, fleim flini nein. Aor. fleta. me dit wissen, di, di, di, dim, dini, din. Aor. dita. me rit sitzen, wohnen ri, ri; ri, rim, rini, rin. Aor. rita. Dieses ursprünglich unregelmäßige Verb ist regelmäßig geworden, indem der zweite Stamm ndgna oder ndeita durch eine Neubildung verdrängt wurde. Yerba anomalia, wozu im weiteren Sinne auch solche mit lediglich lautlicher Abweichung gerechnet sind. ap s. dan. me ar[d kommen. Praes. vin; vien, vien, vim, vini, vin. Aor. ersa y er^sa. Opt, arsa. Me bie, bie; bim, bini, bin. 1. bringen; 2. fallen, treffen, schlagen. Aor. 1. pruva; 2. rosa, Part. Pf. 1. prü; 2. rö. a) pi, ich trinke Ph pim pini pin — 204 — Imperativ: bier-e kan! bringe es her! mos bini! fallet nicht. Conj. mo prüs VI 2. Pass. 1. bierem, 2. ordzoem (rrodzohem) fallen, aber raem sich schlagen Aor. urava, das zu einem dort nicht mehr üblichen rraf gehört. nie bo machen, tun. Praes. bin, bon, bon, bim, boni, bin. bin erklärt sich lautlich aus bgn, ebenso wie bim aus bonim. baiet es geschieht. nie dal hervorkommen dal, del, del, dalim, dilni, dalin. Aor. dola. Comp, me ndal heranreichen, herangehen. nie das wollen, sollen (das kategorische müssen durch das slav. moräs) dua do, do, doim, doni, doin. Aor. desa. Opt. datsa. Das Pass. düem bebeutet „brauchen" düet imp. es ist nötig (duhet). nie dek (vdek) sterben des, des, des, desim, dekni, desiu, Aor. deka. me (fall (aber nach Consonant kam lan) geben, ebenso bei dansa. Praes. ap, ep, ep, apim, ipni, apin. Zur Hiatustilgung wird i vorgesetzt iap, iep. Impt. ap; gew. in Verbindung mit Pron. ama das ist ap + mo + e. PI. ipni, cipni. Aor. das (kaum üblich). Opt, lansa, lans, lant. me #an sagen #om, #ua, #ot, #oim, #oni, #oin. Aor. #as, #e, #a. me fol sprechen flas, flet, flet, flasim, flitni, flasin. Aor. fola. Pass. flitet es wird gesagt. nie lan lassen lo le, le, lome lini, Ion. nie mar nehmen mar, mer, mer, marim mirni, marin. Aor. rnora. P. Prf. mar. nie nmit können muin, mus, muhe, muim, muni, muin. Aor. muita s. S. 206 oben. me llö# kennen (y nof > no#) no ne, ne, lioim, no#ni, noin. Aor. iio&a. Pass. no#em. me cqngor (hangor) essen. cö, cä, cä, cöm, cani, föu. Aor. cgngra. me pas od. pat haben kam, ke, ko, kemi, keni, kan. Aor. pata. Opt. patsa. 205 — me pö sehen, dazu Neubildung poin, pon etc., seltener go (sof) etc. Aor. pas und poita. me pru s. bie. me rp s. bie. skoiri skon gehen siehe vot. sö (V sof, soh) se, se, som, sini son sehen. Impt. se, sini. s. me po. vgl. me zan. me spü hintragen, wegtragen, spie spie etc. wie bie. Aor. spuva. me sti hineintun, -legen, -setzen stie stie wie bie. Aor. stiva. Impt. stier-e, tue es hinein. me t'en sein iam ie ost, iemi, ieni, ian. Statt ost auch o (für g) z. B. m-o kets mir ist schlecht, a t-o tü kanda? gefällt es auch dir? Aor. t'esa, t'e. Opt. t'osa, t'os, t'ot (koft). me TOt gehen, vete ist nicht üblich, dafür dient skoin, skon etc. Aor. voita; da o nicht offen ist, ist es dialektisch voita, das neben vaita existiert, das Part, ist dann durch den Aor. beeinflußt. me vü legen, stellen, de, de, de, dem, dini, den. Aor. vuita od. vuna. Opt. vunsa. me zan ergreifen, wegnehmen; anfangen, zo, ze, ze, zom, zini, zon. Impt. ze, zini! Aor. zuva oder zana. Opt, zansa. Praesensbildung. n-Klasse t-Klasse kons.-Stämme vok.-Stämme -in -s — — -n -t. -ton ' o — — -n -t, -ton — — -im -sim im im -ni -tni ni ni -in -sin in in Die Formen sind dieselben wie sonst im Gegischen, nur zeigt die I. Sg. das alte h erhalten. Praesens-Konjunktiv ist meist als Conditionalis vorhanden, da die konjunkte Redeweise mit der Konjunktion — 206 — tg sehr selten geworden ist; doch läßt sich die frühere Bildung auch erkennen aus der Flexion des Hilfsverbs „me muit", in dem die alten Konjunktivformen als Ind. benutzt werden, wie z. B. auch im Rum. seinu, setu = simus, sitis. Die Wendung to mus „könntest du" = „kannst du" ist erstarrt. Siehe Gespräche II, wo zwei Beispiele vorkommen, ebenso unter IV 2. muin, mus (das ist: muns), muhe, muim, muni, muin. Die dritte Form mufie zeigt, daß also früher auch im Nordgegischen die mouillierte Form üblich war, wie heute im Toskischen und Südgegischen. In den Texten kommen selten Konj. vor: neka mbetnie IV 4, wenn ihm auch übrig bleibt. Ebenso hörte ich: no lutnie wenn er bittet, bitten sollte, kus to desje V 1. no nd'ies VI 8. so to dües V 2, deri mos mo prüs VI 12. kur to #kes VI 8. no porbis VI 10. no mos mo gadzös VI 33. Imperfectum. Diese Zeit scheint fast ausgestorben zu sein, das Perfekt vertritt sowohl das Impf., wie auch den Aorist, von dem sich wenigstens bei den meisten Verben noch die Formen erhalten haben. Erfragen konnte ich die Formen nicht, doch findet sich im Texte VI 19 ein „duente me zgul" = „es wäre nötig auszureißen", worin duente offenbar ein Impf. ist. Aorist. Der Aorist hat sehr in seinem Gebrauche eingebüßt. Ich habe nur mit Mühe die Formen erfragen können, die der jungen Generation ganz fremd zu sein schienen. Die Endungen sind wie sonst: -a, -e, -i (resp. u), -in, -t, -n bei konsonantischen Stämmen, -va, -ve, -u; -m, -t, -n bei vokalischen Stämnen, außer nach o- das auch in der III. Pers. -i hat: tsova, -ve, tsoi, tsivm, tsut, tsun. Optativ. Die Endungen sind -sa, -s, -t, -sim, -si[t, -sin. arsa ich würde kommen, ars, art, arsim, arsit, arsiu. pisa ich würde r 207 trinken, pis, pit, pisim, pisit, pisin. datsa ich möchte (zu dua) dats, datst, (dast), datsim datsit, datsin. Bei der Aoristbildung auf -va, die also im Opt. -fsa haben sollte, fällt das f aus: t'osa (kofsa) ich möchte sein t'os, t'ot, t'osim, t'osit, t'osin. Passiv. Das Passivum resp. die reflexive Form ist gut erhalten. Die IL PL im Praes. zeigt aber nicht wie sonst im Gg. -eni, sondern i oder e, wie im Toskischen. Vokal. Stamm me tsua auftreiben, senden; Pass. aufstehen. Perf. iam tsua Praes. Aor. Opt. tsoiem utsova utsosa ie ve s iet utsoi t iemi utsüm sim tsoi üt sit ien ün sin rdzoiem (rrodzohem) ich falle um. düem ich brauche, düet es ist nötig, düe ihr braucht, Auch der Hauchlaut tritt als Hiatustilger auf: suem ich gehe zu Grunde, erlösche, mun-docem ich quäle mich. kuitocem ich gedenke. Auch Kontraktion bei gleichen Vokalen: sem, se set, semi, sei, sen für fsehem ich verberge mich. etsoiem V 2 „durstig werden" ist „etesohem". tsesem flachen" utsesa zeigt reflexive Form nach kroatischem Vorbild, wie auch das Banater Rumänisch ma, rid, das sonst „sich lustig machen über" bedeutet. Der Conj. hat in der II. Prs. -s: sp to dües soviel du nur brauchst, Texte. I. Einfache Beispiele, diali ost i vogol. der Knabe ist klein, dielmot ian to vödzi. die Knaben sind klein, vaiza e mir ost. das Mädchen ist gut. vaizat ian to mira. die Mädchen sind gut. — 208 209 nana e vaizgs ost e smund. motrat to dialit ian to veiesima, ma diali ost i kets, nuko do me puniia. un po poin ni fgmi. po poim sum dielm. iu kam lan mola dielmgve e väizave. un iam msiia me tsit tum. si [gst] uit? uit to ngrit (to ndzet). swar ost koiö ven? o o.- c vena ost e ambol (u#ul). carka ost e nalt. arkat ian to nalta. ^ o dera ost e culot, o o derat to cärkave t-Arbonesit ian tg \ilgta. purtuni i mal tg dzutetit tg Zadrgs gst i bukgr. borka gst e skurt (e gust). kau gst i mal. tset ian tg mloi. delmeia gst e voggl. dent ian tg vogla. die Mutter des Mädchens ist krank. die Schwestern des Knaben sind tüchtig, aber der Knabe taugt nichts, er will nicht arbeiten. ich sehe ein Kind. wir sehen viele Knaben. ich habe den Knaben und den Mädchen Apfel gegeben. ich bin gewohnt zu rauchen (Rauch auszustoßen). wie ist das Wasser? das Wasser ist kalt (warm). was ist das für Wein? der Wein ist süß (sauer=Essig). das Haus ist hoch. die Häuser sind hoch. die Tür ist niedrig. die Türen der Häuser von Arbanasi sind niedrig. das große Tor der Stadt Zara ist schon. das Boot ist klein (eng). der Ochse ist groß. die Ochsen sind groß. das Schaf ist klein. die Schafe sind klein. II. Beispiele aus Gesprächen, kus ko ar[d? wer ist gekommen? tsis tg ko tan? was hat er dir gegeben? kgsgi cul kam ard. diesen Weg (Dat. Loc.) bin ich gekommen. zoti lant! geb' es Gott! ka tg kemi? woher bist du? (woher haben wir dich). pgr-se nuk mus me card? pgr-se nuk kam kur. pgr-se kam t'en i smund. orfeia ko kgrsit ng ni spi. orfeia pret si me brisk. un iam per kgsi katundit. un kam punüa sum e nuk po muin mö.1 me fatse tg bardg. kur mus me ar[d] tuk un? €aina me kulüa tg zezgn (me pi bir). sö sot gst? nant söt. c diet e dzüs. tet e ni tserek. sö pagoni iu pgr kgt kamare? nuk pagöih kurdzo, vets dühet me pagüa pgr me pi. ng pisa mg bgn kets, nuk muin me punüa. sot gst ndzet (ngrit). po bie si (bor). neser ko me bö mot i bukor. warum kannst du nicht kommen? rum. dacä n'am cind = da ich doch keine Zeit habe. weil ich krank war. Ven. la saieta la ze cascä in una caza. der Blitz schneidet wie mit Messer. ich bin aus diesem Dorfe. ich habe viel gearbeitet und kann nicht mehr. du sollst glücklich sein (mit weißem Gesichte). wann kannst du zu mir kommen? laß uns gehen (einen schwarzen) Kaffee trinken (Bier trinken), wieviel Uhr ist es? neun Uhr. 10 ,;9 (Uhr). 8 % (Uhr). wieviel bezahlt ihr für dieses Zimmer? ich bezahle nichts, nur für das Trinken muß ich bezahlen, wenn ich trinke, bekommt es mir schlecht, ich kann nicht arbeiten, heute ist es heiß (kalt), es regnet (schneit), morgen wird schönes Wetter sein (machen). 1) So kam es eines Tages nach vierstündiger Arbeit aus dem Munde des rührend geduldigen Matteo Morovic. Weigand xvii. U — 210 — un düa me mo prü ven. si #ire ti por spi? mo #rasin x. emni iem gst x. si iini? fälemi ners, mir; e iu si iini? a ko dodzo to ri? kurdz[o. si keni flet? ai ost ede no strat. « o o u-tsoi. tso-u! zo bes. kam zan bes. kus po stupon no der? nuk kam ndzie. nuk kam pas mar vest. tsil-e deron- o inisil-e deron (gastaren). tsis po do? ea kan! prit pak atü'! dingö! sigö! speit6 fork! skoim me setit! stier-e no zep! ich wünsche, daß man mir Wein bringt. Wie heißt du? (Wie wirst du zu Hause gerufen?) ich heiße x (sie rufen mich), mein Name ist. wie geht's? danke gut; und wie geht es euch ? gibt es etwas neues? gar nichts. wie habt ihr geschlafen? er ist noch im Bett, er ist aufgestanden, stehe auf! ich glaube [es] (habe Glauben gefaßt), wer klopft an die Tür? ich habe [es] nicht gehört, ich hatte [es] nicht gemerkt, öffne die Türe. schließe die Türe (das Fenster). was willst du? komm her! warte hier ein wenig! höre! schaue! eile dich sehr! gehen wir spazieren! stecke es in die Tasche! III. Beispiele zum Vergleiche mit Pisko's „Kurzgefaßtes Handbuch der nordalbanesischen Sprache" (Skutarinisch). Ich habe die Sätze in kroatischer oder italienischer Sprache vorgesprochen. Pisko p. 4. nana ost e mir. motrat ian to kotsiia, flakat po swet-löin (kroatisch leuchten), ai po e do nanon mir. trumbat r — 211 — (die Säulen) ian gurit oli (kr. ali = oder) drasas. po bin dze#ot? dze#ot nuk po bin. ku motra? motra kotü. a trumbat ian tg vogla? flaka ost e kütse. motra po e do mir dze#ot. i Pisko p. 5 u. 6. libri ost i tatgs. kü zog ost i motros. e kam pö (gesehen) librin to tatos (nicht e tatos, wie sonst üblich), i kam bie zodzot to mötrave. spiia ost e tatgs. e kam pö spm tg motros. spiiat tg (nicht e) tatgs ian tg bükora. kgtö spiia ian to mötrave. iu kam lan mola fgmive tg tatgs Ich habe den Kindern des Vaters Äpfel gegeben. | IV. M. Morovic spricht über den Weinbau. 1. düet neri pak me mendüa por me dit do-dzo. un kam t'en pgrng iet, an-kam pö si no tiera cpn punöin vgnestgn. fort mir e punöin e stropisin ko katgr, pes cer vgnestgn pgr me t'en astü i bukor rusi i tsungut, 2. antena gst vena fort e mir, pgrse kur nuk punoiet, rusi s-mune me t'en i ambol e por-tä ambglzia e bon me | t'en ven tg mir. e stropisin por m-u-mboit dze#i ng tsung. antena moviet si tg-lesta vgnesta e düet sum me cardzüa casgr pgr atö puna. 3. e nai ne nuk ko dzi-kus casgr pgr me punüa astü, si e punöin ng tiera cpn. i skreti neri, ng mos ko casgr, mundet me lan mundin to vet dzi me tret. o 4. kur s-ko me tsis me punüa tiert nuk doin me lan, por se mendöin, si kü neri se s-ko me kur pagüa, e pgr-tä astü biret. e ai mendön, se do-dzo se ko me mbet rus. ani neka mbetnie, nuk i vien kurdz vena. e antena e ko bir dzi mundin to ti. o IV. Wörtliche Übersetzung. 1. Der Mensch muß ein wenig überlegen, um etwas zu wissen. Ich bin in der Welt gewesen und habe gesehen, wie sie anderwärts (andere Seite) den Weinberg bearbeiten. Sehr 14* — 212 _ gut bearbeiten sie ihn und spritzen je vier-, fünfmal den Weinberg um zu sein so schön die Weinrebe. 2. Dann ist der Wein sehr gut, weil, wenn sie (die Rebe) nicht bearbeitet wird, kann die Traube nicht süß sein und deshalb die Süßigkeit macht ihn zu sein guten Wein. Und sie spritzen, damit das Blatt (collectiv gedacht) zurückbehalten wird am Weinstock. Dann wird blau (bläulichgrün) wie ein Wolltuch der Weinberg, man muß viel Geld ausgeben für diese Arbeiten. 3. Und bei uns hat niemand Geld um [ihn] so zu bearbeiten, wie sie ihn bearbeiten anderwärts. Der arme (gottverlassene) Mensch, wenn er kein Geld hat, muß seine Arbeit ganz mit Verlust lassen (muß ganz umsonst arbeiten). 4. Wenn er (einer) nicht hat mit was (nämlich Geld) er bearbeiten soll, die andern dürfen [ihn] nicht [sich selbst] überlassen (seinem Schicksal überlassen), weil sie denken, wie daß dieser Mann nicht hat wann zu zahlen [sein entliehenes Geld] und deshalb so zu Grunde geht. Und er (der arme Mann) denkt, daß ihm etwas von den Trauben übrig bleibt. Auch wenn übrig bleibt, dann hat der Wein keinen Wert (Preis). Und dann hat er sie verloren seine ganze Mühe. V. Der betrogene Teufel. 1. kan t'en tre dzint, kan t'en mits to mleiii (oder mgdein). ani e kan bo normiet sis, kus to desie i pari pe sis, se düet, kur to desie, me u-rüoit brenda no kis. 2. astü ko ar köa, se nani pe sis ko dek. ata e kan spü no kis, e kan rüoit dzi naton. po nani pe sis etsoiet, ani #ot ati, tietrit sokut to vet: „ai! sko! bier me pi ng spi-ieme, mer sö to dües!" 3. e astü ai ko vot me mar. e tieri ko mbet me rüoit sokun to vet, e tsis bon kü, tsis ko mbet brenda no kis? ai e citsin to dekumin, an-e stie no to vond to ti, ku ko rit para ai. 4. e no-tä tuk po vien; me pi ko prü. ani ai po i-iep me pi to dekumit. po i #ot: „na pi, na pi!" e ai nuko dot kur-dzo. — 213 — 5. kü tietri ko cip nalt, ku ko t'en soku i-ti, e noi prap po i #ot: Jna pi, na pi!" e ai, i dekumi, kur-dzo po flet. e ai i tietri, #ot: „ama mua, kur z-do ai!" e no-tä noi trernbet e #en bardakun me dzi# -en (für ven. #v > #). 6. antena kü ikon pe merie no spi, e ko lan sokun vet, astü ko rit no kis. mas-antena ko mendüa, tsis ko bo, e tas moräs me rüoit vet. 7. e no-ta i vien ni zotni i mal, e po itsin kaparanin to vet e ko 'ip nalt no tabüt, e po e riepon to dekumin. e kü sok po 'sigön, tsis po bon. e antena-st kuitüa, se p-e riepon. e pati me vete ni tsop skop; ani ia pritsi kaparanin to ti. e ata ko t'en drets. 8. kur ko dretsi zdrüp postier, po sigön oko vetit, nuk gst kaparani i ti. ai #ot: „kus m-a ko spu?" e ng-ta e poiti, se-st kgtü brenda ni neri. e po i #ot: „ama kan kaparanin iem!" 9. „nuk t-a iap; le atü likurgn tg sokut-iem, anten-t-a 10. e dretsi ko morät me i-a lan likurgn tg sokut tg ti. V. 1. Es waren drei Männer, [die] waren große Freunde. Nun haben sie unter sich ausgemacht, wer zuerst unter ihnen sterben sollte, daß er, wenn er stürbe, [von den beiden andern] in der Kirche drinnen bewacht werden solle. 2. So ist die Zeit gekommen, daß einer unter ihnen gestorben ist. Sie haben ihn in die Kirche gebracht, und haben die ganze Nacht gewacht. Der eine von ihnen bekommt Durst, und sagt seinem anderen Gefährten: „Auf, geh! hol' zu trinken in meinem Hause, nimm soviel du brauchst (nötig ist)!" 3. Und so ging er zu holen. Und der andere blieb seinen Gefährten zu bewachen. Und was tut dieser, der drinnen in der Kirche geblieben ist? Er nimmt den Toten heraus, und setzt ihn an seinen Platz, wo er vorher [selbst] gesessen hat. — 214 — 4. Und unterdessen kommt er gerade; zu trinken hat er gebracht. Nun reicht er dem Toten zu trinken. Dabei sagt er ihm: „Da, trink!" Und der antwortet nichts. 5. Dieser andere ist hinaufgestiegen, wo sein Gefährte gewesen ist, und jener sagt ihm (dem Toten) wiederum: „Da, trink!" und er, der Tote, sagt gar nichts. Und er, der andere, (der sich auf die hochstehende Totenbahre begeben hatte) sagt: „Gib mir, wrenn der nicht will!" Und da erschrickt dieser da und zerbricht (läßt fallen) den Krug mit allem Wein. 6. Darauf geht dieser aus Furcht heraus nach Hause und hat den Genossen allein gelassen. So ist er in der Kirche geblieben. Später hat er überlegt, was er angerichtet hat, und jetzt muß er allein wachen. 7. Unterdessen kommt ein vornehmer (großer) Herr, zieht seinen Rock aus und ist hinauf auf den Katafalk gestiegen und zieht dem Toten die Haut ab. Der Gefährte schaut zu, was er macht. Da hat er sich gedacht, daß er ihn schindet. Und er hatte bei sich ein Stück Stange; jetzt zieht er ihm seinen Rock weg. Und das war der Teufel. 8. Als der Teufel hinunter gesprungen ist (vom Katafalk), schaut er um sich. Sein Rock ist nicht da. Er sagt: „Wer hat mir ihn weggebracht?" Unterdessen sah er ihn, daß hier drinnen ist ein Mann. Er sagt ihm: „Gib mir her meinen Rock!" 9. „Ich gebe dir ihn nicht; laß hier die Haut meines Gefährten, dann gebe ich dir ihn." 10. Und der Teufel hat ihm die Haut seines Gefährten lassen müssen. VI. Märchen vom geizigen Pfarrer und seinem Knechte. 1. kan t'en stat vlazni e pe kosis vlaznis nani rogdn pri#in sum mot, dümet tremet viet. antena ia iüpon pogon to ti, tsis ko rogüa. kü pri# i dot: „nuk to pagoin kur-dzo, deri mos mo prüs tri tsümbe to lutsiferit, ai ost zoti i to dzilve dretsneve." — 215 — 2. e antena kü roktor (rogtar) i #ot pri#it: „por-se nuk doni me pagüa?" e kü #ot: „nuk to pagoin kur-dzo, der-mos mo prüs ata, tsis to kam #an. 3. antena kü neri nuk di, tsis me bo; por-se at-pun ku) e fitön? antena stüpon kniet, ani niset pri-iet (= por iets e astü ko vot sum mot porno goi e no-ta ko dzie (get) ni spi. 4. ost dal nai kot spi. kur po se, po dalin pe kosoie spie stat dzint e ata kan t'en vlazon. 5. po pon kü neri, se po itsin pe iare stat tse e po vrasin ata, dzi#ili tg vetin, por me coilgor misin. 6. por kon ost dzi kotä mis? por ne stat vlazon. a dzi äts iu °ani? e dit por dit kos tu. e! sum ost ata. 7. ata #oin: „e kur murasim äts me caiigor e no-ta povesin ata kot neri. ku po skon ti?" „un po skoin pri-iet por kotä: un kam rogüa pri#in käts viet, ani nuk do me mo pagüa, der-mos ia bie tri tsümbe to lutsiferit. 8. ata i #oin: „kus e dzien ata? ata-st tepor tepor larg. ti ke me nd'ie do-dzo por ne, pgrse ne po süemi dit por dit öm stat tse. e ti, no nd'ies do-dzo por ne, kur to #kes prapa, na ke me gadzüa, por mos me coiigor käts." 9. e ai ko vot prap para. e po porbie pran ni puntörit e po i #ot: „tsis po bon ti?" e ai po i #ot: „voita, e zgulin kot mol, porse deri tas dzi porno ngd'e ko bo plot sapetin me mola to cärit e tasi z-bon kurdz. a ku po skon ti?". 10. ai gadzön: un skoin me ia zgul tri tsümbe to lutsiferit. „nuk e dzien ti atö." „moräs me dzie." „e anten dingö: ti po skon tepor larg; kur to #kes prapa, n§ porbis kosait, na ke me gadzüa do-dzo por kot mol." 11. ko car no ni dzutet to mal e po nd'ien, se po des e bia e mbretit, anten ko vot para porno goi e pon ni lepur. e kü skon mas-si. — 216 — — 217 — 12. e no-tä ko 'ar ng ni bir e sigön postier, kur ko 'ar postier, e dzien lii grua brenda, e ko grua i #ot: „por tsis ke car? 'ik kgsäit, se kan me car tas sum dretsrle e lutsi-feri me-ta," 13. „un por-ta kam ede car!" e aio gruaia i #ot: „to kan me mbüt e un nuk kam, ku me to se." 14. „e un kam ar me to lut tü, ia ke me zgul lutsiferit tri tsümbe. ani ke me mbostiol ng ni tsop korp. ani m-i ke me dan mua, porse fort mo düen, por me ia dan pritHt. antena priiH m-i iep müa casort to mia, tsis kam rogüa." 15. „e kus ia ko me zgul? na mbüsin, tü e mua," 16. e no-ta afrüa-st nata e ai set nor kamizot to soi. no-ta kan ar dretsnet. ani kan zan me mar frümon e me o o #an: „kotü ko mis to korsten." e aio grüaia #ot: „e kus e ko pg, ian dümet, tremet viet, se s-pova." 17. e no-ta e ko zan d'umi. e ko grua ia zgulon pe mekre ni tsümbe. dretsi bortet: „tsis kotä?" e aio #ot: „kam po ni d'um, se stat vlazni dit por dit con stat tse, dzitHli to vetin." 18. e dretsi po #ot: „e nuk bon krüts e no-ta ne dimoim me conggr." e antena prap po fle. e ko grüa ia zgulon tsümben t'etor. e kü bortet e aio #ot: „kam po ni d'um, se ni mol dzi porno ngd'e ko bo plot sapetin me niola ig carit. e tasi z-bon kur-dzo. 19. e dretsi #ot: „ne kemi posvvöit. e duente me zgul molon, ani me sti me remba no de." 20. antena e ko zan d'umi dretsin. e ko grüa ia zgulon to treton tsümbe. e no-tä ko dzbard. e #ot ko grua: „tas ede pak, ik kosäit, mos ea kur-vise kan!" 21. e kü roktor ko vot iast e ko car nai to bien to kralit: „e un di me sondös bien iüoi (ton), un di, se tsis düet me bo. düet me rdzüa kot kantü to spis." 22. e kan dzie ni zab to gubot. e ng-tä vien ni prili e bon me cik kot zab kosäit. e no-tä e bia e mbretit tsoiet np O O C ^ O o '- bü^. antena tsesin topa: gst sgndos! ost ni gazment i ma]. 23. antena e povetgn mbreti kgt roktor: „tsis doni un me iu dan tas iuve, pgrse m-a keni sgndos bien?" e ai #ot: tsis mg dansi iu?" 24. e mbreti #ot: „a doni me rit me müa kotü, nuk tg mungön kurdz." „nuk muin tas," dot ai, „porse mg dü'et me sküa nai pri#in me lüp casgrt to mia; antena Okem prapa," antena i iep i mbreti sum casgr kotit roktor. e pozdravitet e skon para, 25. ko ar nai kgt puntüor, tsis ko punüa nai kgt mol e #ot ai: „o, a dini do-dzo?" „un di, un di. zgul-e kgt mol, ani stier-e me remba ng de. aio ko me bo dzi pgrno nod'e sapetin plot me mola tg carit." 26. kü neri e ko zgul e ko diilgüa, tsis ko #an kü roktori. e antena-st ni gazment i mal. tsesen e i iapin dorgn nani t'etrit. „m-o kanda, m-o kanda! tsis do tas un tü me tg dan?" ai #-ot: „tas mg cipni ata tsis tg doni." ai ia ko dan plot ni torb me mola tg carit. 27. e no-ta ko vot. ko car nai kotä stat vlazni. e ata o < c o e poin e i #oin: „a di do-dzo por ne?" „un di; mos u-tremni, nuk keni me cpnoor v^e äts." 28. antena urnön me vro ni vits to vogol, e io kaun. e ata tsesin vlaznia, se tsis po #ot. e no-tä e vrasin vitsin. e ai stie me zie vet ni tserek. e ng-tä kan pak prit, der-gst zie. antena roktori e stie misin ng trües e-iu ^-ot: ,,a, skoni, rini mas trüese!" 29. e ata e dingoin e rin mas trüese. tas roktori #ot: „iu keni me bo si un: prentoti, biri, spirti, astü t'öt! tas lutni iu mas meie!" 30. e ko #an otsenasin e zdra Marien e slavotsgn. e ata kan lut mas si. 31. tasi muni me congor" iu #ot. ata kan congor, so ^an das. nuk kan muit mö me 'ongor. antena kan zan me sigua nani ng t'etor e me u-tses e me dan dorgn riani t'etrit. — 218 — f — 219 — 32. ai ko vot tu pri#i e ia gadzön pri#it tsümben. e pri#i e mer tsümben. ani e sigön: „a-st e ti? valai, ost e ti." 33. priiK ia pon no zep dü, tri mola to carit. ani dot: „nuk tg pagoin kurdz, np mos mg gadzös, ku gst lutsiferi. e no-ta i kapgn kwalt, i stie ng kareti. ani skoin me dzie lutsiferin. 34. ng-tä kan ar n-at vont. kgtsen iast lutsiferi e kapon pri#in, e spie brenda ng bir. e roktori #ken prapa, e astü ko mbet dzi tg ti. VI. 1. Es waren sieben Brüder und unter diesen Brüdern dient der eine dem Pfarrer lange Zeit, 12—13 Jahre. Darauf bittet er ihn um seinen Lohn, den er verdient hatte. Dieser Pfarrer sagt ihm: „Ich zahle dir nichts, bevor du mir nicht bringst drei Haare des Luzifer. Er ist der Herr aller Teufel. 2. Darauf sagt dieser Diener dem Pfarrer: „Warum wollt ihr mich nicht bezahlen?'4 Dieser sagt: „Ich werde dir nichts bezahlen, bis du mir nicht das bringst, was ich dir gesagt habe." 3. Darauf weiß der Mann nicht, was er tun soll; derm wer gewinnt (kann erfolgreich ausführen) diese (eine solche) Sache? Da zerbricht er sich den Kopf. Nun macht er sich auf in die Welt und ist lange Zeit durch Wald gegangen und dann hat er ein Haus gefunden. 4. Er ist herangetreten an dieses Haus. Als er [es] sieht, kommen grade aus diesem Hause sieben Männer heraus, und das waren Brüder. 5. Dieser Mann sieht gerade, daß sie aus dem Stalle sieben Ochsen ziehen und sie tot schlagen, ein jeder den seinigen, um das Fleisch zu essen. 6. Für wen ist all das Fleisch? Für uns sieben Brüder. Aber alles soviel eßt ihr? Und jeden Tag so. Ach, das ist viel. 7. Sie sagen: „Und wenn wir nun soviel essen müssen!" Und dann fragen sie diesen Mann: „Wohin gehst du?" „Ich gehe durch die Welt deswegen: ich habe dem Pfarrer gedient soviel Jahre, nun will er mich nicht bezahlen, bis ich ihm nicht drei Haare des Luzifer bringe." 8. Und die sagen ihm: „Wer soll es finden? Das ist sehr, sehr weit. Du wirst [auf deiner Wanderung vielleicht] etwas [Rettendes] für uns hören, denn wir gehen zu Grunde. Tag für Tag essen wir sieben Ochsen. Und du, wenn du irgend etwas für uns hören solltest, wenn du wieder zurückkehrst, wirst du es uns erzählen, damit wir nicht soviel zu essen brauchen." 9. Und er ist wieder weiter gegangen. Und er kommt bei einem Arbeiter vorüber und sagt ihm: „was machst du?" Und der sagt ihm: „Ich bin gegangen und reiße diesen Apfelbaum heraus, denn bis jetzt hat er immer am Morgen ein Faß voll goldener Apfel gebracht (gemacht) und jetzt bringt er gar nichts. Wohin gehst du?" 10. Er erzählt: „Ich gehe um dem Luzifer drei Haare auszureißen." Du findest ihn nicht. Ich muß ihn finden. Dann höre: du gehst sehr weit; wenn du wieder zurückkehrst, wenn du hier vorüberkommst, wirst du uns etwas (Nützliches) für diesen Apfelbaum erzählen [damit er wieder goldene Äpfel trägt]." 11. Er ist in eine große Stadt gekommen und hört, daß die Tochter des Königs im Sterben liegt. Dann ist er weiter gegangen durch Wald und sieht einen Hasen. Und er geht hinter ihm her. 12. Und dann ist er an ein Loch gekommen und schaut hinab. Als er hinuntergekommen ist, findet er darin eine Frau. Und diese Frau sagt ihm: „Wofür bist du gekommen? Geh weg von hier, denn jetzt werden viele Teufel kommen und Luzifer mit ihnen." 13. „Gerade deswegen bin ich gekommen!" Jene Frau sagt ihm: „Sie werden dich umbringen und ich habe nicht, wo ich dich verbergen könnte." — 220 — 14. Und ich bin gekommen um dich zu bitten, dem Luzifer wirst du ausreißen drei Haare. Dann wirst du sie einwickeln in ein Stück Tuch. Dann wirst du sie mir «"eb en, denn sie sind mir sehr nötig, um sie dem Pfarrer zu geben. Dann gibt mir der Pfarrer mein Geld, das ich verdient habe." 15. „Und wer wird sie ihm ausreißen? Sie bringen uns um, dich und mich." 16. Und indem ist die Nacht herangekommen und er verbirgt sich unter ihrem Kleid. Dann sind die Teufel gekommen. Dann haben sie begonnen Witterung zu nehmen und zu sagen: „Hier gibt es Christenfleisch." Und die Frau sagt: „Wer hat ihn gesehen? (d. h. niemand hat den Christen hier gesehen). Es sind 12—13 Jahre her, daß ich keinen gesehen habe." 17. Und dann hat ihn der Schlaf ergriffen. Und die Frau reißt ihm aus dem Barte ein Haar aus. Der Teufel schreit: „Was soll das?" Und sie sagt: „Ich habe einen Traum gesehen, daß sieben Brüder jeden Tag sieben Ochsen essen, ein jeder den seinen." 18. Und der Teufel sagt: „Sie machen kein Kreuz und da helfen wir beim Essen." Und dann schläft er wieder. Und die Frau reißt ihm das andere (zweite) Haar aus. Und er schreit und sie sagt: „Ich habe einen Traum gesehen, daß ein Apfelbaum immer am Morgen hat gebracht einen Korb voll goldener Apfel und jetzt bringt er nichts." 19. Und der Teufel sagt: „Wir haben sie uns angeeignet. Und es wäre nötig den Apfelbaum auszureißen, dann hineinzustecken mit Zweigen in die Erde." 20. Darauf hat der Schlaf den Teufel ergriffen. Und die Frau reißt ihm das dritte Haar aus. Und dann ist es lichter Tag geworden. Und die Frau sagt: „Jetzt noch ein wenig, [dann] geh weg von hier, komme niemals wieder hierher." 21. Und der Diener ist hinausgegangen und ist gekommen zur Königstochter [und sagt] „Ich kann eure Tochter — 221 — gesund machen. Ich weiß, was man tun muß. Man muß abbrechen diese Ecke des Hauses." 22. Und sie haben eine häßliche Kröte gefunden. Und dann kommt ein Pfarrer, macht diese Kröte herauskommen von dort. Und dann die Tochter des Königs erhebt sich auf den Hintern. Dann schießen sie Kanonen [und rufen]: sie ist gesund! Es herrscht eine große Freude. 23. Dann fragt der König diesen Diener: „Was wollt ihr, ich euch jetzt zu geben, weil ihr mir die Tochter geheilt habt?" Und er sagt: „Was würdet ihr mir geben?" 24. Und der König sagt: „Wollt ihr bei mir hier bleiben, so mangelt dir nichts." „Ich kann jetzt nicht," sagt er, „denn ich muß zum Pfarrer gehen um mein Geld zu fordern; dann kehre ich wieder zurück." Darauf gibt der König dem Diener viel Geld. Und er nimmt Abschied und geht weiter. 25. Er kam zu dem Arbeiter, der an dem Apfelbaum gearbeitet hat und der sagt: „Nun, wißt ihr etwas?" „Ich weiß, ich weiß. Reiß den Baum aus, dann stecke ihn mit den Zweigen in die Erde. Er wird immer am Morgen einen Korb goldener Apfel tragen." 26. Der Mann hat ihn ausgerissen und hat befolgt, was ihm der Diener gesagt hat. Dann herrscht eine große Freude. Sie lachen und sie geben einer dem andern die Hand. „Ich bin entzückt! WTas soll ich dir jetzt geben?" Er sagt: „Gebt mir, was ihr wollt." Und er hat ihm einen Ranzen voll goldener Äpfel gegeben. 27. Dann ist er weggegangen. Er ist gekommen zu den sieben Brüdern. Und die sehen ihn und sagen ihm: „Weißt du etwas für uns?" „Ich weiß; habet keine Furcht, ihr braucht nicht mehr so viel zu essen." 28. Dann befiehlt er ein kleines Kalb, aber nicht den Ochsen zu schlachten. Da lachen die Brüder [über] das, was er sagt [vor Freude]. Dann schlachten sie das Kalb. Und — 222 — — 223 — er stellt zum Kochen nur ein Viertel [des Kalbes] auf. Daun haben sie ein wenig gewartet, bis es gekocht ist. Dann stellt der Diener das Fleisch auf den Tisch und sagt ihnen: „Kommt, setzt euch hinter (an) den Tisch!" 29. Und sie gehorchen und setzen sich an den Tisch. Jetzt sagt der Diener: „Ihr werdet machen, wie ich: Im Namen des Vaters, des Sohnes und des hl. Geistes, amen (so geschehe es)! Jetzt betet ihr mir nach." 30. Und er hat gesagt das „Vaterunser" und das „Gegrüßt seist du Maria" und das „Ehre sei Gott". Und sie haben ihm nachgebetet. 31. „Jetzt", sagt er ihnen, „könnt ihr essen." Sie haben gegessen, wieviel sie gewollt haben. Sie haben nicht mehr essen können. Dann fingen sie an einander anzusehen und zu lachen, einander die Hände zu schütteln. 32. Er ist zum Pfarrer gegangen und zeigt dem Pfarrer das Haar. Und der Pfarrer nimmt das Haar. Dann betrachtet er es: „Ist es seins? Wahrhaftig, es ist seins." 33. Der Pfarrer sieht in der Tasche zwei, drei goldene Apfel. Dann sagt er: „Ich zahle dir nichts, wenn du mir nicht sagst, wo der Luzifer ist. Und sie bringen die Pferde herbei und spannen sie an den Wagen. Dann gehen sie um den Luzifer zu finden. 34. Dann sind sie an jenen Ort gekommen. Luzifer springt heraus, ergreift den Pfarrer und bringt ihn hinein ins Loch. Und der Diener kehrt zurück, und so ist alles ihm geblieben. VII. Einzig erhaltenes Lied. kpndön zogu, zog mulina ng vond iara dundofile. tuk po vien ni dial i ri por vaizon me mär. mos sigö vaizon por pai, paia vien o, paia skon o; 'grdza vien o, kür nuk skon o. po sigö, dial i ri, tsil-i süt, tsis po bon-e; mos so-e vetem, tsis ke mär, porse ata, tsis ke prü, ko me t'eno deri mordie tande. e por-ta mos arö, tsis kam #ano. Der Vogel singt, (der) Vogel Amsel am Orte Häuschen Rosenstock (die Stelle ist verstümmelt; dundofile soll eine Blume sein, es ist offenbar trondafile und geht auf nordgeg. *drandofile jetzt dranofilo zurück. G. M. Wb. gibt aus Bo. Erizzo dendufile = Nelke an. iare erklärte mein Gewährsmann mit „Stall, kleines Haus" s. Glossar. Die Amsel singt an einem Häuschen auf dem Rosenstock). Sieh' da kommt ein junger Bursche um das Mädchen zu nehmen. Sieh' nicht an das Mädchen wegen (der) Mitgift; die Mitgift kommt, die Mitgift geht (o ist nur Füllsel beim Gesänge), (aber) die Zanksüchtige kommt, und nimmer geht sie. Aber schaue, junger Bursche, öffne [sie] die Augen, was du [es] tust; sieh nicht nur auf das. was (nämlich: die Mitgift) du genommen hast, denn das, was du gebracht hast (nämlich: die Braut ins Haus), wird bleiben bis zu deinem Tode. Und deshalb vergiß nicht, was ich gesagt habe. Glossar, Das folgende Glossar enthält das im grammatischen Teile und in den Texten vorkommende Wortmaterial (ohne die flexivischen Formen und Zahlwörter) ferner alle Wörter, die ich in Gesprächen erhaschte oder erfragte. Die in runder Klammer beigefügten Formen sind die in Elbassan üblichen, wie sie mir bekannt sind, nicht etwa nach Christophoridhes, der mit (Christ.) besonders angegeben wird, während (Bashk.) die Kürzung für das von der Gesellschaft Bashkimi in Skutari herausgegebene „Fialuer i rii i Shcype's" ist, Verbalformen — 224 — sind meist im Präsens angegeben, wenn sie aber besonders abweichen, auch im Infinitiv. Auch die Etymologie habe ich für diejenigen Wörter angegeben, die aus dem Venezianischen oder Kroatischen (Ikafstina) entlehnt wurden; die also im übrigen Albanesischen nicht vorhanden sind, aber auch bei einigen sonst bekannten Wörtern, die bei G. Meyer nicht erklärt oder nicht erwähnt sind, habe ich das Etymon beigefügt. Bei selteneren Wörtern, oder solchen mit bemerkenswerter Bedeutung ist auch die Belegstelle aus den Texten angegeben. T a ist hier regelmäßig gebrauchte Fragepartikel. ca ich esse. Inf. congor. afroirl nähern, afrua-st ist herangekommen VI 16. ai! cai! auf! vorwärts! caina! oo para! vorwärts! laßt uns gehen! Es handelt sich um die Interjektion hai -f-na = wir. Auch rum. bulg. kroat. wird „haideu mit verbalen Suffixen versehen. akut-i Eis. ama aber V 5. ambol süß. ambolzi-a Süßigkeit. an s. on Seite. c an, ani und dann, darauf; antena dann, da, darauf, ana Mutter. can-a Mond, ane-a Montag, an = ene = ede und. antena dann, darauf, ap s. me dan. ar, pr Gold (flori). Arbones Arbanasi, Borgo Erizzo. ard kommen; vin; erda. arduts-a Eidechse, ardusko; bei G. M. Wb. unter hardje. cärit VI 9 golden (arot; art). Die Form sieht aus wie ein Gen. Sg. zu är. carka Haus (ark Kasten), aröin VII 13 vergesse (caroi). asäit adv. von hier s. kosait. asor Geld, Geldstück, aus geg. aster Bashk. für asprs G. M. Wb. astü so. atie dort (bei ihm). atid stark (Variante atil) aus atil = solcher. Der Bedeutungsübergang zeigt eine überraschende Parallele zu rum. tare stark aus lat. talis solcher. atü da, dort, I ats soviel (ak). — 225 bäba Großmutter (kroat.). baiet es geschieht zu me bo. bal-a Stirn, bardäk-u Krug, bark-u Bauch, Leib, bask adv. zusammen, be-ia Schwur, ber-i Rind. bes Glaube, Vertrauen. bie fallen; tragen. 1. pruva, 2. rosa, 1. prü, 2. ro. bier s. bir. bin, bon ich mache, bir-i Sohn, bii-a Tochter, bir Loch, biruts Grube, bir verlieren, birem gehe zu Grunde, biz-a Erbse, venez. bizo. bol-a Schlange, bor-a Schnee, vdor Durazzo, Tirana, bo gemacht zu bin. bork-a Boot, it. barca od. aus dem Kroat. bortäs, -tet VI 17 schreien, me bortit. bram Abend, gestern Abend. s. bromie. breglöin lärmen, streiten (brigoi Bashk). brenda VI 34 hinein, brisku Messer cf. kroat. bricka. bromie, nesor ng oo morgen Abend, brul-i Ellenbogen, brum-i Sauerteig. Weigand xvii. Ibukor schön. I butär-i große Schlange, Drache. ! s. bol-a. bumbulön es donnert, cf. arom. ! bumbuneadzo. i o i buz-a Lippe, i bü# VI 22 Hintere, büst-i Federhalter. i | dai-a Onkel daiko. Vok. tk. I dal; dola hervorkommen, her- | ausgehen. | däm Schaden. | das-i Widder. Idas wollen dua, do; desa. | dek sterben, des; deka. | dekum gestorben. I delme-ia Schaf, pl. den. ! der-a Türe. der[i bis VI 28 deri mos bis nicht, des für vdes sterbe, det-i Meer, di ich weiß; dita. diä#-i Käse, dial pl. dielm Knabe, died-i Sonne, diel-a Sonntag, did-i Großvater (kroat,). dirnöin VI 18 helfe, dingoin VI 29 gehorche, höre, dit wissen, s. di. dit pgr dit täglich, dit Tag. dlan-i flache Hand; Ohrfeige. (pgläm; supläk) -j/kroat. dodzo etwas (do-gä). 15 I — 226 dor-a Hand, dos-a Schwein, dord-i Birne (dardj. dor-no = deri ndo bis. dras Brett. drek Mittagessen, drekin zu Mittag essen, drets pl. -tshe Teufel (drek). drezg-a Grind (G. M. Wb. unter dreg£Z£. dri#-i Gerste (elb-i). dril rein; drilih durchseihen cf. rum. curat rein zu culare. dua, do s. das wollen, lieben. arom. vreau wollen, lieben, dunai-a Fluß. Könnte big. Dunav Donau sein, doch finde ich das Wort sonst nicht. Die kroatische Form ist Tuna. Ungewiß, dutsan-iLaden; o© änin Krämer (dukan G. M. Wb.). du ein ich brauche, düet es ist nötig, zu dua. dümet zwölf (dümod'it). d'atf-i pl. d'e# Blatt. d'a#fc rechts (dja#te G. M.). d'ak-u Blut, d'ast sechs, d'aslot sechzig. d'e adv. gestern, pard'e vorgestern, de no nod'e gestern früh. d'el-i Hahn. d'ist-i Finger (gisfc). d'ot (gal) lebendig. d'u-ia Zunge, Sprache, (gu-hon-a) gü-na Durazzo. d'um-i (gum) Schlaf. d'un-i Knie (gü-ni). dzbard VI 20 hell werden, Tag werden; zu bard weiß, hell. dzenori Januar it. dzi all, ganz. (gi#). VI 18 immer, dzi-ku überall, dzi-faro allerlei, dzi#er (gi^-her) allemal, immer, dzi-kus jeder (niemand mit Neg. beim Verb). dzie finden (get) dzien (gej). dzi#iliVI17 (gi#-tsili) ein jeder, dzind,-dia Leute. (Bask. ghinn, -nnia). dzilve Dat. PI. zu dzi[#. dzuaiii jagen (guj). dzutet-i Stadt (gütet). dzüs (güzom) halb. dansa VI 28 Opt. zu ap. de aus ve zu vü legen s. Anom. demb imp. es schmerzt, mua mo oo? tü to oo. (jetzt geg. dem, tosk. domp). den-i Erde (de-u). den-t pl. Kleinvieh (Schafe, Ziegen) (delme). di-a Ziege, die scheißen d'ieiu. diet zehn. #ano nur im Liccle VII l-'-sonst $än sagen s. Anom. — 227 #ein zerbreche. #ekon, -kni Korn (#ekoro G. M. Wb.). #embr-a Ferse. #I-u Eber. #iap-i pl. #iep Ziegenbock. #ik-a Messer. #irem ich werde gerufen zu #ras. j #kes Konj. zu #kein; me #küe | (ko#ei) wenden, umkehren, j #om #ua #ot sage. #ras ich rufe, me #ir; #rita. #ua, #oni Nagel. #üe brechen, #ein. ea! komme! VI 20. ede und. ekur-i Eisen (hekor, -kri). emon — emni Name. endzul, -di Engel (enil) engil Durazzo. ente-a Donnerstag, er-a Wind. c 'er Mal. cerl, -la Nest; sonst tsordo, das zu tserl werden könnte, aber der Ersatz von ts durch den Hauchlaut ist mir sonst nicht vorgekommen. et, etia Durst, etst durstig. etsoiem aus etesohem Durst haben. falem ich danke, fas, -sa Fetzen, Fußlappen, Windel, Fahne. fatse (fake) Gesicht, fe-ia Glaube. c ~ fiank-u Weiche, Flanke. Ven. fianca. fier-i Farren (fir). fik-u Feige. fitoin VI 3 gewinnen, mit Erfolg ausführen, flak Flamme, Licht, flambur-a F^ahne. flas s. fol. fle; fleta (fieta) schlafe, flet-a Flügel. fol sprechen s. Anom. 204. fort stark; sehr, fortün-a Sturm (fortun). fomi Kind. arom. fumeale Kinder. fork in Verbindung: speitö fork eile dich, fix! Skut, fork schnell, kroat, frk sogleich. frason Esche. frutul-a Schmetterling, oo Ion, flattern. frün ich blase; früiern sich aufblasen, sich voll fressen. frümVIlö Witterung, Geruch. ftul-i einjähriges Schaf (oder | Ziege), j fus-a Ebene. I füt-i Kehle. ; gadzöin zeigen, erzählen, für kaldzon (G. M. Wb. unter 1 kal). s gatoin bereite. 15* i — 228 gazment VII 22, 26 Freude. (gozim) mit it. Suffix, goi-a Mund. goi Wald, kroat, gaj, goi. grim-i Krümchen Dim. grimts. grin Aor. griua zerstückeln. gro pl. zu grua, grun, -ni Weizen. gubot VI 22 häßlich, eiterig. gudlits Ferkel kr. gudlada = Jährling, (dirk, kolüs). gusär Räuber; gusron stehlen. gusk-a Gans; gusk-u Gänserich; kroat. guska. gus-a Kropf. gust eng. ci, cini Asche. iaia Tante, auch Skut. iam s. t'en. iar-a VI 5 Stall, Hütte, kroat. jär, jachar. tk. achor. iast hinaus; präp. Abi. außerhalb, iast-pe. iazda Pferdestall. id-i Zicklein (kets, ke#). iet Welt-, Leute. "idurn bitter (idum, idot). iez-i Igel (kroat.) (irik, uri#). ik[in gehe heraus. VI 12, 20 cik Impt, ilk-i Eiche (dusk). cip hinaufgehen. citsin ich ziehe heraus (hek). iu ihr Dat. ihnen. iug-u Süden (kroat.). ka (nga) 1. woher; 2. von, von — her. kais-i Riemen; wahrscheinlich aus dem Kroat, Tk. kam ke ko s. pat Anom. p. 204. kamäre Zimmer, kamb-a Bein. kambrik-u Shirting, Baumwollenstoff, venez. eain-briche. engl, cambric. kamizöt VI 16 Kleid, Rock, venez. camisoto. kan adv. hier, hierher V 8 ea kan komm hierher VI 20 dort, dorthin: un po skon kan ich gehe dorthin. (Bashk. = qua it.) Entstanden aus: kü an = nach dieser Seite, hierher. kanda invar. VI 26 m-o kanda mir ist Entzücken, ich bin froh. Auch in Elb. üblich: m-ast kanda es gefällt mir sehr. Aus it. incanto Entzücken. kantü-ni VI 21 Ecke (s. kant G. M.) aus it. ven. canton dass. gegisch katund (kotun) „Dorf, Bezirk" hat denselben Ursprung, ist aber eine frühere Aufnahme. Ven. canton hatte ebenfalls die Bedeutung: Bezirk. Anders G. M. kaparän Rock. ven. caparra. kapel i kastos Strohhut, aus ven. capelo. 229 kapin, kapon VI 34 ergreife, kar-i männl. Glied (G. M.). kareti-ni VI 33 Wagen, ven. caretina. kasnik Spund setzt ein kroat. *kacnik voraus, das zum adj. kacni Faß — zu Kaini Faß gehört, kast-a Stroh, kator vier, käts soviel (kaki). ka-u pl. tse Ochse, kets (kek) pl. ketsi schlecht, kis Kirche, kö-a Zeit (koho). kodgr Hügel. kodäl adv. langsam (G. M. Wb. dalon). kok und kokor Beere. kolomböts M°ais (G. M. Wb. kalambok). Das Wort stammt gewiß nicht von türk. ka-lambak Aloeholz, sondern ist sicher eine Ableitung von xdkafioq alb. kalam, wegen der Ähnlichkeit der Blätter, nur ist die Vermittelung und Rückwanderung ins Griechische xaXafiJcoxt nicht klar. komsi-a Nachbarschaft, Nachbar, coli, die Nachbarn. kopst-i Garten. kotse-t pl. Hoden (koke). kotün-i Dorf (kotun) rum. wal. cätun mold. kotune s. kantu. koz-a Ziege, kozlits Zicklein kroat. ko 1. je ka (nga), 2. = ka hat, kol pl. kwal Pferd, kon? wen? VI 6 (känd). koncloin. singe VII 1. o ~ o korkoin suche. korp-i Tuch, Fetzen, big. k^rpa. kgrsit zu korsäs krachen, einschlagen (vom Blitz). G. M. Wb. kertsas. korsten Christ. o kosait VI 10 hierher, hier vor-über; von hier weg VI 12 (pronominaler Lokativ). kosül-a Mütze. o kpstü so. kotsein VI 34 springen, laufen, kotü adv. hier. o krä Arm. kral-i König (Skut.). krua, kroni Quelle. krüe, kreni pl. kren Kopf. krüts Kreuz (krük). kuiton überlegen kuitocem ich gedenke, überlege bei mir. kuk-a Hüfte (kofs-a) kroat. kuk. kukumär-i Gurke (kartsavets). kulöih seihen, reinigen; trinken (warme Getränke) G. M. Wb. kulon. (zur Bedeutung „trinken" vergleiche deutsch „wegputzen".) rum. curat rein hat denselben Ursprung nämlich colare seihen. küngul-di Kürbis (kungul). — 230 — 231 — kunore-a Hahnenkamin (eigl, Krone corona). kuntra gegen (kunor) it. Beeinflussung, kur wann, kur-vise VI 20 nie, nie mehr. s. vise. kurdzjo nichts. kurits-a Geschlechtsteil der Knaben (kroat. kurac). kus wer. kuts rot (kuk). kwal pl. zu kol Pferd, k > ts. koin weine (kai). laknp Gemüse (lakno G.M.Wb.).; lal-a Oheim, lan lassen; lo, le. lat Zinn. Ven. laton, it. ottone, franz. laiton. cf. Du Cange lato. Die Form kann ich sonst nicht im Alb. finden, sie scheint also aus dem Ven, laton zu stammen trotz der auffallendenVerstümmelung. le gebären; lein, len. lehein geboren werden. II le zu lan lassen s. Anom. 204. ledzoin lesen (venez. ledze = leggere). lemes-i Pflug. lendoih beleidigen G. M. laidon. lepur Hase. les-i Wolle. to lesta das Wollige, das Tuch. Iet leicht. letisfc italienisch, letr-a Brief, libr-i Buch. . likür-a Haut (lkuro Skut.). | livroin bestellen (das Feld ; laborare. I lo s. lan. ' loin, me lo wasche (lai). lisüom frei, lop-a Kuh. lug-u Trog. lui Juli it. luglio, ven. luio. lule-a Blume. ! luoin spielen, ludere (lui). lut bitten. lutsifer-i Luzifer, rum. luceafär. lüpin bitten. lamb Zahn (däm). lan s. dan Anom. lant==dant (dansa Opt.) zu ap. ! law, -wi Löwe, kroat. mai Mai. mal groß (ma#) pl. mloi aus modai. mandäs Seide Skut, mondas; mondafs. mar nehme, mora s. Anom 204, marte-a Dienstag, marts-i März it. mas messen me mat. mas präp. nach (mbas), mas-andai adv. nachher, später mas-nesor übermorgen, mastralin Norden, Nordwind it. maestrale. Vermutlich ist das Wort auch im Kroat. verbreitet, matän jenseits (mbo ato an), mbet bleiben, mbes, mbetih ich bleibe übrig, mboit zurückhalten (mbait). mbostiel VI 14 einwickeln (mostil) G. M. stjel. mbrapa hinter (prapa). mbret König, mburoin beendigen, nibüt VI 13, 15 ersticken, erwürgen, me mit. mel-i Hirse. mendoin nachdenken, auch mondoin. mere-ja Furcht V 6. (kam mer ich habe Abscheu), meu pufi die Ratte (zu mi Maus).' mi tausend. | mi, meu Maus. | miekr-a Kinn, Bart. ! mi == mbi auf. I nriel-di Mehl (mil). j mies mittlere, cv> nat Mitter-1 nacht. 1 mik-u pl. mits Freund, mir gut. mis Fleisch kotä oo VI 6. misilüm adj. geschlossen (zu tsel G. M.) misilin schließe, mistier-a Kalb (weibl.) s. G. M. unter stjefe. miz-a Mücke, miät (miaft) adv. genug, mteih == modeiii pl. m. zu mal groß. mloia pl. f. zu mal. mol-a Apfel, oo e kambos Knöchel, moräs VI 7, 10 ich muß. morät müsseu, kroat. moram. mot Jahr, Zeit, Wetter, motr-a Schwester, moviem blau - grün werden. Text IV 2 movi blaugrün, türk, mawi blau, mö (mo) adv. mehr, moi adj. fett (maim). mongo Ärmel (mause G. M. ! Wb.). mo an, in (mbo). modein. pl. m. zu mal. mondoin denken, mordie VII 12 Tod. ykroat, | mrtav„tot". cf. p. 179 Zeile 9 ! von unten martva. Die Bil-! dun ff ist nicht klar. I morküre-a Mittwoch. I morzis ich hasse, morzitsim ! häßlich; langweilig cf. rum. | urasc = urofi und urit. mozät-i Stier cf. rum. manzat. msüa gewöhnt zu mosoin ler-| nen. arom. nvitsat. i muiii ich kann s. muit Anom. 204. mulin-a VII 1 Amsel (muleh). mulf-ni Mühle. — 232 T rnundem ich kann, ich muß IV 3. mund-i Arbeit, Mühe, mun- docem ich quäle mich, mundgst, munsim mühesam, schwierig, mundüom müde, mungon VI 24 es mangelt, es fehlt (mpngoi). mur-i Mauer, mustäk-u Schnurrbart, mus s. rnuit Anom. 204. muskuni, -ia Leber, mut stumm, it. (nemets). nai bei, zu (Acc.) VI 24, 25. nalt hoch (dr. mold. nalt); 2. hinauf, nach oben, nan-a Mutter, nant neun, nat pl. net Nacht, ndiein fühlen, hören VI 8. ndiers-i Schweiß, po skon oo | der Schweiß läuft herunter.! ndroin einrichten, ändern. Skut. j ndoroi. \ ndzet warm (eigentl. gekocht)! (ftoft). | ndzir[in herausziehen ndzora. j neka daß, wenn, kroat. j ner Ehre. Man erwartet hier nder, da auch Skut. nner! zeigt; es könnte ner die! primäre Form aus honore j sein. ! nesor adv. morgen. j nip-i Neffe; nipt-a Nichte. I : nisin treibe auf I nisem breche auf. | notie adv. dort (bei dir). | nodie VI 9, 18, 25 am frühen j Morgen (natie). | noi jener da V 5. j no = ndo I in. no-tä unter-| dessen. II. Konj. wenn. | no-miets(nomiedis to) mitten in. ngr I mit Ac. unter VI 16 II mit Abi. zwischen, unter nprmiet inmitten, no-vont anstatt (no vent). nuse-aSchwiegertochter(gleich- giltig ob sie junge Frau oder schon älter ist). nuk[p nicht, nani VI 26 der eine; naxn einer, neri Mann (neri). ni Ac. nin einer. nizet zwanzig. no# kennen s. Anom. 204, ngas laufe me ngg. ngava Bashk. molestare, offendere (hier unbekannt). ngas; me ngo gleichen (figai). figinpt satt, zu ngin. sättigen, statt ngit. ngir-i Hengst. ngrit kalt (eigentl. gefroren), obor Hof. oko präp. mit Dat. ringsum. Skut. okol aus kroat. okol. — 233 — otsenas-i VI 30 Vaterunser (kroat.). otobr-i Oktober (it.). o = ost s. S. 205 me t'en. oli oder (kr. ali). om s. a. con-a Seite, Gegend s. ane G. ' M. Wb. congor essen s. Anom. 204. cgrdz-a VII 7 zanksüchtig schlecht, kroat. hrdzav. prdzoem fallen (zu bie) (rrodzo-hem). grfe-ia Blitzstrahl, ist aus if£ entstanden, pr = f. (rufe G. M. Wb.) pagoin bezahle. pai-a VII 5, 6 Mitgift, arom. paie. s. G. M. paitoin beruhigen, pak wenig. pal-a Spaten, Pflugschar. para adv. vorwärts; vorher. aina para! oder a donim me skua para! vorwärts! drauf los! praep. vor. par-andai adv. vorher (fälschlich nach mas-andai „nachher" für ppr-para). pari erster. pärsom, -sina Brust (krahanür-i) aus kroat. pl. prsa, das schon im Dalmat. zu parsa wird. Die Form mit -m- scheint auf der Dat. Abl.-Form zu beruhen, pas, pat haben s. Anom. 204. pasum reich cf. rum. avut. patk-a Ente, potk-u Enterich (ros-a) kroat. patka. pauk Spinne. pacü-ni Pfau. pe, per präp. Abi. (prej) von, aus, auch pr-, pemest-a Obstgarten, pende-a Feder. penik-u Mohrenhirse, (kroat. bär.) cf. it.panico,rum.pärinc. per s. pe. pes fünf. peslet fünfzig. pi trinken. piesk-a Pfirsich. pil-di Geschlechtsteil der Frauen (G. M. pi#). pipilits Küchlein aus kr. piple. -its ist produktives Suffix in B. Erizzo. pitsk-a Geschlechtsteil der Mädchen. plaku pl. plets Greis, plak-a Greisin. plasin platzen machen, ärgern, plot voll. pluor Pflug. G. M. pluar. po 1. aber, 2. oder, 3. zur Bezeichnung des Realis. pölits Daumen. Das Wort ist sonst nicht belegt, es stammt \ I — 234 - — 235 — nicht ans lat. pollicaris ^> rum. policär, sondern muß direkt auf pollex, polliee ^> polik zurückgehen, poswoin VI aneignen; aus kroat. svojiti, posvojiti. postier adv. abwärts, potres-a Erdbeben, kroat. pozdravitem VI 24 Abschied nehmen, kroat. pozdraviti begrüßen. pp = pä weniger: ohne. II poin ich sehe s. Anom. 205. pog-a Bezahlung it. paga. poin sehe (Neubildung aus me pa). Die Ursache war wohl das zweideutige se er sieht = er verbirgt (für fse). poita statt pas ich sah. podumb-i 1. Taube, 2. Blei, man erwartet piumb (plum). poltseih; poltsüe gefallen (pol- Kei)^ por für. porbie vorüberkommen VI 9. no porbis VI 10. porfundit Westen (ist offenbar eine Ubersetzung von gleichbedeutendem venez. basso). por-mi über, drüber hinaus, jenseits. porno = por ndo in, hindurch, quer-durch. pornover-a Frühling (prenver). por-se warum; weil. por-tä deshalb. porsiiastit präp. außerhalb. postier hinunter, auch postier (poster). poves oder porves fragen V] 23 (Bashk.pves). G.Meyers Etymologie pües << petio wird durch porves hinfällig, ves ist der Stamm. pran präp. Dat. zur Seite, bei (por-än). prap wieder. prekin berühre. prende-a Freitag. prentoti VI 29 Gott Vater prendi + tati. pres schneide, me pre. pres-i Lauch. pri# Pfarrer (prift). pris, prit warte VI 28. priisih wegziehen V 7. Compositum von citsih aus hek. prü bringen s. bie 203. prüol, proli, pl. prola Pflug, cf. pluor. prus-i Loderasche (spüz). puin-a frischer Käse, Topfen. Ven. puina===ricotta, Zieger, Molkenkäse. pul-a Henne. pulp-a Wade. pun-a Arbeit. puntüor, -tori Arbeiter. punüa arbeiten; punoih, -nova. pun-i Faust (grust-i) it. pngno. pup-a Beerchen, Pickel, Bläschen. purtun-i Tor. it. portone. pusom ausruhen (pausieren). | ram Kupfer (kipro). raem, urava sich schlagen, rando schwer. rdzüa VI 21 abwerfen, umwerfen (rrodzoi) tosk. rrozoi. rdzant-i Silber (sorm). Skut. ardzant. re-a Wolke. remb-i VI 19 Zweig (rremb). reväs, revaton wie ein Esel schreien, kroat. revati. ri f. re neu, jung. riep[ih schinden. rit VI 24 sitzen, wohnen, bleiben (rrit). rogöih dienen; verdienen. roktor Tagelöhner, Knecht (rogtar). ro (ra) fallen s. bie 203. rofeih, rofüe beichten. rüoit bewachen. rus-i Traube (rrus). s- Verneinungspartikel, sapet-i Korb. Skut. sepet. tk. se I adv. als (nach Comp.). II daß (consecutiv). III. pron. „was" in Zusammensetzung: por-se warum, si wie, gleich wie; fragend wird tsüs gebraucht, si Abi. zu ai. mas si VI 30. sikür so wie, als wie. sfpor Abi. auf (tsipor). skörup-i Butter; aus kroat. <^ Rinde, Sahne, slavöts „Ehre sei Gott", kroat. slava otsu e sinu e duh sve- tomu. smund krank (somün), cf. arom. niptut. sonod'e, sonod adv. heute früh aus sot nadie. sonte adv. heute Abend (sot nate). sot heute, so wieviel (sa). sot (sahät) Uhr, Stunde, stozer Balken, Tennenpfahl, strina Tante (kroat.) stro Furcht (kroat. strach). stüpts-i Baum, kroat. stupac Säule, stupie coli. Bäume, sü Auge. suom gelehrt (mosüm). swar was für ein; sonst „ts-far" (tser) woraus swar nicht direkt entstanden sein kann, sondern es hat sich kroat. stvar „Ding, Sache" eingemischt, das ohne weiteres „swar" wurde. swetloin leuchten, kroat, svjet-liti. " se VI 13 verbergen (fse). seltse Weide (selk). setembr-i September it, — 236 setis gehe spazieren (ik me gezdis). si-u Regen, sigöih schauen (sikoi). skoin gehe, me skua. skop-i Stock. skopitum-i Hammel (eigentl. kastriert), skopis kastrieren. Elb. skopets kastrierter Ziegenbock. Skut, skopas kastrieren. skret verlassen; verflucht; bedauernswert, arm. skripas knirsche. skrip-i Handgelenk. skruain, me skrua schreibe (skrü). skua gehen. skul-a Schule. skurt klein. ska Kroate, skenist kroatisch. so, se VII 10 sehe (sof). sok pl. -ts Gefährte, sotsnie Gesellschaft, soläk linker, tk. solak. soin ich schmähe (sai). sorum bunt, kroat. saren mit Suffixvertauschung. sgndos VI 22 1. gesund, heil. 2. heilen VI 23.^ spatul-a Schulter, speitoin ich eile, spi-ia Haus, spirt-i hl. Geist VI 29. spü wegnehmen V 8, hintragen, bringen, spie, spie VI 34. p. 205. G. M. unter bie. stat sieben. sterp ohne Junge; auch von Menschen: unverheiratet; Junggeselle. sti VI 19, 28, 33 hineinstecken, anspannen. Impt. stier-e VI 25 s. Anom. 205. stpmang-ut linker Hand, nach links. G. M. Wb. msngoh 2. strat Bett pl. stretne. streint teuer (sonst streit, s. G. M. Wb. strongori). stropis bespritze. stunde-a Samstag. stüpih zerklopfe, zerbreche; klopfe; daneben stupin(durch kroat. stupati beeinflußt) G M. stip. suein auslösche, suem verlösche, zu Grunde gehen VI 8. sum viel. surdot taub (surd). tabiit-i Katafalk (Totenbahre Skut.) türk. taläts-i pl. -tsa Welle (G. M. Wb. talas, -zi). tambol, tambli Milch (eigentl. süße seil. Milch), tande f. deine VII 12 im Lied, gewöhnlich ersetzt durch iote. tas[i jetzt, tata der Vater. 237 — te = tu. tempia-t pl. Schläfe it. (tam-bla-t). tepor zuviel; allzu, zu; sehr. tesmoih bezeugen (nicht des-moh, wie sonst üblich). tet acht. tier anderer. top-a Kanone; Kugel. torb VI 26 Ranzen, Umhängetasche. to 1. Konjunktion, 2. Artikel. tgmbä#um-at pl. Stiefel; aus mba# Schuhe anziehen (G. M. Wb.) cf. tambgl. tras dick, tre f. tri drei. trembem erschrecke, sich fürchten VI 27 mos utremni. (tremb) arom. treambur. tremet dreizehn (tremgdit). tret Verlust, me tres verliere, büße ein. Bashkimi: buttar via, smarrirsi. Christoph. 1. schmelzen, auflösen, 2. Skut. verliere, tridet dreißig. trimi-a Held, starker Mann (trim). trumb-a Säule, Garbe III 1. Gr. M. tumbe, Mikl. tromba. trup-i Körper, trües-a VI 28 Tisch, tu VI 32 bei, zu; auch tuk (ke) Skut. tü. tuk V 4 VII3 siehe da! tek (hü). tuns-i Messing, G. M. tuts (lamarm). turon Turm. o tüm-i Rauch, Feuerstätte, Wohnung. t'etor andere; to t'erot die andern. t'öt! VI 29 es möge sein (koft) astu oo amen; s. Anom. t'en pag. 205. tsofih, tsof krepiere. tsop-a Stück. tsung-u Weinstock, Rebe; Klotz, rusi i tsungut Weintraube, skut. tsung-a cf. venez. zoco. it. cioeco s. G. M. tserek VI 28 Viertel, tk. tsil, tsilin VII 9 öffnen, i tsilet offenherzig, tsobo, -ani Hirte (tsoban). tsoih erhebe; sende, schicke. tsoem VI 22 erhebe mich, tsorsi-a Kirsche aus kersi. ts o statt ts ist Assimilation an das folgende s. cf. arom. tsirease statt tsireaso. tsua s. tsoih. tsaf-a Hals (kaf). tsen-i Hund (ken). tselb-i Eiter (G. M. kelp). tsep-a Zwiebel (kep-a). tses VI 22 tsita werfen, schleudern, schießen oo topa mit Kanonen schießen. Skut. tses s. me tsit. 238 — — 239 tsesem Vi 26 ich lache (Kes) refl. nach kroat. Muster, tsiet-di Himmel (kü). tsindz Lamm (KenK-gi G. M. Wb.). tsint hundert. tsis was. s. Pronomen p. 193. tsit werfen, schießen, ausstoßen. cvd tum rauchen (Kit) s. tses. tsorgt blind (Kor, verbot), tsuk Käuzchen, kroat. cuk. tsümbe-a Haar (G. M. kimo) \ O ' (flok). tsüs (küs) wie. u, uni Hunger. udövts-i Witwer (i ve) -tsa Witwe (e ve). kroat. udovac, udövica. udr-a Knoblauch (cudra). ud-a (cul vor Kons.) Weg. udi'-ni Olive (uli). ü#ut, -da Essig; sauer. cuie uia Hunger (ü geg.). ui-t das Wasser. culot niedrig (uniot). cul s. ud Weg. uli' s. udi. £und-i Nase (un-a). \inot hungrig. ur-a Uhr, Stunde, kroat. ura. urnöin. befehle VI 28 statt ur-donoiii. o ~ urnoiii leben (sonst roh, roj) stimmt zu der von ßossi gegebenen Form rnoj, urnoj. Mit G. Meyers Et. regere ist nichts anzufangen, ich sehe darin urmoh > urnoh mit Assim. des m an dent. r und n. Die Bedeutung wäre dann „folgen, fortdauern, aus-dauern" (die das Wort ja auch heute noch hat)Rieben, urm- liegt vor in rum. urmä it. orma. Eine Parallele bietet rum.traiesc leben eigl. dauern. urtie Verstand; urt klug. cüel, -di Stern (ül). vaiz-a Mädchen. valäi wahrhaftig, bei Gott, türk. wallahi. veiesim tüchtig (vjefsem). vektön es blitzt, für vetoton aus svetiti. (G.M.Wb. vetatm). ven-a Wein. c veri Osten, Ostwind (Bashk. Norden) bei G. M. Wb. Westwind und Südwind unter vere. ves Ohr; mar vest vernehmen. merken, vet eigen, allein, selbst; sein; II s. vot. adv. nur VI 28. vetem VII 10 allein, nur. vets nur. vien ich komme me ard p. 203. vien, me vieit wert sein, vier-i Schwiegervater; vier-a cv> mutter statt dvier aus kroat. diver, djever. viet-i Jahr. adv. voriges Jahr. vietula pl. Augenbrauen (vetol). vi§e VI 27 mehr, kroat. viskulöih pfeifen, sausen. vits-i Kalb VI 28. vlo pl. vlazon Bruder, vlazni Gebrüder. voggl pl- vödzi f. vogla klein. voi Wille me voi to mir „gern". Man erwartet voi, da I bewahrt ist. Skut. vol. vokot lauwarm. vot gehen skoin; voitas. Anom. 205. vond VII 2 Ort; so nur hier, sonst vpnt VI 34. vonest-a Weinberg, vrö (vra) töten, schlachten vras. vulegen, stellen des. Anom.205. woi-i Ol. worfun arm. Skut. vorfon. w^a Ei (ve G. M. Wb.).° z = s (vor Stimmlosen) Verneinungspartikel. Zadra = Zara, aus kroat. Zadar = Iadera. zan nehmen, anfangen, zg ze, s. Anom. 205. zdra-Maria „Gegrüßt seist du Maria" VI 30. kroat. zelembok-u große Baumeidechse, kroat, zelembac. zeleno grün, kroat. zet-i Schwiegersohn, kroat. zemor -mra Herz. c o zi f. zez schwarz, zie kochen. zob-i Hafer kroat. (torsan). zog-u Vogel. | zor-t pl. Eingeweide, j zot-i, Akk. zön Gott, Herr, j zotni-a jote = rum. dum-! nia-ta. ! zo 1. nehme s. me zan. 2. zo, zani | Stimme. zab Kröte VI 22. kroat. zaba Frosch. zdripts-i Fohlen; zdribitsa weibl. Fohlen, kroat. zdri-jebac. zdrüp hin un t e r sp ringen, hinabsteigen V 8 aus ster-hip (zdrüp). zep Tasche (dzep). zgul oder zgulin herausreißen, entwurzeln VI 17, 19. (skul, skulem aufbrechen^ auswandern) rum. scol „erheben" halte ich für daraus entlehnt. Da auch ngul „einpflanzen, hineinstecken" vorkommt, wird kull oder koll die uralb. Form sein, deren Herkunft nicht sicher steht, zil, -da Wurzel, kroat. zila Ader, Wurzel. zuto gelb, kroat. I Abkürzungen. Anom. = Anomalia s. S. 203 ff. Arom. = Aromunisch. Bashk. = Fialuer i rii i Shcypes. Skutari 1908. | Christoph. = Christophoridhes, As§. tf]g alß. ylcoöO?]^ Athen 1904. coli. = Collecti vuuci. Dalmat. = Dalmatinisches Serbo-Kroatisch. geg. = gegisch. G. M. Wb. = G. Meyer, Etymol. Wb. der alb. Sprache. Straßburg 1891. imp. = Impersonale. Impt. = Imperativ. invar. = invariabel. i it. = italienisch. kr. oder kroat. = Serbo-Kroatisch in Dalmatien. rum. = rumänisch. 1 Skut. = Dialekt von Skutari. tosk. — toskisch. tk. = türk. = türkisch. ven. = venezianisch. ( ) bezeichnet die in Elbassen üblichen Wörter. Jon Lnca Caragiales Leben nnd Werke von Horia Petra-Petreseu. Einleitung. Wenn die vorliegende Studie in der jetzigen Form erscheint, so sind es zwei Momente, die (nach meinem Dafürhalten) ihr Erscheinen rechtfertigen: JonLuca Caragiale (C.) ist einer der bedeutendsten Schriftsteller Rumäniens, was zu zeigen die Hauptaufgabe der folgenden Seiten sein wird, und zweitens sind die Schriften C.s etwas Spezifisches, Schriften, wie sie in deutscher, französischer oder einer anderen Sprache heutigentags nicht geschrieben werden können, aus dem einfachen Grunde, weil sie die Kulturprobleme eines Volkes widerspiegeln, das noch seinen geistigen Entwickelungsprozeß durchmacht. Für einen Fremden wird diese Tatsache gewiß einen eigenartigen Reiz haben, denn in dieser Differenziertheit besteht ja die Mannigfaltigkeit der europäischen Literaturgeschichte. Ich habe C. noch aus einem dritten Grunde gewählt: Eminescu, der größte Lyriker, den das rum. Volk bis jetzt hervorgebracht, hat einen Biographen in deutscher Sprache gefunden.1) Der einzige rumänische Philosoph, Conta2), ist durch Jon. A. Rädulescu-Pogoneanu auch dem deutschen Publikum zugänglich gemacht worden. Alex an dri ist durch 1) Michail Eminescus Leben und Prosaschriften von Jon Scurtu X. Jb. 1901. 2) Über das Leben und die Philosophie Contas. Inaug.-Diss. Leipzig 1902. Weigand xvii. 16 — 242 — die verhältnismäßig vielen Übersetzungen seiner Werke ziemlieh bekannt. Es lag daher nahe, nun auch einen der besten Novellisten und Dramatiker der Rumänen zu behandeln, der zugleich einer ihrer besten Stilisten ist. Freilich ist C.s Stil darum schwer zu würdigen oder gar wiederzugeben, weil er in einem Milieu wurzelt, dessen Sprechweise sich von dem der gebildeten Gesellschaft oft weit entfernt; es ist, wie wenn man bei einem französischen Schriftsteller das Pariser „Argot" der Vorstädte vernimmt (bei Maupassant oder Coppee z. B.). C. schildert ja mit Vorliebe das Bukarester Kleinbürgertum, das sich mit den zahlreichen „mots savants" auf seine Weise abzufinden sucht. Wie soll man sich im gegebenen Falle helfen? — Ich werde mich zunächst bemühen, so gut als möglich zu übersetzen, indem ich möglichst genau entsprechende Umschreibungen wähle und außerdem in einem Kapitel ein kleines Verzeichnis einiger Idiotismen und Vorstadtausdrücke (Mahaladschismen, von Mahala — türk. Vorstadt) gebe. Andere große Schwierigkeiten bereiten die Parallelen zu den rum. literarischen Produkten anderer Autoren, die dem deutschen Leser unbekannt sind. Statt neue Inhaltsangaben und Analysen der unbekannten Schriften zu geben, muß man sich oft nur mit Schlußfolgerungen begnügen. Es könnte mir jemand vorhalten, daß ich der EntWickelung C.s im sozialen Milieu Rumäniens einen zu großen Platz eingeräumt habe und zu oft die jetzige rum. Lit. heranziehe, anstatt eine einfache Charakteristik C.s als Schriftsteller zu liefern. Mein Streben war aber, zugleich ein lebendiges Bild des literarischen Lebens in Rumänien zu geben, als dessen vornehmster Repräsentant mir C. erscheint, denn ich glaube nicht fehlzugehen, wenn ich dem in folgendem Satze ausgesprochenen Prinzip huldige: „Mag uns die Literatur eines Volkes zunächst als Erzeugnis der Schriftsteller gelten, die an ihr mitgearbeitet haben, und denen jeder dem von ihm herrührenden Anteil seine Eigenart mitteilen, sie trägt doch auch überall wieder I — 243 — das Gepräge ihrer Zeit und der spezifischen nationalen Kultur derselben."1) Deshalb habe ich Dokumente aus dem Theaterleben angeführt und Tatsachen erwähnt, die nicht in den engen Rahmen einer einfachen Biographie gehören. In der Anordnung meiner Arbeit werde ich von der chronologischen Behandlung der Schriften C.s absehen und dafür die ätiologische wählen. Der Leser wird so vom einfacheren zum komplizierteren Falle geführt. Wollten wir chronologisch verfahren, so müßten wir das Lustspiel „Der verlorene Brief" (Scrisoarea pierdutä) nach seinem Erscheinungsjahre (1884), also in der Mitte der bis jetzt zurückgelegten literarischen Laufbahn C.s betrachten, und erst später wäre es möglich, seine Skizzen und Novellen zu besprechen, die aber eine Vorbedingung für das bessere Verständnis des genannten Lustspiels bilden. Seine Schriften. Ausgaben. In der vorliegendenden Arbeit habe ich zumeist eine einzige Ausgabe berücksichtigt. Sie ist am leichtesten zu erlangen; die anderen sind fast alle vergriffen und haben auch meist den Nachteil, daß sie viele grobe Druckfehler aufweisen. Die benützte Ausgabe ist die dreibändige des Instituts „Minerva" in Bukarest: I. Momente, schite si amintiri (Momente, Skizzen und Erinnerungen), II. Teatru (Theater) und III.Novele, Povestiri (Novellen, Erzählungen), alle drei Bände 1908 erschienen. Wir werden die drei Gruppen von jetzt an mit M., T. und N. bezeichnen. Leider ist aber auch diese Ausgabe nicht so komplett, wie sie sich bezeichnet, da viele Artikel darin fehlen. Auch die Einteilung ist willkürlich. Der letzte Band z. B. (N.), enthält eine Menge Skizzen, die besser unter den Kollektivismen der „M." gepaßt hätten, wo sie auch in der vorher- 1) Wundt: Völkerpsychologie, vol. III ed. 2 (S. 239—242). 16* — 244 — — 245 — gehenden Ausgabe des Verlages von Socec stehen (1901), In der dreibändigen Ausgabe findet man auch nicht seine Übersetzungen, es fehlen ferner die Theaterstücke „0 soacrä" (Eine Schwiegermutter), „100 de ani" (Hundert Jahre), ganz abgesehen von den politischen Aufsätzen C.s. Eine komplette Ausgabe der bisherigen Schriften C.s ist bis jetzt also noch nicht erschienen, was zu bedauern ist, da man nur so sich eine vollständige Vorstellung von seiner Tätigkeit machen könnte. Die mir bekannten Schriften von C. lasse ich am Schlüsse der Arbeit folgen, obwohl sie auch nicht vollständig sind. Der Schriftsteller selbst zeigt in dieser Hinsicht eine erstaunliche Gleichgiltigkeit; er besitzt die Ausgaben seiner Werke selbst nicht und kann keine sicheren Daten darüber geben. Sogar die „Rumänische Akademie" besitzt nicht alle seine Schriften. Das ist bezeichnend für den Stand der rumänischen Literaturforschung. Was die Artikel über C. betrifft, so erwähne ich an erster Stelle die Artikel der beiden führenden Kritiker des rumänischen Schrifttums: Titu Maiorescu (Critice II) und Dobrogeanu-Gherea (Studii critice, II). Dienste haben mir noch geleistet: Jorga (Literaturgeschichte des rum. Volkes im XVIII. J. 2 Bde. — im XIX. J. 2 Bde.), Ollänescu (Theatergeschichte), Petrascu und andere, die ich seiner Zeit erwähnen werde. Ein umfangreicheres Material, als für diese Arbeit nötig war, konnte ich in der Bibliothek der „rumänischen Akademie" (Bukarest) über das Repertoire der Brüder C. finden. Das Material liegt da, ohne bis jetzt von jemand benutzt zu sein, obgleich es wertvoll für die Geschichte des rum. Theaters ist und verdiente gründlich studiert zu werden. (Bibliothek der rum. Akad. Nr. 2968—78, 120 Theaterstücke mit Regiebemerkungen.) Die Notizen über das rum. Repertoire der Zeit vor und nach C.s Tätigkeit am Theater mußte ich mir selbst heraussuchen und zusammenstellen, da leider weder Publikationen des Nationaltheaters (wie z.B. die Jahresberichte der „Comedie francaise" von A. Joannides), noch selbständige, zuverlässige Theatergeschichten bis jetzt erschienen sind. Was die Übersetzungen in deutscher Sprache betrifft, so sei hier erwähnt, daß die Reclamsche Universalbibliothek ein Bändchen C.scher Schriften herausgegeben hat (Nr. 3716, übersetzt von Ludwig Klein, die ich hie und da auch benutzt habe). Hier findet man die Novellen Sünde und Eine Osterfackel, nebst 5 kleineren Skizzen. Frau Mite Kremnitz und Frau Minckwitz haben die Theaterstücke C.s übersetzt, aber — leider — noch nicht veröffentlicht. In der „Romanischen Revue" (VII. J., 1891, Heft 7/8 und VIII. J., 1892, Heft 10, 11/12) hat Dr. Adolf Last beide obengenannten Novellen übersetzt. Andere Übersetzungen in deutscher Sprache sind von Dr. M. Hirsu im „Bukarester Tageblatt" erschienen. In letzter Zeit erschien in franz. Ubersetzung O. f. d. P., unter dem Titel: „Un cierge Pascal". („Les mille nouvelles", Revue mensuelle pour tous. „La renaissance du livre", Paris.) Jon Luca Caragialos Leben. Die Familie C. ist eng verwachsen mit der Geschichte des rumänischen Theaters. Wer die verschiedenen Phasen der rum. Nationalbühne verfolgt, findet auf Schritt und Tritt die Familie C. in den Annalen des Theaters, da sie eine Schauspieler-Familie par excellence war. Im Jahre 1846 schrieb C. J. Vernes cu im „Curierul roman" (der rum. Courier): „Es scheint eine Gabe der Familie zu sein, daß alle ihre Mitglieder ein Talent haben, das die Rumänen hochzuschätzen wissen" (1846, Nr. 87, vom 12. Nov.). Heute können wir diesen Worten noch mehr beipflichten. Eine Rolle haben die drei Brüder C, Costache, Jorgu nnd Luca,1) mit ihren Gemahlinnen Cecilia (Jorgus) und 1) Costache aus Konstantin, Jorgu = Georg, Luca = Lukas. — 246 — Caliopi (erste Gemahlin Lucas) auf den rumänischen Brettern gespielt. Das Haupt der Familie, der Vater der drei oben erwähnten Brüder, Costache C, war griechischer oder albanesischer Abkunft. In Rumänien ist er aus der Türkei (Epirus?) eingewandert. Seine Söhne haben sich in Rumänien naturalisiert, und in kurzer Zeit nahmen sie Teil am rum. Geistesleben, und zwar auf dem Gebiete des Theaters, das sich nach der langen Phanariotenherrschaft zu regen begann (persönl. Relation). Costaches Leben zeigt die typische Laufbahn eines rumänischen Schauspielers der Vergangenheit. Das Los der Caroline Neuber und ihres Schülers Schönemann war in Rumänien viel häufiger, als im damaligen deutschen Lande. C. C. ist am 29. März 1815 geboren (011. II 104 — Belador und D. R. Rosetti, Dict. contemp. S. 45 behaupten 1813, 13. Apr.), besuchte die griechische Schule, wurde Lehrer in der griechischen Schule der „Domnita Balasa" in Bukarest und spielte zum ersten Mal im Nov. 1835 (Alzira von Voltaire). In Botosani (1838) und Jassy (1839) hat er Erfolge als Schauspieler. In Bukarest gründet er die Gesellschaft „Teatrul de diletanti" (1844) (Das Dilettantentheater) und bleibt dort bis zum Ausbruch der 1848 er Revolution. Im Jahre 1849 gründet er ein anderes Theaterunternehmen in Craiova (mit Michäileanu) (Oll. II 78). Im Jahre 1850 leitet er das rum. Theater in Bukarest mit Wachmann zusammen. Die 1851 er Saison eröffnet er mit „Faust und Margarete" von Goethe, indem er die Rolle des Mephisto spielt und einen „wohlverdienten und rauschenden Erfolg" zu verzeichnen hat. Er „kreiert" auch die Rolle des „Wilhelm Teil" (Oll. II S. 104, S. 153). In der Festvorstellung, mit der das neue Gebäude des heutigen Nationaltheaters eröffnet wurde, hatte er die Hauptrolle (31. Dez. 1852). Der regierende Fürst, Stirbei, erhob ihn zur Pitarswürde wegen seiner aufopfernden Tätigkeit für das rumänische Theater. Ein anderes Theaterunternehmen hat er in Craiova 1851 ins Leben gerufen (v. Bulet. oficial 112, vom Dez. 1851, Oll. II 110). — 247 — Der Ehrgeiz des C. C. war, dem rumänischen Publikum zu zeigen, daß er nicht umsonst im „Ambigu", in der „Porte St Martin", im „Theätre du Palais-Royal" von Paris gewesen war (Oll. III 6). Infolge der Intriguen des Matei Millo, eines anderen rum. Schauspielers, Theaterdirektors und Schriftstellers, der eine bedeutende Rolle in der Geschichte des rum. Theaters gespielt hat, verarmte C. C. gänzlich. Nach großen Verlusten, „indem er alles, was ihm am teuersten war für das Vaterland und für seine Kunst aufopferte", (Oll. III 14) geriet er in Konkurs mit 1500 Dukaten Schulden. (Im J. 1854)- Er zog sich von der Bühne zurück, studierte die Rechte und wurde Advokat, dann Friedensrichter in Bukarest. Er konnte jedoch die verlassene Laufbahn des Schauspielers nicht ganz vergessen, und wir sehen ihn noch hie und da die Bretter betreten. Er starb an einer Herzkrankheit am 13. Februar 1877. (Über sein Leben schreibt mehr: Oll. II 104 ff., Dum. R. Rosetti, Dict. contemp., II. Chendi, „Frgm.", Oll. in der Ztschr. „Lit, si arta roin." L Jg. S. 529—39 „Pagini din ist. teatr. rom.".) Seine Bedeutung für das rum. Theater besteht in der Richtung, die er dem rum. Repertoire gegeben und in dem Kampfe, den er mit der fremden Konkurrenz aufgenommen hat. Die Vorstellungen, die er veranstaltete, erfreuten sich großer Beliebtheit beim Publikum (011. III 111—13). Sein Bruder, Jorgu, war einige Monate Theaterdirektor (im J. 1870) und hatte den Drägulici als Teilhaber. Jorgu, ein „sympathischer Zigeuner" (boheme), ist lustig und zeichnet sich durch sein drolliges Wesen gegenüber den Kameraden aus. Aus der Musikschule der Kadetten hinausgeworfen (M. 395), wird er Kommissär der Kommune in einer Verkaufshalle von Bukarest (M. 401). Einmal wird er von der „Spielwut" (M. ibid.) gepackt und spielt mit einer zusammengewürfelten Truppe in Bukarest. Über ihn schreibt mehreres C. in M. („Din carnetul unui vechiu Sufleur"). Jorgus Gattin, Cecilia C, wirkte als Schauspielerin in der Truppe C. in den Jahren 1853—54 (Oll. III 14). — 248 — Luca C. geb. 1817, der Vater des Schriftstellers, debütiert zum ersten Mal im J. 1846 in einem Lustspiele seines Bruders.1) Theatralische Qualitäten zeigt auch Caliopi C, Lucas erste Gattin. Sie spielte Soubrettenrollen mit Erfolg (Oll. II 116 nota). Jon Luca C. ist am 30. Januar 1852 im Dorfe Märgi-neni (Bezirk Prahova) in Rumänien geboren.2) Seine Mutter hieß Catinca, war die zweite Gattin des Luca C. und stammte aus Kronstadt, war also eine Rumänin aus Siebenbürgen (geb. Carabät). Die vier Volksschulklassen absolvierte er an. der „Scoala domneascä" (die fürstliche Schule) in Ploiesti. Eine weitere Schule besuchte er nicht. Er lebte dann in dem Haus des Hagi Ilie (Ilias), des Kerzenverkäufers der Kirche St. Georg in Ploiesti, bis er seine „Studien vervollständigt hatte" (M. 46—47). Die Erinnerungen der in Ploiesti verbrachten Schulzeit finden wir in seinen Skizzen hie und da zerstreut. In Ploiesti hat er die „Revolution vom 8. August 1870" mit erlebt, eine Revolution, die bloß einige Stunden dauerte und viel komische Episoden mit sich brachte. Als noch nicht 20 jährigen Jüngling treffen wir ihn in Bukarest; er wohnt in einem Hause, in das ein Schauspieler eingezogen ist, der im Laufe des Sommers eine Theaterdirektorstelle inne hatte (in „Nirvana" M. 278). In dieser Zeit macht er durch diesen Theaterdirektor Bekanntschaft mit dem nachmaligen Dichter Eminescu. Eminescu war Souffleur, was auch C. nach kurzer Zeit wurde. Es ist interessant, daß sowohl der Lyriker Eminescu, wie auch der Dramatiker C. und der Philosoph Conta — also führende Geister des rum. Geisteslebens — in ihrer Jugend in den Theaterschmieren der Provinz Souffleurdienste geleistet haben, aus Geldmangel und aus Liebe zum Theater. C. und Eminescu schlössen Freundschaft (siehe über diese Freund- 1) Luca hat sich wenig im Theaterlehen betätigt (Oll. II H~)- 2) Die anderen Daten seiner Geburt, die aus dem Dict. contemp. des Dum. R. Rosetti stammen, sind nicht richtig. — 249 — chaft: Scurtu, Jb. X 273), und es folgten nächtelange Diskussionen „mit der Ungeduld der 17 Jahre" (in „Nirvana" M 280). Diese Freundschaft, in den Jünglingsjahren geschlossen, dauerte bis zum Tode des Dichters, den C. mit warmen Worten in mehreren Skizzen betrauert und gegen ungerechte Angriffe verteidigt hat, Im J. 1871 ist C. Souffleur (nach N. Petrascu: C. Ztschr. Lit. si arta r." II, 672—89). In dieser Stellung wird er die Unzahl von Bearbeitungen und Übersetzungen verfertigt haben, die im Repertorium des Theaterdirektors Pascaly sich befanden, und von denen der Schriftsteller mir selbst erzählte. Interessante Tatsachen aus dieser Zeit teilt auch der Kritiker Dobrogeanu-Gherea mit: „C. ist schon als kleines Kind unter arme Leute gekommen, wo die Gefühle noch weich und empfänglich sind. Er spielte auf den Straßen von Ploiesti mit den Kindern der Vorstadt, die barfuß umherliefen, Knöchelchenspiel (arsice) und „Turca" (ein anderes Kinderspiel). „Er wurde dann Zeitungskorrektor, später Mitarbeiter. In dieser typisch-proletarischen Lage verbringt er seine besten Lebensjahre und muß die ganze Bitterkeit dieses Lebens verspüren. Er hat gefroren und gehungert, hat die Tage und die Nächte in den Kaffeehäusern zugebracht, weil zu Hause kein Feuer und kein Licht war, er hat stundenlang auf einen Freund gewartet, der ihn mit einem Kapuziner (Kaffee) beschenken sollte, er hat tagelang nichts gegessen und die Nächte auf den Bänken des Cismigiu (Volkspark in Bukarest) geschlafen, da er keinen Raum für sein müdes Haupt finden konnte." („Die proletarisch-intellekt. Künstler" in Lit. si arta rom. Bd. II.) Infolge seiner journalistischen und literarischen Tätigkeit kommt er aber in die literarischen Kreise der Zeitschrift „Convorbiri literare" (Liter. Gespräche), das Organ des Vereines „ Junimea". Der literarische Kreis der „ Junimea" (die Jugend), dessen Entwickelnng für das ganze rum. Schrifttum maßgebend war, wurde 1864 von fünf Jünglingen ge- — 250 — gründet, die in kurzer Zeit die höchsten Stellen im Lande eroberten. Ihr Haupt, Titu Maiorescu, der bis vor Kurzem als Universitätsprofessor in Bukarest tätig war, und drei andere Mitbegründer hatten deutsche Bildung genossen, da sie deutsche Universitäten besucht hatten und in ihrer literarischen Tätigkeit von den Prinzipien Kants, Lessings und Herbarts ausgingen. Der Kampf, den sie gegen die Pseudo-literatur führten, die sich unter dem Mantel des Patriotismus verbarg, endete mit dem vollständigen Siege der „Junimea", und es kam eine Zeit, wo die Mitgliedschaft der „Junimea" als Zeichen literarischer Befähigung galt. (Siehe über den Geist, der in der Junimea waltete: Maiorescu, Critice II 329 ff., Ztschr. „Säptämana" (Die Woche) des Gh. Panu, Bd. I, II, III etc. — dann S cur tu, Jb. X 282, Omagiu 1900 und die Dr.-Diss. Kanner: La societe litteraire J. de Jassy et son Influence sur le mouvement intellectuel en Roumanie, Paris 1906.) In der Tat waren die Mitglieder der Junimea die angesehensten Schriftsteller Jung-Rumäniens: Eminescu, Alexandri, Creanga, J. Negruzzi, Conta, Basilius Pogor, Naum, Carp, Th. Rosetti u. a. Die literarischen Zusammenkünfte fanden jeden Sonnabend statt, ohne ein ständiges Programm und ohne jede unbequeme Formalität. Das Prinzip, das seit der Gründung bestand: „Entre qui veut, reste qui peut" wTurde auch jetzt aufrecht erhalten. Aus Jassy, wo die Gesellschaft zuerst ihren Sitz hatte, siedelte sie dann nach Bukarest über, und ihre Mitglieder begannen nun auch im politischen Leben Rumäniens eine Rolle zu spielen. C. trat im Jahre 1878 dem Verein bei. Er veröffentlichte in der Vereinszeitschrift „Conv. lit." seine besten Theaterstücke, die seitdem den eisernen Bestand der rum. Lit. bilden. Im Jahre 1879 erschien: „0 noapte furtunoasä" (Eine stürmische Nacht), dann: „Conul Leonida fatä cu reactiunea" (Herr Leonidas und die Reaktion) (1880), „O scrisoare pierdutä" (Ein verlorener Brief) (1884), „D'ale Carnavalului" (Aus der Karnevalszeit) (1885) und „Näpastä" (Falsche Beschuldigung) (1890). — 251 — Bs ist interessant, wie ein Biograph einen solchen literarischen Abend der „Junimea" beschreibt: „C. würzte mit seinem Geiste die Abende der J., die damals auf der Höhe waren. Wenn jemand etwas vorlas, ein Gedicht oder ein literarisches Produkt, behielt sich C. vor, ihn zu kritisieren. (Zur Freude der Galerie). Ob die Arbeit schlecht oder mittelmäßig oder gut war, er mußte sie um jeden Preis herunterreißen und verstand es Lachsalven zu entfesseln. Um sich seiner Rolle zu entledigen, mußte er hie und da außergewöhnliche Anstrengungen machen, und er entwickelte wirklich eine außerordentliche Verve, einen stets regsamen Geist, brachte Bon mots, literarische Erinnerungen aus Büchern und zeigte eine seltene humoristische Phantasie. Er geriet öfters in einen Gedankengang oder in eine Phrase, aus der er, wie die Meisten glaubten, nie wieder herauskommen würde. Er aber entledigte sich ihrer oder ging in vollem Laufe hindurch, wie ein mittelalterlicher Ritter mit eingelegter Lanze vor den Augen der Feinde. (Petrascu: C. in Lit. si arta rom. II S. 672—84.) Diese Aufzeichnung ist deshalb hervorzuheben, weil aus ihr eine Eigenschaft ersichtlich ist, die, wie wir später sehen werden, für all seine Schriften charakteristisch ist. Dieses geistreiche Gedankenfeuer werk, dieses unerreichte Spiel mit dem Ernsthaften und Lächerlichen hat er zugleich auch in seinen sozialen Satiren betätigt, und so hat er auch die Charakterköpfe geschildert, die typisch geblieben sind. Damit er leben konnte, arbeitete er zur Zeit des russischtürkisch-rumänischen Krieges (1877/78) in Bukarest, in der Redaktion der Zeitung „Natiunea romänä" (v. Succes.-Erfolg im „Cäl.M. R." 1902, S. 85 ff.) und war Augenzeuge des Durchmarsches der russischen Truppen durch die Hauptstadt. (Univ. 1900, Nr. 26 u. Cäl. M. R. 1902, S. 122). Eine Zeit lang arbeitete er an der Seite Eminescus in der Redaktion des „Timpul" (Die Zeit). Zu derselben Zeit veröffentlichte er seine Lustspiele, die er dem Nationaltheater in Bukarest einreichte. Sie haben folgende Uraufführungen aufzuweisen: — 252 — 1 — 253 — Noaptea furtunoasä 18. Jan. 1879, Conui Leonida 1. Febr. 1880, Scrisoarea pierdutä 13. Nov. 1884, D'ale Carnavalului 8. April 1885, Näpastä (Drama) 3. Febr. 1890. Von jetzt an werden wir bezeichnen: N. furt.. Con Leon., Scr. p., D'ale C. n. Näp.) Infolge des großen Ansehens, das er durch die Lustspiele gewann, wurde er im Jahre 1889 zum Direktor des Nationaltheaters, also der ersten Bühne Rumäniens, ernannt. In dieser Eigenschaft brachte er aber nur ein einziges Theaterstück auf die Bühne: „Die Herbstmanöver", so gut einstudiert, daß er die ganze zerrüttete Saison damit rettete.1) C. verläßt bald das Theater, da er sich mit den Schauspielern nicht vertragen kann, besser gesagt, da er kein Sitzfleisch hat. Der Trieb nach Unabhängigkeit zwang ihn auch mehrere Staatsstellen zu wechseln, ohne längere Zeit in einer zu verweilen. So wurde er Beamter erster Klasse in der Zentraladministration der königl. Monopolregie (als Registrator), dann Schulrevisor (Univ. Nr. 47 von 1900), darauf Lehrer an einer Privatschule (St. Georg in Bukarest), wo AnghelDemetrescu, ein angesehener Pädagoge, Direktor war. C. gab jedoch alle diese Stellen wieder auf und versuchte es als Gastwirt erst in Bukarest, dann im Bahnhofsrestaurant Buzäu. (Dasselbe Gewerbe übt noch heutigentags ein anderer angesehener Schriftsteller, der Kritiker J. Dobrogeanu-Gherea ein Freund C.s aus.) Aber C. wurde auch dieses Geschäftes überdrüssig und, da er eine größere Erbschaft machte und so ganz der materiellen Sorgen enthoben wurde, zog er sich ins Privatleben zurück. 1904 ist er mit seiner Familie nach Berlin übergesiedelt, wo er jetzt noch in dem Vororte Schöneberg wohnt. Er hat lange Reisen unternommen, wie z. B. nach Italien, die viel zu seiner Weiterbildung beigetragen haben. Er, der nur vier Elementarklassen absolviert hat, hat sich privatim 1) Das Direktionsjahr, das Petrascu angibt (1885), ist nicht richtig. so dem Studium ergeben, daß er im Stande ist, den Xeno-hon den Dante und den Livius im Original zu lesen, und beherrscht die französische Sprache, die selbstverständlich die Hauptquelle seiner Kenntnisse bildet. Das bisherige literarische Ergebnis der Tätigkeit C.s kann man in drei Gruppen gliedern: 1. Die satirisch-humoristischen Schriften, 2. die ernsten Novellen und Dramen und 3. die politischen Schriften. Wird man, wie leicht verständlich, diese Teilung auch nicht bis ins Einzelne durchführen können, so wird sie doch im großen und ganzen für die vorliegende Arbeit maßgebend sein. Seine humoristisch-satirischen Schriften enthalten seine Lustspiele und die M. (einige andere kleinere Schriften mit eingerechnet), seine ernsten Werke bilden zwei größere Novellen sowie sein Drama: Näp. (Falsche Beschuldigung), seine politischen Schriften endlich zwei politische Broschüren. Die letzteren werden wir nur in einzelnen Fällen heranziehen, ohne sie eingehender zu analysieren. Ohne sie würde aber die Satire und die Tendenz des Schriftstellers unverständlich sein. Kurzer geschichtlicher Überblick. Die Schriften C.s sind mit der Geschichte Rumäniens eng verbunden. Es ist daher nicht möglich über seinen Entwickelungsgang zuschreiben, ohne die Vergangenheit und gegenwärtige Lage des rumänischen Volkes zu berücksichtigen, so wenig man auch die Lustspiele Molieres verstehen kann ohne Kenntnis des Hotel Rambouillet, des „Preziösentums" jener Zeit, der Unterstützung, die Ludwig XIV. den Literaten zuteil werden ließ, oder der Kämpfe Molieres mit den Tartuffen seiner Zeit. Erst wenn man über diese Verhältnisse im Klaren ist, kann man auch die Schattenseiten des Autors beurteilen, weil man ihn sich vorstellt inmitten seiner Zeit, seiner Zeit- — 254 genossen und der sozialen und politischen Kämpfe, die er erlebt hat. So ist es auch mit C. Wenn man die Geschichte des rumänischen Volkes in den letzten 300 Jahren verfolgt, findet man einen fortwährenden Wechsel auf dem Throne der Fürstentümer. Vom XVII. J. an werden die Fürsten von den Türken ernannt. Diese Gewalt bekommt man aus Konstantinopel. Herrscher wird der, welcher am meisten bezahlt. Es beginnt eine förmliche Jagd nach der Zurückerwerbung der ausgegebenen Gelder_ und weil die Fürsten aller 2 bis 3 Jahre wechseln, ist es sehr begreiflich, daß die Bevölkerung unter einem solchen Re gime nicht gedeihen kann. Ein Ansatz zu einer nationalen Kultur, der in der Walachei unter Matei Basarab (1632—54), in der Moldau unter Vasile Lupu (1634—53) zu bemerken ist, wo in rumänischer Sprache kirchliche Bücher und Chroniken gedruckt werden, kann sich nicht weiter entwickeln und wegen der jämmerlichen politischen Lage die verheißenen Früchte nicht zeitigen. Von 1712 an ist diese Lage noch mißlicher: Die Türken schicken von jetzt an bis 1821, also über hundert Jahre lang, die Leute aus dem Phanar, der Vorstadt der Griechen in Konstantinopel, als Fürsten der Walachei und der Moldau. Der Thron wird versteigert wie jede Ware. Diese Zeit ist eine der traurigsten in der Geschichte der Fürstentümer. Der Tribut verzehnfacht sich, die Bevölkerung ist infolge des Zehnten und des Frohndienstes an den Bettelstab gekommen, die Bojaren vergessen — größtenteils — ihre nationale Aufgabe und werfen sich mit Inbrunst der griechischen Kultur in die Arme, die rum. Klöster aber schicken ihr teures Geld für die griechische Propaganda oder für den Unterhalt der griechischen Klöster nach dem heiligen Berge Athos. Das Land wird von fremden Herren durchzogen und verwüstet. Bei solchen Zuständen ist es sehr begreiflich, wenn eine nationale Kultur nicht gedeihen konnte. Die einzige Stimme, die nicht verstummte, war die Stimme des Volksliedes. Mit der Revolution Tudor Vladimirescus (1821) wird — 255 — zwar der nationale Charakter stärker betont: Rumänische Schulen werden errichtet — etwas Unerhörtes zu jener Zeit, tüchtige Lehrer übersetzen die elementaren Bücher in die ■vielgeschmähte rumänische Volkssprache. Statt des früheren griechischen macht sich aber jetzt der russische Einfluß geltend. Die russische Occupation der Fürstentümer dauert von 1828—1834. Die neue Organisation wird im „Regu-lamentul organic" dargelegt, wo zuerst von einer legislativen und elektiven Landesvertretung die Rede ist. Wie traurig die Zustände der Fürstentümer zu jener Zeit waren, berichtet ein Augenzeuge, der Minister des Auswärtigen unter Napoleon III., Thouvenel, der in der „Revue de deux Mondes" (15. Mai 1839) von den Eindrücken einer Reise nach Rumänien schreibt: „Am Ufer des Jiu, im Crajovaer Banat, ist das Land unbebaut, obwohl die Erde von wunderbarer Fruchtbarkeit ist: die Bevölkerung ist ins Gebirge geflohen. — Wir fuhren abends ab und hofften in der Nacht einen großen Teil der Wüste, die Craiova von Bukarest trennt, hinter uns bringen zu können. — Vom Ufer des Olt bis nach Bukarest ist das Land öde, es stellt ein einziges, von Kriegen verheertes und dann nicht wieder angebautes Flachland von 120 km in der Längsrichtung dar: Kein Dorf, keine Ackerfurche, die wilde Natur ist wieder in ihre ursprünglichen Rechte getreten. — Auf 40 km Umkreis von Bukarest werden einige von der Nähe der Hauptstadt angezogene Dörfer sichtbar. — Dann aber beginnt gleich wieder eine neue Wüstenei, die sich bis Braila erstreckt." (Nach „Rumänien" 1866—1906, Bukarest 1907.) Vier Jahre vorher reiste Moltke durch die Fürstentümer, um die türkische Armee zu reorganisieren (1835), und beschrieb das Gesehene wie folgt: „Die Physiognomie dieses Landes trägt die furchtbarsten Spuren einer langen Knechtschaft. — Das flache Land ist vollkommen baumlos.....die schönen Waldungen, welche die Natur geschenkt, sind auf eine Art verwüstet, daß man kaum begreift, wie Bosheit, Nachlässigkeit, Mutwille, wie Menschenkräfte in ihrer verderblichen Richtung überhaupt zu solchen Verheerungen ausreichten,--und so gleicht dieses Land in der Tat einer weiten Wüstenei, einer Wüstenei freilich, die nur auf fleißige Menschenhände wartet, um jede Mühe überschwenglich zu lohnen. — Die Wallachen sind ein auffallend schöner, großer Menschenschlag; ihre Sprache ist eine Tochter der römischen und noch heute der italienischen ähnlich..... Man erstaunt in dieser Wüstenei eine Stadt wie Bukarest mit fast 100 000 Einwohnern zu treffen." (Moltke, Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei. 3. Aufl. Berlin 1877, S. 4-8.) Dies ist das Bild, das sich dem Fremden zeigt. Die Revolution von 1848 bringt das Land wieder in Wallungen und zerstört die Anfänge von 1821. Infolge des Krimkrieges (1854—56) geht die Herrschaft nach der Niederlage der Russen wieder auf die Türken über. (Kongreß von Paris 1856.) Vergebens verlangen die Fürstentümer die Verschmelzung der zwei Staaten in einen einzigen, vergebens einen fremden Fürsten als alleinigen Potentaten und ein konstitutionelles Regime, ihre Wünsche werden erst später erfüllt. Erst 1859 wird Fürst Cusa als Haupt beider Fürstentümer gewählt und nach schweren Kämpfen auch von den Großmächten anerkannt. Von 1859 an beginnt der eigentliche Aufbau des rumänischen Staates. Unter der Regierung Cusas werden die Kirchengüter säkularisiert, die Frohndienste und der Zehnt aufgehoben, unter denen die Bevölkerung schmachtete. Für das Gedeihen eines bisher geknechteten Volkes ist sicherlich epochemachend der Wendepunkt, wo die Leibeigenschaft abgeschafft wird. Nun folgten andere fruchtbringende Gesetze für die Bodenreform, für das Schulwesen, für die Wahlreform etc. Nach der erzwungenen Abdankung Cusas (1866), der keine sehr tatkräftige Hand hatte, wurde ein Sprosse der Hohen-zollern-Sigmaringenschen Dynastie, als Carol L, zum Fürsten erwählt. Der 10. Mai 1866 ist dieser für Rumänien epochemachende Tag. Seitdem erst ist ein wirklich erfolgreiches Vorwärtsstreben in kultureller Hinsicht bemerkbar. Schon nach 10 Jahren beweist der Krieg von 1877/78 den Fortschritt und die Lebenskraft des rumänischen Elementes. Nach dem Frieden von San-Stefano (1878) und dem Kongreß von Berlin (1878) wird Rumänien für unabhängig erklärt. Die letzte Etappe ist die Proklamation des Königtums Rumänien, im J. 1881. Diese Tatsachen muß man ins Auge fassen, wenn man die verschiedenen Stadien des rumänischen Schrifttums bis zum heutigen Tage beurteilen will. Nur so gewinnt man den richtigen Standpunkt, wenn man z. B. den großen Kultureinfluß, den Frankreich auf das heutige Rumänien ausgeübt hat und noch heute ausübt begreifen will. Ein Land, das erst seit ganz kurzer Zeit einen wirtschaftlichen Aufschwung aufzuweisen hat, das keine Organisationen besitzt, das in seiner Tagespresse, in der Literatur, in den Wissenschaften noch so zurück geblieben ist, war auf fremde Hilfe angewiesen. Der französische Einfluß macht sich am meisten geltend. Das Interesse für die franz. Kultur regt sich schon seit dem XVIII. Jahrb., als die griechischen Phanarioten und die Bojaren ihre Sekretäre aus Frankreich kommen ließen, und so die franz. Sprache in Mode kam. Eine weitere Verbreitung gewinnt die franz. Sprache und Kultur durch die Ernennung der fremden Konsuln, in Bukarest und Jassy, nach 1774, und durch den regen Verkehr mit den Russen bis 1848; erfreuten sich doch bekanntlich am Hofe Catharinas II. die Gedankenkreise Voltaires einer hohen Beliebtheit. Nach dem „Regulamentul organic", unter dem Fürsten Kisseleff (1829—34), wird die französische Sprache sogar zur offiziellen Sprache in der Moldau-Walachei erklärt. Darauf be sinnt eine wahre Flut von Ubersetzungen aus dem Franz., mit denen noch heute Rumänien überschwemmt ist. (Mehr über den franz. Einfluß1) bei: Ben- 1) Was dieser Einfluß für ein relativ so kleines Land wie Weigand xvii. 17 — 258 — gesco, Bibliographie Franco-roumaine du XIX Siecle Tome I Bruxelles 1895; Pompiliu Eliade, De rinfluence franc. sur l'esprit public en Roumanie; Jorga, Ist. lit. roin. sec. XVUI sec. XIX.) Wenn Voltaire, ca. 1750, aus Potsdam schreiben konnte: „Ich befinde mich hier in Frankreich. Man spricht nur unsere Sprache. Das Deutsche ist nur für die Soldaten und die Pferde, man hat es nur auf der Reise nötig", so hätte er, wenn er Rumänien erst vor kurzer Zeit besucht hätte, dieselben Tatsachen feststellen können. „Certaines nations", meint Julleville, indem er über den franz. Einfluß in der Welt spricht, „certaines nations. comme la Roumanie, nous restent obstinement fideles". Dieses „ob-stinement" könnte man besser mit „sklavisch" übersetzen. (Hist. de la langue et de la litt. fr. VIII. Bd. S. 697.) Momente (Augenblicke 3Ls.) Man sagt, daß es in der Natur keine Sprünge gibt. Man kann mit eben soviel Recht sagen: es gibt keine Sprünge in der geistigen Entwickelung eines Volkes, oder, wenn es solche gibt, so bringen diese seine Vernichtung. In der Entwickelung des rumänischen Staates kann man diesen Satz am besten bestätigt finden. Während man bis vor kurzem in Rumänien die Befehle aus der türkischen oder russischen Hauptstadt zu empfangen gewohnt war — gewann man jetzt auf einmal die Selbständigkeit und damit die Selbstherrschaft. Mit dieser Selbständigkeit änderten sich die Zustände der Administration im Lande, ja sogar die sozialen Zustände. Das ganze Land wurde gezwungen sich zu erneuern, wenn es eine gesunde Entwickelung herbeiwünschte. Laufbahnen wurden frei, die bis vor kurzem verschlossen waren, weil sie Rumänien bedeutet, kann man auch aus Folgendem ersehen: bis 1S9l> haben in Frankreich über 315 Rumänen die Doktorprüfung bestanden (Bengesco, op. cit.), bei einer Bevölkerung, die 1899 nur 22 % Alphabeten aufzuweisen hatte. („Rumänien" 1SGG—1906, Seite 79.) — 259 — von Fremden besetzt waren. Das konstitutionelle Leben ist dem früheren gerade entgegengesetzt. Mit einem Worte: eine innere Umwälzung vollzieht sich, ein psychologischer Prozeß der höheren Schicht des Volkes. Diese Übergangsstadien hat jedes Volk durchgemacht, mit dem einzigen großen Unterschiede, daß dieses Zeitalter für Deutschland, Frankreich und die anderen Länder des Okzidents viel früher anbrach als für Rumänien. Es ist leicht begreiflich, daß dieses Übergangszeitalter einem satirischen Schriftsteller eine Fülle von Material liefern mußte. Hier prallen zwTei fremde Welten aufeinander, hier wird eine Schlacht zwischen Fortschritt und Rückständigkeit geschlagen, zwischen neuem, pulsierendem Leben und sozialem Stillstand. Eine tüchtige Feder wird diese Typen beschreiben wollen, diese halbgebildeten Leute, die der Strom der nationalen Auferstehung erfaßt hat. C. „der klassische Erzähler und geistreiche Beobachter der sozialen Verhältnisse einer Ubergangszeit" wie ihn der Kritiker und Historiker Jorga nennt (Gesch. des rum. Volkes N. Jorga, 2. Bd., S. 477) hat sich sehr gut Rechenschaft über diesen Zustand gegeben. In Rumänien war es vor 30—40 Jahren „difficile satiram non scribere". In seiner politischen Schrift sagt C. (1907): „vielleicht in keinem Staate, wenigstens in Europa, existiert ein so extravaganter Unterschied zwischen Sein und Schein, zwischen Seele und Maske", als in Rumänien (1907, Seite 6). Der Band „Momente" (Augenblicke) wird uns in den Gedankenkreis C.s einführen und uns mit den verschiedenen Typen seiner Beobachtungen bekannt machen. In einer Skizze, die er in der Bukarester Zeitung: „Uni-versul" (XVIII. J., Nr. 12 vom 14, Jan. 1900) veröffentlicht hat, beschreibt er den Typus eines geistlosen „Causeurs" und bittet das Publikum, indem er mehrere Proben dieses beschränkten Geistes vorführt, um mehr Material. Diese Skizze ist zu flüchtig geschrieben und erschien daher in den M. nicht. 17* — 260 — Wie C. das Publikum bat, ihm wahre Tatsachen zu liefern, so bittet er sich selbst: „Schaue um Dich und zeichne alles auf!" Aus diesen täglichen Beobachtungen sind die satirischen und humoristischen Skizzen der M. entstanden. Die M. sind größtenteils im Feuilleton der Tageszeituna-„Univ.", in den Jahren 1899 und 1900 erschienen. C. hatte die Freitagsnummer, der Dichter Georg Cosbuc und der Historiker V. A. Urechia hatten andere Beiträge an bestimmten Tagen zu veröffentlichen. Diese Zeitung, die sich auch heutigentags einer großen Popularität erfreut, indem sie die größte Abonnentenzahl in Rumänien aufzuweisen hat und von allen Gesellschaftsklassen gelesen wird, befand sich damals in einer blühenden Epoche, gerade wegen der Mitarbeiterschaft dieser drei namhaften Schriftsteller. Die meistgelesenen Feuilletons waren die C.s. Wie kam diese Beliebtheit? C. hat die Vorstadttypen der Hauptstadt selbst studiert. Noch mehr. Er, der Regisseur, Souffleur, Schulrevisor, Schriftsteller, Journalist, Theaterdirektor und Gastwirt gewesen, hat Gelegenheit gehabt mit allen Volksschichten in Berührung zu treten. So ist er im Stande gewesen, alle Personen, die er beschrieben hat und die wir noch kennen lernen werden, die Volks- und die Provinzialtypen, selbst zu studiereu. Infolge seiner schriftstellerischen Begabung hat er diese Typen in der rumänischen Literatur verewigt, in seinen Skizzen und noch mehr in seinen Lustspielen. Der achtjährige Knabe, der als Major angezogen ist und sich ungezogen gegen seine Mutter und ihre Gäste aufführt, Herr Goe, der den Zug aufhält aus lauter Neugierde, ein Student, der als Demagog die Jugend aufhetzt und nachher, als Polizeiinspektor, gegen sie wegen desselben Gebarens so rücksichtslos vorgeht, die Zeitungsreporter mit ihrem stumpfsinnigen Stil und der Jagd nach Sensationen, die „Pflastertreter", die an der Straßenecke oder am Restauranttisch bis zum Morgengrauen „hohe" Politik treiben „politiques d'esta-minet", wie der Franzose sagt — all diese Leute werden in seinen Skizzen beschrieben. Es kommen noch einige andere — 261 — hinzu Die Provinz-Wahlmänner beschweren sich telegraphisch bei dem König wegen Mißbräuchen bei den Wahlen und verbrüdern sich nach kurzer Zeit. Eine Schule verlangt Holz für den Winter, der gerade sehr streng ist, und bekommt — nach vielem hin und her — einen Klafter Holz, nachdem der Winter schon vorbei ist. Der Bürgermeister der kleinen Stadt Mizil bei Bukarest ist aufgebracht darüber, daß der neu eingerichtete Expreßzug Breslau—Bukarest an seinem Bahnhof nicht anhält, und er frohlockt, als der Zug zum ersten Male eine Minute in Mizil stehen bleibt. Zu gleicher Zeit schickt er ein Telegramm dem Bürgermeister von Breslau, folgenden Inhalts: „Aujourd' hui jour solennel matin precises 10 h. 12 min. express Bucarest—Berlin arrete gare notre Mizil pavoisee foule enorme presque dix mille personnes applau-dissement frenetiques enthousiasme comble commission ..... Vive Allemagne! Vive Roumanie! Vive Breslau! Vive Mizil! Salutations fraternelles!" (M. S. 17.) Die Eigenart dieser Skizzen wird man am besten aus der folgenden typischen Probe ersehen. Ein Bittgesuch. Es ist Hochsommer; zur Zeit, wo die Amtsstunden morgens sieben Uhr beginnen und um zwei Uhr mittags aufhören. Die ganze Nacht herrschte drückende Hitze, und jetzt geht die Sonne am heiteren Himmel auf, eine fürchterliche Glut verheißend. Was wird tagsüber werden? Zehn Minuten fehlen noch bis sieben Uhr Morgens. In der Amtsstube der Hauptregistratur eines großen Verwaltungsamtes bereitet der Beamte sein Register vor und wartet auf den Stundenschlag, um das Fensterchen des Schalters emporzuschieben, durch welches ihm die Amtspost und die verschiedenen Bittgesuche entgegengereicht werden. Während er sich den Schweiß trocknet, Gott weiß an was denkend, hört er am zugemachten Schalter ein Klopfen. Er blickt nach seiner Taschenuhr, die er zuvor nach der Amtsuhr gerichtet hat; noch fünf Minuten..... Er zuckt die Achseln, — 262 — trocknet sich wieder den Schweiß und denkt weiter nach . Das Klopfen hat aufgehört, aber nach einer kleinen Weile beginnt es wieder mit verdoppelter Stärke. Der Beamte blickt wieder auf die Uhr: noch zwei Minuten. Ein Achselzucken, er trocknet sich wieder ab und verfolgt seinen Gedankengang weiter..... Das Klopfen wiederholt sich mit Heftigkeit .... Endlich sind auch die zwei Minuten vorüber: die Uhr zeigt Punkt sieben. Der Beamte zieht den Riegel, hebt das Rouleaux empor und läßt nur die Fensterscheibe des Schalters geschlossen. Er blickt hinaus. Am Fenster ein Herr, der wartet. Wahrscheinlich hat jener geklopft. Der Beamte schiebt auch das Fensterchen hoch. Sie haben geklopft? Ja. Sie wissen nicht, daß das Amt um sieben Uhr geöffnet wird ? Oja. Und indem der Herr dies sagt, steckt er seinen Kopf tief durch das Fenster hinein. Der Beamte, überrascht von dieser Bewegung, fährt zurück und läßt das bewegliche Fensterchen aus der Hand, welches wie die Schneide einer Guillotine auf den Hals des Mannes fällt. Dieser will den Kopf zurückziehen, kann aber nicht. Heben Sie auf, Herr! schreit der Mann mit großen Augen. Der Beamte hebt das Fenster empor, und der Mann zieht seinen Kopf zurück. Was wünschen Sie? Ich haV hier ein Anliegen. Bei diesen Worten will er wieder seinen Kopf hineinstecken, doch der Beamte merkt es und läßt schnell das Fenster heruntergleiten, welches dabei die Nasenspitze des Herrn berührt. — Bitte durch die Türe herein, wenn Sie hier ein Anliegen haben! ruft der Beamte, indem er den Herrn mit der Hand den Weg weist, wo er in das Amtszimmer eintreten kann. Der Herr gehorcht, geht vom Schalter weg und erscheint alsbald in der Türe. Es ist ein Mensch, der weder sehr jung — 263 — noch sehr alt ist, er scheint sehr ermüdet zu sein, und ein geübtes Auge würde gleich erkennen, daß er die ganze Nacht nicht geschlafen hat. Er ist verschwitzt und verstaubt, seine Bewegungen sind unsicher und ebenso die Artikulierung seiner Worte. Als er über die Schwelle schreitet, hält er in der einen Hand seinen ein wenig zerknüllten Strohhut, während er sich mit der anderen an die Nase faßt. Sie hätten mir beinahe die Nase abgeschnitten! .... Wissen Sie, wie fürchterlich Sie mich getroffen haben? Pardon, ich bin nicht schuld, wenn Sie so weit den Kopf hineinstecken .... — Es macht nichts . . . Haben Sie keinen Stuhl hier? — Bitte. Der Herr setzt sich neben dem Amtstisch nieder. — Furchtbar müde bin ich..... Indem er dies sagt, sieht der Herr langen Blicks nach einem beinahe ausgeleerten Wasserglase, aus welchem der Beamte getrunken hat. — Verzeihen Sie, wenn ich bitten darf. Haben Sie Wasser? — Ja, — Ist es kalt? — Ziemlich. — Tuen Sie nicht Eis hinein? — 0 ja. — So? Sie tuen Eis hinein? — Gewiß. — Haben Sie Flir . . . Firl . . . Wie heißt es nur? — Ja wir haben Filter. — Mein Lieber, Sie nehmen es mir nicht übel, wenn ich Sie nun um ein Glas Wasser bitte? Ich bin furchtbar durstig! Der Beamte schellt; ein Diener erscheint. — Ein Glas Wasser..... Dann nach einer kleinen Weile zum Herrn: Sie sagten, Sie hätten hier ein Anliegen . . . — Ja ich habe hier ein Anliegen ... — Hier bei uns? — Ja, bei Ihnen . . . wahrscheinlich schöpft er es jetzt aus dem Brunnen! — Wie, aus dem Brunnen? — Das Wasser . . . denn wie ich sehe, hat unser Freund keine große Eile . . . Der Diener kehrt zurück. Der Herr ergreift das Glas und leert es, ohne abzusetzen. Darauf sagt er zufrieden zu dem Diener, indem er die Augen mit einem süßen Blick zu ihm erhebt: — Danke . . . Wenn Sie es nicht übel nehmen, bringen Sie mir noch eins. Der Diener geht. Der Herr, nachdem er seine Taschen durchsucht hat, zum Beamten: — Es ist zum Teufel! Ich hab's verloren! — Was denn? — Was hin — was her . .. — 264 — genug, ich hab's verloren! — "War es ein Bittgesuch? Nein, Freundchen, mein Taschentuch . . . Liebster, wenn Sie es nicht übel nehmen, dürfte ich Sie bitten, mir Ihres zu leihen? Nur einen Augenblick. Mit diesen Worten nimmt er das Taschentuch des Beamten vom Tisch, und bevor dieser noch einen Laut hervorbringen kann, wischt er sich damit den Mund ab. — Schwitzen Sie auch so wie ich? Der Beamte greift nach seinem Taschentuch, doch der Herr zieht seine Hand zurück, trocknet sich den Schweiß und die Nase ab und legt es dann wieder auf den Tisch. — Ich schwitze nämlich entsetzlich! Der Beamte nimmt das Taschentuch und wirft es weit weg ans andere Ende des Tisches, dann rückt er zurecht, ergreift die Feder und beginnt Schriften zu registrieren. Der Diener kommt mit dem zweiten Glas Wasser. Der Herr ergreift es und leert es auf einen Zug; dann in süßlichem Ton, indem er dem Beamten ein Zeichen macht, ihm das Taschentuch zu reichen: — Wenn Sie es nicht übel nehmen . . . Dieser tut, als höre er nicht. Der Herr steht auf, geht um den Tisch herum bis zur andern Seite, beugt sich hinüber und nimmt das Taschentuch. Der Beamte greift danach, doch der Herr trocknet sich Stirn und Nase und wirft es an seinen Platz zurück. — Danke! — Herr, sagt der Beamte, Sie sagen, Sie hätten hier ein Anliegen . . . Bitte . . . Wir haben keine Zeit zum Plaudern. Uns zahlt der Staat den Gehalt, damit wir arbeiten, bitte, was ist Ihr Anliegen? — Warten Sie, ich werde es Ihnen sagen ... Es ist entsetzlich heiß! Er geht zur Klingel und drückt auf den Knopf. Es klingelt anhaltend. Der Beamte ungeduldig: Genug, Herr! Was wünschen Sie? — Wenn Sie es mir nicht übel nehmen, noch ein Glas . . . Ich bin entsetzlich durstig! Ich habe mit einigen Freunden die ganze Nacht durchschwärmt und gar nicht geschlafen .... Wissen Sie .... Nach einer Pause: — Nicht — 265 — wahr, man merkt es, daß ich nicht geschlafen habe? — Ach freilich! — Wo waren wir nicht überall! Der Diener kommt zurück. Der Herr mit großer Höflichkeit: Liebster, wenn gie es nicht übel nehmen, darf ich bitten .... Noch ein Glas . . • • Der Diener geht. Der Herr mit Liebenswürdigkeit zum Beamten: Haben Sie viel zu tun? — Der Beamte: Weder zu viel, noch zu wenig . . . genügend. Der Diener bringt das Glas. Der Herr trinkt es aus, ohne abzusetzen. Zum Diener: — Danke. Zum Beamten: Wenn Sie es nicht übel nehmen, möchte ich Sie bitten . . . Das Taschentuch. Herr! schreit der Beamte, begreifen Sie einma], daß uns der Staat nicht bezahlt, damit wir plaudern, wir haben zu tun, wir haben keine Zeit zum Geschichtenerzählen .... Sagen Sie, was Sie wünschen. Hier darf niemand eintreten, der kein Anliegen hat. Welches ist ihr Anliegen? — Anliegen? — Ja, Anliegen! — Ich habe ein Bittgesuch eingereicht . . . Ich möchte wissen, was damit geschehen ist, — Geben Sie mir eine Zahl. — Haben Sie keine Zahl erhalten, als Sie das Bittgesuch einreichten? — Nein. — Warum haben Sie keine verlangt? — Ich habe es nicht selbst eingereicht, — Wer denn? — Ich habe es durch jemanden geschickt. — Wann? An welchem Tage? — Vor zwei Monaten. — Wissen Sie nicht beiläufig wann? — Weiß ich's? — Wie, Sie wissen es nicht? Wie heißen Sie? — Nae Jonesku. — Was verlangten Sie in dem Bittgesuch? — Ich? Ich verlangte nichts. — Wieso? — Es war nicht mein Bittgesuch. — Wessen denn? — Eines Freundes. — Welches Freundes? — Eines gewissen Gitza Vasilesku. — Was verlangte er? — Er? Er verlangte nichts. — Wie, er verlangte nichts? — Er verlangte nichts, es war nicht sein Bittgesuch. — Wessen denn? — Einer Tante von ihm .... Er wußte, daß ich nach Bukarest komme, und gab es mir, damit ich es einreiche. — Wie heißt die Tante des Herrn Gitza? — Ich weiß es nicht, — Wissen Sie nicht, was sie verlangte? — 0, ich glaube, sie verlangte . . . — Was? — Eine Pension. — 266 — Der Beamte schreit außer sich: Herr! Hier ist die Monopolverwaltung! Hier werden keine Bittgesuche für Pensionen angenommen! Gehen Sie zu der Pensionsabteilung, dort werden Bittgesuche für Pensionen angenommen! So? Also zu der Pensionsabteilung? Also ... Er geht zur Klingel und drückt auf den Knopf. — Ein langanhaltendes Klingeln. — Genug, Herr! — Sehen Sie, wenn Sie es nicht übel nehmen, möchte ich noch um ein Glas Wasser bitten! — Der Diener erscheint. — Sehen Sie, Liebster, wenn Sie es mir nicht übel nehmen, möchte ich Sie noch um ein Glas Wasser bitten. Der Diener geht. Der Beamte schnaubt ärgerlich und schreibt, die Augen auf das Register gesenkt. — So? Also bei den Pensionen, so? Der Diener kommt. Der Herr greift nach dem Glas. Der Beamte, nachdem er ihn in Ruhe hat austrinken lassen, zum Diener: —■ Wirf ihn hinaus! Der Herr, im Abgehen, sehr höflich: Danke .... Ich gehe .... So? also zur Pensionsabteilung, so, so! Übersetzt: Eleonora Borcia. Seine Skizzen sind keine leichte belletristische Literatur. Sie haben vielmehr einen psychologischen Kern. Der Herr, der den Beamten des Verwaltungsamtes mit seinem Glas Wasser belästigt, ihm die Zeit raubt, indem er ihn durch allerlei Redensarten hinhält, und zuguterletzt gar nichts anzugeben weiß, dieser Herr ist nicht vereinzelt in Rumänien. Er ist der Typus, der Repräsentant einer ganzen Gattung. Wenn man tiefer nachforscht, so findet man orientalische Gewohnheiten wieder. Vom Orient kommt dieses Vergeuden der Zeit mit Politisieren. So kann man die meisten Skizzen der M. als typisch hinstellen. Man kann sie „Kulturskizzen" nennen — wie die Anton Tschechows die auch Anspruch auf einen höheren literarischen und kulturellen Wert erheben. Diese Kulturskizzen haben noch einen anderen Wert für die rumänische Literatur. Sie spiegeln, mit den Lustspielen zusammen, neben einer schon bekannten Welt, auch eine für die Literatur noch unbekannte wieder, die Welt der Kleinbürger, die noch kein rumänischer Schriftsteller beschrieben hatte. Der Grund ist einleuchtend, weil die beschriebenen Typen des Kleinbürgertums sich ihre Lebensanschauung und ihre Philosophie erst in den Jahren aneigneten, wo die M. und Lustspiele erschienen. Der historische Überblick hat uns darüber aufgeklärt. Deshalb ist C. so originell in seinem Werk, er ist der Schöpfer eines neuen Typus in der rumänischen Literatur. In der Beschreibung realer Gestalten hat er nur einen würdigen Vorgänger, Costache Negruzzi (in den Naturkopien, Copii de pe natura), der aber die Gewandtheit C.s keineswegs erreicht. C.s Lebhaftigkeit der Beschreibung erinnert an Guy de Maupassant. In der Kraft der Schilderung erreicht er ihn ganz gewiß, aber nicht in der Vielseitigkeit. Eine größere Zahl von Typen fehlt bei ihm überhaupt, wie wir das auch in den Lustspielen finden werden. Das ist gerade etwas Charakteristisches. Dieselbe Tatsache, die Melchior de Vogüe in Rußland beobachtet, läßt sich auch auf Rumänien anwenden: „Traversez cent villages entre Peters-bourg et Moscou" sagt Vogüe, „par les traits, les attitudes et le costume, tous les gens que vous rencontrerez, sont frappes ä la nieme effigie. Comme dans la plupart des civili-sations tres neuves, Teffort personnel ne les a pas degages du lien collectif; quelques portraits pris au hasard peindront tous ces freres." („Le roman russe", Seite IX.) Die M. erschienen 1901 in Buchform (Verlag Socec et Comp., Bukarest) und wurden vom Publikum mit demselben Wohlwollen aufgenommen, wie seinerzeit, als sie im „Univ." erschienen. C. bewarb sich damit bei der rumänischen Akademie um den Preis der Nästurel-Herescu-Stiftung, der 4000 Lei beträgt. Als Referent der Prämienkommission fungierte das Mitglied Ollänescu in der Sitzung vom 24. März 1902. Das Referat Ollänescus stellt fest, daß die „Arbeit einen großen Wert hat", daß „sie ein Kleinod sei aus dem Schatze, den C. für die rum. Literatur geschmiedet hat." — 268 -— Obwohl der Referent diese zutreffenden Tatsachen anführte fiel der Vorschlag der Kommission für die Prämiierung ungünstig aus, als man zur Abstimmung schritt. Die Lustspiele. a) Das Theater vor C. und während C.s Tätigkeit. Es gibt noch keine kritische Geschichte des rumänischen Theaters. Was bis jetzt darüber veröffentlicht worden ist, sind nur Fragmente, die der weiteren Bearbeitung harren. Das Material ist aus mehreren Gesichtspunkten interessant: Man wird auch hieraus die überwältigende Macht der französischen Kultur und ihren Einfluß auf die rum. Bühne — wie es nach dem früher Gesagten natürlich ist — ersehen, mau wird den Kampf des nationalen Theaters mit den fremden Truppen verfolgen können (die Neugriechen haben ihre erste Nationalbühne in Rumänien gegründet) und man wird den Mangel an rumänischen dramatischen Schriftstellern richtiger beurteilen. Wenn das erste rumänische Theater, das von Asachi im Jahre 1806 in den Häusern des Hatman Costachi Ghica gegründet war, und wenn das erste gedruckte Theaterstück, in dem die rum. Sprache vorkommt „Occisio Gregorii in Moldaviae Vodae tragice expressa"1) ist, (zwischen 1777—80) so sind diese beiden Daten charakteristisch für den Kulturzustand der damaligen Zeit. Die Bojarensöhne führten 1806 eine Bearbeitung der „unsterblichen Idylliker Ghesner (Geßner) und Florian" „Mirtyi si Hloe" (v. Jorga, Ist, lit, sec. XVIII, Bd. II, S. 520),' auf, Idyllen von „einer faden Weichlichkeit der Gefühle und Gedanken" (Birch-Hirschfeld, Gesch. der fr. Lit., Seite 585), 1) Nota v. Analele Acad. Serie 2, Bd. IT, Sekt. I Seite 212. — Artikel von N. Densusianu; Ztschr. „Archiva", Jasi, J. XVI Nr. 7—S, — Artikel T. T. Burada; Gaster in Gröbers Grundriß IT, 3. Abt. S. 313. — 269 — die keinen literarischen Geschmack verraten: die „Occisio" ist ein Mischprodukt aus vier Sprachen, ohne literarischen Wert, Am Anfang des Theaterlebens der Fürstentümer haben Griechen und Türken, Italiener und Russen, Deutsche und Franzosen sich in einen Wettstreit eingelassen, indem sie die Städte und Märkte mit Panoramen, mit athletischen Produktionen und Theateraufführungen überfluteten. Eine Statistik wird uns das besser vergegenwärtigen. Folgende Zahlen und Namen beziehen sich auf Bukarest und laufen vom Jahre 1854 bis 1874, also durch 20 Jahre. (Die Daten sind aus Ollänescu II zusammengestellt.) 1. Französische Truppen waren darnach in Bukarest in den Jahren: 1854 (mit mehr als 60 Lustspielen, Vaudevilles und Farben, 1862—63 (Bouffes parisiennes), 1868, 1871, 1872, 1872—75 (Operette bouffe). Der französische Bühneneinfluß fängt schon früh an. Voltaire wird 1820 (Oreste) übersetzt, dann 1834 (Alzire), 1834 (Mahomet), Corneille hat eine Übersetzung durch Heraclius 1831 aufzuweisen. Vor allem aber ist Moliere beliebt. Von ihm wurden übersetzt: Amphitryon (1833), le Bourgeois gentilhomme (1835), le Sicilien (1835), M. de Pourceaugnac (1836), les Precieuses ridicules (1835), L'avare (1836), zu derselben Zeit „le Medecin malgre lui", „George Dandin", „L'amour medecin". Bezeichnend ist, daß Corneille und Racine von den Übersetzern ziemlich vernachlässigt worden sind. Britannicus wurde 1827 übertragen. Die Ursache, die Sion angegeben .hat: daß der Wagemut der Übersetzer nicht so groß war, um sich an den fr. Klassikern zu vergreifen, ist nicht einleuchtend. (Siehe: Emile Picot in der Bibliographie Cornelienne, Paris 1876, Nr. 900.) *) 1) Interessante Erinnerungen über das rum. Theater bei Aristizza Romanescu, 30 de ani (30 Jahre), Bukarest 1904. — 270 — 2. Deutsche Truppen. 1854, 1868 (Direktor Kherne) 1873 (Direktor Dorn). Einen literarischen Einfluß haben diese deutschen Truppen nicht gehabt, da sie nur der leichtgeschürzten Muse dienten. Somit kann von einem literarischen Einfluß des deutschen Theaters nicht die Rede sein. Die deutschen Schauspieler, die die rumänische Hauptstadt besuchten und noch heute besuchen, sind — leider _ nur zweiter Güte. Rumänien ist in seiner großen Verehrung der französischen Kultur bekannt und wird infolgedessen von den großen deutschen Schauspielern fast nie besucht. Um die aufgeführten deutschen Theaterstücke ist es auch nicht besser bestellt. Der unvermeidliche August von Kotzebue hat auch in Rumänien das Publikum lange Zeit unter sein Joch gebeugt. „Menschenhaß und Reue" (zum ersten Mal 1837) entfesselte denselben Applaus und dieselben Tränen, wie seinerzeit in Paris oder in Berlin. (Siehe bei Oniagiu: Sturdza den Artikel Bogdan Duicäs über Kotzebue.) Von den deutschen Klassikern ist am beliebtesten Schiller, der die meisten Theaterübersetzungen aufweist, während die anderen weit im Hintergrund stehen. Biumenthal, Kadelburg, Beyerlein, Bonn, Otto Ernst (Flachsmann als Erzieher) L'Arronge, Meyer-Förster, Schönthan versperren ihnen den Weg, obwohl auch sie nicht zu oft vertreten sind. 3. Die italienischen Sänger haben iahraus-jahrein italienische Opern gespielt, Infolge dieser scharfen fremden Konkurrenz konnte sich das rumänische Theater nicht entwickeln. Die kulturellen Mittel, die Franzosen, Deutsche und Italiener besaßen, hatten die Rumänen nicht. Um das dramatische Werk C.s besser würdigen zu können, wird es gut sein, sich die dramatischen Zustände des rum. Theaters zu vergegenwärtigen und zu fragen: Welches sind die Existenzbedingungen eines dramatischen Schriftstellers, sowie die Schauspieler- und Theaterverhältnisse im modernen Rumänien im allgemeinen? Oliänescu, einer der besten Kenner des rum. Theaters, dessen Arbeit einem Theaterforscher viel Nutzen bringt, be- — 271 — pricht einmal die Zustände des Nationaltheaters in Bukarest von 1896—97 und verzeichnet die herrschenden Übelstände, um ihnen abzuhelfen. („Über die Reorganisation des Nationaltheaters" von Ascanio, sein Pseud., Ztschr. Lit. si arta r. I. S. 729 Sq.) Was im Jahre 1896—97 ein Übelstand war, ist zu der Zeit, wo C. seine Theaterstücke schrieb, noch ärger o-ewesen, und darnach wird sich der Leser einen ungefähren Betriff von den Theaterzuständen machen können. Das Nationaltheater in Bukarest ist die erste Bühne in Rumänien.l) Oll. erwähnt folgende Übelstände: 1. Ein Theaterstück, sei es so gut, wie es wolle, kann man in einer Saison höchstens 10 mal geben. 2. Die Autoren bekommen 10 °/0 aus den täglichen Einnahmen (das Dramenschreiben rentiert sich also nicht). 3. Die fremde Konkurrenz ist zu groß, und das Publikum füllt die Vorstellungen der Fremden. 4. Das Repertoire ist zu wenig stabil. Man wird ein festes Repertoire aufstellen müssen, das immer gespielt werden kann (klassische Stücke etc.). 5. Die Streitsucht und das Jagen der Schauspieler nach Rollen ist zu groß, dazu kommen noch vier weitere Punkte, die sich auf die Proben, die Bühnensprache, das Fehlen eines Lehrstuhls für rum. Sprache und Literatur am Konservatorium beziehen etc. Sind diese Zustände charakteristisch für das rum. Theater von Bukarest, so erst recht für die der Provinz. Wenn an der ersten Bühne Rumäniens so wenig für das rum. Theater geleistet wird, können die anderen beiden vom Staate subventionierten Theater (in Jassy und Craiova) oder gar die der Provinz noch weniger leisten. Der rum. Schriftsteller, der für das Theater schreibt, hat also nicht auf eine Remuneration seiner Arbeit zu rechnen, sondern höchstens auf den Applaus 1) Das Gebäude wurde 1846 begonnen (Wiener Architekt Heft), 1848 unterbrochen, 1850 weitergeführt, 1852 eingeweiht (Dekoration von Mühldörfer aus Mannheim). 1875 renoviert, ist es seitdem in demselben Zustande. Es hat 78 Logen, mit 3 Rängen, eine gute szenische Einrichtung. Insgesamt 1730 Plätze, — 272 — des Publikums, das — im besten Falle —■ den Saal von Bukarest (1730 Plätze) oder den von Jassy (1100 Plätze) füllt. Die größten Einkünfte eines Lustspiels C.s (Scr. p.) waren, bei den üblichen Preisen, 2641 Lei. Obwohl man viele Anstrengungen macht, arbeiten die Theater mit großen Verlusten. Der Staat gewährt zwar den 3 genannten Theatern jährlich Unterstützungen, wofür er sich die Ernennung des Direktors vorbehält (die Organisation ist eine Kopie der Comedie francaise: mit sozietären Gagisten und Theaterkomite). Trotz der 300 000 Lei jährlicher Unterstützung l), hat das Nation altheat er von Bukarest Verluste von 70 000 Lei (Stagione 1901—02) oder 72 000 Lei (Stagione 1907-08). (Siehe Lit, si arta r. VI (1902) S. 142 — °Zto\ „Viitorul" II, Nr. 136). Das sind die Theaterzustände in Rumänien. Die privaten Wandertruppen verdienen keine Erwähnung, da sie ein jämmerliches Leben führen, und auch die Dilettanten-Vorstellungen in Siebenbürgen nicht (in 9 Jahren 1188 Vorst.), da sie nur einaktige Stücke unter primitiven Bedingungen aufführen. Der einzige, für einen rumänischen Dramatiker einzuschlagende Weg ist also der nach Bukarest, wo wir die Zustände schon kennen gelernt haben. Dieselben unerfreulichen Zustände herrschten bis vor kurzem auch im Buchhandel. Zu denken, daß die Schriftsteller von dem Erlös ihrer Bücher leben könnten, wäre eine Naivität. Die zweite Auflage eines Buches war schon ein außerordentliches Ereignis, das nicht viele rum. Schriftsteller erlebt haben. (Seitdem hat sich freilich die Lage geändert. Ich werde darauf zu sprechen kommen.) Ein dritter, integrierender Faktor eines gesunden literarischen Lebens fehlte bis vor kurzem fast gänzlich: eine gute literarische Kritik. Die Zeitungen hatten und haben auch 1) Vgl. Rede dea Kultusministers Haret vom 27 der Kammer. Febr. 1908 in — 273 — heute noch — größtenteils — sehr minderwertige Theater-und Kunstkritiker. Außer Maiorescu und Dobrogeanu-Gherea kann man kaum drei oder vier Literarhistoriker und Kritiker nennen, die auf diesem Felde etwas Positives geleistet haben. Ihre Kritiken wurden gelesen und hatten einen relativ großen Erfolg. Unter diesem Gesichtspunkte muß man also auch C.s dramatische Werke beurteilen, denn — leider — steht auch der genialste Schriftsteller unter dem Einfluß der sozialen Zustände seiner Zeit und seines Volkes. Als Lustspieldichter hat C. Lustspiele fürs Publikum geschrieben. Die Zug- und Kassenstücke können von der Bühne nicht entfernt werden — Theaterdirektoren, ein Goethe, ein Schröder, ein E. Devrient, ein Laube haben vergebens dagegen gearbeitet — um wieviel weniger konnten sie von der Nationalbühne in Bukarest entfernt werden, wo sie das wrenige Gute zuweilen überwucherten. Das rumänische Nationaltheater war zu oft Odeon und Ambigu, „Schauspielhaus" und „Trianontheater" zugleich. Dem Publikum muß man Konzessionen machen (ein Moliere hat das selbst zugestanden): Wer weiß, ob C. das Lustspiel „D'ale C." geschrieben hätte, wenn er nicht dabei das Bukarester Publikum im Auge gehabt hätte. b) Inhaltsangaben. 1. Scrisoarea pierduta (Scr. p.). Der verlorene Brief. Lustspiel in vier Aufzügen. I. Akt. In einem Provinzialstädtchen ist eine Wahl für das zweite Kollegium vorzunehmen. Zwei Parteien stehen sich gegenüber: der Präfekt (KreisVorsteher, Obergespan) des judet (Bezirk, Kreis) Tipätescu mit seinen Anhängern (Trahanache etc.) und Nae Catavencu, Chefredakteur der Zeitung „Räcnetul Carpatilor" (das Brüllen der Karpaten), das Haupt der Opposition. Der Präfekt ist der Geliebte der i rau von Trahanache, dem Präsidenten der Wahlkommission Weigand xvii. 18 — 274 — und mehrerer anderer Vereine; der arme Betrogene hat keine Ahnung von dem Verhältnis. Catavencu aber findet (durch einen „Berauschten Bürger") einen der Liebesbriefe, die Tipätescu der „Coana Joitica" (Zoe Trahanache) schickt und droht mit der Veröffentlichung des Briefes, falls er nicht zum Abgeordneten gewählt wird. Da das Prestige des Präfekten von der Nichtveröffentlichung abhängt, will Tipätescu ihn einsperren lassen, Trahanache aber, der nichts glauben will, beschwichtigt den Präfekten. Pristanda, der Polizist, der Typus eines unredlichen Poiizeibeamten — begibt sich in die Redaktion, wo ihm Catavencu 1000 Poli (Napoleon d'or) für den Brief oder das Mandat abfordert. Farfuridi und Brinzovenescu, zwei Bürger, die die Anhänger des Präfekten darstellen, wittern Verrat. Von Tipätescu entfernen sie sich noch unschlüssiger. Frau Zoe ist wütend — man muß sie um jeden Preis vor dieser Schande bewahren. Sie wird selbst die Fäden in die Hand nehmen. II. Akt. Man zählt die Wählerliste und die sicheren Stimmen der Partei des Präfekten. Morgen soll die Wahl stattfinden. Die Wähler sind noch immer im Unklaren, Trahanache aber ist beruhigt: sie werden den wählen, den die Regierung ihnen vorschlagen wird. Farfuridi und Brinzovenescu schicken ein anonymes Telegramm an die Regierung: „Verrat! Man will uns verraten!" Der Präfekt hat aus eigenem Gutdünken den oppositionellen Redakteur einsperren und den Brief in dessen Wohnung durch die Polizei aufsuchen lassen. Zoe schickt nach Catavencu, sie ist entschlossen, alles für ihre Ehre zu tun, sie will bleiben und hier leben, obwohl ihr der Präfekt die gemeinsame Flucht vorschlägt. Catavencu wird vorgeführt. Die beiden Parteien stehen sich gegenüber. Der Präfekt, eine jähzornige Natur, tut sich Gewalt an, um nicht aufzubrausen. Catavencu verlangt einfach und siegesbewust: „Gebt mir das Abgeordnetenmandat!" Das kann der Präfekt doch nicht aushalten^ er fängt an ihn zu beschimpfen. Seine Geliebte aber verspricht - 275 — Catavencu mit lauter Stimme: „Übermorgen sind Sie Abgeordneter!" Der „Berauschte Bürger", der den Brief dem Catavencu übergeben hat, fragt: „Für wen soll ich stimmen?" Der Präfekt erwidert: „Für Catavencu". Die Szene wird von den zwei Wählern des vorigen Aktes belauscht: jetzt ist es klar, man hat sie verraten. Die Feinde werden jetzt Freunde; Catavencu und Tipätescu loben sich gegenseitig. Da kommt Zoes Gatte. Ein Telegramm der Regierung befiehlt die Wahl des Dandanache. D. ist unbekannt im Wahlkreis, gewiß ein Grundbesitzer, ein Anhänger der Partei. Was anfangen? Man muß gegen die Regierung stimmen — sonst — ist der Brief in aller Händen. Im III. Akt liegt der Schwerpunkt der Handlung. Eine Wahlversammlung, die vom „cocu", von Trahanache geleitet wird. Die zwei Parteien stehen sich gegenüber. Man munkelt alles mögliche, aber man ist noch nicht sicher. Farfuridi hält eine Rede gegen die Partei des Catavencu, ohne Sinn — ein Wortschwall nur. Catavencu aber ist des Sieges sicher. Indessen versucht der Präfekt mit seiner Geliebten, den Mann, den Präsidenten, für Catavencu zu gewinnen. Trahanache willigt nicht ein. Er weiß zur Belastung Catavencus noch mehr als seine Briefaffäre: Catavencu hat einen Wechsel im Werte von 5000 Lei gefälscht. Wie Tipätescu das erfährt, ist auch sein Entschluß gefaßt; er wird ihn auch nicht anempfehlen, da er ihn jetzt mundtot machen kann. Catavencu hält indessen eine Rede. Er wirft sich in die Brust, weint, lacht, poltert, spricht alles mögliche durcheinander, Worte, Worte, Worte. Seine Anhänger jubeln — ein wahrer Taumel der Begeisterung. Auf diese Rede werden wir noch zurückkommen. Der Präsident unterbricht den Redner und teilt den Namen des Kandidaten seiner Partei mit — es ist Dandanache. Catavencu sieht sich verraten und will um jeden Preis die Briefaffäre vorbringen. Die Parteien geraten sich in die Haare. Die Polizei, die nur einen Wink erwartete, ist zur Stelle. Die Partei des Präfekten schlägt einen Höllenlärm, damit man 18* — 276 — nichts vernehmen kann. Der Akt endet mit einer vollständigen Prügelei und mit Aufruhr. Der IV. Akt spielt im Hause Trahanaches. Catavencu ist verschwunden. Es ist der Tag der Wahl. Wo kann Catavencu nur stecken? — Der Regierungskandidat, ein fader, geistloser Mann, ein Cretin, erscheint. Keine zwei AVorte kann er hervorbringen Er erzählt mit großer Anstrengung — wie er zum Mandat gekommen sei: durch einen Liebesbrief des Ministers, den er abgefangen hat und nicht zurückgeben wollte ohne ein Mandat als Gegenleistung. Inzwischen erscheint auch Catavencu. Bei der gestrigen Prügelei hat er den Brief verloren — er trug ihn im Futteral des Hutes. Zoe hält ihm die Fälschung vor. Sie werden handelseins: er wird schweigen, sie ihm den Wechsel übergeben. Das Gespräch wird aber vom „Berauschten Bürger" unterbrochen, er hat den Brief wieder gefunden, hat Gewissensbisse gehabt und will ihn der Adressatin zurückerstatten. Zoe ist noch glücklicher — sie hat den Brief jetzt in ihrer Gewalt. Catavencu bittet sie abermals um Verzeihung. Sie haben eine Allianz geschlossen. Sie wird ihm helfen, obwohl er nicht Abgeordneter wird. Die Nachrichten von der Wahlurne sind in einem fort eingelaufen. Zuletzt ist es sicher: Dandanache ist der Gewählte. Die Wahlkommission, die Wähler, alle strömen zum Präsidenten, bei dem Dandanache sich befindet. Dandanache dankt ihnen. Dumm, kindisch, wie er eben kann. Ein Fackelzug wird sichtbar. Die Musik ertönt von weitem, kommt immer näher: die Bevölkerung umjubelt ihren „Auserwählten". An der Spitze des Zuges schreitet Catavencu. Die Musik verstummt. Catavencu tritt näher: „Brüder! Nach hundertjährigen Kämpfen, die beinahe dreißig Jahre dauerten, verwirklicht sich mit einem Male unser Traum. Was waren wir vor dem Krimkriege? Wir haben gekämpft und Fortschritte gemacht: gestern Dunkelheit, heute Licht!" etc. etc. Die Menge applaudiert wie wahnsinnig. 2. Conul Leonida fata cu reactiunea (Con. Leon.). (Herr Leonidas und die Reaktion.) Farce in einem Akt. Herr Leonidas, ein alter Pensionär, führt politische Gespräche hochwichtiger Art mit seiner Gemahlin Efimita, in ihrem Zimmerchen in einer Vorstadt von Bukarest. Leonidas _ getreu seinem großen Namensvetter — zeigt einen erstaunlichen Wagemut in der Debatte, seine Gemahlin aber ist eine ideale, unbeschränkte Verehrerin des deklamatorischen Talentes ihres Ehegatten. Herr Leon, spricht mit Pathos über die „Revolution" von 1848, preist den „Galimbardi" (Garibaldi), prophezeit eine Republik, in der man keine Steuern zu zahlen braucht — und alle beide legen sich nach der großen Anstrengung des Tages schlafen. Kaum sind sie eingeschlummert, so werden sie von einem Höllenlärm aufgeweckt: etliche Rowdies (Mitocani = Vorstadtbewohner) haben sich im Wirtshaus angetrunken, feuern Pistolen ab und setzen das Ehepaar in Verzweiflung. Der waghalsige Vorkämpfer der Menschenrechte, Conul Leon, ist außer sich, da er nicht weiß, was der Lärm bedeuten soll. Sollte das die Revolution sein? Er zündet die Lampe an und liest in den „Neuesten Nachrichten" voller Schrecken: „Die Reaktion hat wieder Fuß gefaßt!" Es ist also keine Revolution — es ist die „Reaktion", also etwas viel Schlimmeres! Der große Schrecken wird aber beseitigt mit dem Erscheinen des Dienstmädchens, das Feuer anzünden will und erstaunt ist über die Verbarrikadierung der Türe, die von Herrn und Frau Leon, vorgenommen worden ist. Die Rowdies sind weit weg — man hört nur ihr Geschrei. 3. 0 noapte furtunoasä (N. furt,). (Eine Gewitternacht.) Lustspiel in 2 Akten. Herr Dumitrache Titircä, Inimä Rea (Schlechtes Herz), Bauholzhändler und Kapitän der Civil-Garde, lebt im — 278 — — 279 — besten Einvernehmen mit seiner Ehehälfte, Veta. Das Vorstadtleben in Bukarest bietet ihnen wenig Zerstreuung. Hie und da besuchen sie die Theatervorstellungen der deutschen Schauspieler im Hotel „Junion" (Union), obwohl sie nichts verstehen. Bei einer solchen Vorstellung, wo sie auch von der Schwester Vetas, Zita, einer jungen geschiedenen Frau, begleitet werden, kokettiert ein „unverschämter Pflastertreter" mit den Frauen. Herr Dumitrache ist außer sich. Er hält viel auf „seine Familienehre". Der Unbekannte begeht die Unvorsichtigkeit, die Damen zu verfolgen; es wäre ihm schlecht ergangen, wenn er vor der Dunkelheit der Vorstadtstraßen nicht zurückgeschreckt wäre: Herr Dumitrache hätte ihn tüchtig durchgeprügelt. Das zweite Mal beschließt Herr Dumitrache, die Frauen nicht mehr in die „Union" zu führen. Seiner Gemahlin ist es recht, sie hat einen Liebhaber, Chiriac, der Sergeant der Civil-Garde ist und der das volle Vertrauen des Herrn Dumitrache genießt. Chiriac ist so wie so eifersüchtig und böse, wenn sie das Theater besuchen. Die junge geschiedene Frau aber willigt nicht ein, da sie heimlich den Unbekannten liebt. Sie droht ihrer Schwester: „Du sollst mich tot auffinden, wenn wir nicht mehr ins Theater gehen!" Von dem Unbekannten bekommt sie einen von wahnsinniger Liebe erfüllten Brief, worin er sie um ein Renclez-vous bittet. Die Zusammenkunft wird ihm zugesagt, statt aber Zita zu besuchen, irrt sich der junge Mann und kommt zu Frau Veta, die gerade ihren Liebhaber, Chiriac, entlassen hat, der ihr Vorwürfe der Untreue gemacht und sich sehr unglücklich gezeigt hat. In dem Halbdunkel des Zimmers — ihr Mann ist im Nachtdienst, und sie will sich gerade zur Ruhe begeben — macht ihr der Unbekannte, ein Journalist, Rica Venturiano, dessen Artikel den werten Herrn Dumitrache vorher in Staunen gesetzt hatten, eine Liebeserklärung. Zu ihren Füßen beteuert er ihr seine Liebe in einem hochtrabenden Tone. Veta hört ihn an, dann fängt sie an zu lachen: jetzt versteht sie alles, Rica Venturiano hat das Haus verwechselt. Sie gibt es ihm zu verstehen. Er steht verwirrt auf. Es ist aber zu spät. Der eifersüchtige Gatte, der gerade vom Nachtdienst zurückkehrt, erblickt die Silhouette des vermeintlichen Liebhabers von unten. Der Liebhaber hat keinen anderen Ausweg als durch das Fenster. Man repariert gerade das Haus, und er hofft über das Gerüst einen Weg zu finden. Herr Dumitrache, Chiriac und der Diener dringen ein — sie finden den Stock des Rica und suchen bewaffnet den Verräter der „Familienehre". Als Zita auch aus der Nachbarschaft herbeigelaufen kommt, und ihre Schwester ihr alles erzählt, schreit sie wie rasend auf: sie werden ihren „mon eher" töten. Ein Krach — sie haben ihn erschossen. Das Gerüst ist aber nur zusammengestürzt. Rica flüchtet durch das Fenster zurück, bleich, mit beschmutzten Kleidern. Der Diener des Hauses will ihn retten, natürlich gegen ein gutes Trinkgeld. Die Verfolger kommen ihm auf die Spur. Wie sie ihn erblicken, bleiben sie alle drei stehen, und der Herr des Hauses schreit ihn an: „Was wünschest du, mosjeu (Monsieur)?" Die ganze Gewitterstimmung verliert sich jedoch, als man den Redakteur des geschätzten Leibblattes der Vorstadt in der Person des Herrn Rica erkennt, der die Schwägerin des Herrn Dumitrache zur Gattin verlangt. Der ganze Irrtum bestand darin, daß Rica die Hausnummer verwechselt hatte, weil sie falsch angebracht war: es sollte 6 statt 9 heißen. Das Liebespaar reicht sich die Hände und tout s'arrange. 4. D'ale Carnavalului (D'ale C). (Aus dem Karnevalsleben.) Lustspiel in 3 Aufzügen. Nae Girimea, Friseur und „Vice-Chirurgus", der Don Tuan der Vorstadt, hat die Mita Baston verlassen und lebt jetzt mit der DidinaMazu. Mita will ihn zur Rede stellen und geht in den Friseurladen, wo sie sich mit dem wahren Zuhälter der Didina, mit Pampon, trifft. Dieser sucht den Liebhaber seiner Angebeteten, da er von ihr einen Brief ab- 280 gefangen hat, der klar zeigt, daß sie ihn hintergeht. Mita erkennt die Handschrift Naes. Alle beide werden sich also schrecklich rächen. Vergeblich bemüht sich der Diener Naes sie zu beschwichtigen — jeder will Rache nehmen. Mita muß sich verstecken, da ihr Zuhälter, Mache Razachescu genannt „Cräcänel", erscheint. Pampon ohrfeigt ihn, indem er ihn für Nae hält. Der zweite Akt ist ein wahrer Karnevals - Gallimathias. Ein Maskenball. Der Diener, Jordache, ist bei seinem Herrn, Pampon und Cräcänel suchen ihre Geliebten, um sie zu demaskieren, ein Beamter zittert in einem fort vor seinem Onkel aus Ploiesti, der jeden Augenblick erscheinen kann um ihn zur Rede zu stellen und zu bestrafen, Mita und Didina suchen einander, um sich tüchtig durchzuprügeln. Die Ballkostüme werden häufig in der Garderobe gewechselt, es ereignen sich schreckliche Szenen mit pathetischen Deklamationen, bis zuletzt der unschuldige Beamte von Pampon und Cräcänel durchgebläut wird und von Mita eine Flasche vermeintlichen Vitriols in die Augen bekommt — da er für Nae gehalten wird. Nae, Didina und der Diener fliehen unterdessen nach Hause. Die Liebhaber, die ihnen nachgefolgt sind, lassen sie einsperren. Alles kann aber Nae wieder gut machen: die zwei Liebhaber sind froh, daß sie aus dem Gefängnis freigelassen werden, Mita und Didina bekommen vom pfiffigen Nae Rendez-vous, jede zu einer anderen Stunde, und alle werden von einem Freudentaumel erfaßt, als sie in Naes Friseurladen zu einem „chef" (Lustbarkeit) eingeladen werden. So schließt das Lustspiel. c) Charakteristik der Personen. Wie man hieraus ersehen kann, sind die Personen jener Lustspiele dem Leben der Vorstadt und dem einer rum. Kleinstadt entnommen. Die Typen aus M. kommen auch hier vor. Wir wollen versuchen, einige Typen und ihre charakteristischen Züge festzuhalten, indem wir sie hie und da durch die aus den „M." ergänzen. — 281 Alle Frauen seiner Lustspiele sind geistig sehr beschränkt. Keine kann ein geistreiches oder verständiges Wort vorbringen, obwohl jede geistreich scheinen will. Die Lieblingslektüre der Vorstadtbewohnerinnen, die Hintertreppenromane, verursachen großen intellektuellen Schaden. Alle wollen „hoch" sprechen und machen sich lächerlich (Veta, Zita, Mita, Didina etc.). Ihre romantische Natur zwingt sie, von Romanhelden zu träumen, an Verrat zu denken und in den „tragischen" Augenblicken voller Emphase aufzutreten. Gewissensbisse darüber, daß sie ein ziemlich freies Leben führen, empfinden sie nicht. Die älteren Vorstadtbewohnerinnen unterhalten sich „sehr prosaisch". Ihr größtes Vergnügen ist, die „Mosi" — den Jahrmarkt zu besuchen, die Augen aufzureißen und über die alltäglichsten Sachen zu plaudern. Die verheirateten Frauen aus den besseren Kreisen betrügen ihre Männer oft mit deren Wissen. Ihre Salongespräche sind entsetzlich seicht. Wer war bei der Theateraufführung? Was hat er angehabt? Mit wem hat er kokettiert? das sind ihre Unterhaltungsstoffe. Die Mütter erziehen ihre Kinder unter aller Kritik. Keine Spur von pädagogischem Sinn. Die Kinder bekommen alles nach ihrem Wunsch, die Prüfungen, die sie bestehen sollen, werden durch die Fürsprache ihrer Mütter und der Freunde und Freundinnen der Lehrer zustande gebracht. Dieselbe Atmosphäre auch im Provinzleben. Zoe zeigt dieselbe Unverfrorenheit in ihren Beziehungen zu dem Präfekten und dieselbe Intellektualität, obwohl sie etwas schlauer ist. Mit den Männern steht es nicht besser. Die Lächerlichsten sind die Journalisten. Sie schreiben unmögliche Briefe, in einem schauderhaften Stil, mit einem falschen, lächerlichen Pathos. Dieselbe Tonart zeigen ihre Leitartikel (Rica Vent.). Ihre persönliche Überzeugung kann leicht über Bord geworfen werden. Ihre Zeitungsberichte sind voller sensationeller Lügen, die sie am Kaffeehaustisch zusammengebraut haben. Ein berauschter Journalist richtet eine Zeitung durch seine falschen Meldungen zu gründe. Der „High-Life" ! — 282 — Journalist bekommt Ohrfeigen, weil er die Gattin eines angesehenen Herrn der Provinz in seinem „Carnet mondain" nicht erwähnt hat. Meist sind es Leute, die ihren Beruf verfehlt haben: ein Student der Rechte, der seine Prüfungen nicht bestanden hat, ein Archivar in einem Gerichtsbezirk (Rica Vent.), oder gar katilinarische Existenzen. Ein spezieller Typus eines „Pflastertreters" („secäturä") ist „Freund X . . Er spaziert immer auf der Calea Yictoriei (Hauptstraße Bukarests) mit einer Blume im Knopfloch oder fährt im „cauciuc" („Wagen mit Gummirädern"), er brüstet sich mit der Freundschaft aller Minister, erwähnt sie, wie er kaum die intimsten Freunde erwähnt, indem er sie einfach bei dem Taufnamen nennt: „Tache .... etc.", treibt Politik am Kaffeehaustisch, belügt seine Freunde und ohrfeigt sie, plaudert dummes Zeug bis spät nachts oder schreibt anonyme Briefe, die von Blödsinn und Gespreiztheit strotzen. Als verheirateter Mann schickt er sein Weib, um Geld ins Haus zu bringen, wenn sie ihm untreu ist, drückt er die Augen zu — und ist zufrieden, daß er so leben kann. Die Vorstadtbewohner (Mahalagii) sind in dieser Hinsicht weniger routiniert. Naiv, ehrgeizig, leichtgläubig, die im Gespräch unverdaute Phrasen aus den Zeitungen verwenden, treiben hohe Politik, zanken sich, schlagen sich, vertragen sich und hegen eine große Ehrfurcht für einen, der zwei, drei Zeilen in der Zeitung veröffentlicht hat. Wenn sie Ausflüge außerhalb der Stadt unternehmen, schwitzen sie, haben keine Augen für die Naturschönheiten, weil sie keinen Sinn dafür haben. Die Advokaten sind aufgeweckter, aber — cui bono? — sie schlagen sich bei den Wahlen und schicken lächerliche Telegramme an den König, in denen sie sich über den „unerhörten Terrorismus" beschweren. Nach einigen Stunden küssen sie sich und reichen ihren Gegnern die Hände — um sich gegenseitig den Machthabern anzuempfehlen. Das Militär alten Schlages verlangt Geld von dem einen oder andern, um ihn vom Militärdienst zu befreien. — 283 — Die nichts geben, werden, wenn sie krank sind, nicht einmal zum Spital zugelassen. Die Polizei schwindelt, wie es ihr am besten dünkt. Ein Polizist verkauft einem jeden Verbrecher Lotterielose einer Lotterie, die er selbst organisiert hat und worin er schon mehreremal gewonnen hat. Die Polizeikommisare schreiben Kilometerlange, unverdauliche Referate. Die Bürgermeister sind eitel und schicken Telegramme ab, wie das erwähnte. Die Lehrer zerfallen in zwei Kategorien: die, welche nicht soviel Kraft besitzen, sich von den terroristischen Bitten der Mütter für ihre Söhne zu emanzipieren und die, die infolge ihres Organes, ihrer Aussprache, ihres rückschrittlichen Geistes von den Schülern ausgelacht werden. Was die Diener betrifft, so spielen sie keine große Rolle, außer in der D'ale C. Jordache in D'ale C. ist ein Nachkomme des Crispin und Scapin, obwohl er nicht so selbständig handeln kann wie diese. Spiridon in „ N. furt." ist ein blasser „Postilion d'amour". Aus all diesen Typen leuchtet hervor: die Dummheit, die Stellenjagd, die schlechte Erziehung, die flache Rhetorik und die lockeren Sitten. Alle drei Lustspiele sind vom kulturhistorischen Standpunkt aus für die Geschichte Rumäniens wertvoll. „Con. L." ist eine Saynete, die auf „Situationskomik" beruht, „D'ale C." eine Burleske, mit einer possenhaften Komik, eine „Komödie der Streiche" die, abgesehen von einigen gelungenen Typen auch keine anderen Ansprüche erheben könnte, als zu belustigen. „N. furt," steht ein wenig höher, im Vergleich zu den zwei Vorerwähnten, obwohl auch sie aus Situationsund possenhafter Komik besteht. Zuerst soll das Komische der Lustspiele hervorgehoben werden. „Komisch ist, nach Lipps (Komik und Humor, S. 375/6), das Kleine, minder Eindrucksvolle, minder Bedeutsame, Gewichtige, also nicht Erhabene, das an Stelle eines relativ Großen, Eindrucksvollen, Bedeutsamen, Ge- 284 wichtigen, Erhabenen tritt. Es ist das Kleine, das sich wie ein Großes gebärdet, dazu aufbauscht, doch wiederum als ein Kleines, ein relativ Nichts erscheint, oder in ein solches zergeht. Zugleich ist wesentlich, daß dieses Zergehen plötzlich geschieht," Es kommen uns Rica Venturiano, Zita, Nae Catavencu, Dandanache, Mita, Conul Leon, und andere in den Sinn. Alle geben oratorische, pathetische Reden zum besten, rhetorische Worte, resolute Gesten: eine Illusion der großen Taten, die im nächsten Augenblicke zu nichts zerfließen; die Kehrseite der Medaille zeigt die geistige Schwachheit, die hier identisch ist mit der Dummheit. „Ein Großes oder ein Größeres wird erwartet" —, was aber zum Vorschein kommt, ist ein „ridiculus mus". Leonidas wirkt „lächerlich" komisch,um ins Groteske zu verfallen (ibid. S. 583/4). Die Rede Catavencus versteigt sich bis zum Erhabenen und fällt gleich darauf ins Lächerliche. Es wTird immer „viel versprochen" und „wenig geleistet" (Lipps), das „selbstbewußte Auftreten" hat das „Stolpern über kleine Hindernisse" zur Folge (Lipps). Eins soll bei dieser Gelegenheit nicht übergangen werden: die Lustsj^ielpersonen C.s ähneln einander zu sehr. Charakteristiken, die in einem Lustspiel vorkommen, findet man auch im anderen. Das ist gewiß eine Schwäche der Lustspiele. Mita ähnelt der Veta, Zita der Mita, Trahanache dem Dumitrache, der „Berauschte Bürger" dem „Catindat" aus „D'ale C", Conul Leonidas dem Dumitrache. Der Unterschied ist nicht scharf ausgeprägt, es sind einige Typen, die in verschiedenen Tönen wiederkehren. Die possenhafte Komik des „D'ale C." und auch „N. furt." lassen uns für einen Augenblick die Reminiszenzen aus dem andern Lustspiele vergessen, sie stellen sich aber bald wieder ein. Hier seien einige charakteristische Merkmale seiner Komik wiedergegeben: 1. Die Situationskomik nimmt einen breiten Raum ein. Rica Venturiano schwört Liebe der Veta, statt der Zita; — 285 — Cräcänel ohrfeigt den Pampon, anstatt den Girimea; der ganze II. Akt des „D'ale C." beruht auf Verwechselungen. 2. Der Wortwitz spielt eine große Rolle. Seine Leute erzählen entweder rasch und schlecht oder langsam und ziehen das Gespräch in die Länge, so daß die Zuhörer ungeduldig werden und so der Zank gleich losbricht. Eine andere Eigentümlichkeit ist die Benutzung der Lieblingswörter („Ticuri"): Con. L. redet seine Ehehälfte immer mit „Domnule" (mein Herr) an, während sie ihm mit „Soro" (Schwester) antwortet, Trahanache bittet jedes zweite Mal: „Haben sie ein wenig Geduld" oder brüstet sich: „Wie mein Sohn von der Fakultät sagt", Dumitrache schwatzt immer über seine „Familienehre", Ipingescu unterbricht das Gespräch mit „Rezon" (freilich, selbstverständlich) und so könnte man noch viele andere Belege finden. Auch im Wortwitz liegt oft die Komik, wenn die Worte verwechselt werden, wenn einer statt scrupulos, scrofulos (skrophulös statt skrupulös) sagt. Die Situationskomik und der Wortwitz sind sicherlich in ästhetischer Hinsicht der niederen Art des Komischen zuzurechnen, dennoch ist ihre technische Wirkung nicht zu verwerfen. Als eine Hauptbeigabe tritt aber bei C. die soziale Satire und die Charakterzeichnung in der „Scr. p." auf. Dieses Stück hat daher bei all seinem Wortwitz und seiner Situationskomik einen tieferen, psychologischen Wert, und steht daher literarisch höher als die drei erstgenannten Lustspiele, so daß es eine eigene Würdigung verdient. In dem Lustspiel „Scr. p." bedient sich C. eines beliebten Lustspielkniffes. Es wird ein Liebesbrief gefunden. Wem gehört er? Sardou macht daraus „les Pattes de mouche", nnd dieses Theaterstück wird das Ereignis des Jahres 1860 m Paris. Sardous Stück ist aber ein einfaches Versteckspiel, ohne andere Ziele, als das „Amüsement"; C. verwendet den gefundenen Brief, wie Gogol den vermeinten Revisor, um verborgene soziale Zustände aufzudecken. C. will die Wahlmanöver in der Provinz zeigen, und — 286 — beschreibt einen Spezialfall. Er sagt sich: Zeige die Früchte des Liberalismus, zeige, wie man nach den „göttlichen Gesetzen" in Rumänien wählt. Es war im Jahre 1884. Ein Gesetzentwurf über das Wahlgesetz wurde der Kammer vorgelegt. Schwere Strafen für die, die den regelrechten Verlauf einer Wahlhandlung stören, eine unbeschränkte Selbständigkeit der Wähler am Wahltag, Strafen für den, der einen Wahlberechtigten verhindert, seine Stimme abzugeben oder für den Versuch, mehr Stimmen als eine abzugeben etc. etc. All' das wäre ausgezeichnet, wenn die Bevölkerung, besser gesagt, die Beamtenschaft, keine anderen Grundsätze heete als die der Ehrlichkeit. Aber die Sitten sind andere. Der Präsident der Wahlkommission in der Scr. p. zählt die Wahlstimmen seiner Partei mit einem Adepten und findet einen zur Wahl nicht Berechtigten in der Liste. Der Adept bemerkt ihm: „Er hat kein Wahlrecht mehr, seitdem er seine Tochter verheiratet hat..... Hat er ihr nicht die Häuser zur Aussteuer überlassen? Wenn er also doch wählt, wandert der Werte ins Zuchthaus." Der Präsident erwidert aber gleich: „Habe ein wenig Geduld .... Wenn wir ihn für uns gewinnen könnten"....... „Dann ist es etwas anderes" erwidert der Adept (T. 112). Und nach diesem Rezept wählt man den einen oder den anderen, wie die Regierung gerade befiehlt. Wenn die eine Partei am Ruder ist, kommen ihre Anhänger durch, wenn die andere herrscht, kommen die anderen an die Reihe, und so in einem fort — hie Liberale, hie Konservative — ad infinitum. Das beste Geschäft macht der, der sich zu bücken und zu drücken versteht und sich in die Brust werfen kann. Da haben wir eine solche Prachtgestalt in der Figur Catavencus, der seine große Popularität wirklich verdient. Was C. aus diesem durchtriebenen Advokaten, diesem schriftstellernden Erpresser, diesem phrasenhaften Demagogen gemacht hat, ist bewundernswert. Ein Zufall, der gefundene Brief, hebt Catavencu empor, gibt ihm Zuversicht, entfesselt sein Rednertalent. Mit verstellter Stimme, mit schmerzhaftem Gesichtsausdruck l| - 287 - besteigt er die Tribüne und redet siegesbewußt die Wählerschaft an. Eine charakteristische Szene mag an dieser Stelle zitiert werden: J Catavencu: (nimmt Pose, geht voller Würde durch die Menge und betritt die Tribüne; legt seinen Hut beiseite, trinkt ein wenig aus dem Glas Wasser, zieht eine Menge Zeitungen und Papiere hervor und legt sie auf die Tribüne, dann bringt er das Taschentuch zum Vorschein und wischt sich mit advokatischer Eleganz die Stirne. Er ist aufgeregt, hustet | und kämpft sichtlich mit der Aufregung, die ihn zu über- ' wältigen scheint. — Totale Stille. Mit zitternder Stimme): Meine Herren! .... Hochgeehrte Mitbürger! .... Brüder!---- (das Weinen erstickt ihn) Verzeiht, Brüder, wenn ich gerührt bin, wenn mich die Aufregung so stark packt .... indem ich diese Tribüne besteige____ich will es Euch nur sagen---- (das Weinen erstickt ihn noch mehr) Wie jeder Rumäne, wie jeder Sohn seines Vaterlandes .... denke ich, in diesem feierlichen Augenblicke (er kann sich kaum halten) .... an mein liebes Vaterland (das Weinen hat sich völlig seiner bemächtigt) ____ an Rumänien (weint) (Applaus bei seiner Partei)____an sein Glück!____(dasselbe Spiel auf beiden Seiten)____an seinen Fortschritt! (dasselbe Crescendo) .... an seine Zukunft! (lautes Weinen, erschütternder Beifall). Jonescu, Popescu, Alle (sehr gerührt): Bravo! Catavencu: (indem er sich rasch die Augen abwischt und sich auf einmal zurückhält; mit einem brüsken, heiteren und bellenden Tone) Brüder! Man hat mir etwas vorgeworfen und ich bin stolz auf diesen Vorwurf! .... Ich nehme ihn an! Es gereicht mir zur Ehre, wenn ich sage, ich verdiene ihn!____ (sehr geschmeidig). Man hat mir den Vorwurf gemacht, ich sei zu sehr, zu viel, ich sei Ultra .... Pro- | gressist____Freihändler____ich wünschte den Fortschritt ' um jeden Preis herbei. (Kurz und gedrungen) Ja, ja, ja, dreimal ja! (die Versammlung mit funkelnden Augen anblickend). Catavencu (mehr und mehr bekräftigend): Ich will den — 2S8 — — 289 — Fortschritt, und nichts anderes als den Fortschritt: auf politischem Gebiete (die Wörter dehnend). Popescu: Bravo! Catavencu: auf sozialem Gebiete ....... . Jonescu: Bravo! Catavencu: auf Ökonomischem Gebiete..... Popescu: Bravo! Catavencu: auf administrativem Gebiete...... Jonescu: Bravo! Catavencu: Und.......und ....... Jonescu, Popescu, die Partei: Bravo! Bravo! Trahanache (klingelt): Ich bitte Sie, unterbrechen Sie den Redner nicht, mein sehr geehrter....... Catavencu (voller Kraft): Ich fürchte die Unterbrechungen nicht, sehr geehrter Herr Präsident.....(zu der Versammlung und zumeist seiner Partei, mit sicherem Ton). Sie können mich unterbrechen, meine Herren, da ich die Kraft meiner Uberzeugung habe..... (in der Bede fortfahrend und die Worte immer mehr dehnend) und..... und ..... auf finanziellem Gebiete. (Langanhaltender Applaus)...... Ja, wir sind Freihändler, und.....von diesen Ideen getragen, haben wir in unserer Stadt die „Aurora Economicä Romänä" (Rumänische ökonomische Aurora) gegründet, einen enzyklopädisch-kooperativen Verein, unabhängig von dem Bukarester.....weil wir für die Dezentralisation sind. Wir . . . ich . . . ich erkenne nicht an, ich will die Vorherrschaft der Bukarester nicht anerkennen, der Kapitalisten über uns, weil wir in unserem Kreise dasselbe erreichen können, wie sie in dem ihrigen ...... Die Partei (Applaus): Bravo! Catavencu: Unser Verein hat sich zur Aufgabe gestellt, die rumänische Industrie zu unterstützen, weil wir, gestatten Sie, daß ich es Ihnen sage, weil wir ökonomisch schlecht da stehen....... Die Partei (Applaus): Bravo! Catavencu: Die rumänische Industrie ist herrlich, ist erhaben, könnte man sagen, aber sie fehlt gänzlich. Unser Verein, wir, was verlangen wir? — Wir verlangen die Arbeit, das Travail (Travaliul), das in unserem Lande gar nicht gedeihen will. Die Partei (Frenetischer Applaus): Bravo! Trahanache (klingelt): Sehr geehrter.....unterbr..... Catavencu: Lassen sie, Herr Präsident, lassen sie, sie sollen unterbrechen.....ich fürchte die Unterbrechungen nicht! ... In Jassy, zum Beispiel, — erlauben sie mir diese Digression, sie ist traurig, aber wahr! — in Jassy haben wir keinen einzigen rumänischen Kaufmann, keinen einzigen! Die Partei (ergriffen): Ah! Catavencu: Und dessen ungeachtet sind alle Falliten . . . Juden! Erklären sie sich dieses Phänomen, dieses Mysterium, wenn ich mich so ausdrücken darf! Die Partei (Applaus): Bravo! Catavencu: Nun wohlan! Was sagt unsere Gesellschaft? Was sagen wir?..... Was wir sagen? Dieser Zustand der Tatsachen ist nicht mehr zu ertragen! (Zustimmung der Partei, voller Kraft.) Wie lange sollen wir keine Falliten haben?..... England hat seine Falliten, Frankreich hat seine Falliten, sogar Österreich hat seine Falliten, mit einem Wort, jede Nation, jedes Volk, jedes Land hat seine Falliten . . (die Worte dehnend). Nur wir sollen nicht unsere Falliten besitzen? .... Wie gesagt: dieser Zustand ist nicht mehr zu ertragen, es kann nicht mehr so weiter gehen! (Frenetischer Applaus. Pause. Der Redner schlürft aus dem Wasserglase und blickt die Versammlung wieder herausfordernd an........) T. 166—169. Was dieser Catavencu in der Wählerversammlung leistet, ist ein Meisterstück psychologischer Vertiefung C.s. Wieviel psychologisch tiefer, mit welch wahrer Darstellungskraft C. diese Charaktereigenart beschreibt, leuchtet ein, wenn man die vorhandenen Satiren auf diese Volksbetörer m der rum. Literatur hin durchforscht. Noch nie hat man in der rumänischen Satire einen so kräftigen weigand XVII. 19 cer- — 290 — Vorstoß gegen die Pseudo-Volksvertreter unte nommen. Der Onkel C.s, Costache, schrieb seinerzeit, wie schon erwähnt, auch Satiren. In einer dieser Satiren kommen folgende Verse vor: „Das Land seufzt unter Schulden, es steht als Pfand bei den Juden, die Abgeordneten leben in Saus und Braus. Für zwei Dukaten geben sie ihre Stimme für jedes Gesetz ab sie parodieren ihre Mission für eine Portion Kapaunen! Es schreit, es beschwert sich der Bauer, daß er von neuen Räubern geschunden wird! Die Abgeordneten trinken, essen, haben Pferd und Wagen!" Dasselbe Thema ist von vielen Schriftstellern variiert worden, eine so prägnante Schärfe aber wie bei C, die durch ihre plastische Kraft in die Literaturgeschichte übergeht, hat sonst keiner unter den Rumänen erreicht. Die Stärke dieser Charakterisierung C.s liegt auch in der glänzenden Vortragsweise. Aus einem Vergleiche mit einem fremden satirischen Lustspiel werden wir die „Scr. p." noch besser beurteilen lernen. „Der Revisor" Gogols, dieses Kleinod der russischen Literatur, geißelt die sozialen Zustände der russischen Beamten mit einer Meisterschaft, wie wir sie auch bei C. finden. Der Gouverneur im „Revisor" bittet den Postmeister, das Briefgeheimnis zu mißachten und alle Briefe zu lesen, die durch seine Hand gehen (Der Revisor S. 14), gerade so wie Tipätescu, der ein Telegramm aufhält und den Befehl gibt, nichts mehr ohne sein Wissen weiter zu befördern (T. 127). Dieselbe verpestete Atmosphäre, nur daß Gogol in dem autokratischen Rußland die Übergriffe der Beamtenschaft, C. in dem konstitutionellen Rumänien die der Wahlagitation geißelt. Ein großer, fundamentaler Unterschied liegt in den Charakteren der Hauptpersonen, des Gouverneurs und Klestanow einerseits und des Tipätescu und Catavencu andererseits. Die Persönlichkeit des Gouverneurs ist geistreicher, er ist ein Meister der Schwindelei, der Gut und Böse unterscheiden kann. — 291 — Klestanow wird vom Strome getragen und bekommt mit der Zeit Routine, während Tipätescu, der Präfekt, eine aufbrausende Natur ist, die aber die geniale Tücke nicht besitzt, Catavencu dagegen ist ein beschränkter Demagoge, ein geschickter Schauspieler, der den Augenblick gut zu benutzen weiß. Der Gouverneur gibt den Polizisten Befehle, niemanden mit einer Petition oder Klage beim Revisor vorzulassen (Rev. 59), er ist gerade so fest entschlossen wie Tipätescu (T- 127). Die Kaufleute, die sich bei dem Revisor beschweren wollen, sind gerade so schiecht orientiert, wie der „Berauschte Bürger" (Rev. 73). Bobcinsky und Dobschinsky haben dieselbe Neugierde wie Farfuridi und Brinzovenescu. Und — wenn es erlaubt ist, Parallelen zu ziehen mit den Typen anderer Skizzen und Lustspiele: — die russischen Offiziere schlagen sich im Hotelzimmer (Rev. 18) wie so oft in den Skizzen aus M., der Revisor erzählt mit derselben Unverfrorenheit von seiner Freundschaft mit Puschkin (Rev. 51) wie „Freund X" .... in M. von den Politikern, mit denen er verkehren will. Einen direkten Einfluß halte ich für ausgeschlossen. Die Ursache der identischen Züge ist der Charakter, der diesen halbgebildeten Personen aus der Bevölkerung Rumäniens und Rußlands gemein ist. Es vollzieht sich derselbe psychologische Prozeß, der dieselben Phänomene hervorruft, wie sie Gogol und C. beobachtet haben. — Ihre Satire ist dieselbe, aber die moralisierende Tendenz — wenn man davon bis zu einem gewissen Grade sprechen kann — ist bei Gogol mehr entwickelt. Gogol scheint uns zu sagen: „Hier habt ihr eure Administration!", indem er seine Worte mit einer beredten Geste unterstützt. (Siehe „Le Roman russe" von Melchior de Vogüe, S. 100, 2. Aufl.) C. ist nicht so deutlich. Öfters hat man den Eindruck, daß er das Lustspiel nur um seiner selbst willen geschrieben hat. 19* — 292 — d) Erfolg und Charakteristik der Lustspiele. In seinen kritischen Notizen erzählt C. selbst über dip Uraufführung: „Ich erinnere mich sehr gut der ersten Vorstellung der N. furt. in Bukarest, Eine Zeitung klagte den Autor als Verräter an, in der zweiten Vorstellung wurde er ausgepfiffen und von einer ganzen Schar Patrioten der Zivilgarde mit Züchtigung vor dem Nationaltheater bedroht. Das Stück verschwand von dem Repertoir." (Univ. XVII, 10. Sept. 1899.) C. macht sich über seinen Mißerfolg lustig und übertreibt dabei, wie er es so gerne tut, aber etwas ist dennoch wahr daran, und wir können daraus ersehen, was für eine Haltung Dumitrache und Ipingescu gegen ihr Konterfei, die Urbilder, zu den Bühnenfiguren eingenommen haben. Aristizza Romanescu hatte die Nebenrolle des Spiridon und schreibt, daß sie und der Schauspieler Julian „C. bei der Hand faßten und ihn auf die Bühne führten, während einige pfiffen". (Romanescu, 30 de ani, S. 59.) Auf einer Tournee desselben Jahres spielt man die N. furt." in der Stadt Severin, wo auch der Kritiker Maiorescu erscheint und, um auf das Gejohle des Publikums zu antworten, ein Bankett zu Ehren C.s gibt (daselbst S. 60). Maiorescu selbst sagt, daß die „N. furt," Erfolg gehabt habe (Critice II S. 171). Der Schauspieler Julian — einer der beliebtesten rumänischen Schauspieler — hat die Rolle des Ipingescu „kreiert". (Oll. Pagini din istoria teatrului, in Lit. si arta r. I, Nr. 9, 538.) Zum Jubiläum des 50 jährigen Bestehens des Nationaltheaters in Bukarest wurde der 1. Akt am Galaabend aufgeführt. (Lit. si arta r. 1902.) Vorstellungen der „N. furt." fanden sogar in Siebenbürgen bei den dortigen Rumänen statt, hatten aber nur einen großen Heiterkeitserfolg aufzuweisen, weil das Publikum die Anspielungen nicht gut verstehen konnte. (Anuarul soc. de t, III. 34, VI 84, VII 71). Con. Leon.: erschien nie auf einer größeren Bühne. D'ale C. Diese Beschreibung des Vorstadtlebens wurde von der Bevölkerung der Vorstadt schlecht aufgenommen. — 293 — Das Nationaltheater von Bukarest bot am Abend des 8. April 1885 ein eigentümliches Bild: das Lustspiel wurde ausgepfiffen. (Maiorescu, Critice II, 171.) Viel böses Blut haben die Stellen gemacht, wo man auf die Freiheitsstatue von Ploiesti schwört oder die Revolution vom 11. Februar belacht. Eine 'konservative Zeitung verlangte sogar, das Ministerium solle die Vorstellung eines solchen Lustspieles auf der Nationalbühne verbieten. Die Geister haben sich seitdem aber beruhigt. Man spielt heute das Lustspiel, ohne daß es Widerspruch hervorruft. Man lacht viel über die Quiproquos des 3. Aktes und über die Arretierung. Scr. p. Es ist gewiß willkommen, eine Statistik eines der meistgespielten Theaterstücke der ersten rum. Bühne zu bringen, weshalb ich folgende authentische Daten anführe: Seit dem 13. November 1884 (Uraufführung) wurde Scr. p. 59 mal bis 1907 gespielt, Die größte Einnahme eines Abends hatte das Lustspiel am 3. Okt. 1898 aufzuweisen: 2641 Lei. Gespielt wurde es (inkl. 1907) im Jahre 1884 zwölfmal, 1885 fünfmal, 1886 einmal, 1887 einmal, 1888 fünfmal, 1898 achtmal, 1899 dreimal, 1900 einmal, 1901 zweimal, 1902 zweimal, 1903 einmal, 1904 viermal, 1905 sechsmal, 1906 viermal, 1907 viermal. (NB. Die Daten habe ich der Liebenswürdigkeit des Bibliothekars des Nationaltheaters N. N. Basarabeanü zu verdanken.) Die sonstigen Theaterstücke, die C. geschrieben hat; sind folgende: 1. „O soacrä" (Eine Schwiegermutter). „Eine phantastische Farce in 1 Akt," Das Stück weist keinen literarischen Wert auf, es wurde in einer einzigen Nacht nach mehreren französischen Lustspielen fertiggestellt. Es entstand im J. 1870 in Jassy und wurde für die Truppe Pascaly's geschrieben. In der „Minerva"-Ausgabe fehlt es. 2. „100 de ani" (100 Jahre), ein geschichtlicher Rückblick, der im Jahre 1899 aufgeführt wurde (1. Febr.), aber — 294 — keinen Erfolg hatte. Das Manuskript ist nicht auffindbar (Siehe Arist. Korn. S. 354.) 3. Ubersetzung der „Rome vaincue" des Alexandre Parodi (erschien in der „Biblioteca popularä a Tribunei" Sibiiu-Herniannstadt 1887, Nr. 45 „Roma invinsa"). Die Übersetzung wurde auf dem Nationaltheater im J. 1877 gespielt und hatte Erfolg. R. v. ist das Trauerspiel, das im Jahre 1876 in Paris so viel Aufsehen erregte. Die Ubergabe der Stadt Canne wurde vom Pariser Publikum als die Übergabe von Sedan angesehen. (S. Levrault, Drame et Tragedie S. 119—20, Arist. Roman. S. 52—55.) 4. Cazacii si Polonii (Die Kosaken und die Polen), Drama in 5 Akten von Deroulede. Gespielt in Bukarest im J. 1881. Die Übersetzung ist nicht erschienen, findet sich auch in der Bibliothek des Theaters nicht mehr. Schon lange verspricht C. eine Fortsetzung seiner Lustspiele. „Die Geschichte des rum. Schrifttums" W. Rudows (Wernigerode 1892, S. 190) spricht über ein Lustspiel in 3 Aufz.: „Dl. Umureanu si ginerele säu" (Herr U. und sein Schwiegersohn) das nicht existiert. Die Lustspiele C.s, vom technisch dramatischen Standpunkte aus betrachtet, ergeben folgende Beobachtungen: Die Exposition geschieht in der ersten Szene des ersten Aktes. Eine der Hauptpersonen teilt einer subalternen Person, die eine geringe Rolle inne hat, das Vorhergeschehene bis zur Gegenwart mit. (Dumitrache seinem Freund Ipingescu, der Präfekt dem Polizeimeister, Jordache dem Pampon.) Die Exposition ist sehr geschickt und mit großer Bühnenkenntnis angelegt. Die Handlung wird durch das Lesen einer Zeitung in Fluß gebracht, wie ja in allen Theaterstücken C.s das Lesen einer Zeitung eine große Rolle spielt. Mit der zweiten Szene des ersten Aktes kommt die Handlung in Gang, eine Handlung, die ununterbrochen dahinfließt. Die lyrischen Elemente sind auf ein Minimum beschränkt. — 295 — (Liebeserklärungen des Rica V., des Chiriac und der Veta, der Zoe, der Didina, der Mita.) Die angewandten Tiraden sind nur für die Personen der Lustspiele charakteristisch, der Autor als Künstler ist der romantischen Tirade abhold. Der Personenwechsel vollzieht sich natürlich und ungezwungen. Die Monologe sind aufs Notwendigste beschränkt. Sie sind aber nicht vollständig beseitigt, wie bei den deutschen Naturalisten. Die Technik ist verwandt mit der Scribeschen (in der Scr. p. und D'ale C): verwechselte Kleider, gefundene Briefe etc. spielen eine große Rolle. „Le chapeau de paille d'Italie" von Labiche und Marc Michel, das im J. 1868 in franz. Sprache in Bukarest gegeben wurde, hat sicherlich Einfluß auf C. gehabt. Dasselbe kann man vom „Verre d'eau" von Scribe sagen, das im rum. Repertoire schon 1866/67 vorkommt. Der zweite Akt in „D'ale C." ist „l'acte du bat", mit der Hauptszene: Das Werfen der Vitriolflasche. Der dritte Akt der Scr. p. ist die Wahlversammlung mit dem Kulminationspunkt, der Rede Catavencus und der allgemeinen Rauferei. Im letzten Akte aller Lustspiele „tout s'arrange": die Parteien reichen sich die Hände und schließen Frieden. Die Intrigue ist nicht glänzend. Hie und da ist sie zu einfach. Der dramatische Wert der verkehrt angeschlagenen Hausnummer ist fraglich, mag aber in einem Lustspiel hingehen. Die Intrigue, die im ersten Augenblick die Hauptsache zu sein scheint, ist aber nicht in dem Maße die Hauptsache, wie bei Labiche, Scribe, Sardou. Der psychologischen Beobachtung wird in „Scr. p." am meisten Raum gewährt. Eine parallele Intrigue fehlt. Es erscheint kein „Raisonneur". Das wäre gegen C.s Prinzipien. Aus dem Gesagten folgt, daß die Antithesen nicht nur für den äußeren Erfolg da sind, sondern im Sinne der Satire angewandt werden: z. B. der Berauschte Bürger und das Wahltreiben des Provinzstädtchens. DieTheateranmerkungen bekunden Theatergeist. Eine gewisse Ähnlichkeit mit Sardous Anmerkungen findet sich in Scr. p. Dieselbe Fülle von Einzelheiten, in den Bemerkungen — 296 — über die Gesten der Schauspieler, ihre eingenommenen Plätze ihre Betonung etc. Die Beschreibung der Zimmer und d ' Versammlung im dritten Akte geht bis ins Einzelne. (Die Szene ist übersetzt worden.) Die Beschreibung der Kostüme ist eingehend. Wenn wir die szenische Gewandtheit Cs in ihrem Zusammenhang mit dem rum. Theater begutachten wollen, brauchen wir nur einen Vergleich zu ziehen, mit einigen früher erschienenen Theaterstücken. Jn den Jahren 1830 spielte man viel das Lustspiel , Die Französierten" (Frantuzitele) von Konstantin Facca (Bibl p. toti, Nr. 240). Das Lustspiel ist unter direktem Einfluß der „Precieuses ridicules" entstanden. Man kann sich wundern daß der französische Geist Molieres nicht im stände gewesen ist, der ganzen Handlung einen größeren Schwung zu leihen. Die Handlung ist hier sehr linkisch und ungeschlacht Geführt Die Aus- und Eintritte sind nicht genug motiviert es Geschehen Unmöglichkeiten der szenischen Leitung (Akt I, VII. u. VIII. Szene) etc. Und, obwohl die Theaterstücke Alexandris und Negruzzis unserer Zeit so nahe stehen, bemerkt man sofort, daß sie nicht über Theaterroutine verfügen. Weder „Jorgu dela Sadagura", noch „Creditorii", noch „Nunta tärä-neascä", oder „Rusaliile" — alle von Alexandri, weder „Cir-lanii", noch „Muza de la Burdujani" von Negruzzi weisen diese Theaterroutine auf. Man könnte meinen, diese Lustspiele seien eigens für wenige Personen und für eine einfache Szene geschrieben. Dennoch hätten die Schriftsteller den Bühneneffekten mehr Nachdruck verleihen können. Infolge des Gesagten kommt die Superiorität der Lustspiele C.s in der rum. Literatur in dieser Hinsicht gut zum Ausdruck. Man hat auch C. den Vorwurf gemacht, er sei in seinen Lustspielen zu „theatralisch". Was einem Scribe und Labiche, ja sogar einem Augier und Dumas übel genommen wurde, hat man auch C. vorgeworfen. Wenn man aber den Standpunkt C.s vertritt, der nur für die Bühne schreibt und so auf einen Bühnenerfolg zielen muß, so kann man leicht auch seine Lustspiele von diesem Vorwurf freisprechen. — 297 — I/ecrivain qui travaille pour le theätre, est dans une Situation speciale, et il n'a pas seulement le droit, il a le devoir de tendre au succes" (Doumic, De Scribe ä Ibsen, 1901, S. 6). Einen anderen, stärkeren Vorwurf mußten die Lustspiele C.s über sich ergehen lassen. Sie sind als trivial und unmoralisch hingestellt worden. Ein Gewitter, wie es auf das Haupt Molieres so oft, zumal nach der „L'ecole des femmes", niederging, entlud sich auch über C. in Rumänien. Man hat ihm vorgeworfen, daß seine Personen entweder lasterhaft oder dumm sind, daß die Szenen derb, die Liebe immer eine unerlaubte ist, daß „nirgends die Bestrafung der Bösen und die Belohnung der Guten" sich ergibt. (Die Vorwürfe sind nach Maiorescu, Critice II 181, wiedergegeben.) Nach dem Vorhergehenden wird es uns nicht schwer fallen, ein Urteil zu gewinnen. Tatsächlich betrügt Chiriac seinen Herrn wie in einer Novelle des Boccaccio, Zoe empfindet gar keine Gewissensbisse über ihren Fehltritt, sondern trachtet nur darnach, die Folgen des Briefes zu vereiteln, Ghitä Pristanda betrügt den Staat mit den Fahnen, Dandanache bekommt das Abgeordnetenmandat ohne irgend ein Verdienst, „Conul" und „Coana" Leonidas sind sehr beschränkte Leute, wie Rica Venturiano, wie Trahanache (mit einigen Abstufungen) und der Berauschte Bürger ist noch jämmerlicher als alle. Wrir haben lasterhafte und beschränkte Menschen vor uns. Derbe Szenen gibt es keine (wenn man nicht die letzte Szene des ersten Aktes der N. furt. so bezeichnen will). Die Liebe ist freilich nie rein. Veta hat zu Chiriac, Nae zu der Didina, dann zu der Mita, Zoe zu Tipätescu ein unerlaubtes Verhältnis. Keine Spur von einer Apotheose der legitimen Ehe, Kein Hauch von ihrer Verteidigung, wie in „Gabrielle" von Augier oder von vergossenen Tränen, wie in „Le pere de famille". C. ist kein Moralist, im Gegenteil, er verwirft diesen Standpunkt in der Kunst, Der Universitätsprofessor Rädu-lescu-Motru nennt ihn einen „Intellektuellen, der sich nie um — 298 — das moralische Urteil seiner Zeitgenossen gekümmert hat" (N. Rev. Rom. I Nr. 28, S. 190). Dasselbe sagt auch Petrascu: „Seine Welt ist eine vom Grund aus verdorbene Welt. Nur hie und da hat ein Betrunkener das Bewustsein von dem was sich ziemt." Wie gesagt: Für C. hat die Moral gar keinen Platz in einem Kunstwerk. Noch mehr. Man findet Stellen in seinen Lustspielen, die an Regnards und Le Sag es Stellung in diesem Punkte erinnern. „Le Joueur" will das Kartenspiel um keinen Preis lassen — der Autor, Regnard, steht ihm nicht im Wege und bringt ihn nicht zu einem anderen Vorhaben. Le Sage läßt alle sich über „Turcaret" lustig machen, ohne ihn zu bedauern und ohne einen Widerwillen dieser pestilenzartigen Atmosphäre gegenüber zu empfinden. Dasselbe tut Carageale. Veta und Zoe sind in der Nähe der „comedie rosse", nach der Definition Filons „une sorte d'in-genuite vicieuse, l'etat d'äme des gens qui n'ont jamais eu de sens moral et, qui vivent dans Timpurete ou dans Tinjustice comme le poisson dans l'eau". (De Dumas ä Rostand, S. 70.) Die Moral, angewandt auf die beschriebene Atmosphäre C.scher Lustspiele, wäre schlecht angebracht — sie wäre sogar ein starker Mißkiang. Eine Frage für sich ist die, ob der Autor gut daran getan hat, solche Typen zu zeichnen, sobald er sich aber entschlossen hat, sie auf die Bühne zu bringen, war er benötigt — infolge seines künstlerischen Wahrheitssinnes — sie uns in der gegebenen Gestalt vorzuführen. Der Gegensatz wird stärker hervortreten, wenn man einen Vergleich mit den Ibsenschen psychologischen Dramen zieht. Dort sind andere Personen und andere Zustände beschrieben, andere Sitten, kurz, es ist eine andere Atmosphäre, so daß Konsul Bernick sich an die Brust schlagen und beichten kann: „Ich habe gefehlt. Mein ganzes Leben hat sich auf Betrug gestützt." Ein Catavencu — so wie er beschrieben ist —• muß sich dem neuen Herrscher unterwerfen und ihn am Ende des Lustspiels lobpreisen. Zita und Veta, von Gewissensbissen geplagt und mit Tränen in den Augen, wären ein Ding der — 299 — Unmöglichkeit, gerade wie wenn Catavencu in eiuen ehrlichen und wahren Politiker sich verwandeln, oder Pristanda das Geld für die Fahnen zurückgeben würde. In diesem Falle wäre der Autor als persona agens hinter den Kulissen leicht erkennbar. C., als Schriftsteller, spricht in seinen kleineren Notizen öfters über seinen Standpunkt. So in „Notite risipite" (M. 330) z B.: „........Die Ansichten, die Prinzipien oder die Tendenz des Autors kommen wenig in Betracht. Sie können sehr edelmütig sein; sie können so moralisch und menschlich sein, daß der Autor geradeswegs in den Himmel kommt, sobald er sie ausgesprochen hat, wenn das Werk als solches, außer ihnen, nichts anderes als eine beispiellose Seichtheit ist, so ist der Autor — ganz gewiß — ein sehr lobenswerter Mensch, sein Werk aber ist eine Arbeit unter aller Kritik." Sein Standpunkt ist scharf genug gekennzeichnet. Der Kritiker Maiorescu schreibt (1885), indem er C. in Schutz nimmt: „Die einzige Moralität, die man von seinen Lustspielen verlangen kann, ist die Beschreibung einiger Typen, Gefühle und Situationen, die wahrhaft menschlich sind und die uns — infolge ihrer künstlerischen Darstellung — in die Welt, die sich der Autor vorgestellt hat, einführen können." (Critice II, S. 192.) Wie wir sehen, hat man die Fragen der Moral und der Tendenz in der Kunst auch in der rumänischen Literatur eifrig besprochen, und es wird auch heutigentags noch darüber debattiert. Es erheben sich nun einige Fragen hinsichtlich der Moral der Lustspiele C.s: 1. Existiert keine reale Basis der beschriebenen Typen? 2. Wenn nicht, ist dieser Standpunkt bloß eine charakteristische Note des Schriftstellers C? 3. Von wo kommt diese Note? Ist sie bloß eine französische Importware? Man kann den Gedanken Taines nicht wiederlegen: „L'etat des mceurs et de Tesprit est le menie pour le public et pour les artistes; ils ne sont pas des hommes — 300 — isoles." („Philosophie de Tart," Bd. I, S. 4.) Die Ausnahmen bestätigen nur die Regel. Es wurde schon erwähnt, daß die beschriebenen Typen existieren. Es ist das gute Recht eines Schriftstellers, auch den Dandanache, auch den Catavencu, auch den Rica Venturiano zu charakterisieren. Konrad Lange sagt in seinem „Wesen der Kunst" (Bd. II, S. 168): .... „Schließlich ist es ja das gute Recht des Dichters, sich in jeden Charakter zu versetzen, jeden, auch den verwerflichsten Grundsatz zeitweise zu dem seinigen zu machen." Die zweite Frage fällt von selbst, weil es klar ist, daß dieses Verweilen des Schriftstellers bei seinen Typen eine Immoralität des Schriftstellers nicht mit sich bringt. Die dritte Frage gibt uns Gelegenheit, mehr über den Einfluß des französischen Lustspiels und des Vaudevilles zu sprechen. Es ist ein interessantes Thema, das breiter behandelt werden müßte, als hier geschehen konnte. Der Einfluß der leichten Lustspiele Frankreichs auf das Publikum der Hauptstadt und dadurch auf den Zeitgeist war sehr groß. Bei einem Publikum, das am Anfang und im Laufe des XIX. Jahrh. so wenig kulturell entwickelt war, hatte eine solche theatralische Anstalt, wenn auch nicht eine kapitale, so doch eine beachtenswerte Wichtigkeit, Die französische Komödie vor und nach 1870 („Vaudeville drolatique" und „bouffonnerie") hatte einen schlagenden Erfolg in Bukarest zu verzeichnen. Die Operetten Offenbachs (Halevy-Meilhac) stehen in den Jahren 1868-69, 1870—71 (Oll. III, 118) in der Blüte. „La belle Helene", „La grande Duchesse de Gerolstein", „Orphee aux Enfers" spielt man unzählige Mal. Das Publikum findet einen großen Gefallen an diesen „dekolletierten" Theaterstücken. (Oll. III, 1*28.) Es scheint, daß das ganze Publikum der Hauptstadt von diesem vergiftenden Hauch umfangen ist, der später so traurige Folgen für die Franzosen des „Second Empire" gezeitigt hat. Dieses ungesunde Symptom bestand also zu jener Zeit. Alles was im „Palais-Royal" oder im „Vaudeville" von Paris — 301 — Erfol0, hatte, wurde gleich auch in Bukarest gespielt und glänzend aufgenommen. Die französischen Schauspieler verstanden es, die Eitelkeit des Publikums zu erregen, indem sie Über Bukarest, als eine „Vorstadt (Faubourg) von Paris" sprachen und das Publikum als „intelligent und aufgeklärt" bezeichneten (v. Journal de Bukarest 1872, Nr. 142). Die Folgen dieser Lobeshymnen waren die leeren Bänke bei den Vorstellungen der Adelaide Ristori. Nach Voltaire, nach Hugo, Moliere, Musset, Legouve, AI. Dumas f. und pere, Augier, Vigny, Feuillet, nach Scribe, Girardin, Dumanoir, Mellesville, d'Ennery und anderen kamen auch Halevy, Meilhac mit Offenbach, um den seichten Stücken den Weg zu bahnen. In einer großen Stadt wäre es eine Naivität, zu verlangen, daß keine Bühne auch leichtere Ware bringen soll. Immer wird sich ein Publikum finden, das applaudiert und sich gut unterhält. Es ist aber die Frage, ob es heilsam ist, daß eine so junge Kultur, wie die rumänische von dieser Richtung fremder Stücke so überschwemmt werde, zumal diese Theaterstücke von einem Volke kommen, das viel zahlreicher und daher kräftiger ist, das eine glänzende Vergangenheit hat und sich eines schönen Daseins erfreut, und das im Stande ist, dem schädlichen Einfluß dieser leichten Stücke entgegen zu arbeiten. Diese Richtung ist aber in Rumänien älter als 1868. In einem offenen Brief, den drei junge Rumänen (unter ihnen auch der spätere Schriftsteller und Archäologe A. Odo-bescu) an den Redakteur der Zeitung „Romänul" (1858,-II. Jg., Nr. 12), den Politiker C. A. Rosetti, einen der Führer der Rumänen seiner Zeit, richteten, beschwerten sie sich wie folgt über den Niedergang des rumänischen Theaters seit 1858: „Zum Unglück schöpft das einzige Nationaltheater, das wir haben, und das wir vielleicht ironisch „national" nennen, beinahe sein ganzes Repertoire aus den niedrigsten Theatern von Paris." Es ist möglich, daß diese Kritik zu streng ist — das Repertoire aus diesen Jahren kann man kontrollieren, es ist — 302 — nicht gerade so schlecht, es enthält auch aufführbare Stücke — etwas Berechtigtes aber ist dennoch sicher an diesem Proteste der Jugend. Eminescu wollte im J. 1870 ein gesundes Repertoire für ein zukünftiges rum. Theater in Siebenbürgen zusammenstellen und schrieb in der damaligen „Fainilia" aus Budapest (1870 Nr. 2): „Wenn wir uns eine gewissenhafte Rechenschaft über unser eigenes dramatisches Vermögen geben wollen, werden wir sehen, daß wir sehr wenig Stücke haben, die das Nationaltheater mit ihrer Existenz nicht prostituieren — und zwar sehr oft in einer sowohl verderbten, als auch barbarischen und unkultivierten Weise." Das mußte erwähnt werden, damit mau einigermaßen den Geist der Lustspiele C.s verstehen kann. Auf sie haben diese Lustspiele und Vaudevilles der Franzosen direkt und indirekt gewirkt. Direkt — aus der Bekanntschaft des Souffleurs und Theatermannes C. mit ihnen, indirekt, indem sie ihm das Publikum in dieser Richtung erzogen, und dafür reif machten. Sicherlich hat dieses französische Theater allein schwerlich die Macht besessen, die ganze Lebensanschauung desPuMikums und das rumänische Geistesleben zu gestalten, es hat aber dennoch dazu beigetragen, diesen erotischen französischen Elementen im kulturellen Leben der Hauptstadt Eingang zu verschaffen. Aber wir wollen nicht, daß die Lustspiele C.s in einem solchen ungünstigen Lichte erscheinen, wie es vielleicht nach dem Gesagten zu befürchten ist. Die Novellen. a) Einfluß des französischen und russischen Naturalismus. Der Naturalismus erscheint in Frankreich nach 1850. Der romantische Idealismus ist gezwungen, sich unter das Joch der Wirklichkeit zu beugen. Victor Hugo, Musset oder Lamartine rinden nicht mehr die begeisterte Leser weit auf ihrer Seite. — 303 — Ernani" und „Ruy Blas" scheinen lächerlich mit ihren Tiraden, ihre erträumte Welt ist eine Lüge. Die Milieubeschreibung, die Enquete, das „Document humain" voller wissenschaftlich exakten Notizen nimmt ihren Platz ein. „La verite, l'äpre verite" ist jetzt das einzige Losungswort. Im Jahre 1882 (2. Aufl. 1888) erscheint Melchior de Vogües Le roman russe", der einen so großen Erfolg aufzuweisen hat. Eine ganz unbekannte Literatur wird für Europa erobert. Der französische Naturalismus empfängt eine neue Nuance und eine neue Aufmunterung. Die Wirkung dieser literarischen Konstellation in Frankreich konnte unmöglich an Rumänien spurlos vorübergehen, ja, es ist sehr begreiflich, daß diese Richtung auch im rumänischen „Klein-Paris" einen Widerhall gefunden hat. Der französische utilitaristische Naturalismus, mit einer sozialistischen Nuance, fand sogar einen hervorragenden rumänischen Kritiker, Dobrogeanu-Gherea, der ihn dem rum. Publikum anempfahl. Seine kritischen Artikel, die später in drei Bänden erschienen sind, beschäftigen sich fast ausschließlich mit diesem französisch-russischen Naturalismus. Es gab eine Zeit, wo die Jugend der Gymnasien, die Lehrerschaft und alle anderen Intellektuellen Rumäniens — die Romane Zolas, Flauberts, der Brüder Goncourt verschlangen. Viel hat dazu Gherea beigetragen. Seine Zeitschriit und andere veröffentlichten Übersetzungen aus Dostojewsky, aus Turgenjew und aus Ostrowsky. Wie man sieht, hat sich auch im Wasserglase eine kleine Wellenbildung vollzogen, als ein Reflex des großen Sturmes da draußen. Die Geister wurden von denselben Ideen erfaßt, obwohl die nationalen Repräsentanten fehlten, die diesen literarischen Kampf kämpfen sollten Freilich — ein großer Sturm war es nicht. Das Theater spielte die alten Stücke weiter, weil das Publikum, das es besuchte, nicht zu wählerisch war. An den Literaten, so viele es in Rumänien gab, ist aber der Sturm nicht ohne Eindruck vorübergebraust, und sicherlich haben diese literarischen Kämpfe auch C. viel zu denken gegeben. Seine ganze lite- — 304 — rarische Persönlichkeit, die gar keine Gemeinschaft mit den Romantikern aufweist, außer einem einzigen Gedanken, den wir noch kennen lernen werden — hat ihn in die Bahnen des Naturalismus gedrängt. So erschienen in der rum. Literatur die Novellen C.s, die uns in eine von der der M. und der Lustspiele grundverschiedene Sphäre führen. Es gibt hier kein Körnchen Humor oder soziale Satire mehr, sondern nur düsteren Ernst. Der Übergang war für das Lese- und Theaterpublikum zu überraschend. Man konnte sich C. nicht anders vorstellen als mit feinem ironischen Lächeln oder mit sardonischem Lachen. Von den lustigen Tänzen des Lustspiels „D'ale C", von den leichten Skizzen — auf einmal zu den düsteren Novellen: „Eine Osterfackel" (0 fäclie de Paste) und „Sünde" (Päcat). Es sind freilich die einzigen dieser Art, die C. geschrieben hat. b) Inhaltsangabe. Sünde — Päcat — (Päc). Nitä, ein moldauischer Landpfarrer, der sich als Seminarist mit einer jungen, geschiedenen Frau aus der Gesellschaft vergangen hat, führt ein glückliches Familienleben in seinem Dorfe, als er eines Tages im nächsten Städtchen einen verwahrlosten kleinen Burschen bemerkt, der die Menge durch rohe Spaße unterhält. Voll Mitleid nimmt er sich seiner an und erfährt von dem Wirte seine Herkunft — er hat seinen eigenen Sohn vor sich! Er nimmt ihn nun in sein Haus, ohne jemand etwas zu verraten. Als Mitu herangewachsen ist, verliebt sich des Pfarrers Tochter Iieana in ihn. Er ist inzwischen Lehrer im Dorfe geworden, und obwohl Iieana verheiratet ist, lassen sich beide in ein Verhältnis ein, da sie ihre Herkunft nicht ahnen. Ihr Vater, der das drohende Unheil heranziehen sieht, entschließt sich nach langem Kampfe, Mitu über die Sachlage aufzuklären. Iieana, mißtrauisch, meint, der Vater wolle sie nur entzweien, und sie schließen sich nur um so fester aneinander. Als der Pfarrer wieder einmal Zeuge ihrer unerlaubten Liebe wird, greift er zu einem verzweifelten Mittel und erschießt beide, worauf er selbst tot zu Boden sinkt. Eine Osterfackel — 0 fäclie de Paste — (0. f. d. P.). Der jüdische Gastwirt Leiha Zibal hat seinen Knecht Georg entlassen und sitzt nun in der Osternacht einsam in seinem Hause, voll banger Furcht, ob der Entlassene seine Drohung, sich zum Osterfest zu rächen, ausführen werde. Georg kommt auch mit mehreren Freunden und sucht ein Loch in die Türe zu bohren, um diese zu öffnen. Der Jude in seiner Verzweiflung bindet den Arm des Verbrechers in einer Schlinge fest und läßt ihn über der angezündeten Lampe langsam braten, bis er verkohlt ist. Als die am Ostermorgen vorübergehenden Christen das grausige Schauspiel erblicken, tritt ihnen der Jude triumphierend entgegen und verkündet ihnen, daß er sich dem Rabbiner vorstellen und ihm sagen werde, er sei nun ein Christ, weil er Christus zu Ehren auch eine Osterfackel angezündet habe. c) Analyse. Durch diese zwei Novellen hat die rum. Literatur tatsächlich eine Bereicherung erfahren. Schwerlich werden sich darin weitere Prosa werke finden lassen, die man vom stilistischen und vom technischen Standpunkte aus mit diesen auf eine Stufe steilen könnte. Was einem beim ersten Lesen in die xVugen fällt, ist das Dramatische. Nicht nur, daß der Autor uns die beschriebenen Szenen mit einer erstaunlichen Kraft vorführt, auch beide Handlungen sind voll dramat. Lebens. Einerseits der seelische Kampf Leibas, um dem Tode zu entrinnen, und der seelische Kampf des Pfarrers Nitä, um keine sündhafte Liebe zu dulden, andererseits die Rachegedanken und die Rachsucht Georgs und das Liebesverlangen unter den beiden Geschwistern, die, ohne es zu wissen, in Blutschande leben — Weigand XVII. - J — 306 — 307 — diese zwei entgegengesetzten Willensäußerungen stoßen zusammen, und dieser Stoß ist Schritt für Schritt vorbereitet so daß man ihn kommen sieht, und das Resultat ist so grauenhaft, so erschütternd, daß es als Höhepunkt eines Trauerspieles dienen könnte. Derselbe Schriftsteller, der uns die blasierten Gesichter und die stumpfsinnigen Reden der Boulevardspaziergänger von Bukarest beschrieben hat, zeM uns hier die grauenhaft verzerrten Züge seelischen Kampfes. Zum ersten Mal in der rum. Literatur wird ein ernster Stoff aus dem Provinzleben mit einer wirklichen schriftstellerischen Begabung behandelt. Der Jude der 0. i. cl. P. erscheint nicht mehr lächerlich, wie bisher, wo man keinen Juden in die Literatur einführen konnte, ohne den lächerlichen Zug zu empfinden, womit ihn Alexandri in seinen Lustspielen gekennzeichnet hat. Bezeichnend für die Charakterähnlichkeit dieser beiden Novellen mit dem krassen französischen und russischen Naturalismus ist auch die Vorliebe des Autors für grausame Szenen. Neben einem literarischen Impressionismus in der Darstellung, verweilt er bei den abstoßenden Erscheinungen eines kranken Kindes, dieser Beschreibung von Seelenzuständen, die an die Marter einer erhitzten Phantasie erinnern (diese Vorliebe sogar für die Beschreibung menschlicher Roheit, kehrt später auch im Drama „Näp." wieder). —-All dieses finden wir, wie bei den französischen und russischen Naturalisten, so auch in den beiden Novellen. Zum Beleg mögen folgende Stellen dienen: Der kranke, lasterhafte Knabe wird beschrieben wie folgt: „Ein Kind von etwa acht, neun Jahren, zerfetzt und schmutzig, barfüßig, in viel zu weite Kleider eingehüllt — die Taille des großen Rockes reicht ihm fast bis zu den Kniekehlen, auf dem Kopfe sitzt ein zerknüllter Cylinder — treibt tolle Spaße und sucht dadurch die Menge zum Lachen zu bringen. Es ist ein kleiner, sehr herabgekommener Possenreißer, voll Wunden, klapperdürr und wachsgelb; seine beinahe aus- getrockneten Schenkel, die man durch die zerfetzten Beinkleider sehen kann, sind vielfach abgeschunden. Sein Elend wird nur von seiner Frechheit übertroffen. Er raucht eine lange Zigarre, schneidet Grimassen, verspottet und beschimpft die anwesenden Honoratioren, und ruft sie mit ihren bekannten Spitznamen an. Er beginnt zu singen und die Ciamparaie l) zu tanzen, indem er dazu unerhörte schamlose Bewegungen macht. Das Volk amüsiert sich köstlich .... Eine alte Bäuerin, welche in der ersten Reihe steht, errötet über den Kehrreim des Liedes, den das Kind direkt an sie richtet und sucht sich durch schleunige Flucht den auf ihr ruhenden Blicken der lachenden Zuschauer zu entziehen. Sie schlägt ein Kreuz und sagt im Fortgehen: „Wer weiß, welche Sünden da zu büßen sind! Gott bewahre jedes Kind!" Inzwischen hat der Kleine, zu Tode ermattet, zu tanzen aufgehört; er begrüßt in komischer Weise mit seinem enormen Cylinder die Bojaren und nimmt auf dem Stuhle neben dem Herrn Senator Platz, indem er gravitätisch ein Bein über das andere schlägt .... Eine frische Zigarre .... der Herr Senator traktiert ihn mit Kaffee und Rum. Ein anderer Freund gibt ihm noch ein Gläschen .... und noch eines." (Päc. „N." S. 30—31), oder eine andere Stelle, aus „0. f. d. P.", eine der schönsten der Novelle: „Da ertönte das Glockengeläute dort oben abermals. Schneller, Freund, es überrascht uns der Tag, sagte draußen eine Stimme, wie beeinflußt von dem Willen des Mannes da drinnen. Der Arbeiter setzte sein Werk eifrig fort. Noch einige wenige Bewegungen, und alle Punkte des Quadrates sind vereinigt. Endlich! Der Bohrer zieht bedächtig das viereckige Stück heraus. Eine große, sehnige Hand langt herein. Bevor sie indessen den Riegel berührt, den sie sucht, ertönen zwei Schreie, indes 1) Ein Zigeunertanz. 20* — 308 Zibal das freie Ende der Schlinge kraftvoll um den festen Klotz bei der Keliertüre befestigt. Die Falle war sinnreich konstruiert: ein langer, mit einem Ende an einem Pflock befestigter Strick; in gehöriger Entfernung, gerade an der Stelle, wo das ausgeschnittene Quadrat verschwinden sollte, befand sich eine Schlinge, die Leiha mit der linken Hand offen hielt, während er mit der Rechten den übrigen Teil des Strickes faßte. Im gegebenen Augenblick läßt Zibal die Schlinge los. faßt blitzschnell mit beiden Händen das freie Ende und zieht mit der höchsten Anstrengung den ganzen Arm hinein In einem Xu war die Operation fix und fertig. Zwei Schreie begleiteten sie, einer des Schmerzes und einer des Triumphes: die Hand war „sofort getroffen". Sodann hörte man Schritte sich schleunig entfernen. Die Genossen Georgs überließen dem Zibal das mit soviel Schlauheit gefangene Opfer. Der Jude eilte in die Wirtsstube, ergriff die Lampe und schraubte mit einer sichern Drehung den Docht ganz hoch. Das im Lampengitter gefangene Licht trat fröhlich und siegreich hervor und gab den nebelhaften Formen der Umgebung das ausdrucksvolle Leben wieder. Zibal trat mit der Lampe in den Gang. Der Strolch seufzte schwer. Aus der Haltung seines Armes erkannte mau, daß er auf einen unnützen Widerstand verzichtet hatte. Die Hand war geschwollen und die Finger wie zu einem Grifte gekrümmt. Der Jude näherte ihnen die Lampe. Ein Schauer überlief ihn — das Fieber kehrte zurück. Er neigte zitternd die Lampe zu stark, so daß er mit dem heißen Glase die Hand des Räubers berührte — ein heftiges Zucken der Finger, gefolgt von einem ohrenzerreißenden Wehgeschrei .... Beim Anblick dieses Phänomens sprang Zibal empor .... aus seinen Augen leuchtete eine exzentrische Eingebung. Er brach in ein lautes Gelächter aus, das im Ganggewölbe schauerlich widerhallte und ging rasch in die Schänke. Der Morgen dämmert auf. — 309 — Auf einem Holzstuhle, mit dem Ellbogen auf den Knieen, das Kinn in die Hände gestützt, saß Zibal. Wie ein Gelehrter, der aus der Mischung mehrerer Elemente ein zartes Naturgeheimnis zu erforschen strebt, nach welchem er schon lange eifrig sucht, hält Zibal seine Augen auf einen schwarz und unförmlich vor ihm hängenden Gegenstand geheftet, unter welchem auf einein andern Stuhl in entsprechender Höhe eine große Fackel brennt. Ohne mit den Wimpern zu zucken, beobachtet Zibal den Vernichtungsprozeß an der Hand, die ihn sicherlich nicht geschont haben würde. — Er hatte das Geheul des Unglücklichen draußen nicht gehört; was er jetzt sah, war zu anregend, als daß er auch noch hätte hören können. Zibal hatte mit unersättlicher Begierde alle Windungen, alle seltsamen Krümmungen der Finger bis zu deren allmählicher Erstarrung verfolge — sie waren anzuschauen, wie die Beine eines Käfers, die sich unter dem Spiele eines grausamen Kindes verrenken, ausdehnen und in unerhörten Bewegungen herumzappeln, stark, dann langsamer, ganz langsam und endlich erstarren. Es war zu Ende. Die Hand briet und schwoll allmählich ohne alle Bewegung. Sura stieß einen Schrei aus. „Leiba"! Zibal gab ihr ein Zeichen, ihn nicht zu stören. Ein Fettgeruch von verbranntem Fleisch verbreitete sich im Gang; ein Zischen und hie und da ein kleines Platzen wurden vernehmlich. „Leiha, was gibts?" wiederholte die Frau. (0. f. d. P.) „N." 17—20. Wir finden hier, was Prof. Volkelt in seinem „Ästhetischen Zeitfragen" (München, 1895) „geschärften Wirklichkeitssinn" und „Streben nach Ü her ans chaulich-keit" nennt. Ein Vergleich mit Dostojewski oder mit einem der modernen russischen Schriftsteller drängt sich unwillkürlich auf. -- 310 — Wir lesen in einer Novelle des ganz modernen Leonid Andrej ew, der in den meisten seiner Schriften in Grausamkeit schwelgt und in Blut watet, die Beschreibung eines krüppelhaften, idiotischen Knaben: „Schwer war es auch ihn zu füttern: gierig und ungeduldig, wie er war, vermochte er seine Bewegungen nicht zu berechnen: Er stieß die Tasse um, verschluckte sich und langte wütend mit den gekrümmten Fingern nach dem Haar. Und widerlich und grauenhaft war sein Ansehen: auf den schmalen, noch ganz kindlichen Schultern saß ein kleiner Schädel mit einem ungeheueren, ausdruckslosen Gesichte, so groß, wie das Gesicht eines Erwachsenen. Etwas Beunruhigendes und Erschreckendes war in diesem tollen Mißverhältnis zwischen Körper und Kopf, und es war, als habe das Kind, man wußte nicht warum, eine große greuliche Larve angelegt." („Das Leben Vater Wassili Fiweiskis" S. 30. Übers. Dr. G. Polonski, Berlin, 1906). Andere Proben könnten massenhaft aus Andrejew, Dostojewski, Maupassant, Zola usw. aufgezählt werden. Erwähnt sei nur die Novelle Mau pass an ts „Le champ d'oliviers" (Oeuvres completes, Paris, Conard, Band: L'inutile Beaute" S. 45—96), wo ein französischer Geistlicher sein uneheliches Kind als einen verkommenen Sohn wTieder findet. Also dieselbe Unheimlichkeit, dasselbe Grauenerregen, dasselbe Gefühl des Schauderhaften und Gräßlichen. Gewiß ist das kein ausschließliches Kennzeichen des französischen und russischen Naturalismus —KonradLange im „Wesen der Kunst", und viele andere haben bewiesen, daß diese Stimmung auch zu verschiedenen anderen Zeiten bestanden hat — dasselbe Gruseln fühlt man, wenn man E. T. A. Hoffmann liest, und C hat in den Novellen einige Stellen, die an Hoffmann erinnern, in der rumänischen Literatur erscheint sie aber zum erstenmal in so ausgeprägter Form. Es ist aber doch ein Unterschied zwischen den extremen Naturalisten und C. Während jene in der minutiösen Be- schreibung der Gegenstände stecken bleiben, indem sie sehr oft über dieser verwirrenden Fülle den Uberblick über das Ganze verlieren, begnügt sich C. mit einigen markanten Zügen, die er sehr geschickt auszuwählen weiß und die ihm die Möglichkeit geben, nie das Ganze aus den Augen zu lassen. Diese Beschreibungen sind in einem telegrammartigen, nervösen, abgehackten Stil wiedergegeben, über den noch zu sprechen sein wird. Einige Proben mögen zeigen, wie er die Beobachtungen seiner Personen wiedergibt. Der Jude Zibal träumt ein ruhiges, sicheres Leben, am Ostersonnabend: „In dem etwa zwei Kilometer auf der Anhöhe zwischen Teichen gelegenen Dorfe vernahm man das Geläute der Kirchenglocken.....Und sie tönen so seltsam, wenn man sie im Fieber hört: bald sehr stark, bald kaum vernehmlich.....Die kommende Nacht war die Osternacht: für Georg der Verfallstermin zur Einlösung seines Versprechens. „Aber bis jetzt kann er schon in sicheren Gewahrsam gebracht worden sein!" „Wie dem auch sein mag, Zibal verbleibt noch bis zum nächsten Viertel in Podeni. Mit seinem Kapital kann man in Jassy ein hübsches Geschäft eröffnen. Auf dem Marktplatze .....Leiba wird gesund sein , . . .. Er wird sich nahe der Polizei einquartieren.....Er wird Trinkgelder austeilen an den Kommissär, an den Inspektor und an den SicherheitsWachmann.....Wer gut zahlt, wird gut bewacht. „Auf einem so großen Marktplatz ist die Nacht geräuschvoll und hell erleuchtet, nicht aber in Finsternis und tiefes Schweigen gehüllt, wie im einsamen Tale von Podeni. In Jassy ist ein Einkehrhaus — dort im Eckgebäude — welch ein geeigneter Ort für ein Wirtsgeschäft — ein Einkehrhaus, wo die ganze Nacht hindurch Mädchen im Cafe chantant singen. Welch ein lärmendes, fröhliches Leben! Dort kann man zu jeder Tages- und Nachtstunde den Herrn Kommissär mit den Mädchen und anderen Herrschaften antreffen." (0. f. d. P.) Was die meiste Bewunderung an diesen Novellen Ter-dient, ist die sehr gut durchgeführte psychologische Steigerung der Gefühle. Jede Phase wird von der nächsten überboten, es ist ein stetiges Crescendo, bis zum Schluß das Unausbleibliche eintritt. Die feinsten Züge sind hier festgehalten. Sehen wir uns folgende Analyse an: 1. Leiba Zibal war schon als kleines Kind furchtsam 2. Vor F urcht erkrankt er. 3. Die Leute von Podeni spotten fluchen, schelten ihn. 4. Das Sumpffieber packt ihn samt Frau und Kind. 5. Das Gemeindeamt und der Subpräfekt wollen ihm keine Unterstützung geben. 6. Leiba träumt, daß er glücklich und wohlversorgt in Jassy lebt, 7. Ein Eilwagen nähert sich. 8. Er hat einen schrecklichen Traum: ein Wahnsinniger zerschmettert seiner Frau und seinem Kinde den Kopf. 9. Der Eilwagen kommt an. Em Einkehrwirt von der nächsten Station ist ermordet worden. 11. Zwei Reisende, junge Studenten sprechen über Darwin, Häckel, Lombroso, Atavismus, in der Schenke. Alle Begriffe des Juden, der mit einem Ohr zuhört, schwanken. 12. Nacht, Leiba erwartet Georg. Stimmung der Osternacht, und 13., Georg erscheint tatsächlich ..... Wie man erkennt, ist alles so planmäßig, so geschickt dargestellt und vorbereitet, daß sich eine gerundete, geschlossene Arbeit ergibt. Dasselbe gilt auch von der anderen Novelle. Die verschiedenen Stadien des seelischen Kampfes sind mit derselben Ausführlichkeit beschrieben und gerade so zutreffend motiviert, wie in der ersten: 1. Der Pfarrer besucht das Städtchen. In der Mitte einer brutalen Menge beobachtet er das lasterhafte Treiben eines Knaben. 2. Dem Knaben wird schlecht vom Trinken und Tanzen. 3. Der Wirt erzählt dem Pfarrer die Geschichte des kleinen Nichtsnutzes: dem Pfarrer wird es klar, daß der Kleine sein Sohn ist. Er sucht ihn überall, findet ihn aber nirgends. In einem verrufenen Nachtlokale wird er mit Hallo empfangen — er flüchtet. 5. Endlich gefunden, in einer Kirche nimmt er ihn mit. G. Das Kind übersteht eine radikale Krankheit, „Neues Blut" rinnt ihm in den Adern nach der langsamen Genesung. 7. Der Prokuror (Staatsanwalt) des Städtchens will den Mitu wegnehmen — erst die klingenden Münzen bringen ihn vom Entschlüsse ab. 8. Iieana, die Tochter, wächst neben dem Mitu heran — Beschreibung ihrer Jugend. — 9. Die Mutter Ileanas stirbt. Diese heiratet einen arbeitsamen Mann, der aber nicht ist, „was er sein sollte". 10. Mitu ist Lehrer im Dorf geworden — schön, kräftig, gescheit. 11. Der Vater erkennt an dem Gesänge Ileanas ihren Seelenzustand. 12. Versuch, den Mitu von seiner Liebe abzubringen. Er wehrt sich. Sein Vater wird für ihn schon eine Braut finden. 13. Schwager Cutitei, der Dorfälteste, erzählt dem Pfarrer eine Liebesgeschichte aus der Jugendzeit. Sein Vater ließ ihn mit Gewalt von den Soldaten anwerben, wie in alten Zeiten, damit er von der Liebe zu einem verheirateten Weibe loskomme. 14. Der Pfarrer entschließt sich auch: Mitu soll Soldat werden. 15. Der Präfekt vernimmt nichts anderes als ein Stammeln des Pfarrers, der ohnmächtig vor ihm hinfällt: Er hat die hysterische Tochter seiner früheren Geliebten in der Frau des Präfekten wiedererkannt, 16. Es bleibt kein anderer Ausweg als ein Geständnis. Mitu erfährt, daß er seine Schwester liebt, 17. Iieana lacht ihn aus: ihr Vater wolle sie nur entzweien, deshalb hat er diese Ausrede ersonnen. 18. Kampf des Mitu mit sich selber. 19. Die Geliebten können nicht widerstehen, sie verbringen eine Nacht im Freien zusammen. 20. Der Pfarrer sieht das vom Fenster. Er legt das Gewehr an und schießt sie nieder. Drama. Näpasta. (Falsche Beschuldigung. — Näp.) Inhaltsangabe: Kritik. Charakteristik. Im Walde von Corbeni wurde ein Mord verübt: man fand den Dumitru Cirezaru tot. Da man den Waldhüter Jon — 314 — (Johann) mit blutigem Hemd und mit dem Feuerzeuo- des Verstorbenen fand, wurde er auf 20 Jahre Zwangsarbeit in den Salzbergwerken verurteilt (die größte und schwerste Strafe) Kurz nach der Verurteilung heiratete Cirezarus Weib, Anca (spr. Anka) den Dragomir, einen ihrer Verehrer aus der Mädchenzeit, den wirklichen Mörder ihres Mannes: Es sind 9 Jahre vergangen. Sie hatte immer eine dunkle Ahnuno1 daß Dragomir der Mörder sei — deshalb forscht sie in einem fort. Ihr ganzes Trachten ist, Aufklärung in diese Angelegenheit zu bringen, denn nach einem Jahre wird das Gesetz wegen Verjährung nicht mehr den wahren Mörder bestrafen können. Dragomir, der eine Gastwirtschaft inne hat, ist ein ganz anderer Mensch geworden. Er hat die ersehnte Ruhe in der Heirat nicht gefunden: sein Weib ist mißtrauisch, schweigsam geworden, er antwortet barsch, hat düstere Gedanken und hat sich dem Trunk ergeben. Ein junger Lehrer, der im Dorfe lebt, Georg (Gheorghe), liebt Anca insgeheim. Er ist aber zu bieder, zu gewissenhaft, um ein unerlaubtes Verhältnis anzuspinnen, deshalb gesteht er Anca seine Liebe und rät ihr, sich scheiden zu lassen, damit sie beide ein Paar werden. Anca liebt ihn nicht, erwidert aber seine Liebe halb, nur um ihn als Werkzeug gegen ihren Mann zu benützen. Die Beweise für den Mord von Corbeni häufen sich: Dragomir fragt den Georg, ob nach 10 Jahren eine Mordtat noch bestraft werden kann; nun kommt Jon, der aus dem Gefängnis geflüchtet ist, heruntergekommen, verrückt, aber dennoch hie und da bei Sinnen, um seine Unschuld darzutun. Anca fühlt sich zu schwach: sie will, daß Georg ihren Mann rächen soll, deshalb bereitet sie ihn vor. Ihre Furcht, daß die Tat ungerächt bleiben soll, vergrößert sich, als sie vernimmt, daß ihr Mann auf lange Zeit, auf ein Jahr verreisen will. Er kommt berauscht aus dem Wirtshaus — sein Entschluß ist gefaßt, er will abreisen. Soll sie selbst sich an ihm rächen? Sie hat keine Kraft, sie weiß auch nicht, ob Dragomir sicher der Mörder ist. Sie konfrontiert ihn mit Jon, der ein Obdach bei ihr bekommen hat. Der zu Grunde — 315 — gerichtete, heruntergekommene Jon ist bejammernswert, Anca forscht in den Augen Dragomirs: was wird er dazu sagen? _ Die Szenen des Mordes werden beschrieben: Dragomir kann sie gut beschreiben, Anca sagt dem Jon: „Siehst du, dieser hat den Dumitru erschlagen!" Jon, außer sich, voll Kummer, ruft aus: „Wenn du ihn ermordet hast, warum hat man mich eingesperrt? Sag!.....Warum hat man mich mißhandelt?.....Warum hat man mich auf den Kopf geschlagen? Warum?" Aber seine Umnachtung erfaßt ihn wieder, und er fängt an zu jammern. In seinem Wahnsinn ersticht sich Jon selbst und stirbt vor ihren Augen, indem er beteuert, daß er der Mörder sei. Der Selbstmord kommt Anca gelegen: jetzt hat sie Veranlassung zu einer Anzeige. Sie werfen zusammen den Jon in den Brunnen, dann ruft sie Dragomir zu sich, schaut ihm fest in die Augen und sagt zu ihm: „Du bist der Mörder!" Georg, der indessen angekommen ist, wird von Anca zu dem Ortsvorsteher ins Dorf geschickt. Es folgt folgende Szene: Anca (tritt festen Schrittes zu Dragomir, der auf dem Stuhl sitzt, mit dem Kopf in den Händen): Steh auf, Dragomir, die Stunde hat geschlagen! Dragomir (steht auf): Die Stunde?! Anca: Die Stunde der Abrechnung! Schau mir gerade ins Gesicht.....nimm deine Sinne, die du noch hast, zusammen und antworte mir.....Warum hast du ihn erschlagen? Dr. (vor Wut in Tränen ausbrechend): Nein! Ich habe ihn nicht erschlagen! Warst du nicht hier? Hast du nicht gesehen? Anca: Nicht den Jon.....laß den Jon aus dem Spiele .....Von jemand anderem rede ich dir jetzt..... Dr. (allmählich erbleichend): Von wem? Anca: Du weißt von wem, verstelle dich nicht länger .....du willst weg, du mußt weg (er bejaht es traurig mit dem Kopfe; sie, rauh) Ei!.....keinen Schritt mehr, bis du i ihn Dicht beim Namen nennst.....(ihn durchdringend au- schauend): Nenn ihn beim Namen! Dr. (sehr leise): Du-mi-tru! Anca (tief aufatmend): Ah, siehst du? ..... So! Du-mi-tru (setzt sich), warum hast du ihn erschlagen? Dr.: Um deinetwillen. Anca: Um meinetwillen? Dr.: Ich wollte dich zum Weib nehmen..... Anca: Wie hast du ihn ermordet, sag'? (legt die Ellenbogen auf den Tisch, stützt das Kinn in die Hände und hört ihn, ohne sich zu bewegen, an; er steht gerade, knöpft sich behutsam den Kock zu und erzählt ungekünstelt.) Dr.: Du hast mich immer weggejagt.....Einmal, als du gerade aus der Kirche am Karfreitag Abend kamst _ du erinnerst dich schon — schloß ich mich an und habe dir zugeflüstert: ..Anca! Warum wolltest du mich nicht nehmen? Ich liebe dich immer.....Laß den Dumitru und folge mir!" Erinnerst du dich? ..... Anca: Ja. Dr.: Du hast mir geantwortet: „Ich habe einen Mann, laß mich in Ruhe!" Anca: Und du? Dr.: Ich ging nach Hause, schloß die ganze Nacht kein Auge und am Morgen.....war ich schon entschlossen. Anca: Wie hast du es vollbracht? Dr : Ich wußte, wann er vom Berg durch den Wald zurückkommt.....und habe ihm aufgelauert.....Er kam pfeifend daher. Wir haben uns getroffen, haben zu sprechen angefangen ..... ich habe ihm einen hohen Pappelbaum gezeigt; er hat die Augen aufgerichtet.....Ich habe das Messer gezogen und, bis er die Augen niederschlagen konnte . . . . . (bleibt stehen, mit sterbender Stimme) Anca (verhüllt sich das Gesicht — einen Augenblick — dann deckt sie es wieder auf und blickt ihn erwartend an): Nun?.....weiter. Dr.: Was soll ich dir noch sagen? Anca: Was hat er getan? Dr.: Er schrie laut auf und fiel auf die Kniee.....wollte das Messer herausziehen.....ich bin ihm entgegengekommen, habe ihn auf die Hand und die Gurgel geschlagen .... als ich mich niedergebückt habe, hat er mich in die Hand gebissen. Anca: Von ihm der Biß! (macht ihm Zeichen, das er fortfahren soll). Dr.: Dann habe ich ihn mit dem Gesicht nach unten gewendet, habe mich beim Brunnen gewaschen und bin nach Hause gegangen, zu schlafen, da ich nicht mehr auf den Füßen stehen konnte vor Mattigkeit.....John hatte ihn dort gefunden.....Das andere weißt du..... Anca (steht auf): Ja, ich weiß es.....Nach einem Jahre bist du gekommen und hast mir gesagt: „Anca, dein Mann lebt nicht mehr, nimmst du mich zum Gatten?" Deine Worte und die Stimme, wie du mir das sagtest, gaben mir einen Stich ins Herz; ich hätte dich gar nicht genommen, du warst mir verhaßt; darum haV ich dich geheiratet, um dich so weit zu bringen. Von Anfang an hab' ich dich in Verdacht gehabt. Alles, was du nachher getan hast: Deine erste Sorge für die Seele des Verstorbenen, dann dein Schrecken und deine Verwirrung, wenn ich seinen Namen erwähnte, deine zusammenhangslosen Worte über Mörder, über die Frist, bis wann eine Verurteilung verjährt und deine Träume von Totenköpfen, die dich bissen, und anderes mehr, all dieses gab mir mehr Anhalt für meinen Verdacht, Zuerst wollte ich dich wegschaffen — ich war nahe daran, noch eine andere Seele mit Sünde zu belasten! — nachher hab' ich besser nachgedacht. Vor einigen Augenblicken glaubte ich der Verrückte würde dich erwürgen; ich war nahe daran, dich ihm zu überlassen, hatte aber auch etwas mit dir zu reden: ich konnte dich um keinen Preis von hier fortgehen lassen, so ohne eine Vergeltung (Pause). Ich habe dich vernommen, du hast gestanden, ich muß dir jetzt die Strafe geben, weil du einen Menschen umgebracht hast, der mir teuer war, wie T - 318 — das Augenlicht, du; der mir immer verhaßt warst . . . . . (läßt ihn im Hintergrund stehen). Dr.: Ich habe dich geliebt .... und .... Anca: Und? .... Dr.: Und — jetzt ist alles umsonst . , . . Ich muß in die weile Welt, Du .... du kannst vielleicht den Georg nehmen (mit erstickter Stimme und sehr leise), du mußt aber wissen, daß ich dich dennoch liebe .... Anca: Wirklich? (Lacht.) Warte nur, du sollst sehen, wie ich dir deine Liebe vergelte. (Pause.) Dr.: Anca, ich gehe .... verzeih' mir! Anca: Ich soll dir verzeihen! Deshalb hab' ich dich neben mir geduldet, deshalb hab' ich so lange Zeit getrachtet, dich soweit zu bringen, daß ich dir verzeihen soll? (Lacht. Man hört Schritte und Stimmen von draußen), Dr.: Schweig! .... Anco, es kommt jemand .... Anca: Ja, es kommt Georg mit anderen Leuten .... sie kommen, sie sollen dich fassen, weil du Jon ermordet hast .... Dr.: Den Jon ... . (aufbrausend) du hast mich verraten! .... Du, mit Georg .... Anca: Wer sonst? Dr. (erschaudernd, sich nach allen Seiten umsehend): Weib! Ich will mich retten .... Man soll mich nicht fassen! .... Ich fürchte mich! .... Ich will entrinnen! Anca: Du kannst nicht mehr! (Man hört Georgs Stimme.) Georg (von draußen): Kommt alle! Dr. (schreit auf): Ah! (faßt Anca ins Auge und will auf sie losstürzen, um sie zu erwürgen.) Anca (schreit auf und rennt zur Türe): Zu Hilfe, das Ungeheuer will mich umbringen! (Die Tür springt auf; Georg und andere Leute stürzen herein) er will mich umbringen! IX. Szene. Dragomir, Anca, Georg, mehrere Leute. Dr. (kommt wie von Sinnen nach dem Vordergrund und bleibt wie gelähmt stehen; Georg und zwei Leute nähern sich — 319 — ihm und fassen ihn unter die Arme: er schaut sie verloren und zitternd an): Ich gehe .... gehe schon .... nur nicht schlagen, ich gehe! (bittend, zu Georg): Halte mich nicht so fest dort .... Ich hab' dir doch gesagt, es tut mir weh! Anca: Ihr guten Leute.....ein armer Wanderer ist gestern Abend hier eingetroffen, weiß nicht, woher er kam, noch wohin er wollte .... Mein Mann hat ihn erschlagen! Seht, im Zimmer und dort eine Blutlache! .... Sucht im verlassenen Brunnen nach, neben dem Garten .... Der arme Mensch hatte einen Geldbeutel im Fußlappen versteckt .... jetzt hat ihn Dragomir in der Tasche. (Dr. führt mechanisch die Hand zum Gürtel, nimmt den Beutel heraus und übergibt ihn, indem er dumm lacht, einem der Leute.) Ein Bauer (mit einem Strick in der Hand): Warum hast du den armen Menschen erschlagen, du? (Bindet ihn.) Ein Anderer: Führt ihn weg! .... Zum Vorstand .... Anca: Ihr guten Leute .... ich hab' euch die Tat entdeckt, dieser Mensch ist aber mein Mann .... Ihr werdet ihn mir für immer wegnehmen .... ich bleibe allein .... Laßt mich, ich muß ihm noch ein Wort sagen .... (die Leute machen ihr voll Respekt Platz; sie nähert sich Dragomir, der sich nicht rührt und flüstert ihm deutlich zu): Dragomir, schau mir in die Augen! (er sieht sie an), für jede Tat ihren Lohn und falsche Beschuldigung für falsche Beschuldigung! (Vorhang" fällt.) Dieses Drama hat eine sehr lebhafte Debatte in der rumänischen Kritik hervorgerufen, deren Phasen zu betrachten, nicht uninteressant ist. Es hat an keiner Schattierung gefehlt: von den überschwenglichsten Lobpreisungen bis zur unbarmherzigsten Verurteilung. Wer Studien über die rum. Literaturkritik machen will, wird mit großem Nutzen die beiden sich befehdenden Parteien beobachten und daraus seine Schlüsse ziehen. Maiorescu schrieb: „Nach unserer Meinung ist Näp. die stärkste dramatische Konzeption des Schriftstellers." (Critice II S. 171;. Derselben Meinung ist auch Dobrogeanu- - 32d — Gherea. Nur die Kritiker minorum gentium unternahmen einen Guerillakampf, der unter den Folianten der politischen Zeitungen verloren ging, und dessen Erinnerung nur in den schönen Studien der beiden Kritiker, die sie zur Abwehr verfaßt haben, fortlebt. Damit man sieht, zu welchen Gedanken ein Schriftsteller kommen kann, sei hier dieses Frag-ment einer Kritik, die eine sozialistische Schriftstellerin geschrieben hat, wiedergegeben: „Schlaget nicht! Dieser Refrain (des Jon) sollte unseren Polizisten und Untersuchungsrichtern fortwährend in den Ohren klingen." (Contemp. V1J/18S9, S. 443.) Obwohl das Soziale auch hier hervorleuchtet, ist die Tendenz doch nicht so kraß, daß man sie so leicht herausholen kann, wie es diese Schriftstellerin tut. Die Hauptperson ist sicherlich Anca. Sie befindet sich im Willeuskonflikt mit sich selbst. Sie will den Mörder ihres Mannes um jeden Preis ans Tageslicht bringen und verurteilen lassen. Die stete Unsicherheit, in der sie lebt, das Hin- und Herfragen ihres zweiten Gatten, die Anhaltspunkte, die spärlich, aber doch immer mehr und mehr zum Vorschein kommen und dennoch nicht genügend sind, — all dieses ist eine seelische Qual für Anca. Diesem Willen zur Erforschung der Wahrheit ordnet sie auch die Liebe des Lehrers unter, die sie nicht erwidern kann, aber schüren will, damit er ihr als Werkzeug gegen den Mörder diene. Sie scheut sogar den Gedanken des Mordes nicht. Wenn Dragomir ihren Mann erschlagen hat, so soll auch er zu Grunde gehen — die Hauptsache ist, daß ihr erster Mann gerächt wird. Mord gegen Mord. Diese Spannung der Handlung schreitet allmählich mit quälender Konsequenz, mit einer unheimlichen Zähigkeit im Charakter Ancas fort, ohne dem Zuhörer mehr als einige wenige Ruhepunkte zu lassen. Die Handlung ist straff. Der Vorwurf der dramatischen Skizzierung kann bis zu einem Punkte berechtigt sein. Der Kritiker D. Gherea hat Recht, wenn er behauptet, das ganze Drama sei eher eine vorläufige Skizze als ein durchgearbeitetes — 321 — Drama. Die Konturen sind aber fest und klar gezeichnet. Es treten nur vier Personen auf: Anca, Dragomir, Georg und der entkommene Häftling Jon. Der Lehrer Georg ist vielleicht zu wenig markant gezeichnet. Er scheint zu verwischt und zu episodisch. Seine Persönlichkeit könnte noch viel mehr dramatischen Konflikt in die Seele Ancas bringen. Dragomir — eine sehr plastische Gestalt — hat etwas von dem mürrischen Wesen des „Fuhrmanns Henschel" G. Hauptmanns. Dr. ist zu feige, sich das Leben zu nehmen, er will leben, er kämpft ums Leben — Henschel ist im letzten Augenblick resoluter, er spricht sich selbst das Gericht. Alle beide haben ein verfehltes Leben. Episoden gibt es keine. Nur auf die eine Frage ist das ganze Drama zugespitzt: Ist Dragomir der Mörder? — Vor den Augen der Zuschauer offenbart sich Dragomir immer mehr. Sein Zaudern, sein gezwungenes Lachen, seine Erkundigungen nach wie langer Zeit eine Strafe verjährt, seine Seufzer: „Hätte ich nicht dieses Weib gesehen, wäre ich ein anderer Mensch geworden!" Die Persönlichkeit Dragomirs ist oft jämmerlich. Er windet sich, versucht sich zu retten, will fliehen — die Augen Ancas verfolgen ihn aber in einem fort und lassen ihm den Weg nicht frei. Man empfindet hie und da dasselbe Gruseln wie in den Novellen. Man fühlt sich beengt, man möchte frische Luft einatmen. Anca wird zum Untersuchungsrichter — einer, der nicht nur die Wahrheit und die Bestrafung herbeiwünscht, sondern einer, der sich freut, wenn der Delinquent durch Grauen und Entsetzen gemartert wird. Die Atmosphäre ist gerade so beklemmend, wie die im „24. Februar" Zacharias Werners oder der „Ahnfrau" Grillparzers. Auch hier könnte man von einem Fatum sprechen. Man muß Ancas Geschick beobachten, wie sie den Dragomir ausfragt. Es ist zu verwundern, daß sie mit Anwendung dieser Methode nicht früher, schon nach den ersten Monaten, ans Ziel gekommen ist. Sie hat „nie, vom Verlobungstage Weigand XVII. 21 angefangen, gelächelt", beklagt sich Dragomir (T. 347). Dieses Dämonische an ihr tritt auch am Schlüsse des Dramas zu Ta^e. Nachdem sie alles durchdacht, nachdem sie die Mög-lichkeit eines Mordes im Schlafe, als der Mann berauscht nach Hause kommt, mißbilligt, weil er sterben wird „ohne zu wissen, daß er stirbt" („wenn man den Tod nicht kommen sieht, ist das kein Tod mehr!" T. S. 373), und nachdem der unschuldige Sträfling sich selbst getötet hat, entlockt sie ihm sein Geständnis und übergibt ihn dem Gericht für eine Tat, die er nicht begangen hat, Was wäre aber natürlicher, als daß Anca, nachdem ihr Dragomir gebeichtet hat, ihn dem Gericht überlieferte, wegen der noch nicht verjährten Ermordung ihres Mannes? Was hat sie zu verbergen? Seine Tat wäre doppelt so schwer, weil er auch die unschuldige Verurteilung des Jon und seinen jetzigen Tod auf dem Gewissen hat. Deshalb scheint mir der Schluß unnatürlich. Oder fürchtet Anca, daß Dragomir die vorherige Tat leugnen wird, wie er das so lange Jahre getan hat? Gherea sagt, daß C. vielleicht dem Schlüsse zu liebe diese Entwirrung gewählt hat. Die Szene hat folgenden Schluß: Anca: „Dragomir. Schau mir in die Augen: jede Tat hat ihre Belohnung und — falsche Beschuldigung gegen falsche Beschuldigung!" (T. 390). Diese „symmetrischen Phrasen", wie sie Gherea nennt, haben gewiß eine momentane, szenische Wirkung, nach der Vorstellung aber fragt man sich, wie „das kleine Männlein" in Anastasius Grüns Gedicht: „Warum?" Ein Fehler scheint es auch, daß iknca auf diese Aussprache mit Dragomir, die gewiß beschleunigt werden kouute, zu lange wartet, nicht zwei, dreh vier Jahre, sondern neun Jahre. Gewiß, dem Theaterschriftsteller kommt es sehr zu gute, nur noch ein Jahr bis zur Verjährung zu haben, aber die Tatsachen sind widernatürlich. Colomba wartet jahrelang, bis ihr Bruder aus Frankreich zurückkehrt, ihr Warten ist aber erklärlicher, weil der Bruder berufen ist, seinen Vater nach korsischem Brauch zu rächen. Diese zwei Unterlassungen sind um so mehr zu beklagen, als man im ganzen Drama keinen Schimmer von Theatralik, im schlechten Sinne, bemerkt. Im Gegenteil, es herrscht ein extremer Realismus, so daß man sich im „Nachtasyl" Gorkis, das so viele Jahre später geschrieben wurde, glaubt, und indem man Jon anhört, glaubt man den Luka zu hören, der seine Kerkererinnerungen erzählt (T. 374—75). Einige Kritiker haben C. den Vorwurf gemacht, daß Anca zu fein, zu kokett, zu schlau und zu raffiniert rachsüchtig für ein Weib aus dem Volke sei (Citate nach Gherea). Das ist nicht zutreffend. Der Gedankengang bei Anca ist etwas Mögliches; das Raffinement ist nicht ins Hysterische gesteigert, wie bei der Hofmannsthalschen „Elektra" — sie kann, wie sie beschrieben ist, sehr wohl eine Bäuerin sein. Ein anderer Kritiker, der durch Mystifikation sich einen Namen zu verschaffen suchte, hat die Kühnheit gehabt, O/s Näp. als ein Plagiat zu bezeichnen. Der wahre Schriftsteller sollte ein gewisser Kemeny Istvän, ein Ungar sein, dessen Drama, das „Unglück" im J. 1848 ins Rumänische übersetzt worden sei. Der Angriff führte zu einem Prozesse, der die vollständige Grundlosigkeit der Behauptung envies und der nur deshalb interessant blieb, weil das Plädoyer des Advokaten und Schriftstellers Barbu-Stefänescu Delavrancea eine glänzende Rechtfertigung für C. bezeichnete. [Siehe darüber „Rev. lit," XXII (1901) Nr. 16, 17, 18, „Rodica" I Nr. 1—4, „Säptämäna" I (1901) Nr. 8, Ii Nr. 19, „Epoca" VII Nr. 334^ 337, 349, 350, VIII Nr. 85—88 (Feuilleton-Rede Delavranceas) — dann die Broschüre, „Plagiatul Dlui 0."] Bei dieser Gelegenheit wurde auch „Die Macht der Finsternis" Tolstois in Anspruch genommen und eine Parallele zwischen Tolstois und C.s Dramen gezogen. Mit der Heidin der „Macht der Finsternis", Anissia, kann man Anca nicht vergleichen, aus dem einfachen Grunde, weil der Anca die Grundstimmung des Mystizismus fehlt, die in Tolstois Drama herrscht. Dieser - 324 — Mystizismus, der an das Paradoxe streift, der etwas spezifisch Russisches ist, findet sich weder bei Anca, noch bei den zwei anderen Hauptpersonen, und obwohl die Stimmung in beiden Dramen viele verwandte Züge aufzuweisen hat, was aus demselben Einfluß des Naturalismus hervorgeht, sind sie dennoch grundverschieden. Die tatsächlich vornan denen Vorzüge des Dramas sind auch nicht gering zu schätzen. Auf die klare Zeichnung und die feine Durcharbeitung der Charaktere wurde schon hingewiesen. Auch hier finden wir eine, den Novellen ebenbürtige Steigerung, die fein durchgearbeitet ist und sich logisch entwickelt, wenn man die Prämissen gelten läßt. a) Noch ein Jahr bis zur Verjährung des Mordes, b) die Ankunft des Jon und seine Enthüllungen, c) die Liebe Georgs: eine Rache-Gelegenheit, d) Dragomir will in die Welt, um nach diesem Jahre wieder nach Hause zurückzukehren, e) Dragomir und Jon werden zusammengebracht, f) Jon ersticht sich selbst, g) Ein Ausweg: er, Dragomir, soll der Mörder sein; das Bekenntnis soll aber nicht ausbleiben. Die Schlinge zieht sich immer mehr und mehr zusammen. Gut charakterisiert ist Anca auch im Monolog des 2. Aktes. Die Sprache ist kräftig, dramatisch. Ein Beweis dafür, daß Näp. als ein echtes Drama eingeschätzt wird, ist auch die Tatsache, daß es in französischer und in deutscher Übersetzung aufgeführt worden ist, und zwar französisch in der Bearbeitung de Lordes im Odeon (Paris), unter dem Titel „Lldiot", im Jahre 1903, (v. Säptämäna Panus, II Nr. 50, 31. Okt. 1903). Eine andere französische Übersetzung ist die von Oswald Neuscholz, die unter dem Titel „Fausse accusation" der Direktion des „Oeuvre" (Lugne-Poe) vorgelegt wurde, deren Schicksal mir unbekannt blieb. Am 6. April 1902 wurde das Drama auch in deutscher Sprache im Secessionstheater (Berlin) gegeben. Herr Sanielevici unternahm es, den Schriftsteller dem deutschen Publikum vorzustellen in einem Feuilleton der „Berk Ztg. — 325 — (8. Oktober 1902, Nr. 14) [siehe noch „Brettl und Welt" (II, 1902, Nr. 8) und „Bühne und Welt" Nr. 14, 1902]. Stil Caragcales. Taine sagt in seiner „Philosophie de hart en Grece" (S. 101): „II faut quinze ans ä un ecrivain pour apprendre ä ecrire, non pas avec genie, car cela ne s'apprend pas, mais, avec clarte, suite, propriete et precision. C'est qu'il est oblige de sonder et dapprofondir dix ou douze mille mots et ex-pressions diverses, d'en noter les origines, la filiation, les alliances, et de rebätir ä neuf et sur un plan original toutes ses idees et tout son esprit." C. hat nach diesem Prinzip gearbeitet. Dank seiner großen Sorgfalt und seinem außerordentlichen Sprachtalent hat er die Herrschaft über eine schöne, klare, kräftige Sprache. Brandes bespricht die Werke von Anatole France und sagt über dessen Stil: „Der wahre Schriftsteller ist daran zu erkennen, daß man, sobald man nur eine Seite von ihm vor sich hat, darin mindestens einen Satz oder eine Wendung findet, die nur er geschrieben haben kann." Dasselbe kann man auch von C.s Stil sagen. Man erkennt ihn sofort. Wieviel Mühe aber hat er darauf verwendet! In jahrelanger Arbeit hat er sein Ziel erreicht. Ein Manuskript schreibt er drei- bis viermal ab, korrigiert, schneidet ab, setzt Seiten hinzu. Wer sich die Mühe nimmt, die erste Fassung aus den verschiedenen Jahrgängen des „Univ.", des „M.r." und der anderen Zeitschriften und Zeitungen durchzulesen, wird die radikale Umarbeitung der Skizzen, die später in „M." erschienen, wahrnehmen. Ganze Stellen sind gestrichen, andere statt ihrer eingesetzt, Worte geändert usw. Charakteristisch für den Stil C.s ist ein Artikel, der zum zweiten Mal in N. (244—53) gedruckt steht: eine Parodie seiner „Osterfackel". Es ist von der „O. f. d. P." die Rede, „einer Novelle" und einer „Schlußnote". Um den Stil eines bekannten rum. Schriftstellers ins Lächerliche zu ziehen i — 326 — und um noch einmal Gelegenheit zu haben, die literarischen Zustände in Rumänien zu persiflieren, verwandelt C. seine Novelle in eine andere, die im Stile eines Journalisten geschrieben ist, der ein sehr geübter Reporter ist, aber keine Ahnung von Literatur hat. Aus der ganzen Novelle wird eine Karikatur. Man bleibt bei banalen Einzelheiten stehen, man interpoliert mit Gewalt beißende Bemerkungen gegen die Juden und man schwelgt in zierlichen Epitheta, unangebrachten Vergleichen und lächerlich-pathetischen Ausrufen. Nicht enden wollende Perioden, voll von begeisterten Apostrophierungen der Natur: „0 Jugend! Frühling des Jahres! 0! Frühling! Jugend des Lebens! 0! Sublime und zumeist neue Antithese!" (N. 252). Gerade das Gegenteil der Charakteristik des C.schen Stiles. Denn da gibt es ja keine einzige schwülstige Zeile, keine lächerliche Übertreibung, keine banalen Epitheta, wie sie in der genannten Karikatur sich haufenweise finden. Selbstverständlich ist dieser Stil nicht in seinen Lustspielen oder Skizzen angewandt, wo die Vorstadtbewohner sprechen. Einige andere Eigenschaften seines Stiles seien hier hervorgehoben: I. Sehen die vorkommenden Personennamen sind charakteristisch. Hier zeigt sich seine feine Beobachtungsgabe, sein musikalisches Ohr. Die Gewandtheit, den Personen den richtigen, passendsten Namen zu geben, ist bewundernswert. Moliere hat — wie man weiß — Virtuosität in dieser Hinsicht erreicht, Nach dem Namen, nach seiner grammatikalischen Zusammensetzung, nach seinem euphonischen oder nicht euphonischen Klang, hat man die Möglichheit von vornherein einen Einblick in den Charakter der Personen zu werfen (v. Fritsche, Moliere-Studien, ein Namenbuch zu Molieres Werken, Berlin 1887, 2. Aufl.). Diese „redenden Namen", wie sie Fritsche nennt — die auch bei jedem besseren Lustspieldichter vorkommen (auch Scarron, Dancourt, Labiche haben sie gehabt) — finden sich bei C. in Hülle und Fülle. Innerhalb der nun. Literatur ist er darin unübertroffen. Seme — 327 — Namen allein schon zwingen einen zum Lachen, denn sie sind drollig durch ihre Bedeutung und durch ihre Klangwirkung; dagegen stimmen die Namen zum Ernst, wie sie im Drama oder in einer ernsten Novelle vorkommen. Man betrachte folgende Namen, die vielleicht nicht denselben Reiz für einen Nicht-rumänen besitzen, die aber für einen Rumänen von einem unbezwinglichen Humor durchtränkt sind: Agamemnon Dandanache (Danda-na-che und dazu Agamemnon!), Nae Catavencu (Ca-ta-), Rica Venturiano (die -ano Endung), Nae Girimea, Mita Baston, Cräcänel, Mandache, Tache, Lache, Costächel Guduräu, Gutä Cotoiu. Diese Namen erinnern an andere Wortspiele und erregen schon Gelächter, wenn sie nur erwähnt werden. Gewiß hat auch C.s Feder dazu beigetragen, daß diese Namen noch lächerlicher erscheinen, aber das ist das Gelungene, daß diese Namen jetzt so stark mit den Personen der Lustspiele verschmolzen sind, daß man sich diese ohne sie nicht vorstellen kann. Dandanache bleibt in den Augen der Rumänen immer Dandanache und Venturiano Venturiano, wie bei den Bulgaren die Gestalt Baj Ganjus von KonstantinofF. Die Personen, bei denen wir nicht zu lachen haben, heißen: Jon — einfach Jon, der Verrückte; Dragomir — der Mörder; Georg (Gheorghe) — der biedere Lehrer; Anca — die rächende Bäuerin. Wenn er über eine heimliche, gastliche Schenke sprechen will, wählt er einen adäquaten Namen: Mänjoalä (La Hanul lui Mänjoalä). Man kann sich diese Schenke nicht anders vorstellen, und die Wirtin „Mänjo-loaia" ist durch diesen Namen bezaubernd. Die heimliche Musik, die im Worte liegt, kann C. meisterhaft herausholen. Sein rhythmischer und wohlklingender Satz steht offenbar in Zusammenhang mit seinem feinen musikalischen Gefühl und Musikverständnis; denn C. ist ein großer Musikliebhaber. II. Hierher gehören auch die geflügelten Worte, die seinen Lustspielen entstammen. Wie man in Paris nach La-biches Theater „Tont est rompu, inon gendre" oder „Embras-sons-nous, Folieville", oder nach Augier „Que Voulez-vous? — 328 — j'aime la gloire!", oder „Mais bats-moi donc!" (v. Filon, De Dumas ä Rostand, S. 21) sagt, so lächelt man verständnisvoll, wenn man den Satz wiederholt: „Die rumänische Industrie ist großartig, herrlich, könnten wir sagen, aber sie fehlt gänzlich!" (T. 168) oder „Bis wann sollen nicht auch wir unsere Falliten haben?" (T. 159) oder „Eine Gesellschaft ohne Prinzipien ist eigentlich eine, die keine hat (sie.)" (T. 89.) III. Eine andere Eigenschaft seines Stiles ist die Vorliebe für das Präsens indicativi. Wenn die französischen Naturalisten Vorliebe für das Imperf. indicat. bekunden, so bemerken wir beiC. eine Vorliebe für das Präsens der Schilderung statt des Aoristes der Erzählung z.B.: „Er sprang auf. Jemand geht im Hofe herum. Eine Tür gegenüber, im Hause seiner Tochter, öffnet und schließt sich —- ein leises Geflüster! Der Alte stürmt hinaus . . . nichts als das Schnauben der Pferdes ist vernehmbar in der stillen Nacht ... Es war eine krankhafte Einbildung ... Er geht um das Haus herum . . . wieder nichts . . . vollste Ruhe . . . kein Hauch! Er klopft an Ileanas Fenster . . . noch einmal . . . stärker . . . ganz stark . . . keine Antwort! Die Türe einschlagen! Er geht, die Axt zu holen! Als er sich im Dunkeln an die Türe tastet, fühlt er das angelegte Vorhängeschloß . . . Niemand! Mit bloßem Haupte eilt der Alte mit stürmischen Schritten von dannen ... die Türe des Schulhauses ebenfalls gesperrt . . . Zurück! . . . Bei Iieana ist Licht! Sie entkleidet sich und legt sich nieder ... Wieder zurück ... In der Schule ebenfalls Lichta („Päcat".) S. 56. IV. Aus dem gegebenen Beispiel können wir aber noch etwas anderes herauslesen; die Klarheit der Darstellung. Nie verliert sich C. in mystischen Beschreibungen, in denen die Russen Hervorragendes leisten. V. In den Novellen und im Drama können wir diese nervösen Sätze verfolgen, denen wir schon oft begegnet sind. Dieser Stil ist dem Thema angepaßt, kann aber auch als Charakteristikum C.s gelten. In diesem hastenden Vorwärtsdrängen, diesem nervösen Ausdruck der Gedankengänge offen- T — 329 - hart sich der Schriftsteller des XIX. Jahrb. Eine der schönsten Beschreibungen, die C. gelungen ist, sei hier wiedergegeben. Darin wird man am besten die Schönheiten seines Stils erkennen: „Sollte es Georg sein?" Leiba fühlte, daß seine Kräfte ihn verließen und setzte sich wieder auf die Schwelle nieder. Bei dem Gedankenwirrwarr, der in seinem Kopfe herrschte, konnte er keinen klaren Gedanken, keinen Entschluß fassen . . . Betäubt trat er in die Wirtsstube und zündete eine kleine Petroleumlampe an. Es ist nur ein Gedanke von Licht: der Docht ist so niedrig geschraubt, daß die Flamme im Innern der Messingkapsel verborgen bleibt; nur durch die äußere Umhüllung erscheinen ringsum sehr feine vertikale Fädchen eines fast ganz erloschenen Lichtes . . . Doch genügt ihm dies, um bis in \ die wohlbekannten Winkel des Geschäftslokales zu sehen. Ah, es ist ein weitaus geringerer Unterschied zwischen dem Sonnenball und diesem winzigen Funken als zwischen diesem und der tiefsten Finsternis. Die Uhr tickte an der Wand. Dies monotone Geräusch störte Zibal. Unser Mann ergriff das Pendel und hemmte dessan Gang. Sein Mund war ausgetrocknet. Ihn dürstete. Er wusch ein Gläschen im dreifüßigen Trog neben dem Ladentisch und wollte sich aus einer Korbflasche guten Branntwein eingießen, aber der Hals der Flasche begann auf dem Rande des Glases zu klirren. Diese Töne waren noch störender. Ein zweiter Versuch hatte auch keinen anderen Erfolg, trotzdem der Mann sich anstrengte seiner Schwäche Herr zu werden. Da verzichtete er auf das Glas, ließ es sachte ins Wasser gleiten und tat mehrere Züge aus der Flasche. Sodann setzte er sie an ihren Ort, wobei er das Brett berührte und einen j heftigen Zusammenstoß verursachte. Einen Augenblick hielt ' er inne, durch diesen Eindruck fast atemlos geworden. Dann ergriff er die Lampe und stellte sie auf den Fenstervorsprung — 330 — im Gange; auf dem Tore, auf dem Pflaster und auf der gegenüberliegenden Wand des Ganges zeichneten sich breite Lichtstreifen von einer Stärke ab, die kaum merklicher war als eine Einbildung. Zibal setzte sich wieder auf die Schwelle und lauschte gespannt. Glockengeläute auf der Höhe . . . das Zeichen der Auferstehung . . . Mitternacht ist also vorbei . . . wir nähern uns dem Tage. Ach, wenn doch auch der Rest dieser langen Nacht verginge wie die erste Hälfte! Ein Knirschen im Sande, den eine Sohle berührt! . . Er selbst aber ist in Strümpfen und hat seinen Fuß nicht einmal bewegt . . . Ein zweites Geräusch . . . deren mehrere . . . Sicherlich ist jemand draußen, hier, sehr nahe. Leiba erhebt sich und preßt die Hand auf die Brust; er sucht einen widerspenstigen Knoten zurückzudrängen, der ihm im Halse aufsteigt. Draußen sind mehrere Männer . . . auch Georg! („0. f. d. p.") „N." S. 13—14. VI. Einen hervorragenden Wert haben bei C. auch die Metaphern, die nicht nur als Stilblüten dienen, sondern eine selbständig eingreifende Rolle spielen. Sie haben eine große Suggestionskraft, die die gewollte Stimmung erzwingt. Das Vernum ist voller Kraft und Kolorit, die Epitheta nicht häufig, aber bestimmt und zutreffend, die Adjektiva zumeist einzelnstehend, s. oben. Wenn man einen Vergleich mit anderen rumänischen Schriftstellern ziehen will, kommen die Eigenschaften C.s noch besser zum Ausdruck. C. ist auch in der heutigen rumänischen Literatur einer der besten Stilisten, wenn nicht der beste. Von den Vorläufern hat ihn nur Eminescu übertroffen, der die literarische Sprache zur vollen Blüte entfaltet hat. Alexandri kann dagegen nicht aufkommen. Zwar führen auch seine Theaterstücke Typen vor, die entsprechend reden (seine Personen gebrauchen z. B. Worte wie haraso, dusinca no, njet, pozaiosti, wenn sie Russen sind, oder iskiuzarlii, ipolipsis, — ool — aferim, wenn sie Griechen und Türken sind — Alexandri, Opere compl. Bucuresti 1875, in 4 Bdn, S. 552, 553; 1232 — Was C.s Helden nicht mehr tun). Aber die Beobachtung der Sprache ist nicht so konsequent durchgeführt, und in seiner eigenen Sprache ist Alexandri viel weichlicher, leichtsinniger könnte man sagen, als daß sein Stil einen Vergleich mit C.s Stil aushalten könnte. (Vgl. das Wörterbuch im IV. Bande von Alexandris „Teatru".) Eine kleine Auswahl C.scher Mahalagismen wird dem Leser einen Begriff geben von der Sprache der Lustspiele und der M. Französismen: adorant (statt adorator, aber auch das unlit.) T. 252; alevoa (au revoir) T. 30; „ainbetatä" (em-beter, ungebr.) T. 217; ambit (st. ambitiune) T. 4; andresa und andrisantul (st, adresa und adresatul; n eingeschoben, ohne Sinn) T. 195, 195; asentie (st. esentä, fr. essence; lautl. verstümmelt) T. 229; bagabond (st. vagabond) T. 3; bagadel (st. bagatel) T. 313; bampir (st, modern Vampir) T. 79; bu-livar (st. modern bulevard) T. 77; cadrindalä (st, catedralä) T. 84; catindez (st. candidez) T. 219; ceferticat (st. certi-ficat) T. 42; cioclopedica (st, enciclopedicä, sinnlos anders) T. 170. 171; compromentez (st. compromit, biosstellen) T. 217; eremenal (st, criminal) T. 20; delicateturi (st, lucruri delicate, fr. delicatesse) U. 92; dipotat (st. deputat) T. 70; do com ent (st. document) T. 92; enfluansez (st. in-fluintez) T. 201; ezircit (exercitiu, fr. exercice) T. 43; ente-resul (st, interesul) T. 89—115 etc.; famelie (st. familie) T. 81, 131 sq.; firugul (st. chirurgul) T. 222; ghinion (am gh----Pech haben) M. 4; grandirop (st. garderoba, fr. gar- derobe) T. 263; iluzii (st, aluzii? unverst.) T. 320; individa (fr. individe, rum. verächtlich „die Person") T. 258; intri-gatoriu (st. interogatoriu) T. 264; isplic (st, espiic) T. 305; levorverul (st. revolverul) T. 49; manca (falsch angewandt, fr. manquer, wird rum. a mänca verstanden: essen) T. 19; manerä (st, manierä) T. 61; monserul meu! (mon eher) T. 61; marsandä (marchande) T. 254; naturelul (st. nature, Urea, fr. naturel) T. 270: nembru (st. membru, fr. membre) T. 171; ostromentele (st. instrumentele) T. 2G2; pample-zier (fr. par (?) plaisir) T. 31; pardon . . sä am p. Satz nicht üblich) T. 4; par egzamplu (fr. par exemple) T. 317; parol (fr. parole d'honneur) T. 317 etc.; particulere (fr. particulaire) T. 263; pasion (st, pension) T. 14; peripetiuni (st. peripetii) T. 62; plebicist (st, plebiscit) T. 151; posedezi (fr. posse-der) T. 134; prezant (fr. presenter) T. 69; procestul verbal (st. procesul-verbal) T. 14: pronunti (fr. prononcer) T. 320; rezon (raison!) T. 5 etc.; revulutie (st. revolutie) T, 312 etc.; sacru (veraltet, fr. sacre) T. 227; sanfaso (fr. sans facon) T. 27; sant imnri (Centimes fr. st, Centime) T. 211; scrofu-losi (st. scrupulosi — also statt: scrupulös = gewissenhaft, skrophulös!) T. 130; siguralemente (sigur, fr. surement) T. 26; suspandati (st. suspendati) T. 157; vermult (st, ver-mut) T. 209; violenta (st. violetä) T. 292; vitrion (st. vitriol) T. 240; vizaveaua (st. vis-ä-vis-") T. 277. Graecismen: bravos! (st. dem übl. bravo, ev. griech. Einfl.) T.313; Evropa (st. Europa, Evropa arch.-rum.) T. 313. exoflisi (?) T. 235; fandasia (st. fantazia) T. 321; harah-terul (st. caracterul) T. 300; iconomie (st. economie) T. 171; ipohondrie (st. hipocondrie) T. 321; nevricoasä (st. ner-voasä) T. 312; tighel (i-a tras un tighel, fr. piquer, contre-pointer) T. 314. Turcismen, Bulgarismen, etc. basca (bulg., türk. abgesondert) T. 317; caraghioz (türk. Hanswurst, lächerlich) T. 79; ciufut (türk. „Jude") M. 165; dalcauci (türk. para-site, pique-assiette) M. 115; mangafä (bulg.-türk. Popanz) M. 116; pes (türk. räzimat intr un pes „auf eine Seite gestützt") T. 6; esti tinichea (türk. bulg. Blech, „arm wie eine Kirchenmaus") M. 88; zamparagiu (türk. Schwelger, Wüstling) T. 293; zavragiu (bulg. Verschwörer) T. 324. Die Schwierigkeit der Übersetzung eines solchen Gespräches wird klar werden, wenn man als Beispiel nur etliche Zeilen aus der Rede einer Person der Lustspiele anführt. Dumitrache in „N. furt." spricht folgendermaßen (I. Akt, I.Szene): „Pe coate-goale, domnule, pe moftangiul, pe mate- fripte, domnule! Fir'ai al dracului de pungas!......Baga- bondul, nene, cu sticlele 'n ochi, cu giubenul in cap si cu basmaua iac asa scoasa. Cum m'a väzut . . . a sfeclit-o .... A intors capu 'ncolo si a inceput sä bea din tigara asa, niznai. Dar mä trägea cu coada ochiului" (T. 9). Eine wortgetreue Übersetzung würde folgende Sätze ergeben: „Die nackten Ellenbogen, mein Herr, den Flausenmacher, den mit den vor Hunger verbrannten Eingeweiden, mein Herr! Der Teufel soll ihn holen, den Schlingel! . . . Der „Vagabond", mein Herzchen (älterer Bruder), mit den Fenstern in den Augen, mit dem Zylinder auf dem Kopfe und mit dem Taschentuche, das so weit hervorsieht. Wie er mich gesehen hat, blieb er bestürzt stehen..... Er hat den Kopf dahin gewendet und hat angefangen, die Zigarre zu rauchen, so, ohne sich einen Anschein von Furcht zu geben. Er verfolgte mich aber mit dem Schwänze seines Auges." Wörtlich stimmt das, aber der ganze Reiz der Beschreibung ist dahin. „Coate-goale" ist fast unübersetzbar, etwa liederlicher Pflastertreter; ein „moftangiu" hat „moft" in sich, das nur einer, der die Orientalen kennt, verstehen wird; „Domnule" und „Nene" klingen im Rumänischen viel drolliger, als Herr und lieber Bruder; auch die Schimpfworte, mit denen die Rumänen nicht kargen, sind schwer wiederzugeben, da sie im Deutschen keine Analoga haben; a „sfeclit-o" heißt mehr als „bestürzt stehen bleiben", weil auch die rote Rübe (sfecla) und ihre Farbe einem in den Sinn kommt; „a bea din tigara" d. h. „aus der Zigarre trinken" sagt man im Deutschen nicht; „niznai" ist russischen Ursprungs und bedeutet: gleichgiltig (= ich weiß nicht); „a trage cu coada ochiului" ist wieder ein spezifischer Ausdruck, den man nur umschreiben kann. Das sind nur acht Zeilen aus einem Lustspiel. Was würde man aber statt des „amor sacru" des Cräcänel, statt des „onoarea de familist" Dumitraches, statt der „politiune" der Zita und der „promonada", „espanzibil", „considäreazä", „pretize", „trubue" des rückständigen siebenbürgischen Lehrers — oo4 — — 335 — setzen? Die Steilen sind einfach unübersetzbar, daher kann man verstehen, weshalb keine Übersetzungen der Lustspiele erscheinen. Niemand wäre im Stande, die Lokalfarbe getreu wiederzugeben. Er müßte schon ein zweiter C. sein, der in deutscher Sprache schreibt, um die Typen C.s treffend wiederzugeben. Tendenz. Mit was für Augen sieht C. das Volksleben an? Wie sind seine Personen, die auf dem Lande wohnen? Haben sie eine verwandte Note mit den Großstadtbewohnern? Die Antwort wird nach dem bis jetzt Gesagten nicht schwer sein. Nur einige Bemerkungen. Als der zukünftige Pope von Hause weg geht, begleitet ihn seine Mutter bis an die Haustür. „Ein stattlicher Bursche — kaum sprießt auf der Oberlippe der erste Flaum, aber unter der Lammfellmütze quillt das Haupthaar dicht und lockig hervor — und blutjung! Als er das Elternhaus verließ, um eine Reihe von Jahren hindurch in Bukarest die Schule zu besuchen, küßte ihn seine Mutter, die wackere Frau, unzähligemal, machte ihm das Haar zurecht, glättete seine Mütze, küßte ihn wieder und sprach: „Nitza, mein Kind, schön und gesund gehst du von mir, mögen dir der Herr und die Mutter Gottes helfen, daß du ebenso zurückkehrst!" „Und so verständig das Mütterchen auch war, es konnte sich nicht mehr beherrschen — das Trennungsweh machte sich in Tränen Luft, Wiederholt mahnte er zum Aufbruch, aber ebenso oft hielt die Alte ihn zurück, um ihn aufs neue zu liebkosen. Er stand wie auf Kohlen, und obgleich ihm die Mutter lieb war, so schien es doch, als ob er sich der Verzögerung wegen über sie ärgerte. Wohl machte ihr Schmerz auch seine Augen feucht, allein während das Gesicht trauerte, flog seine leichtbeschwingte Phantasie den Weg voraus, der sieh weit und unbekannt vor ihm öffnete." fPäc.) N. (8.21). Der Lehrer Georg ist der biedere, rechtschaffene Mensch, üer einer unerlaubten Liebe nicht fähig ist. Jon ist eine arme Seele, die um eines anderen willen Zuchthausstrafe gelitten. Aus seinen Worten klingt eine rührende Wehmut und Inbrunst. Das schöne, gesunde, kraftstrotzende Weib findet man im „Hanul lui Mänjoalä", auf dem Lande, wo ein wohlduftender „Quittengeruch" sich im Zimmer verbreitet. Nicht als ob keine schwarzen Seelen auf dem Lande wohnten. Im Gegenteil: Dragomir und Georg sind Zeugen eines anderen Geistes. Ihre Handlungen aber sind nicht so verfeinert, wie die der Städter, ihre Handlungen haben trotz ihrer Sündhaftigkeit etwas Urwüchsiges, sogar Gesundes. Dragomir liebt zu stark, und deshalb ermordet er seinen Nebenbuhler; Georg haßt aus ganzem Herzen, und deshalb will er sich rächen. Nichts vom Überfeinerten der Großstadt. Das fühlt man, sobald man die Novellen und das Drama liest, Der Standpunkt des Schriftstellers ist nicht derselbe, wie gegenüber den Typen der M. und der Lustspiele. Es ist kein Spott mehr. Damit kommen wir zu einer Frage, die wir bis jetzt immer nur gestreift, aber noch nicht gelöst haben: die Frage der Tendenz C.s in seinen Schriften. Wenn man die schriftstellerische Tätigkeit der älteren rum, Schriftsteller und sogar seiner eigenen Zeitgenossen betrachtet, so wird man auch bei den meisten Empörung über die schlechte kulturelle Lage finden. Die drei hervorragendsten Geister der rumänischen Literatur neben Carageale: Alexandrescu, Alexandri und Eminescu können das bestätigen. Sowohl Alexandrescu als auch Alexandri und Eminescu fühlen die Schmach der rum. Zustände. Alle drei versuchen in satirischen Schriften die sozialen und literarischen Zustände ihres Volkes zu geißeln. Sie schreiben viele scharfe Angriffe auf die Gesellschaft, Alexandrescus Satire ist schneidend, unerbittlich. Nur in der Vergangenheit, in der Zeit eines rumänischen Wojwoden, wie Mirceas des Alten, findet seine Vaterlandsliebe seine Ideale ganz verwirklicht. Seine „ Poesii" (1838) (1842) (Gedichte) enthalten viele solcher Elegien, aber - 336 — auch viele Anspornungen zu einem neuen, nationalen Leben (Siehe „Greg. Alexandrescu et ses maitres francais" von Pompiliu Eliade in der „Revue des Deux Mondes" XXIV 15. Dez. 1904). Seine Lustspiele bezeugen dasselbe. Sein Kampf galt der bestechlichen Beamtenschaft, der schlechten Sprache (Latinismen, Französismen), der schlechten Erziehung, dem Griechentum, dem Preziösentum, und dieser Kampf hatte oft einen erfreulichen Erfolg. Eminescu (1849—1889) ist ebenfalls ein Satiriker von schneidender Schärfe. Die „Satiren", die er geschrieben, bezeugen uns den Kampf, den er als Schriftsteller gegen eine ihn nicht verstehende Welt geführt hat. Wenn er einen Vergleich mit dem, was die rumänische Gesellschaft früher war und was sie jetzt ist, unternimmt, schlägt er Saiten an, die die ganze rum. Seele erzittern machen: „Seht auf uns, die Epigonen. Wir sind gleich zer- brochnen Harfen, klein an Dauer, groß an Schwächen, innen leer, nach außen Larven, die stets lächeln, doch sie bergen oft die Spur des Bösewichts. Unsre Gottheit: eitler Schatten! Freundschaft, Vaterland: nur Worte! Alles bloß nur Schein und Tünche; Lug und Trug an jedem Orte! Ihr, ihr glaubt an das Geschriebne: wir, im Gegenteil, an nichts." Wir! Ein bloß neugier ger Haufe, der sich überall selbst schmeichelt, alles leugnet und verhöhnet, jeder Zeit Gefühle heuchelt; wir sehn eure Welt mit Kühle, zeihen euch der Schwärmerei! Unsre Welt ist eine Lüge! Heute gilts und morgen nimmer. Oh! Ihr kämpftet um Chimären, eure Zeit war eitler Schimmer, träumtet goldig eine Menschheit ohne Glauben, ohne Treu ! („Die Epigonen", deutsche Übersetzung von Em. Grigorovitza, Berlin 1901, S. 5—7.) In einem solchen Lichte erscheinen ihm die früheren Schriftsteller, wenn er an sie denkt. Diese Verse, die vielleicht die kräftigsten und schönsten sind, die die rum. Literatur bis jetzt hervorgebracht hat, zeigen uns klar den Pessimismus Eminescus. Dieser trüben Stimmung ungeachtet, die wir bei den erwähnten Schriftstellern finden — und das sind Repräsentanten des rum. Schrifttums — offenbart sich bei allen auch eine andere gemeinsame Note: die Liebe zu ihrem Volk. Obwohl sie die veralteten, rückständigen Gebräuche verspotten, obwohl sie die herrschenden Zustände persiflieren — ist ihre Satire nicht so unbarmherzig, um alles samt der Wurzel auszureißen. Alle drei geben sich Rechenschaft von der rückständigen Lage, kritisieren, aber arbeiten aus Leibeskräften, indem sie sich in die ersten Reihen der Kämpfer stellen, weil sie ihre Tätigkeit als eine Pflicht gegenüber ihrem Vaterlande und ihrem Volke betrachten. Als Alexandri die verwahrloste Lage des rum. Theaters sieht, gibt er sich Mühe, seinerseits alles zu tun: er bietet dem Kogälniceanu und Negruti seine Hilfe an, alle drei werden Theaterdirektoren und Schriftsteller. Als ein Repertoire für die rum. Bühne erscheint „Teatru romänesc, repertoriu dramatic" (1852), worin Alexandri selbst erklärt, daß er die Theaterstücke für die Anfänger der rum. Theaterkunst ausgewählt, übersetzt oder selbst geschrieben habe — eine Propaganda für die rum. Zunge, wie sie bei den Deutschen Gottsched in den Jahren 1740—45 mit seinen 6Bändender„DeutschenSchaubühne" unternommen hatte. Alexandri und die anderen zwei haben noch eine gemeinsame Note: die Vorliebe für die rumänische Vergangen- Weigand XVII. 22 — 338 — he it. Sie, die Schüler der französischen und deutschen Romantiker, haben die rum. Vergangenheit besungen. Alexandrescu, haben wir gesehen, sucht die Ruinen, wo Mircea der Alte gewohnt, Alexandri besingt die „Dumbrava Rosie" — den Roten Hain, wo die Polen von den Rumänen gezwungen worden waren im Joch eingespannt zu pflügen; später wird er der Barde, der die Taten aus dem türkisch-russischen Krieg 1877/78 besingt, Eminescu beschreibt die Schlacht bei Rovine zwischen Sultan Bajazed und Mircea dem Alten (Satire III). Es ist bezeichnend für C, daß er nie eine große Begeisterung für die rumänische Vergangenheit verraten hat; die Ursachen haben wir zu begründen gesucht. — Auch als er den Auftrag bekommt, die letzten hundert Jahre rumänischen Lebens zu besingen, als er eine „Theaterrevue" wie „100 de ani" schreibt, mißglückt sie ihm (siehe die Zeitungsreferate des Jahres 1899. Auch „Familia" XXXV, Nr. 7) und er läßt sie gar nicht veröffentlichen. Dieser Mangel einer nationalen Note, im Sinne der Verherrlichung der Vergangenheit und der Unterstützung der kulturellen Anstalten der Gegenwart, finden wir noch klarer ausgesprochen in seinen Artikeln über Politik und Kulturzustände. Erst nachdem wir seine Gedanken in diesem Zusammenhang kennen gelernt haben, werden wir im Stande sein, uns eine Meinung über Tendenz oder Tendenzlosigkeit in seinen literarischen Schriften zu bilden. Einmal beschreibt er folgende Episode: „Ich fuhr einst durch die Tunnels von Comarnic und Sinaia (kleinere Tunnels in Rumänien), und freilich unterließ niemand im Waggon von der Länge der Tunnels des Auslandes zu erzählen, die er die Ehre gehabt hatte zu durchreisen. Ich war gerade dabei den berühmten St. Gotthard-Tunnel zu beschreiben und wollte, mit sicheren Angaben Bädekers in der Hand, eine Dame, die sehr nahe bei mir saß, in Erstaunen setzen: „Meine Dame, sind das Tunnels?! Sie sollen den von St. Gotthard sehen: drei viertel Poststunden. Man fährt eine halbe Stunde lang unter der Erde! Denken sie sich!" Die Dame warf mir ein eigen — 339 — tümliches Lächeln voller Intelligenz zu, ein alter Patriot, der von dem Fortschritt Rumäniens entzückt war, unterbrach mich: „Lobt mir den Fremden nicht mehr so viel, ich bitte Sie! Es ist schön genug, auch was wir hier haben." (Unsere Salons, M. 339—40). Soviel über die Großtuerei. Ein anderes Mal schreibt er über die Musik zustände. Ein Musikrezensent kritisierte einst ziemlich scharf das Konservatorium von Bukarest. Die rum. Presse war entrüstet. C. verspottete den Größenwahn der Rumänen, die sich musikalisch gebildet wähnen und verteidigte den deutschen Wiener Kritiker. In einer seiner „kritischen Notizen" (Univ. 1899, XVII Nr. 318) schreibt er über die Zustände am Nationaltheater in Bukarest. (Also nachdem er schon Theaterdirektor gewesen war.) Darin zeigt er alles, was man im Nationaltheater nicht ausführt. Mit seinem Seziermesser enthüllt er die Talentlosigkeit, die schlecht einstudierten Stücke, die Ränke der Schauspieler, mit einem Wort, er hält dem Nationaltheater eine regelrechte Strafpredigt — die, nebenbei gesagt, nicht ungerechtfertigt war. — Der Artikel rief einen Sturm von Entrüstung und Applaus hervor. Die Theaterleitung setzte eine Debatte auf die Tagesordnung, ein Teil der Presse nahm dafür, ein Teil dagegen Stellung. In einer der nächsten Nummern der Zeitung bearbeitete er seine Gegner mit folgender Ironie: „Unser Nationaltheater hat nur außerordentlich große Schauspieler, oder doch wenigstens: jeder hat ein enormes Talent; höchstens: einige von ihnen sind sogar Genies." „Es gibt kein Theater auf der Welt, wo das Repertoire besser zum Personal und das Personal besser zum Repertoire passen würde. Auf keinem Theater in der ganzen Welt wird eine ingeniösere Regie angewandt; auf keinem Theater der Welt spielt man die Stücke mit einer größeren Verve, mit mehr entrain, mit mehr mitteilender Wärme, als auf unserem Nationaltheater. Noch mehr: nirgends auf der Welt lernt i rnan die Rollen besser als bei uns, nirgends ist das sogenannte 22* — 340 — Ensemble prächtiger, ohne Einschränkung. Etwas mehr noch..... Aber was braucht man noch mehr?" . . . Dieser ironische Zug findet sich sehr oft bei C.. Wir erinnern an Boileaus XL Satire, wo er sich auch so verteidigt: „Je le declare donc: Quinault est un Virgile, Pradon comme un Soleil en nos ans a paru Pelletier ecrit mieux qu'Ablaucourt ni Patru .....Bon! mon Esprit, courage, poursuivez, Mais ne voyez-vous pas, que leur troupe en furie Va prendre encor ces vers pour une raillerie?" (vers 285—296.) Ebenso ist C.s Verhalten, wenn er über die Ausstellungen, die in der Hauptstadt organisiert werden, spricht, wenn er ein Preisausschreiben des Nationaltheaters bespricht. Für ihn ist die rumänische Musikliebhaberei wie folgt zusammengesetzt: „Kreuzpolka, Pas-de-quatre, Gigerl-Marsch, Tararabumdere, die Hugenotten, Trovatore, Faust und Zigeunerbaron" (M. 355). Deshalb, kann man sagen, ist die Satire C.s der nationalen Kultur gegenüber einzig in ihrer Art. Die Augen C.s sind nur auf die sozialen Schäden gerichtet. Den Sonnenstrahl, der wenigstens durch eine kleine Ritze durchschimmern könnte, will er nicht sehen. C. ist ein Skeptiker. Er glaubt nicht an eine gesunde Entwicklung der rumänischen Gesellschaft. So oft er Gelegenheit hat, verspottet er die kulturellen Bemühungen Rumäniens. Er findet gar nichts Gutes und gar nichts, was sich ins Gute verwandeln könnte. Von der Literatur bis zur Politik scheint ihm alles, absolut alles beklagenswert. Über die rumänische Literatur äußert er sich einmal wie folgt: „Auf einem von altersher bestehenden Markte, weiß der kleine Debitant, was für eine Ware sich verkaufen läßt, was der bekannte und der treue Käufer braucht...... Auf einem improvisierten Markte, im ewigen Provisorium, weiß Gott allein, wie man die Kundschaft bedienen muß. Man — 341 gibt dem Urmenschen, der nackt einhergeht, ein gutes Flanellhemd, dem prähistorischen Jäger eine Flinte und dem Schweinehirten feine Perlen; deine Perlenware kann schon gut sein, die Käufer aber finden an ihr Mängel, weil, weil .... sie sie nicht gebrauchen können. Der primitive Mensch braucht keine Wärme im Rücken und auf dem Bauch; er braucht Flitter, damit er ihn sich auf das ungekämmte Haupt legt; der Jäger will ein Tomahawk, und der Schweinehirt Mais für die Tiere zu Hause .... Achte aber auf den schwindelerregenden Gang des Fortschritts nicht! getraue dich und gib ihnen den zweiten Tag das, was, wie du gesehen hast, sie gestern nötig hatten. Warum nicht gar! Der Urmensch wünscht jetzt Seidenhemden, der Jäger einen Repetirkarabiner und der Schweinehirt Brillanten. Wie wenige gibt es, die verstehen, was ihnen fehlt, wissen, was sie verlangen sollen, und im Stande sind, es zu schätzen!'1 (M. 331—33). An dieser Stelle erkennen wir klar alle seine Ansichten über das Publikum, in dessen Sprache er schreibt, und wenn wir auch andere, mildere Äußerungen finden, wie die folgende, so bleibt die herrschende Note doch dieselbe. Obwohl er diese Schwierigkeit einsieht und anerkennt, ist er nicht der Arzt, der die Medikamente reichen will. Bei einer Umfrage der Zeitung „Lindependance Roumaine" in Bukarest, als die Leitung die Ansicht der rum. Schriftsteller über die gegenwärtige Lage der rum. Literatur zu hören wünschte (1900 oder 1901) antwortete C. lakonisch: „Weder in der Gegenwart, noch in der Vergangenheit haben wir eine ernst zu nehmende Literatur besessen" (v. Chronik aus „Lit, si arta r." V S. 403). Diese Verachtung findet man auf Schritt und Tritt. Die schwierige Lage eines rum. Schriftstellers schildert C. an einer anderen Stelle so: „Es ist schwer bei uns, weil das Publikum so gemischt ist, und weil es so jeder kulturellen, traditionellen Einheit und der Einheit der Auffassung — 342 — bar ist, daß es fast unmöglich ist, in diesem Publikum eine gemeinsame Saite zu finden, um zu wissen, womit und wie man es insgesamt interessieren könnte, oder wenigstens teilweise ____""(Notite critice, Univ. 1900 Nr. 289, 20. Okt.). Nach all dem Gesagten erhebt sich die Frage, ob C. eine Tendenz in seinen Schriften verfolgt. Die Frage wurde in letzter Zeit mit großer Bestimmtheit von einem Universitätsprofessor aus Jassy bejaht, (Siehe Ibräileanu, „Spiritul critic in cultura romäneascä". Der kritische Geist im rum. Kulturleben. Jassy 1909). Die ;,Scr. p." habe den 48er rumänischen Liberalismus (Catavencu soll die Gruppierung C. A. Rosetti vorstellen) gegeißelt; dasselbe sollen auch die anderen Lustspiele mit blutiger Un-barmherzigkeit tun. Andere Schriftsteller nahmen C. in Schutz und wollten nicht zugeben, daß C. eine ausgesprochene Tendenz habe. Wenn man nach den zitierten Stellen im Unklaren ist über die Anschauungen Us über Rumänien — so kann man eine Tendenz gewiß bezweifeln; wenn man aber die Gedanken C.s aus seinen sozialen Schriften mit denen aus seiner literarischen Tätigkeit vergleicht, wenn man tiefer zu lesen in ihnen sich bemüht, so muß man zugeben, daß sie einen Kern von Tendenz besitzen, wenn auch keine so ausgesprochene Tendenz, wie von einer Seite behauptet wird. Eine Weitanschauung offenbart sich auch in der „Scr. p." und in den M. Diese Weltanschauung ist pessimistisch. Die soziale Lage Rumäniens im Jahre 1884 ist trostlos: so lautet das Urteil C.s. Ein feines Ohr kann dasselbe auch aus den M. vernehmen. Es gab Zeiten bei allen Völkern, da man die humoristischen Schriften genoß, ohne ihren sehr ernsten Sinn einstweilen zu vernehmen. Das französische Publikum las die „Lettres persanes", ohne über den tief eingreifenden Wert des Werkes sich klar zu sein. Erst später ist es zur Einsicht gekommen. Ähnlich scheint es mir bei Scr. p. und M. zu liegen. Das rumänische — 343 — Publikum belacht die Szenen herzlich, ohne zu ahnen, daß sie bitter ernst zu nehmen sind, wie das russische Publikum den „Revisor" köstlich findet, ohne die tief-ernste Schwermut herauszulesen. Freilich — damit ein Werk Lebenskraft besitze, darf es nicht nur in die Tendenz seinen ganzen Wert legen. Und das bestätigen die Werke C.s hinreichend. Außer der Tendenz, die von dem einen oder anderen als etwas Tadelnswertes angesehen werden kann, haben sie einen bedeutenden literarischen Wert. Es ist sehr wahrscheinlich, daß C. selbst sich nicht dieser Tendenz seiner Schriften bewußt ist, weil ihm das selbstverständlich vorkommt, und seine Entrüstung, die er zeigt, wenn man ihm im Gespräch über Tendenz in der Kunst spricht, ist ein beredtes Zeichen dafür. C. hat sogar eine ausgesprochene Vorliebe für die Tendenzlosigkeit in der Literatur. Dennoch hat er einmal einen sehr bemerkenswerten Standpunkt eingenommen, der der Erwähnung wert ist, C. liebt es sehr, mit den Prinzipien der „L'art pour l'art" — Richtung zu liebäugeln. Aus vielen seiner Schriften nehmen wir diesen Eindruck mit. (Es sei nur 0. f. d. P. erwähnt), Uber den Kampf der „l'art pour Tart" — Richtung mit der utilitaristischen Richtung hat er sich einmal sehr klar ausgesprochen: „L'art pour hart"? oder Kunst ohne Tendenz? Ich bitte Sie, einige Fragen: Haben die Theaterstücke Shakespeares eine Tendenz? Sicherlich nicht. Tacitus? . . . Die Divina commedia? — Wer wollte bestreiten, daß sie keine haben? Aber le Tartufe? — Zumal Tartufe. Aber Demosthenes' Reden und, ohne zu zaudern, möchte ich alle berühmten Reden anführen, von den antiken an bis zu denen des Herrn Fleva? [Wieder eine Probe seines Witzes. Fleva ist ein Redner, den er geißeln will.] Freilich — 344 — haben sie eine Tendenz, weil kein politischer Redner denkbar ist, der nicht eine Tendenz vertritt. Die Gedichte Byrons? — nein; die Goethes? — noch weniger; die unseres sympathischen Akademikers Anton Naum? — noch viel weniger. Aber die Gedichte Schillers und unserer sozialistischen Dichter? Sicher haben die eine Tendenz. Nun! jetzt kommt die Schwierigkeit: Welchem dieser zwei intellektuellen Produzenten wird Hochachtung erwiesen? Und welcher dieser zwei Produktgattungen sollen wir Bewunderung zollen? — Welches ist Kunst, welches ist keine Kunst? Wenn dir nur ein klein wenig ästhetisches Gefühl und objektives Durchdringen eigen ist, obwohl du ein erklärter Anhänger dieser Theorien bist, so wird es dir schwer fallen, diese Frage zu beantworten. Denn, wenn wir annehmen, daß dir dieses Wenige geblieben ist: sagen wir, wenn du also Antitendenzionist bist — da, glaube ich, wird es dir nicht leicht fallen, das Feuer mit „le Tartufe" und mit der „Divina Commedia" anzuschüren, damit du dich am Ofen mit dem Band des sympathischen Akademikers A. Naum ergötzen kannst; — oder, wenn du Tendenzionist bist — hoffe ich, und das zu deinem Vorteile, daß du in den Bücherschränken deiner Bibliothek, neben den proletarischen Oden oder den Novellen der Frau Sophia Nädejde, auch der „l'Eeole des femmes" und „As You like it" einen Platz einräumen wirst, ohne eine zu große Prätension, weil du, selbst wenn du ein noch so großer Proletarier und ein noch so schlechter Intellektueller sein solltest, unmöglich das Herz haben könntest diese Werke in den Kanal zu werfen. Wenn du aber kein Anhänger einer bestimmten Richtung bist, kannst du sehr leicht diese Frage beantworten. Welche der beiden angeführten Kategorien der intellektuellen Produkte sind Kunst? — Kurz gesagt: „diejenigen Werke, die das Werk eines Talentes sind" (M. 230-32). Als Schlußfolgerung dieses Artikels verlangt er also nur Talent vom Schriftsteller, im übrigen kann er einer jeden 1Hf — 345 — Schule angehören, kann schreiben in dem Genre, in der Dimension, in der Tendenz oder Tendenzlosigkeit, die ihm am besten passen und, außerdem, muß das Werk — infolge dieses Talentes — leben, „es kommt nicht darauf an, wie lange es leben soll; einen Augenblick, ein Jahrhundert oder mehr, wenn es nur gelebt hat" (M. 277). Das ist seine literarische Konfession. Außerdem sehe ich hie und da in den Novellen eine Neigung, so unpersönlich als nur möglich zu erscheinen. Dieselbe Leidenschaftslosigkeit, die Flaubert oder Gautier verlangten, und denselben Standpunkt beobachten wir auch in Religionsfragen (Leiba Zibal wird vom rumänischen Bösewicht verfolgt). Als wenn C. zeigen wollte, daß er ein Thema ohne jede andere Rücksicht als die Künstlerische behandeln kann. Dem utilitaristischen Naturalismus will er nie huldigen. Er will nichts von einer Kunst wissen, die nach Balzac „Pin-stitutrice des hommes" sein soll (Einl. zu „Comedie humaine"). Ursachen von Carageales Skeptizismus. Im Verlaufe dieser Arbeit haben wir Gelegenheit gehabt, auch den Verein „Junimea" zu erwähnen, der tonangebend im literarischen Leben Jung-Rumäniens war. Neben der Betonung der Kritik in der Literatur der Volksgenossen, neben Erweiterung des Gesichtskreises der rum. Leser durch Heranziehung der westeuropäischen Literatur, neben der Betonung der Volksdichtung — ein direkter Einfluß Herders — stand auf dem Programm der Schule Jung-Rumäniens auch der Entwicklungsgedanke, wie er von den deutschen Romantikern gelehrt wurde. Was die romantischen Denker neben dem tierischen Magnetismus am eingehendsten beschäftigte (v. Ricarda Huch, Ausbreitung und Verfall der Romantik, Leipzig 1902), der Gedanke einer lebendigen Einheit der Welt (S. 49), ihre Gedanken einer Volksvertretung, aber auch ihre Antipathie gegen eine gewaltsame Entwicklung der Volksmassen, das alles haben die Junirnisten selbst vertreten. — 346 — Es ist interessant, die Parallele weiter zu führen: Die deutschen Romantiker waren für eine ständische Vertretung. Adel Wehrstand, Geistlichkeit — all diese Stände waren Naturgewächse, die nicht verschwinden konnten, ohne den völligen Zusammenbruch der Gesellschaft herbeizuführen. Die Nivellierung des ganzen Volkes schien ihnen „barbarisch", ja sogar „monströs" (S. 318). Wie die Zustände, die die Reaktion brachte, so mißbilligten die Romantiker auch die Revolution, die alles ausgleichen wollte. Denselben Standpunkt nahmen auch die Junimisten ein. Und noch ein prägnantes Charakteristikum: beide Richtungen sahen die Politik mit künstlerischem Auge an. Der „Junimea" ist oft vorgeworfen worden, daß ihre Mitglieder sich vornehmlich aus den intellektuellen Kreisen rekrutieren, wo das „odi profanum vulgus" herrscht — und nicht mit Unrecht. Dieser Einfluß der deutschen Romantiker hat sicherlich auch auf C. gewirkt, C. war im Kreise der „Junimea'4 heimisch, die Theorien der „Junimisten" wurden besprochen: was war natürlicher, als daß der Entwicklungsgedanke, so wie er bei den Romantikern herrschte, auch ihn beeinflußte? Betrachtet man alle seine Schriften von diesem Standpunkte aus, so bemerkt man eine vollkommene Ubereinstimmung mit dem Romantizismus: Dieselbe gesonderte und gegliederte Regelmäßigkeit, die in der Natur herrscht, fordert er auch von der Gesellschaft, dieselbe Vorliebe für den Bauernstand, dieselbe Verachtung gewaltsamer Umwälzung. „Die Reform vergeht, die Sitten bestehen weiter!" klagt er, wie Cuza dein Staatsmanne Cogälniceanu (M. 371). Diese Ansicht wurde in C. noch mehr nach dem russischtürkischen Kriege befestigt. Er, der nur die geistigen Höhepunkte der Nachbarvölker ins Auge faßte, verzweifelte, sobald er die schwachen Kräfte seines Volkes wahrnahm. Seinen Augen schwebte ein anderes Bild vom Staate vor — hier mußte er eine Enttäuschung nach der anderen erleben. So sehr aber der Entwicklungsgedanke der Romantiker ihn in seinem Gedankengang beherrschte, so entschieden bekam]dte — 347 — er die übrigen Elemente der Romantik. Wie wir gesehen haben, hat er weder Vorliebe für die Vergangenheit, noch für romantische Naturschilderung, noch für das Phantastisch-Mystische. Hier kann man einen klaren, deutlichen Reflex in der Literatur wieder erkennen. Die Mondscheinnächte, die zarten, abenteuerlichen Herzensergüsse, die rauschenden Bäche, der Waldhornklang — sie hatten eine Zeit lang auch die rumänische Dichtung erfüllt. In seinen Ohren klingen sie falsch; die Deklamationen eines Bolintineanu und seiner Jünger scheinen ihm Rodomontaden, die nur ein Lächeln hervorrufen. Das hatte auch der Zeitgeist mit sich gebracht. Eine so scharfe Satire, wie die C.s wäre vor 1877/78 nicht denkbar gewesen. Durch den Krieg hat Rumänien die Unabhängigkeit erlangt: Die patriotischen Ergüsse der Lyrik hatten größtenteils ihren Zweck erfüllt, es folgen noch einige Hymnen an die Freiheit, nachher hieß es arbeiten, um die wirkliche Unabhängigkeit zu gewinnen. 1848 singt Muresana „Desteaptä-te Romane!" (Wach auf, Rumäne), 1856 Alexandri die „Hora unirii" (Lied der Einigung), 1878 derselbe die „Latina gintä", eine Lobeshymne auf die lateinische Rasse — nach 1878 ist nicht mehr derselbe Schwung vorhanden. Der Geist der Verneinung, der in C. lebt, findet ein dankbares Feld: er erklärt allen Götzen den Krieg. Was Nicoleanu, Depäräteanu, Sihleanu, Eliade, Boliac, Bolintineanu und alle anderen Vorgänger besungen haben, hat für den Satiriker der Unabhängigkeitsepoche Rumäniens keinen Wert mehr. Der ewige Lauf der Dinge: die Nachkommen wollen keine Gemeinschaft mit den Vorläufern. Aber man vergegenwärtige sich auch die große Kluft, die beide scheidet: Das Auftreten des Liberalismus in Frankreich und Deutschland, die Begründung der Sozialdemokratie, die hohe Entwickelung der Naturwissenschaften und der Technik, die Strömungen in der Philosophie der Neuzeit — all diese Elemente, die auf den Naturalismus der vorgeschritteneren Länder einwirkte, übten auch auf die Schriftsteller Rumäniens ihren Einfluß aus. — 348 — Wenn einst Eliade-Rädulescu in schweren Zeiten das Losungswort ausgegeben hatte: „Schreibet, schreibet, sei es, was es sei, nur rumänisch soll es sein", so war das jetzt schon ein überwundener Standpunkt. Jetzt hieß es: schreiben, aber entweder etwas leisten, oder lieber gar nicht mehr schreiben! Und C. mustert die liierarischen Leistungen der letzten Jahre und lacht laut auf. Wenn man die Theaterstücke verfolgt, die so spärlich (2, 3 höchstens 4 in einem Jahre!) erschienen sind, findet man folgende Liste: 1849 Amelia oder das Opfer der Liebe, Originaldrama in 3 Aufz. von V. Maniu, die Makkabäer oder die Übergabe von Konstantinopel, Melodrama in 4 Aufz. von Soimescu ......; 1850 Mihul, eine Episode aus dem Kriege Stefans des Großen mit Matthias Corvinus, Originaldrama von C. Istrati; 1851 Radu Calomfirescu, Drama von J. Dumi-trescu; 1852 Der Hof des Vasile Vodä, Trauerspiel in 5 Aufz. und 10 Bildern von A. Pelimon; 1854 Der Tod Radu s VII. von Afumati, historisches Drama von N. Soimescu. Der Tod Mihails des Tapferen bei Turda, Drama in 3 Aufz. 6 Bilder, von Haie; 1858 Vlad Tepes, Hist. Drama von Mavrodolu; 1860 Traian in Dacien von A. Pelimon: 1863 Elena Dragos, Hist. Drama von Asachi; Voichita, Fürstin der Rumänen, Melodrama von Asachi; 1867 Mihail der Tapfere, zum Tode verurteilt, Drama von Bolintineanu; Stefan Vodä, der Nichtsnutzige, Drama von Bolintineanu; RäsvanVodä, Hist. Drama von Hajdeu; 1868 Stefan Georg, Hist. Drama von Bolintineanu; 1870 Der Fluch, Hist. Nationaldrama von Dimitriade; 1871 Das Denkmal von Cälugäreni, Drama von V. Maniu; 1872 Constantin Branco-veanu, Drama von Anton Roques; 1873 Rea Silvia, Drama von Scurtescu etc. Was ist von all diesen Trauerspielen und Dramen übrig geblieben? —- Rein gar nichts, wenn man nicht mit dem hist. Drama Hajdeus eine Ausnahme machen will. All diese Dumi-frescu, Soimescu. Mavrodolu, Dimitriade, Maniu sind mit Recht — 34U — vergessen. Ihre historischen Dramen, die so schlecht als möglich nach dem Muster eines Victor Hugo oder Dumas pere oder sogar nach Shakespeare gezimmert waren, sind infolge ihrer Schwäche von der Oberfläche verschwunden, ohne t daß sie auch nur ihren Titel in der Erinnerung der Nachwelt hinterlassen hätten. Wenn man die Strömung sich näher ansieht, gewahrt man ein Phänomen, das regelmäßig in der Literaturgeschichte wiederkehrt: Auf den romantischen Einschlag der Dichtung folgt die Ernüchterung, auf den Patriotismus der Geist des Kosmopolitismus, auf den asketischen der frondierende Geist der flotten Lustbarkeit. Zu dem heroischen Gebaren der Muse Corneilles erscheint die Note des Roman comic Scarrons als Gegenpol. So muß man auch die Lustspiele C.s betrachten als eine Reaktion gegen die süßlichen oder heroischen Theaterstücke seiner Vorläufer und seiner Zeitgenossen, als eine heftige Verneinung ihres salbungsvollen und patriotisch-pathetischen Tones. Dieselbe Erscheinung der Fronde gegen die nahe Vergangenheit macht sich auch auf sprachlichem Gebiete bemerkbar. Nach der Verherrlichung der Vergangenheit des „Römervolkes" (lies rumänischen Volkes) durch die ersten Chronisten, nach der fortwährenden Betonung des römischnationalen Gedankens, die schon bei den ersten rumänischen Historikern [Sincai (1816), Petru Maior (1824) etc.], sogar in der Sprache sich geltend macht, indem man gewaltsam die slavischen Elemente zu vertilgen trachtet, lehnt sich der gesunde Sinn C.s und anderer Zeitgenossen (z. B. Eminescu) gegen diese unnatürliche Vergewaltigung des Sprachgeistes auf. Wie man aus dem Bisherigen ersehen kann, hat C.s Skeptizismus tiefe Wurzeln; der Entwucklungsgedanke der Romantik, die politischen Zustände nach 1877/78, die literarischen Zustände (Theater, Sprache), endlich die überlieferten Tatsachen der Wissenschaften. Es kommen noch einige andere Momente dazu: Gewiß ist auch das Verhalten des rumänischen Publikums bis zu einem gewissen Punkte für die literarische Tätigkeit C.s maßgebend gewesen. — 350 — — 351 - Die absprechenden Urteile über ihn, die Verständnislosig-keit, die das Publikum ihm gegenüber öfters gezeigt hat, konnten nur hemmend auf seine Entwicklung wirken. Nur sehr spärlich findet man in seinen Schriften Saiten angeschlagen, die über das Gemütsleben des Autors Aufschluß geben können. So erwähnt er einmal die Vorfahren der Rumänen, in einer flüchtigen Skizze, die in der Zeitung „Univ." vergraben liegt. Obwohl die Gedanken, die dort ausgedrückt wurden, bei einem National-Schriftsteller etw^as ganz Selbstverständliches sind, mußten sie bei C. als etwas ganz Ungewöhnliches erscheinen. In einer schönen Parallele zieht er ra die Vorfahren der jetzigen rumänischen Generation heran und fährt fort: „Unsere Eltern! Ein Abgrund von unendlicher Zeit zwischen ihnen und uns! Sollten tausend und abertausend Jahre von ihrem Leben bis zu dem unserigen verflossen sein, ihr Angedenken, ihre Liebe, ihre Gläubigkeit und ihre ganze Art wäre nicht so stark aus dem Herzen ihrer Kinder ausgelöscht." ...... „Sie haben geglaubt und haben gebetet, und ihre Seelen fanden Beruhigung und Stärke im Beten. Wir beten nicht mehr, weil wir an nichts mehr glauben .... nur die Verrückten sollen beten! Unsere Philosophie hilft uns über die Notwendigkeit des Betens hinweg! Die Glocken? —• Ein Geräusch! Die Heiligenbilder Plunder! Der Glaube? — Ein „Moft" (Dummheit!)...... Vorläufig werden unsere Kinder auf dem von uns eingeschlagenen Weg einherschreiten. Weshalb haben wir rumänische Schulen, in denen die hohen Lehren der Menschheit gelehrt werden? Damit sie nicht belehren und nicht gedeihen. Aus diesen nationalen Schulen gehen jahraus jahrein die zukünftigen gescheiten Bürger hervor, alle Freidenker, voller Verachtung für die veraltete, irrige christliche Religion, die heute aus der Mode gekommen, verspottet und angespieen wird. Sie haben eine menschlichere Religion gelernt als die christliche, eine Religion, die nicht das Mitleid und die Nachsicht, nicht Sanftmut und Sittsamkeit kennt, eine harte Religion, die den Menschen predigt: „Sei ein Tier!" Deine Klauen und deine Zähne sind deine Ge- scheitheit und deine Schlauheit; sei tückisch, hart und unerbittlich gegen deine Mitmenschen! Schaue keinen Augenblick gen Himmel: hier unten auf der Erdoberfläche, gib acht auf deine Augen, sperr' sie weit auf, wie wenn du ein vier-füßiges Tier wärest; hier auf der Erde endet ja alles für dich, du bist ein Tier, so sei ein Tier! Die Tiere haben keine Kirche, die Tiere beten nichts an, die Tiere haben keinen Gott!" (Univ. XVIII, Nr. 6, 7. Jan. 1900.) Wenn man von den schönen Antithesen absieht, die uns hier vorgetragen werden und die sich dem Ohr einschmeicheln, und wenn man den ausgesprochenen Gedanken ins Auge faßt, so bleibt man ratlos stehen. Man gewahrt eine Dissonanz zwischen diesen warmen, kräftigen Worten, die aus dem Herzen sprechen, und zwischen der kritischen Tätigkeit des Satirikers. So befremdlich es klingen mag, C. ist ein frommer, gläubiger Christ. In Kronstadt (Siebenbürgen) hat er den Gymnasiallehrern einige Stunden lang einen Vortrag über die Beweise für die Existenz Gottes gehalten. Sollte das eine Zwiespältigkeit der Seele sein, die auch bei Gogol anzutreffen ist? Tatsache ist das Vorhandensein dieser Stimmung. In einer Zeit, wo der theoretische Materialismus einen so starken Fortschritt gemacht hat, wo die Niederlage der spekulativen Philosophie offenbar wurde, w^o die religiöse Indifferenz in immer breitere Schichten dringt — sogar von den Junimisten waren viele in Mißkredit bei dem Publikum geraten, da sie diesen Prinzipien huldigten — in einer solchen Zeit ist das Bekenntnis des Autors doppelt bezeichnend. Obwohl diese religiöse Note aus der zitierten Stelle klar genug hervorklingt, führt ihn sein Skeptizismus doch wieder zu Auffassungen, die eine streng christliche Gesinnung nicht dulden sollte, nämlich zu Auffassungen, die seine Vorliebe für den Staatssekretär der florentinischen Republik, Niccolo M achiavelli, erklärt, Der „kluge und geniale Sekretär" (Univ. 1900, 21. Juli), der „große", der „berühmte Florentiner" (M. 329, 33,)), dessen „Gedanken und Prinzipien von einigen 3.V2 — immer als infam bezeichnet werden" (ibid.), der uns ein „klassisches Werk" zurückgelassen hat (ibid.), beeinflußte die Ansichten Cs sichtlich. Die Verderbnis Italiens, wie sie Machiavelli beschreibt, scheint ihm identisch mit der Verderbnis Rumäniens. Zur Zeit einer diplomatischen Spannung zwischen Rumänien und Bulgarien (1900) vermißt er das „Cabinet noir" (Univ. 1900, Nr. 205, 28. Juli), über die Menge hat er dieselben Ansichten, wie Machiavelli: „Immer wird die ungeheure Majorität der Welt aus Normalmenschen bestehen, die ihre Gedanken nicht weiter als bis zur Nasenspitze führen können und gerade so weit gehen als sie nötig haben" (M. 269). Wenn er über die Revolution spricht, wenn er sie bespöttelt (M. 19), wenn er über die „Plebs" und ihre Statistik plaudert (M. 376—77), wenn er über die Gesellschaft und den Fortschritt, über das allgemeine Wahlrecht und die Vorstadt-Politik sich äußert (T. 18—22) — immer wird man denselben Standpunkt erkennen, den auch Machiavelli eingenommen hat: ein verdorbenes Volk kann sich schwerlich seine eigene Freiheit erhalten. Es ist nichts von einem solchen Zustande zu hoffen. Das Kokettieren mit den Regierungen — wüe es Machiavelli verstanden hat — ist nicht die Sache C.s, der Gedanke aber, daß nur durch einen tüchtigen Fürsten eine Rettung noch möglich sei, tritt bei ihm scharf hervor, wenn er nach der Volksrevolution in Rumänien (1907) schreibt: „Für einen Staatsputsch, für eine so heroische Bürde, müßte ein ganzer Mann erstehen, ein Mann, der morgen dem herrschenden verderblichen System mit derselben unbezwingbaren Energie entgegentritt, mit welcher heutigentags die Massen der Ackerbauer es tragen. Und es gibt einen, der es zu Stande bringen könnte ... Er hätte das ganze Prestige, das man in solchen Fällen verlangt — der König....." („März 1907" S. 18). Als wenn man den Gedanken Machiavellis liest: „Wenn in einem verdorbenen Zustande der Dinge etwas zu hoffen ist, so ist es von einem mächtigen Manne, der sich - 353 — vorläufig zum Herrn aufwirft, um eine freie Verfassung zu diktieren. Auf andere Art ist es unmöglich" (Machiavellis „Buch vom Fürsten", Einleitung, S. 20). Wie Machiavelli verlangt er eine Gewaltmacht, die das Volks- und Staatswesen in richtige Bahnen lenken kann. Wenn er seinen Skeptizismus loswerden will, stürzt er sich in die Politik. Das ist aber die allerletzte Phase seiner Anschauungen, über die man noch nicht klar urteilen kann, da man nur die ersten Ansätze wahrnimmt. Die Politik, die die besten Köpfe Rumäniens an sich gefesselt, die der Literatur einen schweren Schaden zugefügt hat (zahllos sind die Abtrünnigen, die vom politischen Strome sich wegreißen ließen), scheint ihre Macht auch auf C. zu erstrecken. In einem offenen Brief, den er an den Dichter Vlähutä schreibt, sagt er wörtlich: „In unserem Lande und in unserer Zeit — weshalb sollen wir es leugnen — sind nur zwei Dinge wirklich ernst zu nehmen, als feststehende Tatsache: materiell — die Landwirtschaft, intellektuell — die Politik. Außer diesen beiden.....ist alles, was man treibt, nur Zierat, ein mehr oder weniger unnützer, mehr oder weniger teurer Zierat, und für die Erhaltung dieses Zierats gibt die Landwirtschaft das Geld und die Politik verteilt es....." „Wenn draußen, am hellen Tag, die Kriegsdrommeten schmettern, dann kommt es wohl einer alten, tauben Frau zu, in ihrem Zimmerchen zu hocken und Karten zu legen, aber nicht einem Manne in voller Kraft-..... Geh und tue deine Pflicht!" (Univ. 1909, Politik und Literatur). Ob C. die Politik Machiavellis darunter versteht, ist abzuwarten. Jedenfalls ist es bezeichnend, daß er nach langjährigem Aufenthalt im Auslande die Arena der Politik betritt, in der ein Catavencu und ein Dandanache das Feld behaupten. Carageales Einfluß auf die rumänische Literatur. Bei all den aufgezählten Eigenschaften C.s als Schriftsteller konnte er in der rum. Literatur nicht Schule machen. Weigand XVIT. 23 — 354 — — 355 Dies sehen wir nur bei drei Schriftstellern in der neueren Zeit nämlich bei: Alexandri, Eminescu und Cosbuc, Alexandri mit seiner leichten Lyrik, die tändelnd, spielerisch, oder patriotisch, optimistisch, hie und da süßlich ist: Eminescu durch seine Gedankentiefe, seine Eleganz des Ausdruckes und zum Teil durch seinen Pessimismus — der sehr oft von seinen Nachfolgern mißverstanden wurde: Cosbuc durch eine nationale Note, die viel kräftiger ist als die Alexandris, durch eine reichere Form und eine lebensfrohe Bejahung des Bauern-lebens in Siebenbürgen, die neu in der rum. Literatur war. Deshalb kann man in der neueren Literatur nur über drei Richtungen sprechen: über die literarische Richtung Alexandris, Eminescus und Cosbucs. Sollte dazu auch C.s allzu scharfe Satire und seine Vorliebe für Selbständigkeit beigetragen haben? Sicherlich. Wenn er auch keine Schule machte, so läßt sich dennoch eine Beeinflussung nachweisen. Unter seinen Augen bildete sich in den Redaktionen der Zeitungen, wo er arbeitete, ein Nachwuchs hoffnungsvoller Schriftsteller heran, die sich jetzt einen Namen gemacht haben, von denen Georg Ranetti und Cazaban die besten sind. Sie schreiben in einem verwandten Geiste, obwohl sie noch nicht die Autorität des „Meisters" besitzen: kurze Novellen im Genre der M., und humoristische, scharf pointierte Gedichte. Der erste von ihnen ist der Chefredakteur der besten rumänischen humoristischen Zeitschrift, der „Furnica" (die Ameise), die als eine Nachfolgerin des „Moftul roman" C.s angesehen werden kann. In seinem Sinne arbeitet auch der Schriftsteller Basarabescu und Locusteanu, die Beschreibungen aus dem Vorstadt- und Provinzleben geben. Sie weisen aber dennoch eine wehmütige, schwermütige, persönliche Note auf., die bei C. nicht vorkommt. Ferner trägt an dem Fehlen einer förmlichen Schule C.s auch seine selbstgewählte Verbannung schuld. Die Fäden zwischen dem Schriftsteller und seinen Landsleuten lockerten sich sehr. C. schrieb lange Zeit keine Zeile mehr. Es kann uns nicht wundern, wenn wir an die letzte politische Schrift denken, die er veröffentlicht hat (1907). Dort findet man die ganze Ursache seines Grolls und seiner Verbannung. In letzter Zeit aber hat er wieder begonnen, sich literarisch zu betätigen. Es ist nicht die Aufgabe dieser Arbeit die flüchtige Artikelserie zu besprechen, die jetzt erscheint, wohl aber kann sie eine Erklärung für diese neuerliche Erscheinung geben. C. war kein guter Prophet in seiner satirischen Tätigkeit. Er wird der erste sein, der sich darüber freut. Seine Satire hat nicht alle Geister aufrütteln können, sie wollte nicht docere, sondern vielmehr ridere: jetzt aber ist sie nicht mehr so am Platze wie früher. Es ist ein neuer Kurs in der rum. Literatur eingetreten. Sicherlich hat man im Nationaltheater, seit C. seine Lustspiele und sein Drama spielen ließ, keine Aufführungen erlebt, die für die nationale Literatur bahnbrechend gewesen wären. Keines der neuen Theaterstücke kann mit Scr. p. und Näp. wetteifern. Erst seit kurzer Zeit ist eine nationale Trilogie gegeben werden, die den Freund C.s, den Schriftsteller Barbu Stefänescu-Delavrancea zum Verfasser und unzweifelhaft einen literarischen Wert hat. Zwei andere Schriftsteller zeigen Talent für die Bühne: AI. Florescu und Jon Miclescu, doch ihre Arbeiten bedeuten bis jetzt noch keine Etappe im rum. Theater. Das Publikum aber interessiert sich mehr, geht öfter ins Theater, und das letzte Theaterjahr hatte sogar einen Gewinn zu verzeichnen. Die Schauspieler legen eine größere Sorgfalt aufs Spiel, die Regisseure auf die Ausstattung, das Publikum auf die Auswahl der Theaterstücke. Schöngeistige Bücher liest man jetzt bedeutend mehr als zur Zeit C.s. Die Verständnislosigkeit ist nicht mehr so groß. Es erscheinen mehrere billige Bibliotheken, die Verlagsanstalten vermehren sich, die Zeitungen halten einen interessanten Wettlauf: die Kultur hat sich mehr assimiliert als 1884. C. hat geschwiegen und hat nur seinen Gedanken in Berlin nachgehangen. Als er die Rufe der neuen Schriftsteller 23* vernommen hatte, konnte er sich in seiner Zürückgezogenheit nicht freuen und ist wieder auf das Schlachtfeld zurückgekehrt. Eine neue Ära tut sich für C. auf, aber er findet ein verändertes Publikum, nicht dasjenige, das er verlassen hat. Schlußbetrachtung. Wir sind am Schlüsse unserer Betrachtungen angekommen. Wir haben gesehen, daß 0. ein hervorragender Vertreter der rumänischen modernen Literatur ist. Infolge der politischen Zustände konnte in Rumänien das kulturelle Leben erst sehr spät sich höher entwickeln. Die Satire auf dieses verspätete Eindringen der occidentalen Kultur in die rum. Literatur hat in C. ihren besten Vertreter gefunden. Die M. und Lustspiele seien als Belege angeführt. In ihnen findet man eine ganze Kulturstufe beschrieben, so daß man sie „kulturelle Skizzen aus Rumänien" bezeichnen könnte. In der Entwicklung des rum. Theaters ist 0. der einzige, der etwas Hervorragendes mit seinem Lustspiel Scr. p. und seinem Drama Näp. geleistet hat. Der Einfluß der Franzosen auf seine M. und Lustspiele ist einleuchtend. Die Originalität dieser Werke besteht darin, daß er der erste war, der die Vorstadttypen der rumänischen Hauptstadt in die Literatur eingeführt hat. Von all seinen Lustspielen weist nur Scr. p. einen höheren literarischen Wert auf, obwohl auch dieses Werk mit einer Vaudeville-Technik arbeitet. Wer sich mit dem Kulturzustand der Rumänen in den letzten 30 Jahren beschäftigt, muß diese Lustspiele gelesen haben. Man wird künftighin C.s Lustspiele als Illustrationen für die rum. Zustände lesen. [Gewiß haben die Lustspiele keinen Ewigkeitswert; der Autor sagt selbst einmal: „Die Hauptsache ist, daß sie gelebt haben; man fragt nicht wie lange.'"] Die Lustspiele werden mit der Zeit verblassen. Man wird, die Anspielungen nicht mehr recht verstehen, denn die Zustände verändern sich. Wenn Con. Leon, von der Revolution nach 50 oder 60 Jahren sprechen wird, wird man in Rumänien vergebens darüber nachdenken, was Con. Leon, damit meint. Man wird die „Scr. p." mit einem Kommentar versehen müssen, wie in Paris die älteren Theaterstücke, indem man ihnen kleine Abhandlungen vorausschickt. Das ist das Fatale bei f einem sozialen Lustspiel, daß es bald verblaßt. Was die Tendenz der Lustspiele betrifft, so haben sie gewiß eine, allein sie ist nicht derart, daß sie den literarischen Wert der Werke vermindern könnte. Aus allen seinen Werken tritt uns ein großer Skeptizismus entgegen. Der Autor hat keine Hoffnung auf eine gedeihliche Entwicklung Rumäniens. Man darf eine Tatsache nicht verkennen: C. hat außer dem fortwährenden Verneinungsgeiste keine andere Weltanschauung zu Papier gebracht. Man findet nicht den Kampf philosophischer Gedanken, man verspürt keine Entwickelung in seinen Werken. Das ist bezeichnend für sein ganzes Werk. Seine literarische Carriere macht er mit den Lustspielen. Man sollte eine aufsteigende Linie erwarten. Wenn sie nicht stehen bleibt, so steigt sie doch « nicht, außer bei Näp. Nach der Näp. kommen die Skizzen, die als Vorstudien für die Lustspiele gelten können. Die Novellen sind im Geiste des Naturalismus geschrieben. Der französische und russische Naturalismus hat einen Einfluß auf sie ausgeübt — ebenso wie auf sein Drama: Näp., das beste Drama in der rum. Sprache. Ein rumänisches Repertoire ohne C.s Theaterstücke ist undenkbar. C.s Schriften besitzen, außer der scharfen Beobachtungsgabe, eine stilistische Gewandtheit, die einzig in der rum. Literatur dasteht. Als Stilist ist er einer der Besten. — 358 — Caragiales Werke. 1. Teatru. I. Aufl. (ohne Datum) 2. Roma in v in sä (Rome vaincue), Trauerspiel, Ubersetzuno aus Parodi, Sibiiu (Hermannstadt) 1887. 3. Note si schite, Bukarest 1892. 4. Päcat'. . . 0 fäclie de Paste, Bukarest 1892. 5. Moftul roman, Ztschr. Nr. 1 erschien 24. Januar 1893. erscheint zum zweiten Mal 1. April 1901 bis Nov. 1901. 6. Teatru, Bukarest (Socec et Comp.). (Mit einer Einleitung von Titu Maiorescu: XXIV.) 7. Schite usoare, „Biblioteca pentru toti", Bukarest 1896, 8. Culisele cestiunei nationale, Bukarest 1896. 9. Notite si fragmente literare, ,,Bibl. p. toti", 1.897. 10. Vorwort zu „Amintiri mi Ii t ar e (Militärerinnerungen") des Mih. Dimitrescu, 1897. 11. Schite, (Original und Ubersetzungen) Saraga, Jassy 1897, 12. Teatru, (Saraga) Jassy 1897? 13. Momente, Bukarest (Socec) 1901. 14. Calendarul „Moftului roman", Bukarest 1902. 15. 1907, din primävarä pinä'n toamnä. Vom Frühling bis zum Herbst, Bukarest 1907. 16. Schite nouä, Bucuresti, Editura „Adevärul". 1910. (Neu- Skizzen.) Abkürzungen, Cäl. M. R. = Cälindarul Moftul Roman. Con. Leon. = Conul Leonida. Conv. lit. = Convorbiri riterare. D'ale C. = D'ale carnavalului. Frgm. = Fragmente. Jb. = Jahresbericht (Weigand). Lit. si arta r. = Literatura si arta romänä (Ztschr.) M. = Momente. Näp. = Näpasta. - 359 ~- N. == Novele, Povestiri. N. furt. = Noaptea furtunoasä. Oll. = Oliänescu. Scr. p. = Scrisoarea pierdutä. T. = Teatru. Univ. = Universul (Ztg.). Literatur. Alexandri, Teatru, 4 Bde., Bucuresti 1884. Alexandrescu, Opere complete, „Minerva", Bucuresti 1902. Andrejew, Das Leben Vater Wassili Fiweiski's, übersetzt G. Polonski (Ladyschnikow, Berlin). Anuarul „societatii pentru crearea unui fond de teatru roman". Jahrg. III, VI, VII. Arnold, Rob. J., Das moderne Drama, Straßburg 1908. Belador, Istoria teatrului roman, Craiova. Bengesco Georges, Bibliographie franco-roumaine, T. I. Bruxelles 1895. Caragiale Costache, Teatru nationale in Tera Romänesca. Bucuresti 1867. Chendi, Ilarie, Fragmente (Familia C), Bucuresti. Doumic Rene, De Scribe ä Ibsen, Paris 1901. Eliad Pompiliu, De l'influence francaise sur Pesprit public en Roumanie, Paris, Leroux 1898, 2 vol. Eminescu, Opere complete, „Minerva" Bucuresti. Faca, Const., „Frantuziteie" (Biblioteca pentru toti). Filon, Aug., De Dumas ä Rostand, Paris 1898. Fritsche, Moliere-Studien, Berlin 1887. Gherea-Dobrogeanu, Critice, Bucuresti. Gogol, Der Revisor (Reclam). Gorky, „Nachtasyl". Huch, Ricarda, Ausbreitung und Verfall der Romantik, Leipzig 1902. Ibräileanu, Spiritul critic in cultura romäneasca. Jassy 1909. - 360 Ibsen, Sämtliche Werke, (Fischer, Berlin). Jorga, Gesch. des mm. Volkes, Perthes, Gotha, 2 Bde, Jorga, Istoria literaturii romänesti din secolul XVIII 2 B. Joru'a, Istoria literaturii romänesti din secolul XIX 2 B. Labiche, „Chapeau de paille de lTtalie". Lange, Konrad, Das Wesen der Kunst, 2 Bde., Berlin. Lemaitre, Jules, „Le depute Leveau". Paris. Lipps, Th., Aesthetik. I. Teil. (Komik und Humor.) Maiorescu Titu, Discursuri Parlamentäre I. Maiorescu Titu, Critice II. Ollanescu, Istoria teatrului romänesc, 3 Bde., Bucuresti. Romanescu, Aristizza, 30 de ani, Bucuresti. Rosetti, Dim. R., Dictionarul contemporanilor. Rumänien .,1866—1906", Bukarest, Socec, 1907. Sanielevici, H., Incercäri critice, Bucuresti, Göhl., 1903, Scribe, Oeuvres completes, Paris 1840, 3 Bde. S cur tu. J.. Eminescu, Weigand Jahresbericht X. Taine, La Philosophie de l'art. 2 Bde., Paris. Tolstoi, Macht der Finsternis, (Reclarn). Vogüe, „Le roman russe", Paris 1884 ed. 2. Volkelt, System der Ästhetik. I.B. Zeitungen und Zeitschriften: „Brettl und Welt", „Bühne und Welt", „Contemporanul", „Convorbiri critice", „Curierul romänesc", „Revue de deux-mondes", „Epoca", „Familia", „Viata romäneasca", „Literatura si arfca romäna". „Revista literarä", „Rodica", „Romänui", „Säptämäna", „Universul", „Viitorul". Die Terminologie des Maises im Bulgarischen, Rumänischen und Kleinrussischen von Gustav Weigand. Allgemeines. § 1. Da der Mais erst nach der Entdeckung Amerikas , nach Südeuropa kam und sich erst im XVI. Jh. speziell in i den Küstenländern des Mittelmeeres verbreitete, so muß die ! ganze Terminologie des Maises auch modern sein. Es ist nun 4 interessant zu sehen, wie alte Termini auf die neue Frucht übertragen wurden, wie Neubildungen in großer Anzahl eintraten, und wie auch mit der Sache die Namen von einem ; zum andern Volke wanderten. 1 § 2. Das Nächstliegende war die Verwendung des Namens einer Körnerfrucht, die demselben Zwecke diente, wie Weizen ' oder Korn, mit dem Zusätze des Landes, von wo aus die neue Frucht eingeführt wurde, wobei allerdings Verschiebungen stattfinden konnten. Spanien für den Südwesten, und Venetien für den Südosten waren die Ausgangspunkte. In Deutschland haben wir sowohl von Frankreich her den Namen Mais entlehnt, als von Italien her den Namen Welsch-korn gebildet, | während an unserer Ost- und Südostgrenze von slavischer Ii Seite her sich der Name Kukurutz eingebürgert hat. I Frankreich hat neben mais auch die Bezeichnungen: ♦ froment d'Espagne, ble de Turquie. § 3. In Italien ist grau turco, gran siciliano, und die Neubildungen formentone = großer Weizen, und polenda .__ 362 - — 363 — (speziell auch für Mamaliga) üblich, womit die Alten die „Gerstengraupen" bezeichneten. In Venezien herrscht besonders sorgo turco, eine Bezeichnung, die eigentlich die nächstliegende wäre, denn nur die Mohrenhirse = sorghum gleicht auch äußerlich dem Mais, während die gewöhnliche Hirse (panicum miliaceum) mehr abweicht, aber Weizen und Korn ganz unähnlich sind. Das tertium comparationis lag also hier lediglich in der gleichen Verwendung der Frucht. Es gibt Mais mit gelben Körnern (der die verbreiterte Art ist), ferner mit rotbraunen oder ins Violette spielenden Körnern und auch solchen mit ganz weißer. Körnern. Bulgarische Benennungen {) des Maises. § 4. 1. Nach dem Ursprungslande durch ein substantiviertes Adjektiv, wobei an mieiiinia Weizen gedacht wird: alpariKa arabischer, luiiciipTB oder MiiciipKa (tk. misir Ägypten} ägyptischer, naaniKa wallachischer, rpi^iKa griechischer (seil Weizen). Es sollen damit nicht verschiedene Maissorten bezeichnet werden, obgleich das natürlich auch sein könnte. § 5. 2. Nach der Farbe der Körner, mit Übertragung auf die ganze Pflanze: ryryjH, ryrynii (ryryuKa Lachtaube) nach der rötlich-braunen Farbe. rM^öe (cf. rum. porumb Taube) nach der Farbe der Holztaube, wie mir ein Bauer erklärte, während bulgarische Studenten dabei an die weiße Farbe dachten, wie sie eine besondere Maisarv, oder der geröstete Puffmais mit seinen aufgeplatzten, weißen Körnen: zeigen. Daher findet sich auch die Bezeichnung narKa Ente, § 6. 3. Nach der Form a) des Blattes: iianyp-l Schilf: auch die Gesamterscheinung des Schilfes mit seiner hohen Rispe erinnert an den Mais. Hierher gehört daher auch das aus dem Neugriechischen xaZaujtoxt entlehnte kojomookt Schilf resp. Mais. 1) Das Wortmaterial ist besonders Gerölls Wb. entnommen, doel: wurde es ergänzt durch bulgarische Studenten. b) des Kolbens: Macypi, Spiele mit Garn, Maxajnca Hand-spindel. c) Gesamteindruck als stattliche, hervorragende Pflanze: näpeBHija, irapiiria, napKa, iiapenKa gleichsam ,.die königliche 4 Pflanze". § 7. 4. Nach der Verwendung: a) als Körnerfrucht: iraeinca, miemniKa Weizenart. b) zum Rösten dienend: ueneriKa gerösteter Mais, dann überhaupt Mais. Der noch nicht ausgereifte Maiskolben wird am Kohlenfeuer geröstet und bildet ein schmackhaftes, sehr beliebtes Nahrungsmittel. Besonders geeignet dazu ist der Puffmais. c) zum Rauchen dienend: iyTyiieniKa (ry-ryin, „Tabak" aus dem Türkischen) Tabakskraut, weil die getrockneten Hülsenblätter auch die weiblichen Samenfäden als Ersatz für Tabak gebraucht werden und zwar nicht nur von Knaben, sondern auch von Erwachsenen. § 8. 5. Lehnwörter: KyKypy3%, ebenso serbisch, rumänisch + cueuruz und mit Suffixvertauschung cueurut (cf. gägäuz und gägäut) unter welcher Form das Wort zu den Deutschen Ungarns, zu den Tschechen und von da nach Ostdeutschland drang, kleinrussisch KyKypy^a, russisch KyKypy3a, polnisch kukuryca, magy. kukorieza. Es ist keine Möglichkeit, das Wort aus rumänischen oder slavischen Mitteln befriedigend zu erklären, es muß also ein Fremdwort sein. Miklosich verwies auf tk. kokoros, ohne dieses zu erklären. Es fragt sich also, ob dieses Wort wirklich tk. sein kann. Redhouse gibt als Bedeutung: 1. Maiskolben, 2. Mais, 3. jedes große, ungestaltete Ding. Dieselben Bedeutungen bei Radioff, außerdem: „gehörnter Ehemann", das Wort ist also keineswegs auf die Bedeutung „Mais" beschränkt, was besonders wichtig . für die Beurteilung ist. -oz resp. -uz (es kommt auch türkisch I kukuruz vor) ist ein bekanntes tk. Suffix, „kokar" zum Stamme # „kok" heißt riechend, kokor-oz würde also bedeuten einer, der riecht (etwas, das riecht), meist wohl im Übeln Sinne, worauf die Bedeutung 3 (bei Redhouse) und bei Radioff „gehörnter - 364 - Ehemann" (anrüchige Person) deuten. Der Mais selbst aber, wenn er zubereitet wird, verbreitet einen überaus angenehmen, starken Duft, der sehr wohl Veranlassung für diese Benennung gegeben haben kann. § 9. Aus dem Neugriechischen xovxov p.ctQa eigentlich Erdbeerbaum stammt die Bezeichnung i-cyi-cy MapKa, s. § 17. köjomöokt* wurde schon im § 8 erwähnt; auch ins Alb. ist dieses Wort aus dem Ngr. eingedrungen (kalambok). §10. ö. Bulgarisch eBildungen sind: mamul, mumur uz, mornoroz, mumuruska, muruza, moruza, muluruska. Auszugehen ist von dem Verb MaMOja cl. h. die Kaubewegung machen, mummeln, auch undeutlich sprechen, dessen Ursprung in dem lautnachahmenden „mam, mom" zu suchen ist. Das Postverbale Ma?rio.iT» oder mit Suffixvertauschung MaMy.iT. nach KyKy.TT, bedeutete ursprünglich „das Gekaute, der Brei, speziell Maisbrei", das uns in der rumänischen Diminutivform mamaliga bewahrt ist, die schon bulgarisch vorgebildet gewesen sein kann (cf. anjinra, ^iyqy.inra etc.). Daß mamoliga zu mamaliga werden mußte, ist eine bekannte Erscheinung. Ob das big. MaMajrara aus älterer Periode bewahrt ist, scheint mir wegen seiner geographischen Verbreitung unwahrscheinlich, es könnte auch aus dem Rumänischen rückentlehnt sein; das gewöhnliche Wort für „Maisbrei" ist Ka^ianaKT», MaMy.ri. aber hat meist die Bedeutung Mais und Maiskolben. [Hierher ziehe ich auch MyMy.n, „Kokon der Seidenraupe", myaiy-ieirr» „Seidenraupe", das auch in Anlehnung an MOjieirx die Bedeutung von „Motte" hat. Wer gesehen hat, wie die Seidenraupe den Kokon mit dem Maule herstellt, wird sich nicht wundern über die Benennung MyMy.rr>, durch KyKyjrx aus MaMy.it> aus MaMo.itf.l Die übrigen Formen mumuruz etc. aus mamuruz erklären sich ohne Schwierigkeit durch Beeinflussung von kukuruz, dann durch Kürzung: moruza, Dissimilation: muluruska aus mumuruz ka. — 365 .....- Rumänische Benennungen des Maises. § 11. In Rumänien ist der Mais zur eigentlichen Volksnahrung geworden, besonders in der Form der Mamaliga, 41 weshalb auch die Rumänen von den Bulgaren „MaMa.nirapii" genannt werden. Auch ins Klein- und Großrussische ist der Name MaMajriira gewandert durch rumänische Vermittelung. wenn auch der Ausgangspunkt, wie § 10 gezeigt wurde, das Bulgarische ist. Die Zahl der Namen für Mais ist viel geringer als im Bulgarischen. In der Walachei herrscht porumb für pärumb (das auch noch dialektisch vorkommt) also eigentlich Taube, nach der Farbe der rotbraunen Sorte (siehe oben § 5). In der Moldau ist papusoi oder popusoi üblich. Die Bedeutungsübertragung von „großer Wickel" (päpusä überhaupt „Wickel. Rolle, Knäuel, Tannenzapfen, Strähne, Garn, Puppe) beruht auf der Form des Maiskolbens (cf. big. Macypx, MaxajiKa § 6), 1 der mit seiner Hülle tatsächlich wie ein Wickel aussieht. 4 § 12. Die Etymologie von päpusä, das Puscariu in CL 39, 72 mit arom. pap Großvater aus lat. pappus zusammenbringen möchte, ist nicht haltbar, vielmehr ist es kleinrussisch (auch großrussisch) nanyraa, das Wickel bes. Wickel aus Tabaksblättern bedeutet, welche Bedeutung auch im Rumänischen bewahrt ist. Wb. Buda 1825 päpusä de tabae. Von da aus wurde die Bedeutung auf Wickelkind, Puppe, Tannenzapfen übertragen. Das im Klein- und Großrussischen vorkommende papusoi Mais, Mamaliga ist Entlehnung aus dem Rumänischen spez. dem Moldauischen, denn es kommt nur dialektisch im Süden vor. Daß päpusä Puppe auch im Aromunisehen vorkomme, wie Puscariu angibt, ist ein Irrtum, denn es ist erst durch das Dakorumänische eingeführt, aber nicht volkstümlich. | § 13. In Siebenbürgen und Banat ist cueuruz, daneben auch cueurut üblich, das aus dem Bulgarischen stammt und t dessen Ursprung aus dem Türkischen ich oben § 8 erklärt habe. Erwähnt sei auch, daß cueuruz die Bedeutung „Tannenzapfen" nachträglich angenommen hat, ebenso wie im Kleinrussischen. — 366 — § 14. In Siebenbürgen und Bihor kommt auch die Bezeichnung mälaiü oder auch mälaiü märunt vor. mälaiü bedeutete ursprünglich Mohrenhirse, Durra, deren Kultur viel älter als die des Maises ist, wofür man jetzt gewöhnlich meiü tätäresc tatarische Hirse sagt. Die Mohrenhirse gibt ein schwärz- 4 liches Mehl, das zur Zeit der Hirsenkultur als mel laiü schwarzes Hirsenmehl (gegenüber mel = panicum) bezeichnet wurde, wie denn auch heute noch mälaiü im Königreich Rumänien selbst „Maismehl" aber nicht „Mais" (wie in Siebb.) bedeutet. Ich habe diese Etymologie mälam = mel laiü schon vor Jahren aufgestellt, und obgleich weder lautlich (e > a nach Labial in harter Stellung, denn I war vor 1 zu 1 geworden, noch semasiologisch, noch sachlich der geringste Einwand zu machen ist, bezweifelt sie Tiktin in seinem Wörterbuche. § 15. tenchlü Mais ist nur im Norden an der ungarischen \ Sprachgrenze üblich und stammt aus magy. tönk Strunk, Stumpf mit bekanntem Bedeutungswandel (s. § 1.6), der schon im Magy. vor sich ging, wenn ich auch diese Bedeutung nicht *1 zu belegen vermag. An türk. tenk (Saineanu) ist nicht zu denken, das verbietet schon die Verbreitung des Wortes. Magy. tengeri Mais liegt der Bedeutung nach nahe, aber die Verstümmelung wrürde schwer zu erklären sein. Benennungen der Teile des Maises. § 16. Es sei vorausgeschickt, daß die Benennungen für Strunk (der untere Teil des Schaftes mitsamt der Wurzel) und für Maiskolben und für entkörnter Maiskolben (der ja auch im Deutschen Strunk genannt wird) leicht mit einander ! wechseln, da es sich in diesen Fällen um etwas „länglich Dickes" handelt, Aber auch der Name von Schaft (Stengel; kann auf Strunk und von da selbst auf Maiskolben übertragen werden. Im Deutschen wird Schaft ja auch als Stiefel- * * schaft und Lanzenschaft, also sowohl für etwTas Hohles wie für etwas Massives gebraucht — 367 — Maiskollben. § 17. Im Bulgarischen: Durch Weiterbildung von oacB Ähre: K.iacypa (mit augment. Suff.), KiacmiKa, iaac^iyHKa (mit hypok. Suff.). Zu b.iainKa, Muciipi», panica (s. oben § 4) gehören die Ableitungen: BjauiKo-BHiia, MHcupjmKi,, panKOBiraa entkörnter Maiskolben, Von KyKyjrx Puppe der Schmetterlinge, spez. Kokon der Seidenraupe wird KyKyianiKa gebildet, also große Puppe. Ky.ieux steht für *KyKy.ieiirB, und KyicypaTKa lehnt sich an KyKypysrB an, aber der Ausgangspunkt ist immer KyKyjrfc, worin der Stamm kok- steckt (gr. xoxxog, lat. coccum). KyKyi\iapKa Maiskolben und Mais stammt aus ngr. xovxovfiaoa Erdbeerbaum und Frucht (§ 9); es ist also eigentlich nur das Maiskorn verglichen, geradeso wie in ^jjjryjieu^ (Maulbeerträger) aus AyAyaH Maulbeere zu Ay^ (tk.) Maidbeerbaum. rpo3,a;inniH*iKa (eigentlich Trauben st mnk zu rposAne) bedeutet entkörnter Maiskolben. § 18. Eine auffallende Bedeutungsübertragung ist ^jrsl Lippe zu Maisstrunk, was mir nicht recht klar ist. K03yjraKi» bedeutet Maiskolben mitsamt der Hülle und ist eine Weiterbildung durch augment. Suffix -yjraKi, von K03H Kapseln der Baumtvolle cf. slov. K03yji/i Dolde, Büschel, Schote, § 19. Naheliegend ist die Bezeichnung KonaHKH für entkörnte Maiskolben aus wiain. Wurzelstrunk, Strunk, Stengel. Das Alter und die Verbreitung des Wortes im Slavischen verbieten die Herleitung aus dem modernen türkischen kocan, wohl aber wäre eine frühzeitige Entlehnung aus einem Turk-dialekte, etwa aus dem Tatarischen möglich. ^ioKain. ist nicht identisch mit KO^airB (s. Miklosich, Et. Wb. unter kocen). § 20. KyöaK'l, Kyöa.iaKX entkörnter Maiskolben scheint zu Kyöa auszupfen (cKyÖBaivn.) zu gehören, eher als zu KoöaKT» Kokon. Gleichfalls ein Devarbale ist auch ayurfca eigentlich „Enthülstes" zu jju\fi enthülsen. § 21. Maxajiiea Handspindel > Maiskolben zeigt ähnliche Bedeutungsübertragung wie ^leKairx, wküifl (/ieKyTKa, *ioKyTKa) Hammer (cf. arom. ciocut Hammer) > Maiskolben. 368 — — 369 — § 22. Ebenso naheliegend sind ^eiiicyniKa eigentlich Weizenährchen zu mieimiia Weisen; ferner ^ymejiKa, qyinyjiKa Maiskolben und speziell die Hülse desselben, das zu ^iyniKa Paprikasclio te gehört. § 23. Unklar ist die Bezeichnung als iuyTKa, myTapKa Krug ohne Henkel (zu inyTi,). Es könnte sein, daß der Maiskolben ahs Krug ohne Henkel angesehen wird, ebenso würde sich niyrypara erklären lassen. § 24. Im Itumiillisclien haben wir für Maiskolben die Bezeichnung: puT, puicä y~puilus, *pulleus (eigentl. Junges), wenn er noch unentwickelt ist, päpusä wenn er noch grün, und papusoi (augm. Suff.), wenn er ausgereift ist, deren Etymologie bereits unter § 12 besprochen wurde. Außerdem kommen noch vor cocian (s. § 19), strujan. stiulete (Moldau), die aber eigentlich S.'enget, Strunk bedeuten, weshalb sie auch dort (§ 29, 31) besprochen werden sollen. Ferner drugä oder masc, drug (Moldau), eine Bedeutungsübertragung von der Spindel aus serbisch druga, drug große Spindel zum Zicirnen entspricht also big. aiaxa.iKa. § 25. Die Bedeutungsübertragung von „Hammer" auf Maiskolben ist wie im Bulgarischen, zum Teil auch mit denselben Wörtern, üblich: ciocan, (^ioKanx s. § 21); cioc nicht Schnabel, sondern Hammer, aus big. wice Hammer (qyicaMT hämmern aus der Interj. wKid), beeinflußt im Vokal durch ciocan, ctucäläu, ciocäläu aus big. WKajio > ciucalä Holzhammer mit augm. Suffixerweiterung; es bedeutet überhaupt dickes walzen förmiges Ding, auch Tannenzapfen. § 26. Maiskolben mitsamt den Blättern heißt „dudulean" und gehört zu *dudulet, das ich zwar rumänisch nicht belegen kann, das aber im Bulgarischen in derselben Bedeutung üblich ist (s. § 17). Eine direkte rumänische Bildung auf -ulean aus dud Maidheerbaum wäre zwar möglich (cf. boulean), aber in diesem Falle unwahrscheinlich. Ich sehe also in dudulean eine rum. Umbildung von big. dudulec. Die Suffixverkettung -ul -(- ec ist echt bulgarisch, allerdings auch im Rumänischen verbreitet, Maisstengel, Maisstrunk, Maisstroh. § 27. Wie schon erwähnt gehen die Ausdrücke für Stengel und für den unteren Teil des Stengels, den Strunk, leicht auf einander über, wozu noch kommt, daß der kurze, feste Strunk auch leicht mit den Ausdrücken des Kolbenstrunkes wechselt. Auch das Maisstroh wird mit denselben Namen belegt, denn es ist ja auch dasselbe. Uber cocean Maisstrunk aus big. Ko^anx s. § 19. Außer letztgenanntem kommt für das Bulgarische noch (Ty-iyn.) Ty.iy3eHe, das im folgenden Paragraphen besprochen wird, und ferner ßp^sKe coli. Maisstroh trockener Maisstengel in Betracht, das zu Ap^rx Stange gehört, von dem auch drug (§ 24) stammt. Im Rumänischen haben wir 1. tulean (tulug), 2. strujan und Ableitungen 3. stulete. § 28. rum. tulean, tuleu, tulüg Maisstengel beruhen auf mblg. TyxL Holdschaft (belegt ist TO\w~k Köcher Mikl.). Die mblg. Bedeutung „Hohlschaft" wird durch das Nblg. erwiesen. tjät» Pistolentasche, Köcher, Flaschenkürbis, überhaupt Ledertasche; dazu vergleiche man die Ableitungen: Tyjren;^ Korntrichter im Mühlstein, TyjreÜKa Loch für den Axtstiel, Ty^nnie Bienenkorb, d. h. ursprünglich nichts weiter als hohler Baumklotz (cf. Klotzbau als Bienenkorb). TyjrL gehört also zu tjäk verbergen. Aus der Bedeutung „Schaft" hat sich ohne weiteres die Bedeutung „Stengel" (einerlei ob hohl oder nicht) entwickelt. Das rum. tulug war im big. bereits vorgebildet, was das bei Geroff angeführte Tyxyseiie Maisstrünket Maisstroh, das zum Brennen dient erweist, denn es beruht auf Ty.iyn., pl. ryjiy3H coli. Tyjy3e. § 29. strujan Stengel, Strunk gehört zu strujesc aus mblg. CTpotpKA* abschaben: es könnte eine rum. Bildung aus strujesc sein, wahrscheinlicher aber eine Umgestaltung von big. struzen abgeschabt. Die Grundbedeutung ist offenbar abgeschabter (entlaubter, entblätterter, entkörnter) Strunk, daher wird strujan ebensowohl für „Gemüsestrunk, Maisstengel", wie für „entkörnter Maiskolben" gebraucht, Weigand XVIT. 24 — 370 § 30. tujlean, turjan (Siebb.) Stengel sind Koruprorniß-formen aus tuiean und strujan, die dasselbe bedeuten, aber auch die Bedeutung Kolbenstrunk" kommt vor, wofür gewöhnlich ciocan (Hammer s. § 25) gebraucht wird. Erwähnt sei auch das Collectiv cioclej „Maisstoppeln", das zu cioaclä „Handkarren" zu gehören scheint, aber viel wahrscheinlicher von *ciocalä (s. § 25 unter ciocäläu Maiskolben, Maisstrunk) abgeleitet ist, was der Bedeutung sehr gut entsprechen würde. Daun ergibt sich auch für cioclejel „Zaunkönig" eine bessere Etymologie, als die von Tiktin angeführte, nämlich „der auf Maisstengeln sich aufhaltende Vogel" (wie gätejel „der auf Reisig lebende"). § 31. stulete (stiulete, stulete, stiulete) „Stengel, Maisstroh" aus big. cTyjeirT,, pl. c ryjiiiii Stelzen das heißt eigentlich nur Stengel, Schäfte. Daß aus „stulet" ein „stulete" gebildet wrurde, erklärt sich wie bei stiglete, vräbete etc. durch falsche Auffassung der t-Form als Plural. Etymologisch gehört big. CTyjniii zu dem im § 28 besprochenen Tyjrx Schaft; es kommt auch dial. ury.oi Stelzen vor, daher auch im Kum. stulete in der Moldau, auch in der Bedeutung „Maiskolben". MaisbüscheL § 32. Die männliche Samenrispe des Maises hat die Form eines aufrechtstehenden Busches und wird dementsprechend als Busch, Strauß, oder als Schopf, als Garbe, oder einfach als Ähre bezeichnet. Bemerkenswerte Neubildungen kommen nicht vor, es handelt sich um einfache Übertragungen. Im Bulgarischen ist Kjracrl Ähre oder ochjtl Granne (bei Weizen) üblich. Im Rumänischen: spie Ähre -j/spica, ehica Schopf yblg. KHKa, mot Schopf = big. mou/b -j/"?. Kolbenliaar. § 33. Die weibliche Blüte des Maises drängt sich in Form von langen, weichen Haaren aus der Kolbenhülse heraus, daher liegt der Vergleich mit Haar, Zopf, Quaste, Seide nahe. Im Bulgarischen: iihckiojx Quaste (tk.); KOiipHiia Seide (selten, z. B. in Karlovo). Im Rumänischen: mustatä Schnurrbart', barba Bart; niatase, matasa Seide; pär Haar. Kolbenhülle (Kolbenscheide). § 34. Die Kolbenhülle besteht ans einer Anzahl von Blättern, die bei der Reife weiß werden, ziemlich elastisch sind, weshalb sie auch als Füllmaterial für Bettsäcke benutzt werden, aber auch als Viehfutter Verwendung finden. Im Rumänischen hat sich kein besonderer Terminus dafür entwickelt, man nennt die Hülse foi PI. von foaie Blatt, auch franze mit derselben Bedeutung. Ebenso im Bulgarischen: myMa Laub; daneben ukieiniiüi eigentl. „Abgeschältes" zu ()fan. schälen; ferner rjuwom*, das vermutlich zu rryliKa 4 ryry.in, ryryuii 5 r'L.iÄÖe 5 ,~;.^>K.e 27. Ayay.ieirL 17, 26 Bulgarisch. KHKa 32 KiaciiHKa, -cypa, -c^yiiKa 17 Kiacx 32 KosyjiaKx 18 KOJtOMÖOKX 6, 9 Konpima 33 KOTiaHTB, -HKH 19 KyöaKX, -ajiaK'l 20 KyKy.ii>, -janina 17 KyKyMapKa 9, 17 374 - K V K y p cLT K cl 17 KyKypy3i> 8 KjÄ&m 17 .lymKa 20 :>iaMajTHra, MaMOjrr>. MaMyxB 10 3iacypT> 6 Maxajiica 6, 21 MHcnpjniEvT. 17 MHCiipT», -pica 4 ?-!Opy3a, MOMOp03T» 10 moux 32 >iy My.TT>, MYMypy^T,. Myniy pycKa, MyjiypycKa 10 ocuÄit 32 nariypx 6 naTKa 5 ne^ieiiKa 7 niiciao.tt» 33 paiiKa 4, -KOBHiia 17 CTy.TenT' 31 Tyjiyri», Ty. 31 ((»yira 18 napemina, -HKa, -pnija, -pi;a G Tioicn iit> 21 neiiKyiiTKa 22 TioKaiiT>. -KYTica 21 xiyKT>; -Kajro 25 uyinejiKa, -myvrKa 22 uiyMa 34 niYTKa, -TapKa 23 iuyjin 31 byl 39 eilka 42 kaska 40 koean 38, 19 iabüz 39 hipa, luspina 41 mainalyga 37 melaj 37, 14 pfadivo 42 • - 375 - - Kleinrussis eh. reska 40 | sternjanka 39 struk, strueok 38 : tengerica, tenderica 37 selumene 41 sulak, sulok, sulka 38 sumela, -lina 41 ; volosa 42 Rumänisch. barba 33 chicä 32 cioc 25 ciocan 25, 21 ciocälau, ciucälau 25, 30 cioclej 30 cioclejel Zaunkönig 30 cocian 19, 24, 25 cueuruz, -rut 8, 13 cura reinigen 35 drug, drugä 24, 27 dudulean 26. 17 foaie 34 f'runza 34 mälaiü. <-o märunt 11 mätase 33 :mot 32 i mustatä 33 päpusä, päpusoi, popusoi 11. 12,' 24 i par 33 ! porurnb, pärumb 11 ; puT, puTcä 24 spie 32 | strujan 29, 24 ! stulete. stiulete, stulete, stiulete . 31, 24 :tenchTü 15 magy. tönk; ten-, geri 37 ' tujlean 30 I tuiean, tuleu, tulug 28 Uurjnn 30